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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 18.10.2001
Aktenzeichen: 8 W 120/01
Rechtsgebiete: ZPO, RPflG


Vorschriften:

ZPO § 106
ZPO § 104
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 91
ZPO § 293
ZPO § 404 a
ZPO § 92 Abs. 1
RPflG § 11
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluß

8 W 120/01

In dem Kostenfestsetzungsverfahren

hat der 8. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Beilich, des Richters am Oberlandesgericht Fischer und des Richters am Landgericht Dr. Fiedler

am 18. Oktober 2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 23. April 2001 wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels, soweit dieses nicht zurückgenommen ist, der Kostenfestsetzungsbeschluß der Rechtspflegerin des Landgerichts Potsdam vom 30. März 2001 - für den ersten Rechtszug - abgeändert.

Die aufgrund des Vergleichs des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 20. September 2000 von der Klägerin an die Beklagte für den ersten Rechtszug zu erstattenden Kosten werden auf 147.363,80 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 06.12.2000 festgesetzt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen zu 67 % die Klägerin und zu 33 % die Beklagte.

Gründe:

I.

Die Rechtspflegerin hat auf Antrag der Parteien gem. § 106 ZPO die Kosten für den ersten Rechtszug ausgeglichen und dabei zugunsten der Beklagten einen Betrag von 361.761,76 DM nebst Zinsen festgesetzt. Die dabei auf seiten der Beklagten vorgenommenen Absetzungen hat diese hingenommen.

Die Klägerin hat gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß die irrtümlich noch als "Erinnerung" bezeichnete sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie die Festsetzung zugunsten der Beklagten zunächst vollen Umfangs angegriffen hat. Sie hat beanstandet, daß die Anwaltsgebühren der Beklagten von deren zweitinstanzlichen Anwälten angemeldet worden sind, obwohl eine Kostennote der erstinstanzlichen Anwälte nicht vorgelegt sei. Weiter hat sie beanstandet, daß 66,00 DM als fiktive Parteireisekosten festgesetzt sind. Schließlich hat sie die Festsetzung der angemeldeten Kosten für ein "vorgerichtliches" Gutachten beanstandet.

Nach Hinweisen des Senatsvorsitzenden, daß die Kostennote der erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten der Rechtspflegerin vorgelegen habe und die mit festgesetzten fiktiven Reisekosten erstattungsfähig seien, hat die Klägerin ihre Beanstandungen insoweit fallengelassen, was der Senat als (teilweise) Rechtsmittelrücknahme wertet.

Die Parteien streiten - mithin - nur noch über die Erstattungsfähigkeit der Gutachterkosten. Insoweit wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, auf den - soweit erforderlich - nachstehend näher eingegangen wird.

Außerdem ist im Rahmen des Rechtsmittels, soweit es nicht zurückgenommen ist, ein - allerdings geringfügiger - Fehler bei der Festsetzung zu korrigieren, der darin liegt, daß die Rechtspflegerin - wohl versehentlich - die zugebilligten fiktiven Parteireisekosten mit einem "Zuschlag" in Höhe anteiliger Mehrwertsteuer versehen hat, der nicht gerechtfertigt ist.

II.

Das Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde, §§ 11 RPflG, 104 ZPO, zulässig und - soweit es nicht zurückgenommen ist - auch teilweise begründet.

1.

Die Kosten eines Parteigutachtens, das "vor" dem Rechtsstreit eingeholt wird, können grundsätzlich als notwendige Kosten der Rechtsverfolgung, § 91 Abs. 1 ZPO, erstattungsfähig sein. Voraussetzung ist allerdings, daß dieses Parteigutachten die Erledigung des Rechtsstreits beeinflußt hat. Das zieht auch die Beschwerde - als Grundsatz - nicht in Zweifel. Sie zieht, jedenfalls im Ergebnis, auch nicht in Zweifel, daß das von der Beklagten in den Rechtsstreit eingeführte Gutachten die vergleichsweise Erledigung des Rechtsstreits beeinflußt hat, wessen sich die Rechtspflegerin auch durch Nachfrage bei dem Senat, vor dem der Vergleich protokolliert worden ist, vor der Festsetzung vergewissert hatte.

