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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 16.03.2001
Aktenzeichen: 7 W 66/00
Rechtsgebiete: GmbHG, GesO, ZPO


Vorschriften:

GmbHG § 43 Abs. 2
GesO § 17 Abs. 3 Nr. 1 b
GesO § 17 Abs. 3 Nr. 4
ZPO § 567
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 116 Satz 1 Nr. 1
ZPO § 116 Nr. 1
ZPO § 127 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

7 W 66/00 Brandenburgisches Oberlandesgericht 52 O 220/99 Landgericht Potsdam

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts am 16.03.2001

durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ,

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 18.08.2000 wird zurückgewiesen.

Die Gerichtsgebühren des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Der Antragsteller erstrebt die Gewährung von Prozesskostenhilfe für eine Klage, mit der er den Antragsgegner als Geschäftsführer der Schuldnerin aus § 43 Abs. 2 GmbHG auf Schadensersatz in Anspruch nehmen will.

Der Antragsteller legt dem Antragsgegner Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit Anlagegeschäften von Mandanten des von der Schuldnerin betriebenen Steuerberatungsunternehmens zur Last, die dazu geführt haben, dass die Schuldnerin bezögen auf die jeweiligen Hauptforderungen zur Zahlung eines Betrages von 195.101,37 DM an den. Mandanten B. und von 103.200,85 DM an die Mandanten K., insgesamt also zur Zahlung von. 298.302,22 DM, verurteilt worden ist. Der Antragsteller hat diese zur Gesamtvollstreckungstabelle angemeldeten Forderungen inzwischen anerkannt.

Außerdem erkannte der Antragsteller die Forderungen folgender Gläubiger an:

1. V. 92,63 DM 2. G. 42.030,97 DM 3. BG. 2.439,00 DM 4. U. 120.000,00 DM 5. Ve. 53,52 DM.

Dabei handelt es sich bei der unter 1. genannten Forderung um eine bevorrechtigte Forderung nach § 17 Abs. 3 Nr. 1 b GesO. Bei den übrigen Forderungen einschließlich der Forderungen der Mandanten B. und K. handelt es sich um Forderungen nach § 17 Abs. 3 Nr. 4 GesO.

Die weiteren -- ausweislich der Gläubigerliste vom 27.07.1998 angemeldeten -- Forderungen sind entweder vom Antragsteller bestritten oder in der Zwischenzeit bereits anderweitig ausgeglichen worden.

Die Massekosten betragen ausgehend von dem Höchststand der bislang im Verlauf des Gesamtvollstreckungsverfahrens vom Antragsteller verwalteten Masse insgesamt 23.569,09 DM, bestehend aus Gerichtskosten in Höhe von 1.282,50 DM und den Gebühren des Antragstellers in Höhe von 22.286,59 DM.

Der Antragsteller hat vorgetragen, die verwaltete Masse betrage 6.238,95 DM und reiche deshalb nach Abzug der Massekosten zur Zahlung der Prozesskosten nicht aus. Die Zahlung der Prozesskosten sei auch den beteiligten Gläubigem nicht zuzumuten, da im Falle einer Klageabweisung die Masse zur Rückerstattung der von den Gläubigern verauslagten Prozesskosten nicht ausreichend sei. Zur Unterstützung dieser Ansicht hat sich der Antragsteller auf die Entscheidung des OLG Dresden (OLG NL 1995, 114) berufen.

Der Antragsgegner hat vorgetragen, bereits durch die Verwertung der Versicherungsverträge bei der H. und der G. für die Forderung der I. ergebe sich, dass in der Aufstellung des Massevermögens rund 16.000,00 DM ... (78.317,63 DM Versicherungswert abzüglich 42.030,97 DM Forderung der I.) nicht aufgeführt seien. Darüber hinaus habe der Antragsteller -- was als solches unstreitig ist -- in seinem Gutachten zur Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens die bei der Schuldnerin vorhandenen Mittel selbst auf 63.701,49 DM beziffert.

