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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.11.2008
Aktenzeichen: 7 U 7/08
Rechtsgebiete: HGB, ZPO, GmbHG


Vorschriften:

HGB § 252 Abs. 1 Ziffer 1
ZPO § 167
GmbHG § 38 Abs. 1
GmbHG § 38 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufungen beider Parteien wird das am 07.12.2007 verkündete Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 21.02.2007 zum Tagesordnungspunkt 6 "Abberufung des Geschäftsführers Rechtsanwalt R." unwirksam ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen der Kläger 53 % und die Beklagte 47 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Parteien wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand:

I.

Der Kläger ist Mitgesellschafter der Beklagten mit einem Geschäftsanteil von 35 %. Er nimmt die Beklagte im Wege der Anfechtungsklage auf die Feststellung der Unwirksamkeit von drei Beschlüssen der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 21.2.2007 in Anspruch. Es handelt sich um folgende Beschlüsse:

- Abberufung des Geschäftsführers A. R.,

- Feststellung der Bilanz 2004,

- Beschluss der Liquidation der Gesellschaft.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vortrages der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen (Bl. 120 - 126 d.A.).

Das Urteil des Einzelrichters der 8. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 7.12.2007 (Bl. 119 f. d.A.) ist dem Kläger am 17.12.2007 (Bl. 151 d.A.) und der Beklagten am 12.12.2007 (Bl. 149 d.A.) zugestellt worden.

Mit Urteil vom 7.12.2007 hat das Landgericht der Klage insoweit entsprochen, als es festgestellt hat, dass der Beschluss mit dem Gegenstand der Feststellung der Bilanz 2004 unwirksam ist. Die weitergehende Klage hat das Landgericht abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird verwiesen (Bl. 126 - 130 d.A.).

Mit ihren Berufungen verfolgen beide Parteien ihre erstinstanzlichen Prozessziele weiter.

Soweit es dem Kläger um die Feststellung der Unwirksamkeit seiner Abberufung als Geschäftsführer geht, nimmt er - wie schon in erster Instanz - im Wesentlichen Bezug auf seinen Vortrag in dem Rechtsstreit um seine Abberufung als Geschäftsführer durch Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 18.7.2006 zu dem Geschäftszeichen 8 O 368/06 des Landgerichts Potsdam. Er nimmt außerdem Bezug auf die Entscheidung des Senates in jener Sache vom 5.12.2007 - 7 U 86/07 -.

Hinsichtlich des angefochtenen Beschlusses über die Liquidation der Beklagten beanstandet er die Feststellung des Landgerichts, der Gesellschaftszweck sei nicht mehr erreichbar.

Die Beklagte begründet ihre Berufung damit, dass das Landgericht die Einhaltung der im Gesellschaftsvertrag der Beklagten vorgesehenen zweimonatigen Ausschlussfrist für die Anfechtungsklage nicht hinreichend geprüft habe (Bl. 231 d.A.).

Bei der Prüfung der Anfechtbarkeit der Feststellung des Jahresabschlusses 2004 habe das Landgericht zu Unrecht angenommen, der Jahresabschluss verstoße gegen § 252 Abs. 1 Ziffer 1 HGB, also das Gebot der Identität der Wertansätze zwischen der Bilanz des Vorjahres und der des Folgejahres.

Die Beklagte beantragt,

1. die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils in vollem Umfang abzuweisen,

2. die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

1. unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung festzustellen, dass die nachfolgend genannten Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 21.02.2007 unwirksam sind:

a) Beschluss TOP 6/Abberufung des Geschäftsführers Rechtsanwalt R.

b) TOP 3/ Beschluss über die Liquidation der Gesellschaft,

2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

II.

Die Berufung des Klägers hat Erfolg, soweit er auf die Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 21.02.2007 zu seiner Abberufung als Geschäftsführer der Beklagten anträgt. Im Übrigen bleibt sie ohne Erfolg.

Die Berufung der Beklagten hat Erfolg.

Die Klage ist nur insoweit begründet, als der Kläger die Feststellung beantragt, festzustellen, dass seine Abberufung als Geschäftsführer der Beklagten durch die Gesellschafterversammlung vom 21.02.2007 unwirksam ist. Die weitergehende Klage ist nicht begründet.

