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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 18.09.2001
Aktenzeichen: 8 Wx 40/01
Rechtsgebiete: PStG, KostO


Vorschriften:

PStG § 45
KostO § 30 Abs. 2 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

8 Wx 40/01

In der Personenstandssache

hat der 8. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Beilich, des Richters am Oberlandesgericht Fischer und des Richters am Oberlandesgericht Manisch

am 18. September 2001

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2. wird der Beschluss der 6 a Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 28. Juni 2000 aufgehoben.

Der Standesbeamte der Stadt B wird angewiesen, über den Antrag der Beteiligten zu 1. unter Beachtung der nachstehenden Gründe erneut zu entscheiden.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1. hat in der Geburtsanzeige gegenüber dem Standesamt den Vornamen ihrer am 6.6.2000 geborenen Tochter mit "J" angegeben. Die Standesbeamtin des Standesamtes B hat die Eintragung abgelehnt. Die Beteiligte zu 1. hat daraufhin beantragt, den Standesbeamten anzuweisen, die Vornamen "Jonah" oder "Jona", hilfsweise "Jonah Chantale" einzutragen. Durch Beschluss vom 27.11.2000 hat das Amtsgericht den Antrag zurückgewiesen. Auf die dagegen erhobene Beschwerde der Beteiligten zu 1. hat das Landgericht durch Beschluss vom 28. Juni 2001 unter Aufhebung der angefochtenen Entscheidung den Standesbeamten angewiesen, im Geburtenbuch für das Kind der Beteiligten zu 1. den Vornamen "Jona" einzutragen. Der Beteiligte zu 2. hat sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

II.

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft (§ 48 Abs. 1 PStG, § 27 Abs. 1 FGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt (§ 49 Abs. 1 PStG, §§ 22, 29 FGG). Dem Beteiligten zu 2. steht in seiner Eigenschaft als Aufsichtsbehörde ein Beschwerderecht zu (§ 49 Abs. 2 PStG).

Zutreffend ist der Hinweis des Beteiligten zu 2., dass der Standesbeamte nicht die Stellung eines Beteiligten einnimmt; er ist vielmehr im Verfahren die dem Gericht im Instanzenzug untergeordnete Behörde (vgl. OLG Stuttgart, StAZ 1973, 143).

2. Das Rechtsmittel hat vorläufig Erfolg dahin, dass die angefochtene Entscheidung aufzuheben ist und der Standesbeamte angewiesen wird, über den nach § 45 PStG gestellten Antrag der Beteiligten zu 1. erneut - nach Maßgabe der nachstehenden Ausführungen - zu entscheiden. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des Gesetzes (§ 27 Abs. 1 Satz 1 FGG).

a) Das Landgericht hat vom Ansatz her zutreffend darauf abgestellt, dass der Beteiligten zu 1. als der Sorgeberechtigten (§ 1626 Abs. 1 BGB) das Recht zusteht, ihrem Kind einen Vornamen zu geben.

Die inhaltlichen Grenzen der Vornamenserteilung sind im Gesetz nicht geregelt (Hepting/Gaatz, PStG, § 21, Rn. 86). Die freie Wahl der Vornamen ist allerdings dadurch eingeschränkt, dass die Namensgebung die allgemeine Sitte und Ordnung nicht verletzen und dem Kindeswohl nicht widersprechen darf (BGHZ 73, 239, 241; OLG Frankfurt/Main StAZ 1997, 69; OLG Köln StAZ 1999, 110). Insbesondere muss der erteilte Vorname das Geschlecht des Kindes hinreichend erkennen lassen. Dieses Unterscheidungsmerkmal im Sinne einer "Geschlechtsoffenkundigkeit" (Staudinger/Coester, BGB, 13. Aufl., § 1616 BGB, Rn. 51; Palandt/Diederichsen, BGB, 60. Aufl., § 1616 BGB, Rn. 14) wird allgemein als selbstverständlich empfunden und bildete auch den Ausgangspunkt für die Regelungen des Personenstandsgesetzes (BGHZ 73, 239, 241).

Ein geschlechtsneutraler Vorname, der für männliche und weibliche Namensträger gebraucht wird, genügt - als alleiniger Vorname - dem Erfordernis der Geschlechtsoffenkundigkeit nicht; die Erteilung eines geschlechtsneutralen Vornamens wird jedoch allgemein dann für zulässig erachtet, wenn ein weiterer Vorname beigelegt wird, der zweifelsfrei männlich oder weiblich ist, so dass die Geschlechtszugehörigkeit des Namensträgers keinem Zweifel mehr unterliegt (BGHZ 73, 239, 241, 242; OLG Frankfurt/Main StAZ 1997, 69, 70; Staudinger/Coester, § 1616 BGB, Rn. 55; Nappenbach StAZ 1998, 337,338).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze lässt sich die Entscheidung des Landgerichts nicht aufrechterhalten.

aa) Allerdings geht das Landgericht selbst davon aus, dass der Name " Jona" in Deutschland sowohl als männlicher als auch als weiblicher Vorname verwandt wird.