Die Beschwerde wendet gegen die Festsetzung aber ein: Das Gutachten sei nicht notwendig gewesen. Den Sachvortrag und dessen rechtliche Würdigung dem Gericht zu unterbreiten, sei Aufgabe des Prozeßbevollmächtigten, der dafür ja auch seine Vergütung - das festsetzungsfähige Anwaltshonorar - verdiene. Außerdem handele es sich nicht um ein "vorgerichtliches", sondern um ein "prozeßbegleitendes" Gutachten. Ferner bestehe es im wesentlichen aus rechtlichen Wertungen. Rechtsgutachten seien aber nicht notwendig. Schließlich - so macht die Beschwerde geltend - seien die Kosten übersetzt, weil die vom Sachverständigen angesetzten Stundensätze überhöht seien.

All diesen Angriffen hält die angefochtene Festsetzung nur teilweise stand. Im übrigen sind die Angriffe aber nicht gerechtfertigt.

2.

Es trifft nicht zu, daß in Honorarprozessen von Architekten und Ingenieuren ein "vorgerichtliches" Gutachten schlechthin nicht notwendig sei, weil es Aufgabe des Prozeßbevollmächtigten wäre, den Sachverhalt und dessen rechtliche Beurteilung dem Gericht zu unterbreiten. Rechtsgrundsätzliche Erwägungen hierzu sind angesichts des Streitgegenstandes dieses Rechtsstreits auch gar nicht angezeigt.

Zwar wird die weit überwiegende Zahl solcher Honorarrechtsstreitigkeiten ohne sachverständige Beratung zu entscheiden sein, was auch die Einholung eines "vorgerichtlichen" Gutachtens entbehrlich macht. Der Streitfall ist aber - ganz offensichtlich - eine Ausnahme. Beide Parteien hatten als Beweismittel für ihr jeweiliges Vorbringen Beweis durch Einholung von (gerichtlichen) Gutachten erboten. Der zur Entscheidung berufene Zivilsenat hatte in der mündlichen Verhandlung, in der der Rechtsstreit durch Vergleich beigelegt worden ist, mit unverkennbarem Nachdruck darauf verwiesen, daß vor einer Entscheidung "wohl noch erhebliche Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlich sein dürften". Das kann nach Lage des Streitfalles nur bedeuten, daß jener Senat den Streitfall nicht ohne Einholung eines - weiteren, gerichtlichen - Sachverständigengutachtens entschieden haben würde. Das deckt sich mit der Auffassung des erkennenden Senats, dessen Mitglieder jedenfalls teilweise seit Jahren und Jahrzehnten speziell mit "Bausachen" - und gerade auch mit Honorarprozessen von Architekten und Ingenieuren - befaßt sind. Auch der erkennende Senat würde diesen Rechtsstreit nicht auf der Grundlage nur des Parteivortrages und rechtlicher Subsumtion entschieden haben.

Das liegt daran, daß die - maßgebliche - HOAI zwar Rechtsnormcharakter (allerdings richtigerweise nur als Preisverordnung) hat, die Honorarberechnung aber von vielfältigen technischen Begriffen und Voraussetzungen abhängig ist, die ein Richter - und folglich auch ein Prozeßbevollmächtigter - nicht ohne weiteres kraft seines juristischen Sachverstandes zutreffend einzuordnen vermag und deshalb auf sachkundige technische Hilfe angewiesen ist. Nur beispielhaft sei dazu erwähnt, daß die Frage, ob ein "Umbau" oder nur eine "Renovierung" vorliegt, nicht allein mit juristischem Sachverstand geklärt werden kann, sondern - je nach Lage des Streitfalles - komplizierte technische Untersuchungen und eine technische Beurteilung erfordert, deren Klärung für die Beantwortung der gestellten Rechtsfrage vorausgesetzt ist. So liegt der Streitfall, jedenfalls bei der im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens gebotenen summarischen Prüfung des Streitstoffs.