1. Soweit der Kläger auch die Feststellung der Unwirksamkeit der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 21.02.2007 zur Feststellung der Bilanz 2004 (TOP 2) und zur Liquidation der Gesellschaft (TOP 3) begehrt, kann seiner Klage schon wegen der Versäumung der Anfechtungsfrist kein Erfolg beschieden sein.

Maßgeblich für die Dauer und den Beginn der vom Kläger zu beachtenden Ausschlussfrist für die Beschlussanfechtung ist die einschlägige Regelung in der Satzung der Beklagten. Die Satzung ist zwar nicht zu den Akten gereicht worden. Die Beklagte hat jedoch mit der Klageerwiderung vom 20.6.2007 vorgetragen, nach III. 1. i. des Gesellschaftsvertrages könnten Beschlüsse der Gesellschafterversammlung binnen einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach Absendung des Protokolls der Gesellschafterversammlung angefochten werden. Die hier maßgebliche Absendung des Protokolls der angefochtenen Beschlussfassung sei am 23.2.2007 erfolgt (Bl. 9 d.A.). Dieser Vortrag ist unbestritten geblieben.

Demnach endete die Ausschlussfrist für die Anfechtung der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 21.2.2007 am 23.4.2007.

Die Klage vom 21.3.2007 ist am 26.3.2007 bei dem Landgericht Potsdam eingegangen und am 16.5.2007 der Beklagten zugestellt worden (Bl. 6 Rückseite d.A.). Die Zustellung und der Eintritt der Rechtshängigkeit der Anfechtungsklage sind mithin erst nach Ablauf der Ausschlussfrist erfolgt. Dies ist jedoch unschädlich. Nach § 167 ZPO tritt eine Rückwirkung der Zustellung auf den Zeitpunkt der Einreichung der Klage ein, wenn die Zustellung demnächst erfolgt. Davon ist auszugehen, wenn die Zustellung nicht in allzu erheblichem zeitlichen Abstand von dem Fristablauf erfolgt und die vom Zustellungsbetreiber verursachte Zustellungsverzögerung eine Dauer von 14 Tagen nicht überschreitet (BGH NJW 2004, 3775, 3776).

Die Zeitdauer der Verzögerung wird vom Tage des Ablaufs der Anfechtungsfrist, nicht etwa seit dem - früheren - Zeitpunkt der Klage bemessen (BGH NJW 1995, 2530, 2531).

Hier hatte der Kläger vor Fristablauf alles getan, was nötig war, insbesondere die Gerichtskosten eingezahlt.

Der Kläger hatte mit der Einreichung der Klageschrift noch keinen Prozesskostenvorschuss bei Gericht eingezahlt. Hierzu bestand auch kein Anlass, da der Streitwert für ihn nicht ohne weiteres bezifferbar war. Er durfte deshalb die vorläufige Festsetzung eines Streitwerts durch das Gericht und die Anforderung des Vorschusses abwarten. Letzteres ist hier am 28.3.2007 veranlasst worden. Die Einzahlung des Kostenvorschusses ist alsbald erfolgt. Dies ergibt sich daraus, dass die Akten mit dem Vermerk, der Kostenvorschuss ist eingezahlt worden, am 24.4.2007 dem Richter vorgelegt worden sind (Bl. 4 Rückseite d.A.). Der Einzelrichter hat daraufhin mit Verfügung vom selben Tage die Zustellung der Klage veranlasst. Die Verfügung ist von der Geschäftsstelle am 14.5.2007 ausgeführt worden (Bl. 5 d.A.). Die Verzögerung der Ausführung der Zustellung um den Zeitraum von 20 Tagen ist dem Kläger nicht zuzurechnen.

