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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 15.01.2009
Aktenzeichen: 9 UF 51/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, FGG, KostO


Vorschriften:

ZPO § 621e
BGB § 1666
BGB § 1666a
FGG § 13a
KostO § 30 Abs. 2
KostO § 131 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die befristete Beschwerde der Beteiligten zu 1. vom 23. März 2007 wird zurückgewiesen.

Die befristete Beschwerde des Beteiligten zu 2. vom 30. März 2007 wird ebenfalls zurückgewiesen.

In teilweiser Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts Guben vom 13. März 2007 wird den Beteiligten zu 1. und 2. die Personensorge für ihre Kinder V. S., geboren am .... Mai 2001, A. S., geboren am .... Juni 2003 und P. S., geboren am .... Februar 2005, entzogen und auf das Jugendamt des Landkreises S. als Pfleger übertragen.

Von der Erhebung der Gerichtskosten wird abgesehen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 8.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Kinder N. und Ni. P. entstammen der durch Urteil des Amtsgerichts Guben vom 24. Oktober 2000 geschiedenen Ehe der Kindesmutter M. P. mit dem Beteiligten zu 3. Auch nach der Scheidung verblieb es zunächst beim gemeinsamen Sorgerecht der Kindeseltern. Die Kinder lebten - zusammen mit dem neuen Lebenspartner der Mutter, dem Beteiligten zu 2., und den nachgeborenen Geschwistern aus dieser Verbindung - im mütterlichen Haushalt, während sich der Kindesvater nicht mehr um sie kümmerte. Der älteste Sohn N. hielt sich zeitweilig bei den Großeltern mütterlicherseits auf und wurde dort versorgt; seit dem 30.6.2007 lebt er wieder im Haushalt der Kindesmutter und seines Stiefvaters. Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die Eltern der gemeinsamen Kinder V., A. und P. S., sowie des am .... August 2006 geborenen, vom vorliegenden Verfahren nicht umfassten Kindes R. S.. Im Februar 2009 erwartet die Kindesmutter ein weiteres gemeinsames Kind aus dieser Verbindung. Mit Abgabe der Erklärung zum gemeinsamen Sorgerecht vom 29. August 2006 ist der Kindesvater S. inzwischen gemeinsam mit der Kindesmutter sorgeberechtigt für die hier betroffenen letztgenannten drei Kinder.

Für die Kindesmutter hat das Amtsgericht Guben - Vormundschaftsgericht - mit Beschluss vom 12.12.2003 (Az.: 14 XVII 111/03) aufgrund eines eingeholten medizinischen Gutachtens wegen geistiger Behinderung mit einfach strukturierter Persönlichkeit Betreuung für die Bereiche "Wohnungsangelegenheiten, Vermögensangelegenheiten und Behördenangelegenheiten" angeordnet. Mit Beschluss vom 13.10.2005 ist die Betreuung auf den Aufgabenkreis "Anhalten und Öffnen der Post" erweitert worden.

Die Wohnverhältnisse der Familie stellten sich zeitweise als desolat dar. Aus der zuvor genutzten Wohnung H.-J.-Straße wurde sie im Januar 2004 wegen Mietschulden zwangsgeräumt. Sie bezog dann eine Dreizimmerwohnung mit defekter Ofenheizung in der P.straße 9 in G.. Dort wurde im Juli 2004 wegen nicht beglichener Verbindlichkeiten der Strom abgeschaltet. Bei einem Hausbesuch im Dezember 2004 fanden Mitarbeiter des Sozialamtes die Wohnung ungeheizt und verschmutzt vor. Nach einem weiteren Hausbesuch des Jugendamtes am 4. August 2005 wurde die Unterkunft als vermüllt beschrieben. Am 24. August 2005 erfolgte sodann der Umzug in die seither genutzte Fünfzimmerwohnung im ... Ring 10 in G..

Im Sommer 2004 wandte sich die Kindesmutter wegen finanzieller Probleme, die sie auf das strikte Verhalten der ihr seit Dezember 2003 zur Seite gestellten Betreuerin zurückführte, an das Jugendamt. Es wurde eine Familienhilfe installiert, die jedoch auch nicht verhindern konnte, dass etwa das Essensgeld für die Kinder in deren Betreuungseinrichtungen wegen anderweitiger Verwendung ebenso wenig zur Verfügung stand wie die erforderlichen Mittel zum Kauf von Nahrungsmitteln im Haushalt.