Dem läßt sich auch nicht - wie die Beschwerde weiter meint - entgegenhalten, die private Begutachtung habe, jedenfalls in erheblichem Umfang, auch der Aufdeckung (wirklicher oder vermeintlicher) Fehler des Architekten-/Ingenieurswerks gedient. Selbst wenn das - was der Senat nicht im Einzelnen überprüft - der Fall sein sollte, ändert das an der Erstattungsfähigkeit der Gutachterkosten nichts. Es kann der mit einer Honorarforderung konfrontierten - möglicherweise gar bereits mit einem Prozeß überzogenen - Partei nicht versagt werden, sich sachkundig darüber beraten zu lassen, ob das Werk, auf das die Honorarforderung gestützt ist, mangelfrei ist oder nicht. Häufig genug wird die Partei, die sich des Architekten bzw. Ingenieurs gerade deshalb bedient, weil es ihr an der eigenen Sachkunde mangelt, selbst gar nicht in der Lage sein, Mängel des Werkes zu entdecken oder gar aufzudecken. Die Rechtsordnung und auch gerade die Verfahrensordnung gebieten es jedenfalls nicht, dem Auftraggeber eines Architekten- oder Ingenieurwerks die sachverständige Beratung durch einen - unabhängigen - Sachverständigen zu versagen und ihn nur auf seine (unzureichenden) Kenntnisse und Erkenntnisse zu verweisen, die ihm die sachgerechte Verteidigung gerade nicht ermöglichen. Bedient er sich solcher Hilfe, dann müssen konsequenterweise auch die dafür nötigen Aufwendungen - allerdings im Rahmen des Notwendigen, § 91 Abs. 1 ZPO - erstattungsfähig sein.

3.

Aus den vorstehenden Erwägungen folgt zugleich, daß der Erstattungsfähigkeit der Aufwendungen für das Gutachten - im Streitfall - auch nicht die Erwägung der Beschwerde entgegengehalten werden kann, die Beklagte sei selbst "fachkundig" genug gewesen, die Richtigkeit der Berechnungen der Klägerin und die Mangelhaftigkeit oder Mangelfreiheit deren Leistungen zu beurteilen.

Gerade weil die Beklagte nicht fachkundig genug war, sich jedenfalls nicht fachkundig genug fühlte, diejenigen Leistungen zu erbringen, die sie der Klägerin übertragen hatte, hat sie sich der Klägerin als ihrer Gehilfin bedient. Deren Leistung - und deren Wert (Preis) - zu überprüfen, ist sie folglich aus eigenem Wissen nicht in der Lage. Die Klägerin verhält sich demgegenüber - um es in einem Bilde zu sagen - wie ein Schneider, der einen Anzug anzufertigen hat und eine Hose abliefert, die zu kurz ist, eine Jacke, deren Ärmel zu lang sind und die außerdem - für den Besteller unsichtbar - am Rücken "verschnitten" ist, dafür aber die Vergütung eines Modisten verlangt und dann im Festsetzungsverfahren einwendet, die Kosten des Bestellers für das von ihm eingeholte Gutachten seien nicht erstattungsfähig, weil der Besteller doch selbst habe erkennen können, daß die Hose zu kurz und die Jackenärmel zu lang und die Vergütungsberechnung sowieso zu hoch gewesen sei. Das "tertium comparationis" dieses - zugegebenermaßen drastischen - Vergleichs liegt in der Tatsache, daß die Klägerin im Wege des Vergleichs - also des gegenseitigen Nachgebens beider Parteien - hinsichtlich ihrer Honorarforderungen zum überwiegenden Teile "zurückgesteckt" hat, was gleichzeitig die Möglichkeit impliziert, daß sie bei streitiger Entscheidung des Rechtsstreits noch weiter hätte zurückstecken müssen.