Die Wahrung der Anfechtungsfrist für eine Beschlussanfechtung hängt jedoch nicht ausschließlich von der fristgemäßen Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftsatzes ab. Vielmehr muss zur Einhaltung der Anfechtungsfrist der Streitgegenstand innerhalb der Frist hinreichend benannt werden. Die Klage muss erkennen lassen, welcher Beschluss angefochten wird. Sie muss ebenso die die Anfechtung begründenden Tatsachen enthalten, also jedenfalls den Kernsachverhalt angeben, auf den die Anfechtung gestützt wird (BGHZ 15, 177, 180 f.; BGH NZG 2005, 479, 481, Zöllner in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 18. Auflage, Anh. zu § 47, Rn. 155; Hüffer, Aktiengesetz, 8. Auflage, § 246, Rn. 26).

Diesen inhaltlichen Anforderungen an eine fristwahrende Beschlussanfechtung genügt die vorliegende Klage vom 21.03.2007 hinsichtlich der Anfechtung der Feststellung der Bilanz 2004 und des Beschlusses der Liquidation der Beklagten nicht.

Der in der Klageschrift angeführte Feststellungsantrag nennt zwar drei Anfechtungsziele des Klägers, nämlich die beiden Vorgenannten sowie die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer, jedoch nicht das Datum der Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung der Beklagten.

Der Klageschrift kann gerade noch mit hinreichender Deutlichkeit entnommen werden, dass ein Gesellschafterbeschluss vom 21.2.2007 über die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer angefochten werden soll. Wann der Beschluss der Liquidation der Beklagten sowie die Feststellung der Bilanz 2004 erfolgt sein sollen, ergibt sich weder aus dem angekündigten Klageantrag noch aus der Klagebegründung. Anlagen - namentlich das Protokoll der Gesellschafterversammlung - waren der Klageschrift auch nicht beigefügt.

Zur Bilanzfeststellung enthält die Klageschrift darüber hinaus keinerlei Erläuterung für ihre Anfechtung.

Auf Grund der vorstehend ausgeführten Unzulänglichkeiten der Klageschrift ist der Kläger mit der Anfechtung der Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Beklagten zur Feststellung der Bilanz 2004 und zur Liquidation der Gesellschaft ausgeschlossen.

Ergänzender Vortrag des Klägers ist zwar mit Schriftsatz vom 07.09.2004 als Replik auf die Klageerwiderung erfolgt (Bl. 34 f d.A.). Dieser Vortrag ist jedoch verspätet. Das liegt in der Natur der Anfechtungsfrist als Ausschlussfrist. Auf den Grund der Versäumung eines hinreichenden Vortrages kommt es jedenfalls dann nicht an, wenn dieser in der Sphäre des Anfechtenden liegt. Hier muss sich der Kläger das von ihm im Schriftsatz vom 07.09.2007 angeführte Büroversehen als Ursache des unvollständigen Klagevortrages zurechnen lassen.

2. Die Anfechtung des Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 21.02.2007 über die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer ist in der Sache begründet.

Die angefochtene Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 21.02.2007 zum TOP 6 wurde in der Ladung zu der Gesellschafterversammlung vom 10.02.2007 ausdrücklich als Bestätigung der Beschlussfassung vom 08.07.2006 und Neuvornahme dieser Beschlussfassung bezeichnet (Bl. 49 d.A.). Eine ergänzende Begründung im Einladungsschreiben findet sich nicht (Bl. 50 d.A.).

Auch im Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 21.02.2007 findet sich zu der einschlägigen Beschlussfassung (TOP 6) keine Begründung.

Schließlich haben die Parteien schriftsätzlich wiederholt auf den Vortrag und die Urteile beider Instanzen im Rahmen der Anfechtung des Abberufungsbeschlusses vom 18.07.2006 Bezug genommen.

Für die erneute Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten in der Gesellschafterversammlung vom 21.02.2007 gilt deshalb ebenso wie für die Anfechtung der früheren Abberufung vom 18.07.2006, dass ein hinreichend wichtiger Grund der Abberufung nicht vorlag.

Auch wenn den Parteien ein Fehlen eines ausdrücklichen Vortrages zur streitgegenständlichen Beschlussfassung nicht zur Last gelegt werden soll, so ist jedenfalls auf Grund der Bezugnahmen der Parteien von der Maßgeblichkeit des damals streitentscheidenden Sachverhalts auszugehen.

