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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 15.09.2005
Aktenzeichen: 9 UF 221/04
Rechtsgebiete: ZPO, EGZPO, FGB-DDR, BGB, EGBGB


Vorschriften:

ZPO § 313 a Abs. 1 Satz 1
ZPO § 319 Abs. 1
ZPO § 540 Abs. 2
EGZPO § 26 Nr. 9
FGB-DDR § 13 Abs. 1
FGB-DDR § 40
FGB-DDR § 40 Abs. 1
BGB §§ 1373 ff.
EGBGB Art. 234 § 4 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

9 UF 221/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 15.9.2005

Verkündet am 15.9.2005

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die Berufung des Antragstellers vom 2. November 2004 gegen die in dem am 24. September 2004 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bad Liebenwerda enthaltene Entscheidung zur Vermögensauseinandersetzung auf Grundlage der mündlichen Verhandlung vom 25. August 2005 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Das angefochtene Urteil wird zu II. des Tenors abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Anträge der Antragsgegnerin auf Zahlung eines Zugewinnausgleichs und eines Ausgleichsbetrages werden abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits I. Instanz tragen der Antragsteller 15 % und die Antragsgegnerin 85 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.175,68 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Von der Darstellung der gerichtlichen Feststellungen wird gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen, da gemäß § 26 Nr. 9 EGZPO eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen die vor dem 1. Januar 2007 verkündeten Berufungsurteile des Oberlandesgerichts nicht zulässig ist.

II.

Die zulässige Berufung des Antragstellers hat auch in der Sache Erfolg, da der Antragsgegnerin ein Ausgleichsanspruch nach § 40 FGB-DDR nicht zusteht.

Zunächst ist davon auszugehen, dass der Antragsteller das streitgegenständliche Grundstück zwar während des Bestehens der Ehe, jedoch im Wege der Schenkung von seinem Vater erwarb. Demzufolge fiel es nicht nach § 13 Abs. 1 FGB-DDR in die Eigentums- und Vermögensgemeinschaft der Eheleute, weshalb sich der erstinstanzlich neben dem Zugewinnausgleichsantrag geltend gemachte weitere Zahlungsanspruch ausschließlich aus § 40 FGB-DDR ergeben kann. Diese Vorschrift ist auch neben den Normen zum Zugewinnausgleich nach den §§ 1373 ff. BGB anwendbar und begründet grundsätzlich einen Anspruch auf Wertausgleich für die Ehezeit bis zum 2. Oktober 1990. Es handelt sich hierbei um einen schuldrechtlichen Anspruch, der neben dem Zugewinnausgleich gesondert geltend gemacht werden kann (vgl. BGH FamRZ 1999, 1197; BGH FamRZ 1993, 1048; OLG Naumburg, OLG-NL 2003, 14; OLG Dresden FamRZ 2001, 761; OLG Dresden FamRZ 2000, 885; OLG Rostock FamRZ 1999, 1074; OLG Brandenburg FamRZ 1996, 670; OLG Brandenburg FamRZ 1998, 1177; OLG Brandenburg OLG-NL 2003, 16; Senat OLGR 2004, 166; Götsche, Die Anwendung der §§ 39, 40 FGB-DDR bei der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung im Scheidungsfall, FamRB 2003, 189). Um eine Benachteiligung desjenigen Ehegatten zu verhindern, der durch sein Mitwirken das Alleineigentum des anderen Ehegatten erhalten oder vermehrt hat, muss gemäß Art. 234 § 4 Abs. 4 EGBGB zur Abwicklung des DDR-Güterstandes der Eheleute bis zum Zeitpunkt des Beitritts § 40 FGB-DDR herangezogen werden, da der mit der Wiedervereinigung kraft Gesetzes eingetretene Güterstand der Zugewinngemeinschaft nicht zurückwirkt. Dennoch entsteht der Anspruch nach § 40 FGB-DDR erst mit der Scheidung der Ehe (vgl. BGH FamRZ 1993, 1048; KG FamRZ 1992, 566).

Grundsätzlich ist ein Ausgleichsanspruch nach § 40 FGB-DDR dann begründet, wenn der ausgleichsberechtigte Ehepartner wesentlich zur Vergrößerung oder Erhaltung des Vermögens des anderen beigetragen hat (Scholz/Stein-Uecker, Praxishandbuch Familienrecht, Heft P, Rn. 124, S. 46). Damit setzt der schuldrechtliche Anspruch nach § 40 Abs. 1 FGB-DDR stets einen besonderen Beitrag zur Mehrung oder Erhaltung des Vermögens voraus. Ein solcher Beitrag kann jedoch bereits in der alleinigen Führung des gemeinsamen Haushalts und der Erziehung der Kinder liegen, wenn dadurch der vermögende Ehegatte zum Nutzen der eigenen Vermögensbildung bzw. -erhaltung entlastet worden ist. Allgemein anerkannt ist, dass während durchgeführter Baumaßnahmen an der Immobilie des anderen Ehegatten die alleinige Haushaltsführung, die Geburt und Betreuung eines Kindes und die Verpflegung der Bauhelfer als ausreichend anzusehen ist (vgl. Senat a.a.O.; OLG Naumburg OLG NL 2003, 14; Götsche, a.a.O., 256). Insoweit ist eine tatsächliche Mitwirkung an den Bauarbeiten als Beitrag zu einer unmittelbaren Wertsteigerung nicht erforderlich. Denn durch die Übernahme der häuslichen und familiären Verpflichtungen entlastet die Ehefrau den ausgleichspflichtigen Ehemann während der Baumaßnahmen und trägt dadurch indirekt zur Erhaltung des Vermögens bei (BGH FamRZ 1999, 1197; 1993, 1048; Brandenburgisches Oberlandesgericht FamRZ 1996, 670; OLG Naumburg OLG NL 2003, 14; OLG Rostock FamRZ 1999, 1174; LSK zum Familienrecht, Hülsmann, vor § 1363 BGB, LS 8.1).