Im Juni 2005 erhielt das Jugendamt Kenntnis davon, dass ein Herr G., ein wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern Vorbestrafter, in der Wohnung der Beteiligten zu 1. und 2. lebe. Die Kindesmutter selbst habe festgestellt, dass Herr G. im Bett von Ni. gelegen habe. Nach entsprechenden Warnungen seitens des Jugendamtes hat die Kindesmutter zwar zunächst versichert, dass Herr G. die Wohnung nicht mehr betreten dürfe, dennoch sei er nach wie vor dort ein und aus gegangen. Nach einer entsprechenden Information des Jugendamtes durch die Polizei am 23. Februar 2006, dass sich Herr G. erneut in der Wohnung aufhalte, hat das Jugendamt des Landkreises S. die fünf Kinder mit Verfügung vom 28. Februar 2006 in Obhut genommen, N. bei den Großeltern, die übrigen Kinder in Pflegefamilien untergebracht. Aufgrund des Widerspruches der Kindeseltern gegen diese Inobhutnahme wurde das vorliegende familiengerichtliche Verfahren eingeleitet.

Die Beschwerdeführer haben im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens die Vorwürfe des Jugendamtes bestritten und erklärt, von der Vorstrafe des Herrn G. nichts gewusst zu haben. Seit sie Kenntnis davon hätten, komme eine Aufnahme des Betroffenen in ihre Wohnung nicht mehr in Betracht. Sie haben die Ansicht vertreten, das Wohl ihrer Kinder gebiete die Inobhutnahme deshalb nicht mehr. Sie hätten ein enges Verhältnis zu allen Kindern und wollten für diese selbst sorgen. Die Kindesmutter hat eingeräumt, Hilfe zu benötigen, aber gemeint, mit dieser Unterstützung gut zurecht zu kommen.

Im Frühjahr 2007 kam es zu erheblichen Unstimmigkeiten zwischen den Beschwerdeführern und der Betreuerin, insbesondere über die Einteilung des Geldes. Auf ausdrücklichen Antrags der Kindesmutter hat das Amtsgericht Guben trotz entgegenstehendem dringenden Rat in einer gerichtsärztlichen Stellungnahme vom 10.05.2007 durch Beschluss vom 14.06.2007 die Betreuung aufgehoben, weil sie dem Willen der Kindesmutter trotz fortbestehenden Betreuungsbedarfs widersprach.

Die Wahrnehmung der den Kindeseltern eingeräumten zweiwöchigen Umgangskontakte mit den Kindern hat sich schwierig gestaltet, teilweise auch, weil die Kindeseltern die Fahrtkosten nicht aufbringen konnten. Im November 2006 hat der Beteiligte zu 2. bei der Firma L. in G. einen Arbeitsplatz gefunden, den er jedoch bereits im Juni 2007 durch verhaltensbedingte arbeitgeberseitige Kündigung wieder verlor. Auch die Kindesmutter strebt einen Wiedereintritt in das Erwerbsleben an. Beide Kindeseltern haben die Meinung vertreten, nach dem Umzug hätten sich ihre Wohnverhältnisse wesentlich gebessert. V. sei regelmäßig in den Kindergarten gegangen. Verpflegungsgeld sei von ihnen nie zweckentfremdet ausgegeben worden. Auch seien die Kinder weder geschlagen worden noch unangemessen bekleidet gewesen.

Das Jugendamt hat beantragt,

den Kindeseltern die Personensorge für alle fünf Kinder zu entziehen und auf einen Pfleger zu übertragen.

Die Kindesmutter und der Kindesvater S. haben beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Der Kindesvater P. hat sich an dem Verfahren nicht beteiligt.

Nach Anhörung aller Beteiligten und der Kinder, sowie nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen K. vom 22. November 2006 hat das Amtsgericht Guben mit Beschluss vom 13. März 2007 den Kindeseltern im Hinblick auf N. und Ni. P. die Personensorge entzogen und auf das Jugendamt des Landkreises S. als Pfleger übertragen. Hinsichtlich der Kinder V., A. und P. S. hat es den Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen und dieses auf das Jugendamt übertragen. Zur Begründung hat es ausgeführt, es habe eine Gefahr für das körperliche, geistige und seelische Wohl der Kinder bestanden, weil die Eltern nicht in der Lage seien, Gefahren von den Kindern abzuwenden. Sie wollten keinerlei Hilfe annehmen und seien nicht in der Lage, Gefahren zu erkennen, geschweige denn abzuwehren. Die Kindeseltern könnten mit Geld nicht umgehen, wie sich aus den Aussagen der Betreuerin der Kindesmutter ergäbe. Diese habe nicht sagen können, was mit dem von ihr ausgehändigten Essensgeld geschehen sei. Auch das Einkaufen gemeinsam mit der Familienhelferin habe nicht das gewünschte Ergebnis gebracht. Zudem seien die Kinder verwahrlost gewesen, was die Betreuerin der Kindesmutter ebenfalls im Januar 2004 bestätigt habe. Auch der Sachverständige habe ausgeführt, dass die Kinder unzureichend versorgt würden. Die Eltern seien mit der Versorgung von fünf weiteren Kindern neben dem jüngsten offensichtlich überfordert. Alle Kinder hätten erhebliche Entwicklungsdefizite, die die Eltern bislang nicht einmal erkannt hätten. Auch seien sie nicht bereit, Hilfe anzunehmen. Hinsichtlich der beiden ältesten Kinder hat das Amtsgericht gemeint, aufgrund der fehlenden Beteiligung des Kindesvaters müsse den Eltern die Personensorge vollständig entzogen werden. Im Hinblick auf die Kinder S. hat es gemeint, die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf das Jugendamt sei ausreichend.

