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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 23.03.2004
Aktenzeichen: 9 UF 33/04
Rechtsgebiete: BGB, VAHRG


Vorschriften:

BGB § 1587 Abs. 2
BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 1
BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 2
BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 3
BGB § 1587 a Abs. 3
BGB § 1587 a Abs. 4
BGB § 1587 b Abs. 1
BGB § 1587 b Abs. 2
BGB § 1587 b Abs. 6
VAHRG § 1 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 UF 33/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die befristete Beschwerde der Beteiligten zu 1. vom 5. Februar 2004 gegen die Entscheidung über den Versorgungsausgleich in Ziffer II. des Urteils des Amtsgerichts Oranienburg vom 2. Dezember 2003 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Landgericht ...

am 23. März 2004

im schriftlichen Verfahren

beschlossen:

Tenor:

Der Tenor der Ziffer II. des angefochtenen Urteils wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Von dem Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin, Versicherungsnummer ..., werden auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin, Versicherungsnummer ..., Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von monatlich 21,84 EUR, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 30. November 2002, übertragen.

Zu Lasten des Versicherungskontos des Antragsgegners bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder in Karlsruhe, Versicherungskonto-Nr. ..., werden für die Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung monatliche Anwartschaften in Höhe von 16,20 EUR begründet.

Die zu übertragenden und zu begründenden Rentenanwartschaften sind in Entgeltpunkte umzurechnen.

Es bleibt bei der Kostenentscheidung des ersten Rechtszuges. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Der Beschwerdewert wird auf 500 € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde der Beteiligten zu 1. hat auch in der Sache Erfolg. Mit Recht hat sie sich darauf berufen, das Amtsgericht habe den Versorgungsausgleich unzutreffend durchgeführt, indem es den Ausgleich vollständig durch Übertragung von Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung durchgeführt hat.

Auf Grund der Auskunft der Beteiligten zu 1. vom 10. März 2003 (Bl. 46 ff d. A.) steht fest, dass der Antragsgegner auf die Ehezeit i. S. d. § 1587 Abs. 2 BGB - dies ist die Zeit vom 1. August 1988 bis zum 30. November 2002 - entfallende Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 408,56 EUR monatlich erworben hat. Daneben hat er nach Auskunft der Beteiligten zu 2. vom 30. Juli 2003 eine auf die Ehezeit entfallende Anwartschaft auf eine Betriebsrente in Höhe von monatlich 127,64 EUR erworben. Hierbei handelt es sich um eine Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, die nicht ausschließlich aus einem Deckungskapital oder einer vergleichbaren Deckungsrücklage finanziert wird. Der Wert der mitgeteilten Anwartschaft steigt nach Auskunft der Beteiligten zu 2. nicht in nahezu gleicher Weise wie der Wert der in § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB genannten Anwartschaften. Ab Rentenbeginn steigt der Wert der Anwartschaft gemäß § 39 der Satzung der VBL in der Fassung vom 1. Januar 2001 um jährlich 1 %. Eine Realteilung der Anwartschaften sieht die Satzung der Beteiligten zu 2. nicht vor.

Nach der Auskunft der Beteiligten zu 1. vom 10. März 2003 (Bl. 54 ff d.A.) hat die Antragstellerin während der Ehezeit in der gesetzlichen Rentenversicherung Rentenanwartschaften in Höhe von 364,89 EUR erworben. Die während der Ehezeit von der Antragstellerin bei der Beteiligten zu 2. erworbenen Anwartschaften sind nach deren Auskunft vom 24. Januar 2003 noch nicht unverfallbar.

Gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB hat der Senat der Antragstellerin, die die niedrigeren Anwartschaften erworben hat, eine Rentenanwartschaft in Höhe der Hälfte des verbleibenden Wertunterschiedes zuzusprechen.

Bei der VBL-Anwartschaft des Antragsgegners handelt es sich um ein Anrecht der betrieblichen Altersversorgung nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB. Aus der Monatsrente ist die auf die Ehezeit entfallende Jahresrente zu berechnen, die mithin 1.531,68 EUR beträgt. Da der Wert dieses Anrechtes auf die Betriebsrente jedoch in der Anwartschaftsphase weiterhin nicht in gleicher Weise wie der Wert der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung steigt, ist der Wert auch für die Zeit ab dem 1. Januar 2002 gemäß § 1587 a Abs. 4 BGB in eine dynamische Rente umzurechnen.

Dafür ist zunächst nach der BarwertVO der Barwert zu berechnen, wobei der Faktor der Tabelle 1 (2,7 bei 39 Jahren), erhöht um den Faktor 1,65 (= 2,7 x 165 % = 4,455) gem. der Anm. 2. zu der Tabelle 1, zugrunde zu legen ist. Der Senat sieht aufgrund der vorzunehmenden in die Zukunft gerichteten Betrachtungsweise die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ab dem Leistungsbeginn aufgrund der Steigerung von jährlich 1 % als volldynamisch an (vgl. AG Tempelhof-Kreuzberg, FamRZ 2003, 1932; Glocker, FamRZ 2003, 1233, 1235; a.A.: OLG Nürnberg, FamRZ 2003, 314). Im Zehn-Jahreszeitraum von 1995 bis 2004 erfolgte eine Anpassung der gesetzlichen Renten von durchschnittlich 1,59 %, sodass insbesondere im Hinblick auf die zu erwartenden geringen Steigerungen auch in den kommenden Jahren eine Anpassung von jährlich 1 % keine nennenswerte Abweichung von der Dynamik der gesetzlichen Renten mehr erwarten lässt. Damit ergibt sich ein Barwert der Anwartschaft des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 2. in Höhe von 6.823,63 EUR.

Multipliziert mit dem vereinfachten Umrechnungsfaktor von 0,0047476215, um den fiktiven Wert bei Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung zu ermitteln, ergibt sich eine Rentenanwartschaft gemäß §§ 1587 a Abs. 3 und Abs. 4 BGB von 32,40 EUR.

Der Wertunterschied der Anwartschaften beträgt 76,07 EUR, sodass die Hälfte des Wertunterschiedes 38,04 EUR ausmacht.

Nach § 1587 b Abs. 1 BGB hat der Versorgungsausgleich hinsichtlich der Anwartschaften bei der Beteiligten zu 1. durch Rentensplitting zu erfolgen, sodass Anwartschaften in Höhe von monatlich 21,84 EUR (408,56 - 364,89 EUR = 43,67 EUR, geteilt durch 2) zu übertragen sind. Ferner erfolgt der Ausgleich durch analoges Quasisplitting nach § 1 Abs. 3 VAHRG, § 1587 b Abs. 2 BGB (vgl. BGH, FamRZ 1984, 1214; OLG Jena, FamRZ 2002, 397) in Höhe von 16,20 EUR.

Die Anordnung der Umrechnung der zu übertragenden und zu begründenden Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte beruht auf § 1587 b Abs. 6 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 93 a Abs. 1 ZPO, 8 GKG.

Die Entscheidung zum Beschwerdewert ergibt sich aus § 17 a Nr. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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