Der Senat wiederholt daher nachfolgend seine Ausführungen in den Gründen seines am 05.12.2007 verkündeten Urteils zur Geschäftsnummer 7 U 86/07.

Danach stand es der Beklagten nicht frei, den Kläger als Geschäftsführer jederzeit ohne Vorliegen von Gründen abzuberufen, wie dies an sich in § 38 Abs. 1 GmbHG bestimmt ist. Der Gesellschaftsvertrag vom 15.02.2000 sieht nämlich für den Fall der Abberufung eines Geschäftsführers eine qualifizierte Mehrheit von 75 % vor (Ziffer III. 1. lit. h) des Gesellschaftsvertrages - Bl. 28 d.A.).

Eine Abberufung des Klägers als Geschäftsführer allein mit der Stimme der Mitgesellschafterin L. konnte nur unter der Voraussetzung wirksam beschlossen werden, dass ein wichtiger Grund im Sinne des § 38 Abs. 2 GmbHG vorgelegen hat; denn nur dann wäre ein Stimmverbot in der Person des Klägers eingetreten (Baumbach/Hueck, § 38 GmbHG, Rdnr. 45).

Entgegen den Ausführungen des Landgerichts kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger zu der tiefgreifenden Zerrüttung des zwischen ihm und der Mitgeschäftsführerin L. bestehenden persönlichen Vertrauensverhältnisses entscheidend beigetragen und damit einen wichtigen Grund für seine Abberufung als Geschäftsführer gegeben hat.

Der rechtliche Ansatz des Landgerichts entspricht den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen: Sind zwei oder mehrere Geschäftsführer einer GmbH untereinander so zerstritten, dass eine Zusammenarbeit zwischen ihnen nicht mehr möglich ist, so kann jeder von ihnen jedenfalls dann abberufen werden, wenn er durch sein Verhalten zu dem Zerwürfnis - entscheidend - beigetragen hat (OLG Naumburg GmbHR 1996, 934, 937 unter Hinweis auf BGH ZIP 1992, 760, 761 und OLG Düsseldorf GmbHR 1994, 884, 885; Baumbach/Hueck, § 38 GmbHG, Rdnr. 11).

Die Parteien stimmen darin überein, dass zwischen dem Kläger und der Mitgeschäftsführerin L. eine tiefgreifende Zerrüttung besteht. Der Kläger stellt dies ausdrücklich auf Seite 2 der Berufungsbegründung fest (Bl. 303 d.A.); die Beklagte spricht von einer "durch den Kläger provozierten Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses der Geschäftsführer untereinander", mit der Folge, dass "eine ordnungsgemäße Leitung der Beklagten nicht mehr möglich erschien" (Seite 9 der Klageerwiderung vom 13.11.2006 - Bl. 71 d.A.).

Die vom Landgericht angeführten Umstände rechtfertigen nicht die Annahme, der Kläger habe entscheidend zu dem Zerwürfnis beigetragen.

Das Landgericht hat gemeint, der Kläger habe der Beklagten wiederholt ein kollusives Zusammenwirken mit dem Verpächter und dem Gesellschafter der Eigentümergemeinschaft, D., vorgehalten, ohne diese Anschuldigungen näher belegt zu haben.

Es ist zwar richtig, dass die Beklagte in diesem Prozess als wichtigen Grund für die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer angeführt hat, dieser habe "wiederholt" (Seite 9 der Klageerwiderung - Bl. 71 d.A.) haltlose Anschuldigungen im Hinblick auf ein behauptetes kollusives Zusammenwirken zwischen der Geschäftsführerin L. und Dritten geäußert. Insoweit hat die Beklagte jedoch ausschließlich (Bl. 71 d.A.) auf das Schreiben des Klägers vom 27.06.2006 (Bl. 41 - 47 d.A.) verwiesen.