Gegen diese richten sich die form- und fristgerecht eingelegten befristeten Beschwerden der Kindesmutter und des Kindesvaters S..

Sie begründen ihre Rechtsmittel damit, dass im Zeitpunkt der Entscheidung des Amtsgerichts keine Kindeswohlgefährdung mehr bestanden habe. Eine solche sei allenfalls durch den Aufenthalt des Herrn G. in ihrer Familie gegeben gewesen. Inzwischen hätten sie jedoch jeglichen Kontakt zu Herrn G. abgebrochen. Eine Verwahrlosung der Kinder habe nicht vorgelegen, insbesondere nicht nach dem letzten Umzug. Der Zustand der früher bewohnten Wohnung habe im Wesentlichen daran gelegen, dass diese völlig unzulänglich gewesen sei, insbesondere hätten die vorhandenen Öfen trotz Bemühungen des Beteiligten zu 2. nicht funktioniert. In ihrer jetzigen Wohnung hingegen seien die Verhältnisse ordentlich.

Außerdem machen die Beschwerdeführer geltend, ihnen sei keine zureichende Hilfe angeboten worden. Die Familienhelferin habe vielmehr die Kindesmutter beim Einkaufen zu gängeln versucht; so habe diese nicht entscheiden dürfen, welche Lebensmittel eingekauft würden. Damit sei nicht die eigentlich notwendige Hilfe geleistet worden. Weiter sei nicht festgestellt worden, dass auch nur eines der Kinder unterentwickelt oder unterernährt gewesen sei. Entwicklungsverzögerungen lägen jedenfalls nicht an einer Verwahrlosung und die Feststellung von Lernschwächen sei kein Grund für eine Inobhutnahme. Ein Angebot, ihnen bei der Behebung dieser Schwächen unter die Arme zu greifen, sei nicht erfolgt. Offenbar würden nach der Inobhutnahme der Kinder Kontakte zu den Kindeseltern systematisch dadurch unterbunden, dass die Pflegeeltern diese nach Möglichkeit verweigerten. Sie seien bereit, alles dafür zu tun, um wieder mit ihren sämtlichen Kindern zusammenleben zu können.

Der Senat hat in einem ersten Termin zur mündlichen Verhandlung am 28. Juni 2007 den Kindesvater P. angehört, der keine Stellungnahme abzugeben bereit war, sodann die Mutter der Kindesmutter, C. Li., als Zeugin zur Situation der Kinder im elterlichen Haushalt, und der wohnlichen und finanziellen Situation der Familie vernommen und sich einen ersten Eindruck von den Beteiligten verschafft. Danach wurde eine stufenweise Rückführung der Kinder in den elterlichen Haushalt, sofern sich die Verhältnisse dort stabilisieren würden, ins Auge gefasst und mit allen Beteiligten erörtert. Hierzu wurde zunächst eine Rückkehr N.s zum 30. Juni 2007 und darüber hinaus für die Folgezeit erweiterte Umgänge der Eltern mit sämtlichen Kindern vereinbart.

Während sich N.s Rückkehr nach den Berichten aller Beteiligten als problemlos erwies, und der Junge auch danach keine Auffälligkeiten zeigte, gestalteten sich die vereinbarten Umgänge schwierig, wofür sich die Beteiligten Kindeseltern, Pflegeeltern und Jugendamt wechselseitig verantwortlich machten. Ni. befand sich im Herbst 2007 in erster Linie zur Abklärung einer bei ihr verstärkt aufgetretenen Enuresis diurna zu einem mehrwöchigen stationären Aufenthalt in den A.-Fachkliniken in B. und wurde anschließend in der heilpädagogischen Wohnanlage "W." in L. untergebracht.

In einem zweiten Anhörungstermin am 25. Oktober 2007 unter Beteiligung auch der Pflegeeltern hörte der Senat die Kinder V. und A. an und beschloss sodann die Einholung eines kinderpsychologischen Gutachtens zum Entwicklungszustand und eventuellen Behandlungsbedarf der Kinder - auch unter Berücksichtigung aufgetretener Verdachtsmomente zu einem sexuellen Missbrauch von A. und Ni. -, zu einer eventuellen Gefährdung der Kinder im Falle der Rückführung in die elterliche Familie einerseits bzw. dem Verbleib in den Pflegefamilien und zu der Frage der Erziehungsfähigkeit der Kindeseltern. Mit der Erstellung des Gutachtens wurde der leitende Psychologe der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie der R. Kliniken, M. D., bestellt. Dieser legte unter dem Datum des 30. Mai 2008 sein schriftliches Gutachten (Bl. 668 - 774) und unter dem Datum des 17. November 2008 (Bl. 832 - 836) eine ergänzende Stellungnahme zu den Einwendungen der Beteiligten vor, auf die Bezug genommen wird.

