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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 26.02.2004
Aktenzeichen: 9 UF 151/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 91 a
ZPO § 93 d
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 256
ZPO § 267
ZPO § 269 Abs. 3
ZPO § 517
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
BGB §§ 1601 ff.
BGB § 1603 Abs. 1
BGB § 1605
BGB § 1605 Abs. 1
BGB § 1613 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

9 UF 151/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 26.02.2004

Verkündet am 26.02.2004

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2004 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Landgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers vom 28. Oktober 2003 wird das Urteil des Amtsgerichts Bad Liebenwerda vom 4. Juli 2003, Az.: 26 F 310/02, wie folgt abgeändert.

Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 93 % und der Beklagte 7 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird bis zum 12. Februar 2004 auf 8.548 EUR und sodann auf einen Gebührenwert bis 8.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Der Kläger begründet sein Rechtsmittel mit dem Hinweis, dass er aufgrund der außerprozessualen Schreiben des Beklagten ein Feststellungsinteresse für seine negative Feststellungsklage als gegeben ansehe. Ein Unterhaltsanspruch stehe dem Beklagten infolge seiner Leistungsunfähigkeit unzweifelhaft nicht zu, sodass das Nichtbestehen einer Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Beklagten festzustellen und die Widerklage abzuweisen gewesen wäre. Ausgehend von monatlichen Nettoeinkünften von 983,61 EUR lägen seine einzusetzenden Einkünfte nach Abzug des Tabellenunterhalts für das minderjährige Kind C....F... unterhalb 925 EUR. Der Beklagte sei zudem nicht bedürftig.

In der Berufungsinstanz legt der Kläger eine Verdienstbescheinigung seines Arbeitgebers vom 6. August 2002 über seine Einkünfte für den Zeitraum von Juli 2001 bis Juni 2002 sowie den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2001 vom 28. Oktober 2002 vor.

In der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2004 hat der Beklagte seine Widerklage mit Zustimmung des Klägers hinsichtlich der geltend gemachten Auskunft durch Vorlage der Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 1997 bis 1999 zurückgenommen. Im Übrigen haben die Parteien die Widerklage übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des am 4. Juli 2003 verkündeten Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Liebenwerda, Az.: 26 F 310/02, festzustellen, dass der Kläger gegenüber dem Beklagten, beginnend ab 1. Juni 2002, nicht mehr zur Zahlung von monatlichem Unterhalt verpflichtet ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er beruft sich darauf, dass nicht erkennbar sei, aus welchen Gründen ein Unterhaltsanspruch des Beklagten für die Zeit der Volljährigkeit von vornherein ausgeschlossen sei. Die Feststellungsklage sei rechtsmissbräuchlich, da er zu keinem Zeitpunkt die Zahlung von Unterhalt verlangt habe.

II.

Die gemäß den §§ 517, 519, 520 ZPO zulässige Berufung des Klägers ist in dem dem Senat noch zur Entscheidung in der Hauptsache vorliegenden Umfang überwiegend unbegründet.

1.

Infolge der erstinstanzlich durch rügeloses Einlassen des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 20. Juni 2003 gemäß § 267 ZPO wirksamen Klageänderung, hat der Kläger sein Begehren auf die Feststellung des Nichtbestehens einer Unterhaltsverpflichtung für den Zeitraum ab Juni 2002 beschränkt. Sein ursprüngliches, auf die Zeit der Minderjährigkeit des Beklagten gerichtetes Begehren, hat er nach dem eindeutigen Wortlaut der Klageanträge auch nicht hilfsweise weiterverfolgt. Über die Widerklage ist in der Hauptsache nicht mehr zu entscheiden, da diese teilweise zurückgenommen und im Übrigen von den Parteien in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist. Die erstinstanzliche Entscheidung ist hinsichtlich der Widerklage wirkungslos.

2.

Die Berufung hat in der Sache überwiegend keinen Erfolg, da die negative Feststellungsklage bereits mangels Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO unzulässig ist.

Erforderlich hierfür wäre eine gegenwärtige tatsächliche Unsicherheit, die ein Rechtsverhältnis nach Art oder Umfang gefährdet (BGH, NJW 1999, 432). Das bedeutet, dass einem Recht oder der Rechtslage des Klägers durch ein Verhalten des Beklagten eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit drohen müsste. Das ist dann der Fall, wenn der Beklagte ein Recht des Klägers ernstlich bestreiten oder sich eines Rechtes gegen den Kläger berühmen würde und das erstrebte Urteil durch die Rechtskraft geeignet wäre, diese Gefahr zu beseitigen (BGH, NJW 1986, 2597).

Allein die außergerichtliche wie auch die gerichtliche Geltendmachung eines Auskunftsanspruches nach § 1605 Abs. 1 BGB stellt jedoch kein Sich-Berühmen eines Unterhaltsanspruches dar, obwohl das Gesetz in § 1613 Abs. 1 BGB durch das Auskunftsverlangen die Geltendmachung von rückständigem Unterhalt ermöglicht. Ein Berühmen liegt erst vor, wenn der Gegner geltend macht, dass sich aus einem bestehenden Rechtsverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen, deren Eintritt nicht ungewiss ist, ein Ersatzanspruch ergeben könnte. Die Ankündigung, unter bestimmten Voraussetzungen in die Prüfung einzutreten, ob ein Anspruch besteht, reicht hingegen nicht aus (BGH NJW 1992, 436; Zöller-Greger, ZPO, 24. Auflage, § 256, Rn. 14 a).

Das Schreiben des Beklagten vom 23. Juni 2002 kann ein Feststellungsinteresse entsprechend den vorstehenden Ausführungen nicht begründen. Es beinhaltet über die Äußerung der Rechtsansicht, dass der Kläger auch nach Volljährigkeit weiterhin barunterhaltspflichtig und der Mitteilung, dass eine Prüfung durch das Jugendamt beabsichtigt sei, keine konkrete Inanspruchnahme des Klägers auf Volljährigenunterhalt.

