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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 03.04.2002
Aktenzeichen: 9 UF 29/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 117 Abs. 2
ZPO § 118 Abs. 2 Satz 4
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 5
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 6
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 7
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 8
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 9
ZPO § 621 e
ZPO § 623 Abs. 1
ZPO § 623 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 1671 n. F.
BGB § 1672 a. F.
BGB § 1696
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 UF 29/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

betreffend die elterliche Sorge für das Kind P... M..., geb. am ...

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Amtsgericht ...

am 3. April 2002

beschlossen:

Tenor:

1.

Auf die befristete Beschwerde des Antragsgegners vom 26. Januar 2001 wird der Beschluss des Amtsgerichts Senftenberg vom 5. Dezember 2001 aufgehoben und das Sorgerechtsverfahren zur erneuten Entscheidung im Scheidungsverbund an das Amtsgericht zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu befinden hat.

2.

Der Antrag des Antragsgegners auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß § 621 e ZPO zulässige befristete Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache insoweit Erfolg, als sie zur Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung ohne Sachprüfung führen muss.

Die Entscheidung über den Antrag der Antragstellerin auf Übertragung der elterlichen Sorge für das gemeinsame Kind P... war an das Amtsgericht zurückzuverweisen, denn das Amtsgericht hat in mehrfacher Hinsicht verfahrensfehlerhaft über das Sorgerecht entschieden.

Dies folgt schon daraus, dass das Amtsgericht den Antrag als isoliertes Sorgerechtsverfahren behandelt und im isolierten Verfahren entschieden hat. Das isolierte FGG-Verfahren war nicht zulässig. Das Ehescheidungsverfahren ist bereits seit dem Jahre 1999 zum Az. 31 F 413/99 beim Amtsgericht Senftenberg anhängig. Eine Nachfrage des Senates beim Amtsgericht Senftenberg hat ergeben, dass das Ehescheidungsverfahren nach wie vor andauert, eine Entscheidung in der Hauptsache also noch aussteht. Erst unter dem 24. August 2000 hat die Antragstellerin den Antrag auf Übertragung des Sorgerechts für das Kind P... gestellt. Werden aber Anträge zum Sorgerecht während der Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens gestellt, so werden sie gemäß § 623 Abs. 2 Nr. 1 ZPO von selbst zur Folgesache und zwar auch dann, wenn sie nicht nur für den Fall der Scheidung gestellt sind; dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (OLG Brandenburg FamRZ 2000, 1291, 1292; vgl. ferner: OLG Zweibrücken FamRZ 2001, 778; OLG Stuttgart FamRZ 2001, 166; OLG Hamburg FamRZ 2001, 1583 f.; OLG München, FamRZ 2000, 166, 167; Zöller/Philippi, ZPO, 23. Aufl. 2002 § 623 Rn. 23 b; Johannsen/Henrich, Eherecht, 3. Aufl. 1998, Rn. 8 zu § 323 ZPO).

Gemäß § 623 Abs. 1 ZPO bedarf es nur in Familiensachen des § 621 Abs. 1 Nr. 5 - 9 ZPO des Antrages eines der Ehegatten, mit dem eine Regelung für den Fall der Scheidung begehrt wird, damit diese Familiensachen zur Folgesache werden. Dagegen werden Familiensachen im Sinne des § 621 Abs. 1 Nr. 1 - 3 ZPO selbst dann zur Folgesache, wenn sie an das Scheidungsgericht übergeleitet worden sind (§ 623 Abs. 5 ZPO). Über die Folgesache elterliche Sorge hat das Amtsgericht aber im Verbund mit dem Scheidungsantrag und gegebenenfalls weiteren Folgesachen zu befinden. Daran ändert auch nichts, dass das Amtsgericht seine Entscheidung teilweise, betreffend des Aufenthaltsbestimmungsrechts, auf der Grundlage des § 1696 BGB zu treffen hat, zumal die abzuändernde Entscheidung vom 25. Februar 2002 - Az. 31 F 63/99 - (Bl. 5 f. d. A.) in verfahrensfehlerhafter Weise (dazu nachstehend) das Aufenthaltsbestimmungsrecht lediglich für die Dauer des Getrenntlebens der Eltern geregelt hat.

Als weiterer schwerer Verfahrensfehler stellt sich die endgültige Zuweisung der elterlichen Sorge für die Dauer des Getrenntlebens dar. Mit der getroffenen Entscheidung hat das Amtsgericht dem Antrag der Antragstellerin entsprochen. Damit hat das Amtsgericht im Ergebnis eine Regelung nach § 1672 BGB a. F. getroffen. Nach dem altem, das heißt in der Fassung vor dem 1. Juli 1998 und damit vor dem Inkrafttreten des Kindschaftsrechtsreformgesetzes geltenden Recht war die Regelung der elterlichen Sorge auch für die Dauer des Getrenntlebens der Eltern möglich. Nach neuem Recht gibt es eine entsprechende Vorschrift nicht mehr.

Eine auf die Dauer des Getrenntlebens der Parteien beschränkte Sonderregelung der elterlichen Sorge war deshalb nicht veranlasst, denn § 1671 BGB n. F. knüpft nicht an die Scheidung der Eltern, sondern nur an deren nicht nur vorübergehende Trennung an. Soweit die Parteien ihren Antrag auf die Dauer des Getrenntlebens beschränkt haben, deutet vieles darauf hin, dass sie ebenfalls lediglich eine vorläufige Eilentscheidung begehrt haben (siehe auch OLG Zweibrücken, FamRZ 2000, 963 sowie den unveröffentlichten Beschluss des Senats vom 15. Februar 2001 - 9 UF 220/00 -).

Wegen der im Entscheidungsverbund zu treffenden Entscheidung war der Senat auch an einer eigenen Entscheidung in der Sache gehindert. Das Amtsgericht wird demnach zu prüfen haben, ob sich die Antragstellerin mit ihrem derzeit auf die Übertragung des Sorgerechts während des Getrenntlebens sich beschränkenden Antrag lediglich den Erlass einer einstweiligen Anordnung (§§ 620a ff. ZPO) begehrt oder ob unter Aufgabe der vorgenannten Beschränkung dieser Antrag auch in der Hauptsache gestellt werden soll.

Trotz des (teilweisen) Erfolges seiner Beschwerde war die begehrte Prozesskostenhilfe dem Antragsgegner zu versagen. Entgegen der durch den Senat mit Schreiben vom 18. März 2002 erteilten Auflage hat der Antragsgegner bislang weder die Erklärung zur Prozesskostenhilfe nach § 117 Abs. 2 ZPO eingereicht, noch erläutert, weshalb er - soweit bekannt - keiner Beschäftigung nachgeht. Die Prozesskostenhilfe war daher gemäß § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO zu versagen.

Ende der Entscheidung

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