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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 03.02.2005
Aktenzeichen: 9 UF 248/04
Rechtsgebiete: BGB, VAÜG, VAHRG


Vorschriften:

BGB § 1587 Abs. 2
BGB § 1587 a Abs. 3 Nr. 1
BGB § 1587 b Abs. 1
VAÜG § 1 Abs. 2
VAÜG § 1 Abs. 3
VAÜG § 2 Abs. 1 Nr. 2
VAÜG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 a
VAÜG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 b
VAÜG § 3 Abs. 1 Nr. 5
VAÜG § 4 Abs. 1
VAÜG § 4 Abs. 1 Nr. 1
VAHRG § 2
VAHRG § 3b
VAHRG § 3b Abs. 1 Nr. 1
VAHRG § 3b Abs. 1 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 UF 248/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die befristete Beschwerde der Beteiligten zu 1. vom 9. Dezember 2004 gegen die in dem am 5. November 2004 verkündeten Urteil des Amtsgerichts Senftenberg zum Versorgungsausgleich getroffene Regelung durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...

am 3. Februar 2005

im schriftlichen Verfahren

beschlossen:

Tenor:

Der Tenor des angefochtenen Urteils wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Von dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Beteiligten zu 1. Vers.-Nr.: ... werden auf das Versicherungskonto des Antragstellers bei der Beteiligten zu 2. Vers.-Nr.: ... angleichungsdynamische Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 11,12 €, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31. Dezember 2003, übertragen.

Im Übrigen bleibt der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten.

Die zu übertragenden angleichungsdynamischen Rentenanwartschaften sind in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

Es bleibt bei der Kostenentscheidung des ersten Rechtszuges.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Der Beschwerdewert wird auf 2.000 € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 1. hat in der Sache Erfolg, soweit sie sich darauf berufen hat, das Amtsgericht habe den Versorgungsausgleich fehlerhaft hinsichtlich des Ausgleichs der nichtangleichungsdynamischen Anwartschaften durchgeführt.

1.

Nach Auskunft der Beteiligten zu 2. vom 30. Juli 2004 (Bl. 24 VA-Heft) hat der Antragsteller während der Ehezeit i. S. d. § 1587 Abs. 2 BGB - dies ist die Zeit vom 1. November 1980 bis zum 31. Dezember 2003 (Bl. 5, 10 HA) - angleichungsdynamische Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 398,77 € monatlich sowie nichtangleichungs-dynamische Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 0,05 € monatlich erworben.

Ferner steht aufgrund der Auskunft der Beteiligten zu 1. vom 14. Juli 2004 (Bl. 7 VA-Heft) fest, dass die Antragsgegnerin auf die Ehezeit entfallende angleichungsdynamische Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 421,01 € monatlich erworben hat.

Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin innerhalb der Ehezeit bei der Beteiligten zu 3. ein aus einer privaten Leibrentenversicherung resultierendes Deckungskapital von 218,73 € erworben.

2.

Bei den in der privaten Leibrentenversicherung erworbenen Anrechten handelt es sich um statische Rechte. Die Bewertung und die Ausgleichsart bezüglich der privaten Leibrentenversicherung unterliegen den allgemeinen Vorschriften über die Wertermittlung und über die Durchführung des Ausgleichs im BGB und im VAHRG, auch wenn sie - wie es hier der Fall ist - auf dem Gebiet der neuen Bundesländer erworben worden sind (Brandenburgisches OLG, FamRZ 2003, 534 f.). Nach § 1587 a Abs. 3 Nr. 1 BGB ist daher diejenige Regelaltersrente zu Grunde zu legen, die sich ergibt, wenn der während der Ehezeit gebildete Teil des Deckungskapitals als Beitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet würde. Dies ergibt folgende monatlichen regeldynamischen (nichtangleichungsdynamischen) Anrechte (vgl. dazu die Tabelle Ziff. VI. 1. für die vereinfachte Umwertung nicht volldynamischer Anrechte bei Brudermüller/Klattenhoff, Tabellen zum Familienrecht, 24. Aufl., S. 371):

218,73 € Deckungskapital x 0,0045843308 = 1,00 € fiktive nichtangleichungsdynamische Anwartschaft

3.

Die zuvor dargestellte Umrechnung der Anrechte der privaten Leibrentenversicherung ist vor der Feststellung, ob der Antragsgegner hier ausgleichsberechtigt ist und damit die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 2 VAÜG vorliegen, vorzunehmen. Soweit die Beteiligte zu 1. (wie aus dem Hinweis auf die ihrer Ansicht nach gebotene Aussetzung des Versorgungsausgleiches folgt) diese Bewertung vor der Umrechnung vornehmen will, ist dem nicht zu folgen.