Ein Anspruch der Antragsgegnerin scheitert daran, dass bezüglich des Alleineigentums des Antragstellers sich weder werterhaltende bzw. werterhöhende Maßnahmen noch ein wesentlicher Beitrag der Antragsgegnerin feststellen lassen.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin und des Amtsgerichts kommt es auf Maßnahmen vor 1989 nicht an, weil diese (ihres Umfanges nach streitigen) Um- und Ausbauten zu einem Zeitpunkt erfolgten, als der Antragsteller noch nicht Eigentümer des Hausgrundstücks gewesen ist. Wertsteigende oder -erhaltende Maßnahmen, die vor der Eheschließung erfolgten, genügen nicht (Götsche, a.a.O., S. 257; s. a. OLG Dresden FamRZ 2001, 761, 762). Selbst wenn ihm seine Eltern bzw. sein Vater zum Zeitpunkt der Baumaßnahmen vor der tatsächlich erfolgten Übertagung des Grundstücks dessen Zuwendung in Aussicht gestellt hatten, handelte es sich dabei noch nicht um einen ihm zuzuordnenden Vermögenswert, sodass jegliche Unterstützung der Ehefrau zunächst lediglich zu einer Mehrung des Vermögens ihres Schwiegervaters führen konnte. Im Übrigen lag es (noch) in dessen Hand, mit seinem Vermögen nach Belieben zu verfahren. In der Unterstützung durch die Ehefrau während der Bauphase vor Übertragung des Grundbesitzes kann deshalb kein Beitrag zur Vermögenserhaltung oder -mehrung des anderen Ehegatten gesehen werden. Ein solcher kann demzufolge lediglich in der Zeit ab Eigentumserlangung bis zum 2. Oktober 1990 eingetreten sein.

Ob für die Annahme von Alleineigentum am streitbefangenen Grundstück - als Tatbestandsvoraussetzung des § 40 FGB-DDR - auf die Eintragung im Grundbuch am 25. Oktober 1989 oder auf das Erlangen einer gesicherten Anwartschaft an dem Vermögenswert (BGH FamRZ 2002, 1097; OLG Dresden FamRZ 2001, 761), das frühestens mit Abschluss des notariellen Schenkungsvertrages am 24. April 1989 angenommen werden könnte, abzustellen ist, kann dahinstehen. Die Antragsgegnerin hat für den zu berücksichtigenden Zeitraum lediglich pauschal für 1989 die Erneuerung der Dachrinnen am Wohnhaus behauptet. Beweis für diesen streitigen (bereits wenig substanziierten) Vortrag hat die darlegungs- und beweisbelastete Antragsgegnerin nicht angetreten.

Da somit eine konkrete Werterhaltung bzw. -erhöhung ausscheidet, kommt es auf einen wesentlichen Beitrag der Antragsgegnerin nicht mehr an. Lediglich der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass auch der diesbezügliche Vortrag unsubstanziiert ist.

Nach dem Bestreiten des Antragstellers genügt es nicht, wenn sich die Antragsgegnerin pauschal auf eine alleinige Haushaltsführung und Kinderbetreuung beruft. Vielmehr wäre sie insoweit gehalten gewesen, unter entsprechendem Beweisantritt darzustellen, wie sich das Leben in der Familie konkret gestaltet hat; hieran fehlt es jedoch. Insbesondere die Tatsache, dass beide Parteien einer Berufstätigkeit nachgegangen sind, spricht auch für eine Arbeitsteilung bei der Gestaltung des täglichen Lebens, sodass sich ein wesentlicher Beitrag, der darin bestanden haben könnte, dass sich der Antragsteller neben der Erhaltung seines Vermögens nicht auch noch um insoweit anstehende Arbeiten hat kümmern müssen, nicht aufdrängt.

Da somit die Voraussetzungen für die Zahlung eines Ausgleichsbetrages nicht vorliegen, war auf die Berufung des Antragstellers die angefochtene Entscheidung abzuändern und der diesbezügliche Antrag abzuweisen.

Klarstellend hat der Senat darüber hinaus auch die Abweisung des erstinstanzlich begehrten Zugewinnausgleichs in den Tenor aufgenommen. Zwar hat das Amtsgericht in seinem Urteil vom 24. September 2004 bereits ausgeführt, dass ein solcher Anspruch nicht gegeben ist, ohne dass dies von den Parteien mit einem Rechtsmittel angegriffen worden ist. Jedoch hat es diese aus den Urteilsgründen ersichtliche Entscheidung versehentlich nicht in die Urteilsformel aufgenommen. Diese offensichtliche Auslassung war gemäß § 319 Abs. 1 ZPO zu berichtigen, wozu auch der Senat als mit der Sache befasstes Rechtsmittelgericht zuständig ist (vgl. insges. Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 319, Rn. 10, 15, 22 m.w.N.).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 93 a Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.

Ende der Entscheidung

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