In einem abschließenden Verhandlungstermin am 18. Dezember 2008 erhielten alle Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme zu der weiteren familiären Entwicklung. Außerdem hörte der Senat sämtliche betroffenen Kinder in Anwesenheit des Verfahrenspflegers an.

II.

Die nach § 621e ZPO statthaften und in zulässiger Weise eingelegten befristeten Beschwerden der Kindesmutter und des Kindesvaters S. führen in der Sache nicht zum Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht Guben mit dem angefochtenen Beschluss vom 13. März 2007 (auch) der Kindesmutter für N. und Ni. P. die Personensorge entzogen und auf das Jugendamt des Landkreises S. als Pfleger übertragen. Ebenfalls zu Recht wurde ihr und dem Kindesvater S. für die Kinder V., A. und P. S. das Aufenthaltsbestimmungsrecht entzogen; jedoch ist es im Rahmen des § 1666 BGB erforderlich, den Eltern hinsichtlich dieser Kinder die Personensorge gleichfalls vollständig zu entziehen und auf das Jugendamt zu übertragen. (In diesem Zusammenhang sei klarstellend festgehalten, dass der Entzug des Sorgerechts des Kindesvaters P. für seine Kinder N. und Ni. nicht mehr Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war, weil die Entscheidung des Amtsgerichts insoweit nicht angegriffen wurde. Im Übrigen hat er durch seine gänzlich fehlende Bereitschaft, irgendeine Verantwortung für seine Kinder zu übernehmen, die Feststellungen des Amtsgerichts bestätigt.)

Nach § 1666 BGB (in der Fassung des FamRMaßnErlG vom 04.07.2008) sind sorgerechtliche Entscheidungen dann zu treffen, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl der betroffenen Kinder gefährdet wird, sofern die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden, d. h. die zur Gefahrabwehr erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob den Eltern ein Verschuldensvorwurf zu machen ist, ob sie pflichtwidrig gehandelt haben oder ob ein Erziehungsversagen festgestellt werden kann (Palandt/Diederichsen, BGB, 68. A., § 1666 Rz. 4; Schulz/Hauß/Hüßtege, Familienrecht, § 1666 Rz. 5). Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Eltern gemessen an den Fähigkeiten des Kindes in der Lage sind, eine bestmögliche Versorgung zu gewährleisten, da die Eltern und deren sozioökonomisches Verhältnis grundsätzlich zum Schicksal und Lebensrisiko eines jeden Kindes zählen (OLG Köln, JAmt 2008, 45; Schulz/Hauß, a.a.O., Rz. 3 m.w.N.).

Maßstab für die zu treffende Entscheidung nach § 1666 BGB ist vielmehr das Wohl der Kinder, also der umfassende Schutz des in der Entwicklung befindlichen jungen Menschen. Eine Gefährdung des Kindeswohls ist dann anzunehmen, wenn die begründete gegenwärtige Besorgnis besteht, dass bei Nichteingreifen des Gerichts eine erhebliche körperliche oder seelische Schädigung des Kindes eintreten würde; hierfür ist eine Abwägung sämtlicher Umstände unter Berücksichtigung der Anlagen und des Verhaltens der Kinder vorzunehmen (BVerfG, FamRZ 2008, 492; 1982, 567; BGH, FamRZ 1996, 1031; OLG Hamm, FamRZ 2006, 359; Schulz/Hauß, a.a.O. Rz. 4). Maßnahmen, mit denen eine Trennung der Kinder von der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise - auch nicht durch öffentliche Hilfe - begegnet werden kann, § 1666a BGB. So liegt der Fall hier.

Das Amtsgericht hat die angefochtene Entscheidung unter Bezugnahme auf die Feststellungen des erstinstanzlichen Sachverständigen entsprechend der damaligen Fassung des § 1666 BGB mit dem Erziehungsunvermögen der Eltern begründet und auf Vernachlässigung wegen unzureichender Versorgung mit Nahrungsmitteln und Bekleidung und nicht hinreichende Betreuung im Hinblick auf die Förderung sowie auf mangelnde Kooperation mit dem Jugendamt gestützt. Diese Feststellungen haben sich im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nach anfänglichen Ansätzen, die Anlass zu der Hoffnung einer Besserung gaben, bestätigt, wie zur Überzeugung des Senats insbesondere aufgrund des zweitinstanzlich eingeholten Sachverständigengutachtens und des persönlichen Eindrucks der Kindeseltern bei den letzten Anhörungen feststeht.