Ganz abgesehen davon, dass die Beklagte mit dem Hinweis auf das Schreiben des Klägers vom 27.06.2006 nur einen einzigen Vorfall nennt, also nichts dafür vorträgt, der Kläger habe sich "wiederholt" gegen sie gewandt, kann dem Schreiben des Klägers für sich gesehen nicht entnommen werden, er habe "haltlose Anschuldigungen" zu einem kollusiven Zusammenwirken geäußert. Der Kläger hat insoweit als Erwiderung auf das Schreiben der Beklagten vom gleichen Tag (Bl. 183, 184 d.A.) ausgeführt, "dass der Gesamtzusammenhang Ihres Schreibens in seiner Intention schwer nachvollziehbar ist und im Übrigen die Besorgnis entstehen lässt, dass Ihrerseits möglicherweise aufgrund vorheriger Abstimmung mit Herrn K. auf einer Akzeptanz der in der Sache unbegründeten und mithin unwirksamen Kündigung angestrebt wird" (Bl. 41, 42 d.A.). Die von der Beklagten beanstandete Äußerung des Klägers ist noch als zurückhaltend formuliert anzusehen, was aus der Verwendung der Worte "Besorgnis" und "möglicherweise" zu erkennen ist. Hierin bereits "haltlose Anschuldigungen" zu sehen, erscheint nicht angemessen; es handelte sich möglicherweise nur um einen Verdacht des Klägers.

Selbst wenn die Äußerung des Klägers als "Anschuldigung" zu qualifizieren wäre, könnte dem Landgericht nicht darin gefolgt werden, es sei Sache des Klägers "die Anschuldigungen" zu belegen. Insoweit hat das Landgericht die Darlegungslast verkannt. Es handelt sich nämlich um einen wichtigen Grund zur Abberufung des Klägers als Geschäftsführer, den die Beklagte zu belegen hätte, nicht aber der Kläger. Soweit der Kläger seinerseits im Prozess weiter ausführt, um zu dem Vorwurf eines kollusiven Zusammenwirkens Stellung zu nehmen, ist er gleichfalls nicht darlegungsbelastet, weil es nichts daran ändert, dass die Beklagte einen wichtigen Grund darzulegen hat. Infolgedessen sind die Ausführungen des Landgerichts zu der Deutung des Klägers im Hinblick auf die Abrechnungsvereinbarung vom 26.01.2007 (Seite 9 Mitte des Urteils) ohne Relevanz.

Allein mit dem Vorwurf eines kollusiven Zusammenwirkens, der dem Kläger schon nicht als "wiederholt" zur Last gelegt werden kann, kommt das Landgericht in seiner Wertung zu dem Ergebnis: "Die unberechtigten Vorwürfe des Klägers haben maßgeblich zur Zerrüttung des Verhältnisses zwischen den Gesellschaftern beigetragen" (Seite 9 unten des Urteils). Diese Wertung ist jedoch nicht sachgerecht, und zwar schon deswegen, weil es sich um einen einzigen Vorfall handelt, dem noch nicht die Bedeutung eines "haltlosen Vorwurfs" beigelegt werden kann.

Das Landgericht hat dem Kläger des Weiteren vorgehalten, er habe die Kooperation mit Frau L. verweigert. Hierfür nennt das Landgericht zwei Gründe. Zum einen die Reaktion des Klägers auf das Schreiben von Frau L. vom 27.06.2006 (Bl. 183, 184 d.A.) und zum anderen das an den Zwangsverwalter K. gerichtete Schreiben des Klägers vom 23.06.2006 (Bl. 116 - 119 d.A.).

Zum ersten vom Landgericht angeführten Grund:

Die Gesellschafterin L. hat in ihrem Schreiben vom 27.06.2006 (Bl. 183, 184 d.A.) die Kündigung des Zwangsverwalters in dessen Schreiben vom 12.06.2006 (Bl. 108, 109 d.A.) und das von dem Kläger daraufhin an den Zwangsverwalter gerichtete Schreiben vom 23.06.2006 (Bl. 116 - 119 d.A.), das sie "nicht ohne weiters gut heißen" (Bl. 183 d.A.) wollte, zum Anlass genommen, das weitere Vorgehen gegenüber dem Zwangsverwalter - unter Einbeziehung eines unabhängigen Anwaltsbüros - im Gesellschafterkreis besprechen zu wollen.