Das Landgericht hat den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 18.08.2000 zurückgewiesen mit der Begründung, dass es den Gläubigern zuzumuten sei, den Prozess zu finanzieren.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsteller mit der Beschwerde, mit welcher er sein Prozesskostenhilfebegehren weiterverfolgt. Zur Begründung beruft er sich auf den bereits erfolgten Sachvortrag und tragt zusätzlich vor, die derzeit verwaltete Masse betrage ... 25.720,94 DM. Es sei darüber hinaus zu berücksichtigen, dass sich im Falle des Obsiegens in dem vorliegenden Rechtsstreit die Massekosten auf insgesamt 96.195,88 DM (6.898,50 DM Gerichtskosten und 89.297,38 DM Vergütung für den Verwalter) erhöhen würden, so dass sich die an die Gläubiger zu verteilende Masse auf 227.827,28 DM reduziere Auch müssten in die Beurteilung der Zumutbarkeit der Beteiligung der Gläubiger an den Prozesskosten nicht nur die Gerichtskosten, sondern auch die Kosten für einen Rechtsanwalt einbezogen werden, die bei 3 Gebühren allein 10.209,74 DM ausmachten und die darüber hinaus ebenso wie der Gerichtskostenvorschuss als Neumasseschulden vorab an den jeweils zahlenden Gläubiger zu berichtigen seien.

Der Antragsgegner ist der Ansicht, dass auch der Antragsteller selbst als vorschusspflichtiger Gläubiger zu behandeln sei, da sich seine Vergütung bei einem Obsiegen im Klageverfahren erhöhe und er somit davon profitieren würde. Außerdem sei nicht nachvollziehbar, wie das als derzeit vorhandene Masse angegebene Vermögen von 25.000,00 DM zusammengesetzt sei. Er behauptet, dass die Masse auf Grund des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Landgerichts Potsdam vom 28.04.2000 unberechtigterweise mit einem Betrag von mindestens 2.186,60 DM belastet worden sei, obwohl das vom Antragsteller dort verfolgte Klagebegehren nach der Urteilsbegründung offensichtlich habe erfolglos bleiben müssen.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist gemäß §§ 127 Abs. 2 Satz 2, 567 ZPO zulässig; sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Eine Partei kraft Amtes erhält gem. § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO Prozesskostenhilfe, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen.

Es kann dahinstehen, ob der Antragsteller auch angesichts des Bestreitens des Antragsgegners hinreichend glaubhaft gemacht hat, dass ihm liquide Mittel, aus denen die Prozesskosten aufgebracht werden könnten, lediglich im Umfang von 25.720,94 DM zur Verfügung stehen. Selbst wenn man -- da an die Glaubhaftmachung keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen und es sich bei den vom Antragsgegner geltend gemachten Zweifeln lediglich um Mutmaßungen handelt -- insoweit die vom Antragsteller vorgelegten Kontoauszüge ausreichen lassen ... und damit davon ausgehen würde, dass aus der verwalteten Vermögensmasse abzüglich der Massekosten nur ein Betrag von 2.151,85 DM zur Verfügung stünde, hat das Landgericht zu Recht die Auffassung vertreten, dass es jedenfalls den am Rechtsstreit wirtschaftlich beteiligten Gläubigem zumutbar ist, die Kosten der Prozessführung aufzubringen.

Am Rechtsstreit wirtschaftlich beteiligt sind alle die Gläubiger, denen der Erfolg des beabsichtigten Rechtsstreits unmittelbar zu Gute kommen wurde, die also bei einem erfolgreichen Ausgang des Prozesses wenigstens mit einer teilweisen Befriedigung ihrer Ansprüche rechnen können (BGH ZIP 1990, 1490; BGH ZIP 1992, 1644, 1646). Dies sind jedenfalls alle die Gläubiger, deren Ansprüche der Antragsteller zur Tabelle anerkannt hat. Der Antragsteller selbst ist dagegen als Gesamtvollstreckungsverwalter nicht an den Kosten der Prozessführung zu beteiligen. Auch wenn ein erfolgreicher Ausgang des Prozesses letztlich auch zu einer Erhöhung der Vergütungsansprüche des Antragstellers führen würde, so verfolgt doch der Antragsteller mit der Prozessführung keine eigenen Ziele, sondern nimmt lediglich seine der Gläubigergemeinschaft gegenüber obliegenden Aufgaben wahr (BGH ZIP 1998, 297/298).

Den Gläubigern, deren Ansprüche der Antragsteller zur Tabelle anerkannt hat, ist die Zahlung der erforderlichen Vorschüsse auf die Prozesskosten immer dann zuzumuten, wenn diese die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Prozessrisiko angemessen berücksichtigender Betrachtungsweise bei einem Erfolg der Rechts Verfolgung in einem angemessenen Verhältnis zu ihrem Aufwand steht (BGH ZIP 1990, 1490).