Eine begründete Besorgnis zukünftiger Schädigung des Kindeswohls entsteht in aller Regel aus Vorfällen in der Vergangenheit, wobei im vorliegend zu beurteilenden Fall die laxe Handhabung des Zusammenseins mit einem wegen Kindesmissbrauch Verurteilten in der Tat eine erhebliche Gefährdung des Kindeswohls darstellt. Trotz vorliegender Hinweise haben die Kindeseltern zunächst nicht genügend reagiert, um ihre Kinder zu schützen. Dabei mag der Kindesmutter zugute gehalten werden, dass sie aufgrund ihrer geistigen Beeinträchtigungen möglicherweise die Gefahren zunächst nicht ausreichend erkannt hat. Hinsichtlich des Kindesvaters ist kaum nachvollziehbar, warum er zunächst Herrn G. einen - von den Angaben der Kindeseltern ausgehend - erheblichen Einfluss auf das tägliche Leben der Familie einschließlich finanzieller Angelegenheiten eingeräumt hat. Angesichts der seinerzeit obwaltenden Umstände erscheint die Inobhutnahme der Kinder durch das Jugendamt zum damaligen Zeitpunkt sicherlich gerechtfertigt. Aufgrund des schließlich glaubhaft gemachten Abbruchs jeglichen Kontaktes mit Herrn G. durch die Eltern und nachdem diese offensichtlich erkannt haben, dass sie ihre Kinder besser hätten schützen müssen, kann dieser Aspekt für sich betrachtet zum gegenwärtigen Zeitpunkt einen vollständigen Entzug der Personensorge nicht mehr rechtfertigen, wenngleich er bei der erforderlichen Gesamtschau nicht außer Ansatz bleiben kann. Denn er zeigt deutlich, dass es den Kindeseltern an der erforderlichen Einsicht für Gefährdungen ihrer Kinder trotz Unterstützung durch Dritte mangelt.

Auch der erstinstanzlich im Raum stehende Verdacht unzureichender Versorgung der Kinder mit Nahrungsmitteln und angemessener Kleidung verbunden mit Hinweisen darauf, dass die vorhandenen finanziellen Mittel von den Eltern anderweitig verbraucht wurden, hat sich zumindest teilweise bestätigt. Anzeichen von Mangelernährung der Kinder sind ärztlich zwar nicht festgestellt worden. Die vom Senat vernommene Zeugin Li., die trotz der engen verwandtschaftlichen Beziehung zur Kindesmutter glaubwürdig erschien, hat zwar von seitens der Kindeseltern nicht bestrittenen wirtschaftlichen Engpässen berichtet, gleichzeitig aber auch bekundet, dass die Grundversorgung der Kinder gleichwohl sichergestellt gewesen sei.

Wie sich aus dem Gutachten des Sachverständigen D. ergibt, zeigten sich aber bei V. in der Pflegefamilie zunächst Auffälligkeiten im Essverhalten. V. habe alles Essen zu sich herangezogen und sich Nahrung "sichern" wollen. Dieses Verhalten habe sich mit der Zeit verloren.

Auch die Pflegemutter von A. und P. hat glaubhaft geschildert, dass beide Kinder in einem schlechten Ernährungszustand gewesen seien. A. habe (mit 2 3/4) Jahren noch nicht mit Besteck essen können und Essen in den Wangetaschen gebunkert. P. habe (mit gut einem Jahr) zunächst nur Flaschennahrung zu sich nehmen können, nach Umstellung auf feste Nahrung habe er "geschlungen".

Ein Bericht des Klassenleiters von Ni. vom 05.05.2006 erwähnt, dass Ni. nicht immer Frühstück dabei hatte und dass sie angab, es sei "nur noch verschimmeltes Brot" bzw. "wenig Geld" da gewesen. Auch Ni. zeigte in der Pflegefamilie, in der sie zunächst untergebracht war, ein auffälliges Essverhalten.

All diese Beobachtungen lassen in Zusammenhang mit den eingeräumten beengten wirtschaftlichen Verhältnissen der Familie und den ständigen Beschwerden über die unzureichende Geldzuteilung der Betreuerin mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass eine regelmäßige Versorgung aller Kinder mit Essen nicht gewährleistet war. Insbesondere die jüngeren Kinder sind dabei offenbar zu kurz gekommen, auch wenn die Kindesmutter sich sicher stets bemüht hat, alle ihre Kinder, die sie offensichtlich liebt, gut zu versorgen. Angesichts der Größe der Familie und des geringen finanziellen Spielraums sowie der mangelnden Mithilfe des Kindesvaters war die Kindesmutter offensichtlich mit ihren Aufgaben überfordert, was sie selbst wohl nicht einmal bemerkt hat.