Richtig ist, dass der Kläger in seinem Schreiben vom 27.06.2006 (Bl. 41 - 47 d.A.) der Gesellschafterin L. gegenüber keine Bereitschaft gezeigt hat, auf ihre Vorschläge insoweit einzugehen. Ob sich daraus allerdings der Vorwurf einer Kooperationsverweigerung herleiten lässt, erscheint jedenfalls fraglich. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass der Vorschlag, "ein unabhängiges Anwaltsbüro" zu beauftragen, für den Kläger als Rechtsanwalt, dem die kaufmännische Geschäftsführung zugewiesen war, ein Eingriff in seine Aufgabenstellung bedeutete. Es erscheint daher noch nachvollziehbar, dass der Kläger sich auf einen solchen Vorschlag nicht einlassen wollte. Von daher gesehen kann nicht schon die Rede davon sein, der Kläger habe eine Kooperation mit der Gesellschafterin L. verweigert; er war vielmehr mit ihrem Vorschlag so nicht einverstanden.

Die spätere Entwicklung hat auch die Einschätzung des Klägers dahin bestätigt, dass die außerordentliche Kündigung des Zwangsverwalters "schlichtweg unwirksam" (Bl. 42 d.A.) sei. Der Zwangsverwalter hat nämlich, nachdem er die Sach- und Rechtslage unter Einbeziehung des Schreibens des Klägers vom 23.06.2006 (Bl. 116 - 119 d.A.) durch die Rechtsanwälte B. und Partner hatte prüfen lassen, an seiner außerordentlichen Kündigung nicht festgehalten, wie sich aus dem Schreiben der Rechtsanwälte B. und Partner vom 03.08.2006 ergibt. Insofern könnte der Inhalt dieses Schreibens gegen die Darstellung der Beklagten sprechen, die Abstandsnahme des Zwangsverwalters von seinem Räumungsverlangen beruhe auf der Mitteilung der Geschäftsführerin L., der Kläger sei als Geschäftsführer abberufen worden (Seite 8 der Klageerwiderung vom 13.11.2006 - Bl. 70 d.A.).

Insgesamt lässt sich festhalten, dass sich letzthin eine Besprechung im Gesellschafterkreis unter Mitwirkung eines unabhängigen Anwaltsbüros zur Abwendung der Folgen der außerordentlichen Kündigung des Pachtverhältnisses nicht als unabdingbar darstellte. Denn der Kläger hatte bereits mit seinem Schreiben vom 23.06.2006 hinreichende Gründe angeführt, die den Zwangsverwalter zur Aufgabe seiner Kündigung veranlassten. Unter Berücksichtigung des vom Kläger für die Gesellschaft erreichten Ergebnisses, kann dem Kläger insoweit noch nicht mangelnde Kooperationsbereitschaft vorgehalten werden, auch wenn es an sich nicht richtig war, dass er sich den Vorschlägen der Mitgesellschafterin nicht anschloss.

Zum zweiten vom Landgericht angeführten Grund:

Das Landgericht hat schließlich gemeint, der Mangel an Dialogfähigkeit des Klägers zeige sich auch in seinem an den Zwangsverwalter gerichteten Schreiben vom 23.06.2006. Der Kläger habe eigenmächtig gehandelt, weil er das Schreiben nicht zuvor mit der Mitgesellschafterin besprochen habe. Das Landgericht hat den Inhalt des Schreibens dahin gewertet, der Kläger habe durch seine darin enthaltenen Vorwürfe gegenüber dem Zwangsverwalter von vornherein die Tür zu Verhandlungen zugeschlagen (Seite 10 des Urteils).

Ob der Kläger, wie das Landgericht gemeint hat, eigenmächtig gehandelt hat, könnte angesichts der Aufgabenverteilung in Bezug auf die Geschäftsführung der Beklagten bereits fraglich, kann aber letztlich dahinstehen. Die Annahme des Landgerichts, der Kläger habe mit seinen Äußerungen die Tür zu Verhandlungen zugeschlagen, trifft ersichtlich nicht zu; hätte der Kläger nicht reagiert, wäre es beim Ausspruch der außerordentlichen Kündigung geblieben. Insoweit bestand in erster Linie Handlungsbedarf, wie der Kläger richtig erkannt hat. Außerdem, und das ist entscheidend, hat die Reaktion des Klägers dazu geführt, dass der Zwangsverwalter seine Kündigung nicht aufrechterhalten hat, wie das Schreiben der Rechtsanwälte B. und Partner vom 03.08.2006 belegt.

