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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 29.08.2006
Aktenzeichen: 9 W 5/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 3
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 569 Abs. 1 Satz 1
BGB § 242
BGB § 313
BGB § 426
BGB § 426 Abs. 1 Satz 1
BGB §§ 741 ff.
BGB §§ 1008 ff.
BGB § 1360 b
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 W 5/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Rechtsstreit

hat der 9. Senat für Zivilsachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 10. April 2006 gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 31. Januar 2006 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Seidel, den Richter am Oberlandesgericht Götsche und den Richter am Oberlandesgericht Schollbach

am 29. August 2006

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 10. April 2006 gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 31. Januar 2006 ist zulässig. Sie ist insbesondere innerhalb der Notfrist von einem Monat gemäß §§ 569 Abs. 1 Satz 1, 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO eingelegt und begründet worden.

Die sofortige Beschwerde hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht Potsdam hat der Klägerin im Ergebnis zu Recht Prozesskostenhilfe versagt; auf die zutreffenden Ausführungen wird Bezug genommen.

I.

Zunächst bestehen bereits erhebliche Bedenken hinsichtlich der Bedürftigkeit der Klägerin. So ist die Klägerin Miteigentümerin zu 1/2 an einem Grundstück in F..., welches von den Parteien im Jahr 1996 zu einem Kaufpreis von 150.000 DM erworben wurde. Diesen Miteigentumsanteil hätte sie vor einer Inanspruchnahme der Allgemeinheit für die Kosten ihrer Prozessführung zu verwerten. Zumindest hätte sie aber hinsichtlich einer eventuellen Unzumutbarkeit einer solchen vortragen müssen. Darüber hinaus führt sie eine Lebensversicherung bei der G... Versicherung AG. Da auch diese einen Vermögenswert, der der Verwertung zuzuführen ist, darstellt, hätte sie insoweit insbesondere zu deren Rückkaufswert vortragen müssen.

Zu einem solchen Vortrag wäre die Klägerin auch verpflichtet gewesen, da von der bedürftigen Partei erwartet werden kann, dass sie aktiv am Verfahren mitwirkt, also selbstständig alle erforderlichen Erklärungen abgibt und Unterlagen einreicht (Brandenburgisches OLG FamRZ 2004, 120; Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 114 Rn. 36).

II.

Im Ergebnis können diese Bedenken hinsichtlich der Bedürftigkeit jedoch dahinstehen, da jedenfalls eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage im Sinne des § 114 ZPO nicht gegeben ist.

1.

Die Klage ist bereits unzulässig. Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines Teilbetrages in Höhe von 268.424,14 € während sie sich zur Begründung auf verschiedene Teilforderungen in einer Gesamthöhe von 319.504,62 € beruft, ohne im Einzelnen zu bestimmen, wie sie die geltend gemachte Gesamtsumme ziffernmäßig auf die verschiedenen Ansprüche verteilt wissen will oder in welcher Reihenfolge die Ansprüche bis zu der von ihr geltend gemachten Gesamtsumme gefordert werden. Diese mangelnde Individualisierung des Streitgegenstandes stellt einen Verstoß gegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO dar und führt zur Unzulässigkeit der gesamten Klage (BGH NJW 1990, 2068; BGHZ 11, 192; Zöller/Greger, a.a.O., § 253 Rn. 15 m. w. N.).

2.

Darüber hinaus ist die Klage aber auch unschlüssig, da der unstreitige bzw. der streitige klägerische Sachvortrag nicht ausreichend sind, um die einzelnen geltend gemachten Teilansprüche zu begründen. Dabei kann es zunächst dahinstehen, ob die Klägerin die behaupteten Zahlungen überhaupt geleistet hat.

a) Café M... (31.250 €):

Soweit die Klägerin einen Teilbetrag in Höhe von 16.872,63 € für die von ihr finanzierte Bestuhlung im vom Beklagten geführten Café begehrt, ist die Klage infolge anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig, da die Parteien insoweit bereits einen Rechtsstreit zum Aktenzeichen 6 O 456/02 vor dem Landgericht Potsdam führen. Hinsichtlich des verbleibenden Betrages 14.377,37 € fehlt jeglicher Sachvortrag, sodass die Klage unschlüssig ist.