Der Begriff der nichtangleichungsdynamischen Anrechte im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b VAÜG ist im Gesetz nicht definiert. Von seinem Wortlaut und von der gesetzlichen Systematik ist aber erkennbar, dass dieser Begriff in Abgrenzung zu den angleichungsdynamischen Anrechten zu verstehen ist. Unter den Begriff der nichtangleichungsdynamischen Anrechte im Sinne der Norm fallen daher nicht nur die regeldynamischen = nichtangleichungsdynamischen Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung, vielmehr alle Anrechte, die keine Angleichungsdynamik - sei es eine solche im Sinne des § 1 Abs. 2 VAÜG, sei es eine solche minderer Art im Sinne des § 1 Abs. 3 VAÜG - besitzen und erst durch ihre Umwertung fiktiv wie ein nichtangleichungsdynamisches Anrecht der gesetzlichen Rentenversicherung behandelt werden. Wäre dagegen der Begriff der nichtangleichungsdynamischen Anrechte auf diejenigen der gesetzlichen Rentenversicherung beschränkt, müsste bei Beteiligung statischer Anrechte der Versorgungsausgleich stets ausgesetzt werden, wofür keine Notwendigkeit erkennbar ist und was im Übrigen auch der Praxis der obergerichtlichen Rechtsprechung widerspräche (st. Rspr. des Senats, FamRZ 2004, 882, f.; FamRZ 2003, 534, 535; s. auch FamRZ 2001, 489, 490 f.).

4.

Gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB hat der Senat dem Antragsteller, der sowohl die niedrigeren angleichungsdynamischen als auch die niedrigeren nichtangleichungsdynamischen Anwartschaften erworben hat, eine Rentenanwartschaft in Höhe der Hälfte des verbleibenden Wertunterschiedes zuzusprechen.

Der Wertunterschied der beiden angleichungsdynamischen Anwartschaften beträgt 22,24 €, so dass die Hälfte des Wertunterschiedes 11,12 € ausmacht. Dies hat das Amtsgericht zutreffend erkannt, lediglich aus Gründen der Vereinfachung hat der Senat diesen Teil mit in den Tenor aufgenommen.

Der Wertunterschied der beiden nichtangleichungsdynamischen Anwartschaften beträgt 0,95 €, so dass die Hälfte des Wertunterschiedes 0,48 € ausmacht. Zu Recht weist die Beteiligte zu 1. darauf hin, dass das Amtsgericht insofern unzutreffend den Ausgleich im Wege erweiterten Splittings nach § 3 b VAHRG durchgeführt hat. Dem steht die Regelung in § 4 Abs. 1 VAÜG entgegen.

Haben die Parteien als dynamische Anrechte nur angleichungsdynamische erworben, kommt ein Ausgleich statischer Anrechte, die der Ausgleichsverpflichtete zusätzlich erworben hat, jedenfalls nach § 3b VAHRG nicht in Betracht. Der Ausgleich dieser statischen Anrechte bleibt dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten, § 2 VAHRG.

Da für den Ausgleich nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG seitens der Antragsgegnerin nur angleichungsdynamische Anrechte, d. h. Anrechte nach § 1 Abs. 2 VAÜG zur Verfügung stehen, ist der Anwendungsbereich des § 4 Abs. 1 Nr. 1 VAÜG eröffnet. Für die Anwendung eines Supersplittings nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG fehlt es darüber hinaus an der erforderlichen Vergleichbarkeit der Dynamik der bei der Antragsgegnerin vorhandenen und zum Ausgleich heranzuziehenden angleichungsdynamischen Anrechte mit den auszugleichenden, nach ihrer Umwertung nunmehr (fiktiven) regeldynamischen Anrechten. Schließlich ist ein Ausgleich gem. § 3b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG durch Beitragszahlung ausgeschlossen, da das auszugleichende Anrecht, die umgewertete private Rentenversicherung, als statisches Anrecht nicht die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 VAÜG eines angleichungsdynamischen Anrechts erfüllt (zum Ganzen Götsche, Die Praxis des Versorgungsausgleichs in den neuen Bundesländern, FamRZ 2002, 1235, 1239).

5.

Gem. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 a VAÜG war der Versorgungsausgleich bereits vor der Einkommensangleichung durchzuführen.

Die Anordnung der Umrechnung der zu übertragenden angleichungsdynamischen Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte (Ost) beruht auf § 3 Abs. 1 Nr. 5 VAÜG.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 93 a Abs. 1 ZPO, 8 GKG, die Entscheidung zum Beschwerdewert auf § 49 Nr. 3 GKG.

Ende der Entscheidung

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