Wie den zu den Akten gereichten Auszügen aus Namensbüchern zu entnehmen ist, werden die Namen "Jona" und "Jonah" als männliche Namen geführt; sie stellen weitere Formen des Namens "Jonas" dar. Bei dem zuletzt genannten Namen handelt es sich um einen männlichen, aus der Bibel übernommenen Vornamen. In seiner hebräischen Schreibweise lautete er auf "Jona(h)". Das heute gebräuchliche "s" am Ende des Namens, wie er beim Namen des Propheten Jonas geläufig ist, stammt erst aus der durch das Griechische geprägten Schreibweise.

Auf der anderen Seite wird - wie die Vorinstanzen bereits festgestellt haben - der Name "Jona" auch als weiblicher Vorname getragen.

Da der Name "Jona" somit sowohl als männlicher als auch als weiblicher Vorname verwendet wird, handelt es sich um einen geschlechtsneutralen Namen.

bb) Das Landgericht hat rechtsirrig unter Hinweis auf die Entscheidung BGHZ 73, 239, 242 gemeint, allein schon der Umstand, dass es sich bei dem Namen "Jona" um einen im Ausland gebräuchlichen weiblichen Namen handele, räume die Bedenken aus, er trage der natürlichen Ordnung der Geschlechter nicht Rechnung. Der Entscheidung BGHZ 73, 239 lag eine andere Fallgestaltung zu Grunde. Anders als im Streitfall war dort nicht festgestellt, ob der von der Antragstellerin für ihren Sohn ausgewählte Vorname "A " sowohl als männlicher wie auch als weiblicher Vorname verwendet wurde. Der BGH hat aus diesem Grund die Prüfung durch das Landgericht für erforderlich gehalten, ob "A " etwa in Indien als eindeutig weiblicher Vorname allgemein verwendet werde.

Im Streitfall steht dagegen fest, dass der Name "Jona" in den Namensbüchern als männlicher Vorname geführt, andererseits auch von weiblichen Personen als Vorname verwendet wird. In einem solchen Fall ist, wenn der Name einen eindeutigen Geschlechtsbezug nicht aufweist, ein klarstellender Zusatzname erforderlich, der ohne Zweifel die Geschlechtszugehörigkeit des Namensträgers erkennen lässt.

cc) Das Landgericht hat letztlich entscheidend darauf abgestellt, dass die Endung "a" des Namens "Jona" bereits auf einen weiblichen Namensträger schließen lasse. Dieser Auffassung kann der Senat sich nicht anschließen.

Mag es für die am 17.1.1979 ergangene Entscheidung BGHZ 73, 239, 242 zutreffend gewesen sein, die - zudem vorsichtige - Formulierung zu gebrauchen, "auch wenn der Endbuchstabe "a" nach dem deutschen Sprachgebrauch eher auf einen weiblichen als auf einen männlichen Vornamen hindeutet", so ist der Wandel zu berücksichtigen, dem die Namensgebung auch und gerade unterliegt.

Sichere Anhaltspunkte für das Geschlecht können auch dem Endvokal des Namens -etwa "o" für männliche und "a" für weibliche Personen - nicht entnommen werden, zumal die immer mehr verbreitete Übernahme fremdsprachiger Vornamen die Gültigkeit der Zuordnung der Geschlechter nach der Endung des Namens stark eingeschränkt hat (Nappenbach, StAZ 1998, 337, 338 m. w. N.). Als Beispiele lassen sich die Namen Andreas und Andrea anführen: In Deutschland ist der Name Andrea eindeutig weiblich, während Andreas als männlicher Name verwendet wird. Ganz anders sieht die Namensgebung in Italien aus: Dort wird die Endung "a" einem männlichen Namensträger zugeordnet, so wird der Name "Andrea" und der Name "Luca" von männlichen Personen als Vorname verwendet. Andererseits wird in Deutschland der Name "Luca" als weiblicher Vorname getragen. Diese Beispiele zeigen, dass die Endung "a" nicht einen eindeutigen Hinweis auf einen weiblichen Namensträger abgeben kann. Das hat umso mehr zu gelten, wenn - wie dies bei dem Namen "Jona" der Fall ist - der Name einer anderen Sprache entnommen ist. Da der Name "Jona" in seiner Ursprungsform im Hebräischen ohne den Endbuchstaben "s" geschrieben und als männlicher Vorname verwendet worden ist, kann bei ihm allein mit dem Endbuchstaben "a" nicht eindeutig auf einen weiblichen Namensträger geschlossen werden.

3. Es bestehen keine Bedenken, entsprechend der von der Beteiligten zu 1. angeführten Alternative auf Seite 4 ihres Schriftsatzes vom 12.9.2001, den Doppelnamen "Jona Chantale" einzutragen.

III.

Eine Kosten- und Auslagenentscheidung ist nicht veranlasst (§ 131 Abs. 1 KostO, § 13 a Abs. 1 FGG).

Der Beschwerdewert wird auf 1.000,00 DM festgesetzt. Der Senat hat von der in § 30 Abs. 2 Satz 2 KostO geregelten Befugnis der Ermäßigung Gebrauch gemacht.

Ende der Entscheidung

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