b) Grundstück F... (38.346,89 €):

Soweit die Klägerin einen hälftigen Ausgleich für den von ihr vollständig aufgewendeten Kaufpreis für das im Miteigentum der Parteien zu jeweils 1/2 stehende Grundstück begehrt, ist zunächst zu berücksichtigen, dass sie eine Zahlung bereits allenfalls in Höhe von 90.000 DM (statt 150.000 DM) substanziiert dargetan hat, sodass sich ein möglicher Anspruch nach § 426 BGB maximal auf 15.000 DM belaufen könnte.

In diesem Zusammenhang ist aber zu berücksichtigen, dass die Parteien zum Zeitpunkt der (zeitlich nicht näher eingegrenzten) Zahlung in intakter Ehe gelebt haben, sodass eine grundsätzlich bestehende Ausgleichpflicht durch die ehelichen Lebensverhältnisse überlagert worden ist. Danach ist von einer stillschweigend geschlossenen Vereinbarung als abweichende Bestimmung im Sinne des § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB auszugehen, wonach die finanzielle Leistung des die Verbindlichkeit Bedienenden als Beitrag zur ehelichen Lebensgemeinschaft, der einem späteren Ausgleich nicht unterliegen soll, anzunehmen ist (vgl. insgesamt BGH NJW 2005, 2307; Brandenburgisches OLG OLG-Report 2001, 53; Palandt/Grüneberg, BGB, 65. Aufl., § 426 Rn. 9; Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, 4. Aufl., Rn. 280 ff.).

Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, dass ein Ausgleich nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage stattzufinden habe, da es sich insoweit um eine unbenannte Zuwendung gehandelt habe, ist dem ebenfalls nicht zu folgen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Parteien in der Zeit vom 24. Januar 1996 bis 4. März 1998, also von der Eheschließung bis zur notariellen Vereinbarung zur Gütertrennung und damit auch zum Zeitpunkt des Erwerbs der Immobilie, im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben.

Die Bestimmungen über den Ausgleich des Zugewinns stellen aber ein ausreichendes Ausgleichssystem zur Verfügung. Danach bedarf es in aller Regel keines Rückgriffs auf allgemeine schuldrechtliche Vorschriften, insbesondere die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Vielmehr kommt den Vorschriften des ehelichen Güterrechts über den Ausgleich des Zugewinns der Vorrang zu. Durch sie werden die allgemeinen Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in aller Regel verdrängt und daraus abzuleitende Ausgleichsansprüche in weitem Umfang ausgeschlossen. Nur zur Korrektur schlechthin unangemessener und untragbarer Ergebnisse kann der Rückgriff auf § 242 (313) BGB geboten sein (BGH FamRZ 1991, 1169; Wever, a.a.O., Rn. 467 ff.).

Hiernach muss es für den Ausgleich von Zuwendungen, die Ehegatten einander während des gesetzlichen Güterstandes gemacht haben, in aller Regel mit dem güterrechtlichen Ausgleich als der vom Gesetz vorgesehenen Lösung sein Bewenden haben. Da jedes Rechtsverhältnis dem Grundsatz von Treu und Glauben untersteht, kann zwar die Anwendung des § 242 (313) BGB indessen auch bei diesem Ausgleich nicht ausgeschlossen werden. Sie muss allerdings im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit auf extreme Ausnahmefälle beschränkt bleiben, in denen die güterrechtlichen Vorschriften den im Einzelfall bestehenden Interessenkonflikt nicht zu erfassen vermögen und das Ergebnis der güterrechtlichen Abwicklung schlechthin unangemessen und für den Zuwendenden unzumutbar unbillig ist (BGH a.a.O.). Die Darlegungs- und Beweislast hierfür liegt bei der Klägerin; Vortrag fehlt insoweit vollständig.