4.

Ohne Erfolg wendet die Klägerin auch ein, es habe sich nicht um ein den Prozeß vorbereitendes, sondern ein "prozeßbegleitendes" Gutachten gehandelt, dessen Kosten - als solche - nicht erstattungsfähig seien.

Nach dem im Kostenfestsetzungsverfahren unstreitigen Sachverhalt hatte die Beklagte, mit den Honorarforderungen der Klägerin konfrontiert, das Gutachten in Auftrag gegeben, bevor es zum Rechtsstreit gekommen war. Ob - und wann - sich die Klägerin entschließen würde, die Forderungen rechtshängig zu machen, konnte die Beklagte nicht wissen und - vor allem - auch nicht beeinflussen. Für die Frage, ob die Kosten eines solchen Gutachtens, das - evident - zur Vorbereitung der Verteidigung in einem Rechtsstreit angefordert und eingeholt wird, notwendig im Sinne des § 91 ZPO sind, kann es keinen Unterschied machen, ob das Gutachten vor Rechtshängigkeit fertig ist oder nicht. Unzumutbar wäre es, von der Partei zu erwarten, daß sie den Gutachtenauftrag abbricht und sich so des Verteidigungsmittels - und der Erstattungsfähigkeit ihrer bisher gemachten Aufwendungen dafür - beraubt, nur weil es dem Kläger gefallen hat, die Rechtshängigkeit vor der Erstattung des Gutachtens herbeizuführen.

5.

Erfolg hat hingegen der Einwand der Beschwerde, es handele sich - teilweise - um ein Rechtsgutachten, dessen Kosten nicht erstattungsfähig seien. In der Tat ist es richtig, daß die Kosten eines Rechtsgutachtens - außer in den hier nicht in Betracht kommenden Fällen des § 293 ZPO (ausländisches Recht) - nicht als notwendig im Sinne des § 91 ZPO anerkannt werden können. Auch dies bedarf keiner weiteren vertiefenden Erörterung, zumal die Beklagte selbst - auf Hinweis des Senatsvorsitzenden - diese Meinung teilt. Nicht richtig ist allerdings die Auffassung der Beschwerde, das ganze Gutachten sei - nur - ein Rechtsgutachten. Ebensowenig ist indes die Auffassung der Beklagten richtig, sie habe diesem Gesichtspunkt schon dadurch Rechnung getragen, daß sie die geleistete Abschlagszahlung von 92.800,00 DM (brutto) nicht zur Kostenausgleichung (Festsetzung) angemeldet habe.

Dem Rechenwerk vorgreifend sind die unterschiedlichen Standpunkte der Parteien wie folgt zu beurteilen:

a)

Das - aus vielen Teilen bestehende - Gutachten stellt sich nicht gänzlich als Rechtsgutachten dar. Es beurteilt namentlich in den objektbezogenen Teilen ganz überwiegend technische Fragen, im sogenannten "allgemeinen" Teil allerdings im wesentlichen Rechtsfragen, die jeder Richter - auch der Senat - selbst auch ohne sachverständige Beratung beantworten kann. Bereits dies spricht dafür, daß der Beklagten die für den "allgemeinen" Teil vom Sachverständigen beanspruchte Vergütung nicht als erstattungsfähig anerkannt werden kann.

b)

Da es sich um ein einheitliches - wenn auch in Teile gegliedertes - Gutachten handelt, ist eine konkrete Abgrenzung des als Rechtsgutachten zu wertenden Inhalts von dem technischen Inhalt nicht möglich. Deshalb ist auch eine Abgrenzung der für das Rechtsgutachten aufgewandten Kosten von denjenigen für das technische Gutachten jedenfalls nach dem Inhalt des Gutachtens nicht möglich. Der Senat sieht aber - dem Hinweis des Vorsitzenden an die Parteien folgend - eine für das Festsetzungsverfahren hinreichende Abgrenzungsmöglichkeit darin, daß der Sachverständige selbst in seinen Rechnungen angegeben hat, welcher Kostenaufwand für die Mitarbeit von "Juristen" an der Ausarbeitung des Gutachtens erforderlich war.

