Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.05.2002
Aktenzeichen: 8 U 97/01
Rechtsgebiete: InsO, BGB, GmbHG, ZPO


Vorschriften:

InsO § 143
InsO §§ 129 ff.
BGB § 667
BGB § 675
GmbHG § 32 a
GmbHG § 32 b
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 283 Abs. 3
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

8 U 97/01

Verkündet am 16. Mai 2002

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 18. April 2002 unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ..., des Richters am Oberlandesgericht ... und des Richters am Landgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28. September 2001 verkündete Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.427,14 € (2.791,25 DM) nebst 4 % Zinsen seit dem 20. März 2001 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die durch die Anrufung des unzuständigen Landgerichts Frankfurt/Oder entstandenen Mehrkosten. Die Kosten des ersten Rechtszuges fallen dem Kläger zu 85 % und der Beklagten zu 15 % zur Last.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und auch begründet.

1. Der Sache nach ist im Berufungsrechtszug nur noch die Gutschrift vom 11.06.1999 über 16.000,00 DM (8.180,67 €) im Streit. Die Beklagte wendet sich mit der Berufung allein dagegen, dass das Landgericht dem Kläger jene 16.000,00 DM nebst Zinsen zugesprochen hat.

2. Entgegen den Ausführungen des Landgerichts kommt als Rechtsgrundlage für den Klageanspruch des Klägers ein insolvenzrechtlicher Rückgewähranspruch gemäß § 143 InsO in Verbindung mit §§ 129 ff. InsO nicht in Betracht.

Die Vorschrift des § 129 InsO bezieht sich auf vor der Insolvenzeröffnung vorgenommene Rechtshandlungen, die zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt haben. Beide Voraussetzungen liegen nicht vor.

Es fehlt schon an einer vor Insolvenzeröffnung vorgenommenen Rechtshandlung. Die fragliche Gutschrift ist am 11.06.1999 erfolgt, also nach Insolvenzeröffnung (30.03.1999). Die Gutschrift beruht auf dem von der Beklagten als "Umbuchungsbeleg" (Bl. 26 d.A.) bezeichneten Überweisungsauftrag vom 10.06.1999 (Bl. 27 d.A.).

Es fehlt weiter an einer Gläubigerbenachteiligung. Der Masse ist nichts durch eine Rechtshandlung entzogen worden. Die Beklagte hat nichts aus der Masse erhalten. Der Überweisungsauftrag vom 10.06.1999 bezieht sich auf das Privatkonto des Geschäftsführers der Schuldnerin.

3. Der Klageanspruch lässt sich auch nicht auf §§ 667, 675 BGB stützen.

Zwar bestand zwischen der Schuldnerin und der Beklagten ein Bankvertrag mit Giroabrede, also ein auf Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag im Sinne des § 675 BGB. Bei einem solchen Vertragsverhältnis ist der Beauftragte gemäß § 667 BGB verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat, herauszugeben.

Die Beklagte hat jedoch im Hinblick auf die auf Grund des Überweisungsauftrages vom 10.06.1999 (Bl. 27 d.A.) erfolgte Gutschrift vom 11.06.1999 über 16.000,00 DM nichts aus der Geschäftsführung für die Schuldnerin erlangt.

Nach dem unstreitigen Sachverhalt beruhte der Zahlungsvorgang nicht auf einer Zuwendung an die Schuldnerin, und zwar weder von Seiten ihres Geschäftsführers noch seitens der Beklagten. Dem Buchungsvorgang lag vielmehr zugrunde, dass die Beklagte als Gläubigerin den Geschäftsführer der Schuldnerin auf Grund der Bürgschaft vom 11.02.1993 (Bl. 25 d.A.) wegen eines Betrages von 16.000,00 DM in Anspruch genommen und in Höhe der von ihr erlangten Befriedigung auf dem Konto der Schuldnerin eine entsprechende Gutschrift verbucht hat.

Die Beklagte hatte zuvor auf dem Konto des Geschäftsführers der Schuldnerin den von der Allianz Lebensversicherung aus der Rückversicherung überwiesenen Betrag weisungsgemäß am 23.03.1999 gutgeschrieben (Bl. 27 d.A). Gegen die Forderung des Geschäftsführers der Schuldnerin aus der Gutschrift (§§ 667, 675 BGB) hat die Beklagte mit ihrer Forderung aus der Bürgschaft (§ 765 BGB) aufgerechnet. Buchungstechnisch rührte die Aufrechnung zur Belastung des Kontos des Geschäftsführers mit einem Betrag von 16.000,00 DM, der geringfügig über der Zahlung der Allianz von 15.911,48 DM lag. Die Forderung der Beklagten gegen die Hauptschuldnerin (Schuldnerin) ist damit auf den Bürgen (Geschäftsführer der Schuldnerin) übergegangen (§ 774 BGB), soweit sich die Beklagte befriedigen konnte, nämlich wegen eines Betrages in Höhe von 16.000,00 DM. Gleichzeitig führte die Befriedigung der Beklagten aus der Bürgschaft dazu, dass die Schuldnerin ihr gegenüber 16.000,00 DM weniger schuldete. Die Beklagte hat diesem Umstand dadurch entsprochen, dass sie den Betrag von 16.000,00 DM dem Konto der Schuldnerin gutschrieb, also den Sollsaldo entsprechend verringerte.

Der vom Kläger vorgelegte Kontoauszug vom 11.06.1999, auf dem die Gutschrift von 16.000,00 DM verbucht ist (Bl. 15 d.A.), ist folglich die buchungstechnische Umsetzung der Inanspruchnahme des Geschäftsführers der Schuldnerin als Bürgen.

4. Der Klageanspruch lässt sich auch nicht aus den §§ 32 a, 32 b GmbHG herleiten. Die Beklagte selbst ist nicht Adressatin dieser Normen. Diese Vorschriften besagen nur, dass, falls deren Voraussetzungen vorliegen - wofür der Kläger allerdings nichts vorträgt - der Geschäftsführer der Schuldnerin den auf ihn übergegangenen Anspruch (§ 774 BGB) nicht gegen die Masse geltend machen kann, dass er also das Ausfallrisiko in Höhe seiner Sicherheit voll zu tragen hat.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 283 Abs. 3 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Es besteht keine Veranlassung, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO n.F.).

Streitwert im Berufungsrechtszug: 8.180,67 € (16.000,00 DM), zugleich Wert der Beschwer des Klägers.

Ende der Entscheidung

Zurück