Der schlechte Versorgungszustand der Kinder - bis auf N. - wird auch durch den unzureichenden Allgemeinzustand der Kinder verdeutlicht, den sie bei Inobhutnahme hatten. P. und A. mussten unmittelbar nach der Inobhutnahme stationär aufgenommen werden wegen verschiedener erheblicher Infektionen, wobei bei beiden ein nur mäßiger Allgemeinzustand und ein allgemeiner Entwicklungsrückstand festgestellt wurden.

Die in früherer Zeit unbestritten desolate Wohnsituation der Familie hat sich offenbar nach dem Umzug in die jetzt genutzten Räumlichkeiten erheblich verbessert, wie die Angaben des Jugendamtes ebenso wie des zweitinstanzlichen Sachverständigen bestätigen. Dies mag allerdings auch damit zusammenhängen, dass die Wohnung derzeit nur von zwei Erwachsenen und zwei Kindern bewohnt wird, wobei N., wie seine Anhörung am 18.12.2008 ergeben hat, weitgehend neben der übrigen Familie herlebt und recht unbehelligt seinen eigenen Weg geht.

Erheblich ins Gewicht fällt, dass nach den Feststellungen des Sachverständigen D., denen der Senat folgt, sämtliche der betroffenen Kinder mit Ausnahme des ältesten Sohnes N., der nur relativ gering ausgeprägte psycho-pathologische Auffälligkeiten zeigt, ganz massive Beeinträchtigungen, insbesondere psychischer Art, aufweisen. N., dem es nach seinem eigenen Bekunden gegenüber dem Senat im elterlichen Haushalt gut geht, wenngleich er die bevorstehende Geburt eines weiteren Geschwisterkindes als belastend empfindet, hat sich offenbar nicht zuletzt dank guter Integration in Schule und Freundeskreis mit den bestehenden häuslichen Verhältnissen arrangiert. Dabei kommt ihm seit der Inobhutnahme der übrigen Geschwister, die unzweifelhaft auch zu einer Entlastung der familiären Situation geführt hat, nun allein mit dem erst 1 1/2 Jahre alten Halbbruder R. im elterlichen Haushalt lebend eine Sonderstellung zu. Er scheint sich nach der Interaktionsbeobachtung des Sachverständigen in gewisser Weise von den übrigen Familienmitgliedern "abgekoppelt" zu haben und geht bei aller Loyalität diesen gegenüber mehr oder minder seine eigenen Wege. Da er anders als die übrigen Geschwister nicht in erheblichem Maße auf Hilfe von Außen angewiesen ist, haben die familiären Krisen bei ihm nicht zu dauerhaften Beeinträchtigungen geführt. Außerdem hat er eine sehr stabile Beziehung zu seiner in unmittelbarer Nähe lebenden Großmutter, die auch bereit ist, ihm jederzeit bei Bedarf zur Seite zu stehen. Erzieherische Einwirkungen auf N. seitens der Kindesmutter und seines Stiefvaters sind nur gering, wie die Angaben des Jungen selbst und die Ausführungen des Jugendamtes belegen. Derzeit geht für N. von dieser Situation keine Gefahr für sein Wohl aus, die eine Trennung von der Familie erfordern würde. Darin sieht sich der Senat mit dem Sachverständigen und dem Jugendamt einig.

Erheblich ungünstiger stellt sich die Entwicklung der nun fast 11-jährigen Ni. P. dar, bei der schon während ihres Klinikaufenthaltes in der Zeit vom 25.07. bis 15.10.2007 die Diagnose einer Bindungsstörung bei chronischer, offenbar therapeutisch schwer einzustellender Enuresis diurna gestellt wurde. Sie muss darüber hinaus als lernbehindert angesehen werden. Außerdem hat der Sachverständige D. aktuell Körperwahrnehmungsstörungen und Schmerzunempfindlichkeit sowie Distanzlosigkeit festgestellt und aus dem gesamten Symptomkomplex den Verdacht auf frühkindliche Vernachlässigung bzw. seelische und/oder körperliche Traumatisierungen abgeleitet. Die im Raum stehende Vermutung sexuellen Missbrauchs konnte der kinderpsychologische Sachverständige weder bestätigen noch verneinen.

Ni. hat eine besonders starke Bindung zu ihrer Mutter, die auf Gegenseitigkeit beruht. Beide vermissen sich sehr. Ni. hat auch eine starke Bindung zu ihren Geschwistern, für die sie eine große Verantwortung fühlt.