Der Senat setzt deshalb von den berechneten Kosten alle diejenigen Positionen ab, die sich nach dem Wortlaut der vorgelegten Rechnungen eindeutig als "juristische" Arbeit qualifizieren lassen.

c)

Nicht gefolgt werden kann der Darstellung der Beklagten, sie habe dies bereits durch den "Abzug" der ersten Abschlagszahlung hinreichend berücksichtigt. Die weitere juristische Mitarbeit sei von der technischen nicht zu trennen.

Der Senat kommt auf den "Abzug" noch gesondert zu sprechen. An dieser Stelle ist die Auffassung zu widerlegen, der juristische Teil sei vom technischen nicht zu trennen. Auch dies geschieht nur beispielhaft am Begriff des "Umbaus".

Der technische Sachverständige hat darüber Auskunft zu geben, ob eine bestimmte bauliche Maßnahme aus technischer Sicht einen Umbau darstellt. Ob das, was er aus technischer Sicht als Umbau qualifiziert, auch in rechtlicher Hinsicht ein Umbau ist, hat er nicht zu beurteilen. Dies ist Aufgabe des Rechtsanwenders, notfalls also des Richters. Eine juristische "Begleitung" des technischen Sachverständigen durch einen Rechtskundigen ist daher zu vermeiden. Selbst einem gerichtlich bestellten Sachverständigen darf (und muß) der Richter zwar gem. § 404 a ZPO Vorgaben tatsächlicher Art - von denen der Sachverständige ausgehen soll - machen, sofern der Streitfall dazu Anlaß gibt. Er darf - und muß nötigenfalls - dem Sachverständigen auch rechtliche Wertungen vorgeben, von denen der Sachverständige ausgehen soll. Niemals jedoch dürften solche rechtlichen Wertungen gerade den Gegenstand der technischen Beurteilung tangieren, weil sonst die technische Beurteilung von der rechtlichen "überlagert" und das Gutachten damit zwangsläufig zu einem Rechtsgutachten würde - falls nicht der Sachverständige selbst solche unzulässige Einflußnahme auf seine Begutachtung erkennt und zurückweist.

Das gilt auch - und besonders - in Honorarrechtsstreitigkeiten, in denen die Berührung technischer und rechtlicher Fragen besonders eng ist. Es ist deshalb in solchen Prozessen ganz besonders streng darauf zu achten, ob der Sachverständige allein die technischen Fragen beantwortet oder auch rechtliche Bewertungen mit einbezieht, die ihm nicht zustehen.

d)

Für den Streitfall bedeutet dies allerdings auch nicht, daß etwa das Gutachten vollends als "unbrauchbar" zu werten wäre. Die Trennung technischer und rechtlicher Erwägungen fiele einem zur Streitentscheidung in der Hauptsache berufenen Richter nicht schwer. Darum geht es aber im Festsetzungsverfahren auch nicht.

Für die im Festsetzungsverfahren erforderliche Trennung der Kosten eines solchen - aus technischer Bewertung und rechtlicher Beurteilung zusammengesetzten - Gutachtens gibt die in den Rechnungen des Sachverständigen ausgewiesene Kostentrennung eine hinreichend verläßliche Grundlage.

e)

Für die als Beleg der Erstattungsforderung der Beklagten vorgelegten Rechnungen des Sachverständigen hat dies zur Folge:

(1)

Die erste Rechnung des Sachverständigen vom 20.11.98 (Bl. 3861 d.A.) kann in die Erstattung überhaupt nicht einbezogen werden. Das ergibt sich zum einen daraus, daß als Gegenstand der berechneten Leistungen "Beratungstätigkeit" angegeben ist, der Bezug zu gutachterlicher Tätigkeit also gerade nicht belegt, jedenfalls nicht glaubhaft gemacht (§ 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO) ist.