Aber auch das Auskunftsbegehren des Beklagten in den Schreiben vom 5. September 2002 und 17. Oktober 2002 begründet noch keine gegenwärtige Unsicherheit für den Kläger, auf Volljährigenunterhalt vom Beklagten in Anspruch genommen zu werden. Zwar handelt es sich bei dem Auskunftsanspruch im Verhältnis zum Unterhaltsanspruch um einen sog. Hilfsanspruch. Dies bedeutet jedoch nicht, dass mit dem Auskunftsbegehren stets auch die Geltendmachung von Unterhalt verbunden ist. Vielmehr ist zwingend eine Prüfungsphase und damit eine eigenständige Bewertung des Bestehens eines Unterhaltsanspruches zwischengeschaltet. Der Auskunftsanspruch hat nach seinem Sinn und Zweck vorbereitende Funktion, nämlich dem Unterhaltsberechtigten wie dem Unterhaltsverpflichteten zur Vermeidung eines Rechtsstreits rechtzeitig Gewissheit über die gegenseitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu verschaffen, soweit dies erforderlich ist (Palandt-Diederichsen, BGB, 63. Aufl., § 1605, Rn. 1). Erst durch ihn erhält regelmäßig der vermeintliche Unterhaltsgläubiger die notwendigen Informationen, um das Bestehen eines Unterhaltsanspruchs prüfen und sodann ggf. gerichtlich durchsetzen zu können.

Obwohl das Gesetz in § 1613 Abs. 1 BGB die Geltendmachung von rückständigen Unterhalt bereits ab Zugang des Auskunftsbegehrens ermöglicht, kann hieraus nicht der Schluss gezogen werden, dass ein Auskunftsverlangen bereits eine konkludente Stellungnahme über das Bestehen eines Unterhaltsanspruches enthält. Dies wäre jedoch erforderlich, um eine gegenwärtige Unsicherheit für den Kläger und damit ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO zu begründen.

Die Klage war daher als unzulässig abzuweisen. Eine Abweisung durch Sachurteil kam nicht in Betracht, da infolge der Leistungsunfähigkeit des Klägers im Sinne von § 1603 Abs. 1 BGB ein Unterhaltsanspruch des nicht privilegierten volljährigen Beklagten nach den §§ 1601 ff. BGB nicht besteht. Nach Abzug des Tabellenunterhalts für C... F...verbleibt bei einem angemessenen Selbstbehalt von 925 EUR (Ziffer 11 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1. Januar 2002, sowie Ziffer 21.3.1 der Unterhaltsleitlinien des Brandenburgischen Oberlandesgerichts, Stand 1. Juli 2003) kein einzusetzendes Einkommen.

3.

Die Kostenentscheidung erfolgt aus den §§ 91 a, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO.

Soweit der Beklagte seine Widerklage zurückgenommen hat, mithin im Umfang der Hälfte des Auskunftsbegehrens (Einkünfte aus selbstständiger bzw. nicht selbstständiger Tätigkeit), waren ihm nach § 269 Abs. 3 ZPO die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils der Widerklage hat der Kläger gemäß § 91 a ZPO die Kosten zu tragen. Dies entspricht im Hinblick auf § 93 d ZPO dem billigen Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes.

Der Kläger war in diesem Umfang nach § 1605 BGB zur Auskunft über seine Einkünfte verpflichtet. Das Auskunfts- und Belegbegehren umfasste die Vorlage der geforderten Gehaltsbescheinigungen aus dem Zeitraum April 2001 bis März 2002 bzw. der adäquaten Verdienstbescheinigung des Arbeitgebers für den Zeitraum eines Jahres sowie des Einkommenssteuerbescheides für das Jahr 2001 und die Erklärung zu etwaigen Kapitaleinkünften. Der Kläger hat diese Auskünfte erst nach Rechtshängigkeit der Widerklage und überwiegend sogar erst zweitinstanzlich erteilt. Allein die Angabe eines selbst ermittelten Durchschnittsverdienstes, wie dies in der Klageschrift geschehen ist, genügt dem Auskunftsanspruch des § 1605 BGB nicht.

Da der Kläger die Auskünfte trotz entsprechenden Verlangens in den Schreiben vom 5. September 2002 bzw. 17. Oktober 2002 nicht bereits vor Erhebung der Widerklage erteilte hatte, hat er dem Beklagten auch Veranlassung zur Klageerhebung gegeben.

Im Übrigen hat seine Berufung keinen Erfolg, sodass dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 97 Abs. 1 ZPO aufzuerlegen sind. Die vorzunehmende Abänderung der angefochtenen Entscheidung ist kostenrechtlich in Bezug auf die Erfolglosigkeit des Rechtsmittels unbeachtlich (vgl. OLG Zweibrücken, NJW-RR 1999, 1666; Zöller-Herget, a.a.O., § 97, Rn. 1).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Ziffer 10 ZPO.

Der Streitwert bemisst sich hinsichtlich der negativen Feststellungsklage nach § 17 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 GKG. Das für die Streitwertfestsetzung bei der Widerklage maßgebliche Auskunftsinteresse des Beklagten wird nach § 17 Abs.1 GKG mit 1/3 des Jahresunterhaltsbedarfs eines Volljährigen in Ansatz gebracht. Für den Zeitraum ab der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2004 reduzierte sich der Gegenstandswert der Widerklage infolge der übereinstimmenden Erledigungserklärungen sowie der teilweisen Widerklagerücknahme auf das Kosteninteresse des in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärten Teiles.

Ende der Entscheidung

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