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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 24.10.2001
Aktenzeichen: 8 W 259/01
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 850 b Abs. 2
ZPO § 850 b Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 97 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

8 W 259/01

In der Zwangsvollstreckungssache

hat der 8. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Beilich und der Richter am Oberlandesgericht Fischer und Hänisch

am 24. Oktober 2001

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige weitere Beschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 29. August 2001 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat der Gläubiger zu tragen.

Gründe:

I.

Die sofortige weitere Beschwerde des Gläubigers ist statthaft (§ 793 Abs. 2 ZPO). Das Rechtsmittel ist fristgerecht erhoben (§ 577 ZPO) und auch sonst zulässig, weil in der angefochtenen Beschwerdeentscheidung des Landgerichts ein neuer selbstständiger Beschwerdegrund enthalten ist (§ 568 Abs. 2 Satz 2 ZPO).

Der neue Beschwerdegrund liegt darin, dass das Landgericht - anders als das Amtsgericht - dem Gläubiger die Pfändung und Überweisung der angeblichen Taschengeldforderung der Schuldnerin gegen den Drittschuldner versagt hat.

II.

In der Sache bleibt das Rechtsmittel ohne Erfolg. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts erweist sich als dem Ergebnis nach richtig.

Der Annahme des angefochtenen Beschlusses, der Schuldnerin stehe im Hinblick auf eigene Einkünfte als "Nageldesignerin" ein Taschengeldanspruch gegen den Drittschuldner nicht zu, fehlt es allerdings - wie der Gläubiger zu Recht rügt - an hinreichenden Tatsachenfeststellungen. Die Pfändung des vermeintlichen Taschengeldanspruchs der Schuldnerin ist aber ungeachtet der Frage, ob die Schuldnerin aus ihrer selbstständigen Tätigkeit tatsächlich Einkünfte bis zur Höhe des angemessenen Taschengeldes erzielt, nicht zuzulassen.

Mit dem Landgericht und der nahezu einhelligen Auffassung der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte (vgl. die Übersicht bei Zöller/Stöber, ZPO, 22. Aufl., § 850 Rn. 18) hält der Senat dafür, dass der Taschengeldanspruch eines unterhaltsberechtigten Ehegatten (§§ 1360, 1360 a BGB) auch bei bestehender Ehe und einem gemeinsamen Haushalt unter den Voraussetzungen des § 850 b Abs. 2 ZPO der Pfändung unterliegen kann.

Der Taschengeldanspruch des erwerbslosen oder nur unterhalb des ihm gebührenden Taschengeldes hinzu verdienenden Ehegatten gehört zu den an sich unpfändbaren Unterhaltsrenten im Sinne des § 850 b Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Der Anspruch auf den Unterhalt kann aber gemäß Abs. 2 der Vorschrift ausnahmsweise dann der Pfändung unterliegen, wenn die Vollstreckung in das sonstige Vermögen des Schuldners zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers nicht geführt hat oder voraussichtlich nicht führen wird und wenn nach den Umständen des Falles, insbesondere nach der Art des beizutreibenden Anspruchs und der Höhe der Bezüge, die Pfändung der Billigkeit entspricht.

Der Zulassung der vom Gläubiger begehrten Pfändung steht entgegen, dass der Zugriff auf den angeblichen Taschengeldanspruch der Schuldnerin den vorgetragenen Umständen nach nicht der Billigkeit im Sinne des Bestimmung des § 850 b Abs. 2 ZPO entspricht.

Um eine Taschengeldpfändung als "der Billigkeit entsprechend" anzusehen, müssen im Vergleich zu durchschnittlichen Fällen besondere Umstände vorliegen (vgl. OLG Nürnberg, JurBüro 1998, 661, 662). Die Unpfändbarkeit des Taschengeldanspruchs ist - wie sich aus § 850 b Abs. 1 Nr. 2 ZPO ergibt - der Regelfall. Die Zulassung der Pfändung ist demgegenüber auf besondere Fälle beschränkt, namentlich diejenigen, in denen es sich einerseits um größere Bezüge des Schuldners und auf der anderen Seite um eine besondere Notlage des Gläubigers handelt (vgl. Zöller/Stöber, a.a.O., Rn. 12). Bei durchschnittlichen Einkommensverhältnissen ist die Pfändung des Taschengeldanspruchs regelmäßig ausgeschlossen.

Dafür, dass es sich vorliegend um einen Ausnahmefall in dem vorerwähnten Sinne handelt, hat der Gläubiger hinreichende Tatsachen nicht vorgetragen. Eine Notlage oder ihn sonst treffende - besondere - Härten hat der Gläubiger nicht für sich in Anspruch genommen. Der von ihm herangezogene Umstand, dass er seine Forderung seit mehreren Jahren erfolglos beizutreiben sucht, gibt für sich genommen keinen tragenden Grund dafür ab, eine an sich ausgeschlossene Pfändung ausnahmsweise aus Billigkeitsgründen zuzulassen. Nach den mitgeteilten Einkommensverhältnissen liegt schließlich kein überdurchschnittlicher Taschengeldbezug der Schuldnerin vor. Der Drittschuldner erzielt - wie der Gläubiger unwidersprochen vorgetragen hat - monatliche Einkünfte von etwa 6.000,00 DM netto, wovon nach Abzug der Barunterhaltsansprüche zweier Kinder ein Betrag von 4.266,00 DM verbleibt. Ein solches anrechenbares Einkommen, von dem der wenigerverdienende Ehegatte als Taschengeld regelmäßig 5 % zu beanspruchen hat (vgl. Palandt/Brudemüller, BGB, 59. Aufl. § 1360 a Rn 4 m.w.N.), unterschei-det sich nicht in einer Weise von durchschnittlichen Fällen, dass ausnahmsweise besonderer Gläubigerschutz billig erscheint. Irgendwelche anderen Umstände, die für die Frage der Billigkeit der beanspruchten Pfändung von Bedeutung sein könnten, hat der Gläubiger nicht mitgeteilt. Unter diesen Gegebenheiten ist die Zulassung der Pfändung des Taschengeldanspruchs der Schuldnerin abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Beschwerdewert: 5.000,00 DM.

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