Nicht zu folgen ist dem Landgericht in seiner Einschätzung, das Schreiben des Klägers vom 23.06.2006 habe bewirkt, dass die Bereitschaft des Verpächters, den Vertrag zu verlängern, gegen Null gehe (Seite 11 des Urteils). Entgegen der Annahme des Landgerichts stand die eine Vertragsverlängerung zu jenem Zeitpunkt nicht an; vielmehr war allein die außerordentliche Kündigung abzuwenden. Eine Vertragsverlängerung stand in der Entschließungsfreiheit des Zwangsverwalters, wobei dieser - außerdem - Rücksicht auf die Zwangsverwalterverordnung nehmen musste, wie dies bereits in § 3 des Pachtvertrages vom 01.02.2000 (Bl. 88 d.A.) zum Ausdruck gekommen ist. Im Übrigen zeigt die spätere Entwicklung, dass eine Verlängerung des Pachtverhältnisses nicht an der Person des Klägers scheiterte. Auf Seite 2 der Abrechnungsvereinbarung 26.01.2007 (Bl. 227 d.A.) hat der Zwangsverwalter eine Anzahl von Gründen genannt, die aus seiner Sicht eine Verlängerung des Pachtverhältnisses nicht zuließen. In diesem Zusammenhang ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Gesellschafterin L. zu Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarung die Geschäfte der Beklagten bereits mehr als sechs Monate allein geführt hat. Dies zeigt, dass sie allein den Anforderungen des Zwangsverwalters nicht gerecht werden konnte.

Soweit das Landgericht den Vorwurf des Klägers, die Gesellschafterin L. habe die Seniorenresidenz für ihre Hauskrankenpflege unentgeltlich genutzt, außer Acht gelassen hat, ist dies richtig. Denn es steht nur die Frage zur Beantwortung an, ob der Kläger durch sein Verhalten einen außerordentlichen Kündigungsgrund abgegeben hat. Insoweit stellt sich die Frage, ob er - durch die ihm zur Last gelegten Vorwürfe - entscheidend zur Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses beigetragen hat.

Das Landgericht hat offen gelassen, ob die weiteren Vorwürfe der Beklagten, der Kläger habe seine Pflichten als kaufmännischer Geschäftsführer im Hinblick auf die Einreichung der Jahressteuerabschlüsse für 2004 und 2005 nicht erfüllt, eine Abberufung rechtfertigten. Das ist in der Tat deshalb zweifelhaft, weil hierfür die Mitwirkung beider Gesellschafter unerlässlich war und ist. Eine einseitige Zuweisung von Verantwortung zu Lasten des Klägers lässt sich insoweit ohne Weiteres nicht feststellen.

Mit Rücksicht darauf, dass die von dem Landgericht angeführten Erwägungen nicht die Feststellung zulassen, der Kläger habe entscheidend zu dem Zerwürfnis der Gesellschafter beigetragen, lag ein wichtiger Grund nicht vor, der die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer wie auch die Kündigung seines Anstellungsverhältnisses gerechtfertigt hätte.

Der Senat sieht keinen Anlass, von dieser Bewertung der Gründe, die für die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten in der Gesellschafterversammlung vom 18.07.2006 vorgetragen wurden und nunmehr für die Begründung der erneuten Abberufung erneut herangezogen werden, abzuweichen.

3. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht nicht.

4. Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 07.10.2008 gibt keinen Grund zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 47 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG auf 107.500 € festgesetzt (Anfechtung der Abberufung als Geschäftsführer: 50.000 €; Anfechtung der Feststellung der Bilanz 2004: 37.500 €; Anfechtung des Beschlusses der Liquidation: 20.000 €).

Zur Begründung der festgesetzten Einzelstreitwerte wird auf die Streitwertfestsetzung des Landgerichts mit Beschluss vom 10.12.2007 Bezug genommen (Bl. 131, 132 d.A.).

Ende der Entscheidung

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