Die jetzt rund 7 1/2-jährige V. fiel zu Beginn ihrer Unterbringung in der Pflegefamilie zunächst durch unmäßiges Essverhalten und bei insgesamt unzureichender Artikulation der Beherrschung des gesamten Vokabulars der Sexualsphäre auf. Auch bei ihr hält der Sachverständige einen sexuellen Missbrauch für denkbar, jedoch nicht erwiesen. Wohl aber schließt er aus der gesamten Symptomatik auf deprivierende und traumatisierende Entwicklungsbedingungen in einer zumindest sexualisierten Sphäre.

Hinsichtlich der nun 5 1/2 und 4 Jahre alten Geschwister A. und P. S., die sich gemeinsam in einer Pflegefamilie befinden, sind Parallelen des Entwicklungszustandes erkennbar. Beide mussten vor ihrer Aufnahme dort mit schwerwiegenden Erkrankungen, die auf Zustände nach Vernachlässigung hindeuten, stationär behandelt werden. Sie sind insgesamt retardiert, zeigen Angstreaktionen, P. auch Verhaltensauffälligkeiten aggressiver Natur.

Diesen im schriftlichen Gutachten des Sachverständigen D. ausführlich und nachvollziehbar beschriebenen, hier nur kurz skizzierten Defiziten der Kinder, aus denen ein ganz erheblicher Förderungs- und Behandlungsbedarf resultiert, stehen die Kindeseltern - soweit sie sie realisieren - im Kern hilflos-überfordert gegenüber. Die Kindesmutter scheint intellektuell nicht in der Lage, die Probleme der Kinder zu erkennen. Sie ist traurig über die Trennung und meint, alle Schwierigkeiten meistern zu können, wenn nur die Familie wieder zusammen sei. Herr S. und unter seinem Einfluss auch Frau P. neigen im Übrigen dazu, die Ursächlichkeiten für etwa aufgetretene Beeinträchtigungen der Kinder in außerhalb ihrer Einflusssphäre liegenden Umständen und im Verhalten Dritter zu suchen und dabei die eigene Verantwortung auszuschließen. Wie der Sachverständige D. jedoch nachvollziehbar dargestellt hat, lässt alles darauf schließen, dass die festgestellten Störungen auf ein emotionales und physisches Mangelmilieu zurückzuführen sind, für dessen Entstehen die Kindeseltern verantwortlich sind. Dabei soll keineswegs verkannt werden, dass die Eltern ihren Kindern durchaus als liebevoll zugewandt erscheinen, allerdings gleichwohl nicht fähig und in der Lage sind, die Kinder entsprechend ihren Bedürfnissen und Eigenarten zu versorgen und zu erziehen. Die demzufolge dringend erforderlichen Hilfsmaßnahmen wurden von den Kindeseltern immer wieder als sie selbst kontrollierend verstanden, weshalb letztlich ein Erfolg ausbleiben musste. Nennenswerte erzieherische Einwirkungen auf die Kinder konnten weder seitens der Mitarbeiterinnen des Jugendamts, noch seitens der Sachverständigen anlässlich von Interaktionsbeobachtungen festgestellt werden, auch nicht dort, wo sie dringend geboten waren. Auch wenn man hinsichtlich der Beobachtungen über das Zusammensein der Eltern mit den Kindern nach langer Trennungszeit sicherlich beachten muss, dass es sich um Sondersituationen handelte, geben sie doch Aufschluss über das Verhalten zwischen Eltern und Kindern. Gestützt werden die durch den Sachverständigen gewonnenen Erkenntnisse durch die Berichte des Jugendamts und nicht zuletzt durch die Schilderungen der Kinder über den Alltag in der Familie, die ebenso wenig erkennen lassen, dass die Eltern über Mittel zur Erziehung verfügen bzw. diese einsetzen können.

Angesichts ihrer nur gering ausgeprägten Einsicht in die eigene Verantwortlichkeit sieht der Senat keinen Anlass zu der Erwartung, dass die Kindeseltern bei einer Rückkehr der Kinder in ihren Haushalt im Stande wären, auch nur für eine Kontinuität der bislang eingeleiteten Fördermaßnahmen Sorge zu tragen. Insoweit ist das Ergebnis der Ermittlungen des Sachverständigen D. überzeugend, dass das seelische und leibliche Wohl der Kinder bei ihrer Rückführung in die Herkunftsfamilie gefährdet wäre.

Auf Befragen des Senats konnten die Kindeseltern nicht angeben, was sich konkret verändern solle, wenn die Kinder wieder bei ihnen lebten. Der Beschwerdeführer meinte, man könnte etwas mehr zusammen unternehmen, etwa in den Zoo gehen. Wie der Alltag organisiert werden sollte, konnten beide nicht konkret sagen. Bereits gegenüber dem Sachverständigen hatten die Kindeseltern erhebliche Probleme, auch nur die Strukturen eines Tagesablaufs mit 6 Kindern (wobei nunmehr ein siebtes Kind erwartet wird) zu erkennen und zu erklären. Der Senat teilt auch die Einschätzung des Sachverständigen, wonach der Kindesvater nicht bereit und in der Lage ist, die Kindesmutter im Haushalt und bei der Erziehung ausreichend zu unterstützen. Eigene Verantwortlichkeit hat er auch dem Senat gegenüber mehrfach wortreich abgelehnt.