Zum anderen ergibt sich das aus der eigenen Erklärung der Beklagten, die sie - auf Hinweis des Senatsvorsitzenden hin - zur angemeldeten Summe der Gutachterkosten abgegeben hat. Diese Erklärung ist zwar - offensichtlich - unzutreffend, läßt aber die nötigen Rückschlüsse zu.

Danach soll sich die in dieser Rechnung ausgewiesene Abschlagszahlung vom 09.09.1998 auf die gesamte juristische Beurteilung beziehen, die die rechtskundigen Mitarbeiter des Sachverständigen während des - gesamten - Verlaufs der Begutachtung geleistet haben (320 Stunden zu je 250,00 DM netto). Das kann schon aus zeitlichen Gründen so nicht sein, weil die Begutachtung im Zeitpunkt der Abschlagszahlung noch nicht abgeschlossen war. Es fehlt auch jede Darlegung - erst recht jeder Beleg -, daß mit der Abschlagszahlung gerade - und nur - die juristische Mitarbeit vergütet werden sollte und wurde. Die erwähnte Stundenzahl - und der dazugehörige Stundensatz - sind in der Rechnung nicht, jedenfalls nicht so ausgewiesen.

Da sich außerdem die mit dieser Rechnung abgerechnete Tätigkeit des Sachverständigen auf den "allgemeinen" Teil des Gutachtens beziehen soll, der - wie ausgeführt - im wesentlichen ein Rechtsgutachten darstellt, und sich die - so nicht einmal ausgewiesene - Tätigkeit von "Juristen" aus dieser Rechnung auch nicht ergibt, ist im Ergebnis nicht hinreichend dargelegt, jedenfalls nicht glaubhaft gemacht, daß überhaupt die mit dieser Rechnung berechneten Tätigkeiten irgendetwas mit der Gutachtenerstattung zu tun haben.

Das gilt naturgemäß auch für die in dieser Rechnung berechneten "Nebenkosten", deren Zuordnung zu technischer und/oder rechtlicher Beurteilung nicht möglich ist.

(2)

Mit der zweiten vorgelegten Rechnung vom 17.02.99 hat der Sachverständige seine Leistungen neu berechnet (Bl. 3862 f. d.A.). Aus dem Rechnungstext ergibt sich, daß er in die Berechnung auch diejenigen Leistungen eingerechnet hat, die er bereits zuvor mit der vorerwähnten Rechnung vom 20.11.98 berechnet hatte. Er zieht nämlich die "Arbeitskosten" der älteren Rechnung von der "Zwischensumme 2" ab, die also in der jüngeren Rechnung enthalten sein müssen.

Dabei fällt zunächst auf, daß beide Rechnungen nicht miteinander in Einklang zu bringen sind. Während in der späteren, die frühere umfassenden, Rechnung für "sonst. Mitarbeiter" nur 76,75 Stunden ausgewiesen sind, sollen nach der Rechnung vom 20.11.98 "sonstige Mitarbeiter" 331,5 Stunden geleistet haben. Diesen Widerspruch muß der Senat aber nicht aufklären, weil er die Rechnung vom 20.11.98 überhaupt nicht berücksichtigt und - wie unter b) näher dargelegt - die nach den Rechnungstexten als "Juristen"-Leistung ausgewiesenen Leistungen ebenfalls nicht berücksichtigen kann.

(3)

Für die folgenden Rechnungen - bis einschließlich derjenigen vom 30.06.99 (Bl. 3864 -3876 d.A.) gilt das zu b) Gesagte: Die für Leistungen von "Juristen" berechneten Posten sind nicht erstattungsfähig.

(4)

Die Rechnung vom 05.08.99 (Bl. 3877 - 3881 d.A.) ist ebenfalls nicht erstattungsfähig.