Diese Voraussetzungen liegen aber jedenfalls für die Gläubiger B. K. und U. vor. Bei einer erfolgreichen Durchführung des Rechtsstreits, d. h. bei Verurteilung des Antragsgegners zur Zahlung der Hauptforderungen von insgesamt 298.302,22 DM, stünden ausgehend von einer derzeit verwalteten Masse in Höhe von 25.720,94 DM für die Verteilung insgesamt 324.023,16 DM zur Verfügung. Bringt man von diesem Betrag die dann erhöhten Massekosten im Umfang von 96.195,88 DM in Abzug, so ergibt sich eine für die Verteilung zur Verfügung stehende Restsumme von insgesamt 227.827,28 DM. Davon ist zuerst gemäß § 17 Abs. 3 Nr. 1 b GesO die vorrangige Forderung der V. i. H. v. 92,63 DM zu begleichen, was einen Restbetrag von 227.734,65 DM ergibt. Von diesem Betrag entfiele jedoch auf die weiteren gleichrangigen -- vom Antragsteller anerkannten -- Forderungen im Umfang von insgesamt 493.707,18 DM (B.: 216.259,03 DM (incl. Zinsen); G. 42.030,97 DM; BG.: 2.439,00 DM; K.: 112.924,66 DM (incl. Zinsen); U. 120.000,00 DM und Ve.: 53,52 DM) -- was der Antragsteller selbst zugesteht -- immer noch eine Quote von 46 %, so dass der Gläubiger B. im Umfang von 99.479,15 DM, der Gläubiger G. im Umfang von 19.334,24 DM, die BG. ... im Umfang von 1.121,94, die Gläubiger Kilian im Umfang von 51.945,34 DM und der Gläubiger U. im Umfang von 55.200,00 DM und die Ve. in Höhe von 24,62 DM befriedigt werden könnten. Stellt man diesen Befriedigungschancen den Aufwand gegenüber, den die jeweiligen Gläubiger für die Prozessführung hätten, so betrüge der zu erwartende Nutzen der Prozessführung jedenfalls für die Gläubiger B., K. und U. -- bei jedem von ihnen -- immer noch ein Mehrfaches der vorzuschießenden Kosten der Prozessführung, die -- auch wenn man mit der Auffassung des Antragstellers die Rechtsanwaltskosten einbezieht -- voraussichtlich nur ca. 16.500,00 DM ausmachen.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers kommt es für die Zumutbarkeit nicht darauf an, ob den vorschusspflichtigen Gläubigem ihr Aufwand auch bei Erfolglosigkeit des Rechtsstreites aus der Masse erstattet werden kann. Etwas anderes ergibt sich -- aus den bereits vom Landgericht dargelegten Gründen, denen sich der Senat in vollem Umfang anschließt -- auch nicht aus der Entscheidung des OLG Dresden (OLG NL 1995, 114) oder den dieser Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen. Zwar ist dem Antragsteller zuzugestehen, dass -- wie gerade auch der vom OLG Dresden entschiedene Fall zeigt -- die Möglichkeit besteht, dass zwar die liquiden Mittel, abzüglich der Massekosten und -schulden nicht ausreichen, um die Prozesskosten abzudecken, und damit die Prozesskosten nicht im Sinne des § 116 Nr. 1 ZPO aus der Masse aufgebracht werden können, aber gleichwohl noch Vermögenswerte vorhanden sind und damit keine Masseunzulänglichkeit vorliegt. Weder dem Wortlaut der Regelung des § 116 Nr. 1 ZPO noch seinem Regelungzweck kann jedoch ein Anhaltspunkt dafür entnommen werden, dass das mit der Prozessführung verbundene Risiko letztlich immer durch die Masse abgedeckt sein muss. Auch wenn der Gesetzgeber mit der Regelung in § 116 Nr. 1 ZPO den Zweck verfolgt hat, der Partei Kraft Amtes die Prozessführung zu erleichtern und damit grundsätzlich die Gewährung von Prozesskostenhilfe die Regel und nicht die Ausnahme sein soll (BGH ZIP 1990, 1490), so gilt dies doch nur mit der Einschränkung, dass es keine wirtschaftlich Beteiligten gibt, denen die Prozessführung und das damit verbundene Risiko zuzumuten ist. Keiner der Gläubiger, denen die Prozessführung nach den Maßstäben des § 116 Nr. 1 ZPO zuzumuten ist, ist verpflichtet, dieses Risiko tatsächlich auch zu übernehmen (BGH MDR 1998, 737, 738). Verweigern die Beteiligten -- etwa im Falle oder auch wegen der Massearmut -- eine ihnen zumutbare Kostenbeteiligung, so nimmt das Gesetz vielmehr in Kauf, dass ein Prozess nicht geführt werden kann (OLG Köln MDR 2000, 51, 52).

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf KV Nr. 1952 der Anlage 1 zum GKG und § 127 Abs. 4 ZPO.



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