Herr S. hat zwar bekundet, er sei bereit, wieder eine Familienhelferin zu akzeptieren. Er stellte sich allerdings eine reine Haushaltshilfe für seine Frau (und damit eine Entlastung für sich selbst angesichts der an ihn herangetragenen Erwartung) vor und nicht etwa eine Unterstützung in Erziehungsfragen. Auch die Anhörungen der älteren Kinder haben das Bild eines Mannes ergeben, der gerne lange schläft, seine eigenen Wege geht und sich nur um das kümmert, was ihn selbst interessiert. Die schriftsätzlichen Bekundungen, sich hier mehr engagieren zu wollen, haben bislang keinen nachvollziehbaren Tatsachenkern. Hier gilt ähnliches wie für die behaupteten Bemühungen um Erwerbsarbeit. Das tatsächliche Verhalten des Kindesvaters widerspricht seinen Behauptungen.

Vor diesem Hintergrund konnte den Beschwerden der Kindesmutter und des Kindesvaters S. kein Erfolg beschieden sein. Mit der Versorgung und Erziehung mehrerer noch recht junger Kinder, die sämtlich besonderer Zuwendung, Aufmerksamkeit und insbesondere Förderung bedürfen, sind die Kindeseltern weit überfordert. Bedenkt man noch, dass der nachgeborene R. und demnächst ein weiterer Säugling zu betreuen sind, so kann die Versorgung durch die Eltern nicht gewährleistet werden. Es stünde zu befürchten, dass die bei allen Kindern außer N. notwendige sozialpädagogische Betreuung nicht mehr kontinuierlich durchgeführt werden würde. Diese kann nur durch das Fortbestehen der Fremdbetreuung gewährleistet werden. Minder schwere Eingriffe in das Elternrecht sind nicht ausreichend, da eine nachhaltige Kooperation der Eltern ausgeschlossen erscheint. Eine Familienhilfe wäre überdies auch nicht in der Lage, alle Defizite in der Versorgung aufzufangen und auszugleichen. Eine zunehmende seelisch-geistige Verwahrlosung der betroffenen Kinder wäre die vorauszusehende Folge.

Der Senat kann es insbesondere auch nicht verantworten, das Sorgerecht für Ni. der Kindesmutter zurück zu übertragen. Zwar entspräche es dem innigen Wunsch sowohl der Kindesmutter als auch Ni.s, wieder zusammen zu sein. Im Interesse des seelischen und körperlichen Wohls des Kindes kann dem jedoch nicht gefolgt werden. Gerade Ni. bedarf des Schutzes durch die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen und heilpädagogischen Einrichtung, die ihr Sicherheit und Halt im Alltag gibt und sie Kind sein lässt. Ni. neigt dazu, für Mutter und Geschwister beschützende Funktionen wahrzunehmen und sich Verantwortungen aufzubürden, denen sie nicht gewachsen ist. Sie muss davor geschützt werden, in der Familie in die Funktion einer Erwachsenen gedrängt zu werden und sich damit weiter zu überfordern.

Hinsichtlich der Kinder V., A. und P. S. erachtet es der Senat für erforderlich und angezeigt, im Rahmen des § 1666 BGB den Kindeseltern die Personensorge (vollständig) zu entziehen. Dies ergibt sich abgesehen von den vorstehenden Überlegungen bereits aus dem Umstand, dass im Rahmen der fortzusetzenden Fremdunterbringung der Geschwister außerhalb des elterlichen Haushalts Maßnahmen zu ergreifen sind, die über das Aufenthaltsbestimmungsrecht hinaus gehen und es an dem erforderlichen Zusammenwirken der Kindeseltern mit dem Jugendamt fehlt. Die Kindeseltern sind nach dem oben Dargestellten weder in der Lage noch willens, die notwendigen Entscheidungen über die Gesundheitssorge, die Inanspruchnahme von Hilfen zur Erziehung sowie sonstige Maßnahmen der Pflege und Erziehung zum Wohl der Kinder zu treffen

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 13a FGG, 131 Abs. 3 KostO. Hinsichtlich der Festsetzung des Gegenstandswertes des Beschwerdeverfahrens war in Anbetracht des außergewöhnlichen Umfanges der Sache und der Anzahl der Kinder, deren Interessen durchweg differenziert zu betrachten waren, im Rahmen des § 30 Abs. 2 KostO eine Erhöhung auf 8.000,00 Euro vorzunehmen.

Ende der Entscheidung

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