Zwar weist diese Rechnung "juristische" Mitarbeit nicht aus. Der Sachverständige hatte aber bereits mit seiner Rechnung vom 30.06.99 (Bl. 3869, 3875 d.A.) unter "Nebenkosten" die "Kopien Schlußfassung" abgerechnet, woraus zu schließen ist, daß die Gutachtenerstattung am 30.06.1999 abgeschlossen war. Weitere Tätigkeit des Sachverständigen war also nicht notwendig im Sinne des § 91 ZPO. Jedenfalls ist das nicht glaubhaft gemacht. Erst recht fehlt es an jeglicher Begründung, weshalb es außer den bereits berechneten fünf Kopien der "Schlußfassung" noch weiterer drei Kopien bedurfte.

6.

Ohne Erfolg greift die Beschwerde die berechneten Stundensätze - soweit sie nach den vorstehenden Erwägungen überhaupt berücksichtigt werden - an. Die Kosten eines privaten Gutachtens, dessen Notwendigkeit im Sinne des § 91 ZPO anzuerkennen ist, sind nicht an den Vorschriften des ZSEG, sondern "am Markt" zu orientieren. Die vom Sachverständigen berechneten Stundensätze sind danach nicht zu beanstanden (§ 267 Abs. 2 ZPO).

III.

Für die Berechnung der nach alledem erstattungsfähigen Gutachtenkosten im Einzelnen gilt Folgendes:

1.

Die Rechnung Bl. 3861 d.A. ist überhaupt nicht zu berücksichtigen.

2.

a)

Für den "ö. b. u. v. Sachverst." (159,5 - 68 -) 91,25 Std. x 300 (Abzug mit Rücksicht auf Bl. 3861) = 27.375,00 DM

b)

Juristen 0 DM

c)

sachverst. Mitarbeiter (807,5 - 400,5 =) 407 Std. x 150 x 0,8 (Abzug wie bei a) = 48.840,00 DM

d)

sonst. Mitarbeiter 0 DM zuzüglich Nebenkosten 945,58 DM

3.

Aus der Rechnung Bl. 3864 - 3868 d.A. sind abzuziehen 356 x 250 x 0,8 = 71.200,00 DM, so daß verbleiben: 53.860,00 DM zuzüglich Nebenkosten 1.196,90 DM

4.

Aus der Rechnung Bl. 3869 - 3876 d.A. sind abzuziehen 140,25 x 250 x 0,8 = 28.050,00 DM, so daß verbleiben: 50.435,00 DM zuzüglich Nebenkosten 5.522,25 DM

5.

Rechnung Bl. 3877 - 3881 d.A. 0 DM

188.074,73 DM zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer 30.091,96 DM

218.166,69 DM

IV.

Die Kostenausgleichung (§ 106 ZPO) führt dann zu folgendem Ergebnis:

1.

Die erstattungsfähigen Kosten der Beklagten belaufen sich auf

a)

Anwaltsgebühren (wie festgesetzt) 117.045,00 DM zuzüglich 16 % Mehrwertsteuer 18.727,20 DM

b)

fiktive Reisekosten 66,00 DM

c)

erstattungsfähige Gutachterkosten (brutto) 218.166,69 DM 354.004,89 DM

2.

Kosten der Klägerin (wie festgesetzt) 117.045,00 DM 471.049,89 DM

Davon trägt die Klägerin 68 %: 320.313,92 DM abzüglich eigener Kosten 117.045,00 DM 203.268,92 DM

abzüglich von Beklagter zu erstattender Gerichtskosten 55.905,12 DM

von der Klägerin an die Beklagte zu erstattender Betrag: 147.363,80 DM

V.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Kostenquote berücksichtigt die teilweise Rücknahme der Beschwerde (§ 269 Abs. 3 ZPO).

Wert des Beschwerdeverfahrens:

bis zum 10.09.2001: 361.761,76 DM, ab 11.09.2001: 244,650,76 DM.

Für die Gerichtskasse:

Wert des zurückgewiesenen Teils der Beschwerde: 148.353,35 DM.

Ende der Entscheidung

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