Nur der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Vortrag der Klägerin auch Ansprüche aus der Miteigentümergemeinschaft gemäß §§ 1008 ff., 741 ff. BGB zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht bestehen.

c) Eigentumswohnung A... (167.500 €):

Soweit die Klägerin Ansprüche wegen von ihr geleisteter Zahlungen für die im Alleineigentum des Beklagten stehende Eigentumswohnung in A... erhebt, ist zunächst festzustellen, dass der diesbezügliche Vortrag hinsichtlich der Anzahlung in Höhe von 20.000 € (oder DM), der Schlussrate in Höhe von 50.000 € und sonstiger Zahlungen, mit Ausnahme der 60 Monatsraten auf das Darlehen bei der R... ...bank AG in Höhe von jeweils 931,67 DM, unsubstanziiert ist, da sie schon zum Zeitpunkt und zur Art und Weise der Zahlungen nicht ausreichend vorgetragen hat; Beweisantritte fehlen ebenfalls.

Aber auch hinsichtlich der behaupteten Ratenzahlungen kann sie einen Ausgleich nicht verlangen, da sie zu den Voraussetzungen nicht ausreichend vorgetragen hat. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin neben dem Beklagten Darlehensnehmerin gewesen ist, sodass ein Ausgleich der Zahlungen nach § 426 BGB erlangt werden kann. Dies hat aber zur Folge, dass auch diese Ausgleichpflicht durch die ehelichen Verhältnisse überlagert worden ist, da die Klägerin Ausgleich von während der intakten Ehe geleisteten Zahlungen begehrt. Zwar besteht die Möglichkeit, dass der Beklagte im Innenverhältnis allein ausgleichspflichtig ist, da das Darlehen nur ihm zugeflossen ist, weil die Eigentumswohnung in seinem Alleineigentum steht. Jedoch ist insoweit ebenfalls zu berücksichtigen, dass die aus dieser Eigentumswohnung geflossene Miete unstreitig auf das Konto der Klägerin gezahlt und von den Parteien gemeinsam verbraucht worden ist. Die Klägerin genügt der ihr obliegenden Darlegungs- und Beweislast für eine abweichende Ausgleichspflicht im Innenverhältnis nicht.

Soweit darüber hinaus ein Ausgleich nach den Grundsätzen über die Rückgewähr von unbenannten Zuwendungen in Betracht kommt, ist auch hier zu berücksichtigen, dass die Immobilie bereits vor dem 5. März 1998 und damit zu einem Zeitpunkt, als die Parteien noch im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, gekauft worden ist. Demzufolge kommt nach den o. g. Grundsätzen ein Ausgleich für Zahlungen während dieses Zeitraumes nicht in Betracht. Zwar besteht die Möglichkeit eines Ausgleich für die Zeit ab Gütertrennung (vgl. nur Wever, a.a.O., Rn. 486 ff.). Jedoch fehlt es auch insoweit an hinreichendem Vortrag der Klägerin zu einer möglichen Unzumutbarkeit der Vermögenszuordnung, die ausnahmsweise einen Ausgleich begründen könnte.

d) Unterhaltszahlungen (7.357,73 €):

Auch der diesen Anspruch ausfüllende Sachvortrag ist unzureichend, sodass auch die Klage insoweit unschlüssig ist. Die Klägerin hat nicht vorgetragen, warum sie überhaupt die Zahlungen auf die dem Beklagten obliegende Unterhaltsverpflichtung vorgenommen hat; welche Vereinbarung dem zugrunde gelegen hat. Vielmehr ist sie dem Vortrag des Beklagten, dass während der Ehe Verbindlichkeiten beglichen worden sind, ohne dass hier eine Unterscheidung zwischen Verbindlichkeiten bzw. finanziellen Mitteln des einen oder anderen Ehegatten stattgefunden hätte, nicht entgegengetreten. Eine solche Auslegung entspricht sowohl dem Sinn und Zweck einer ehelichen Lebensgemeinschaft als auch der gesetzlichen Regelung des § 1360 b BGB, wonach im Zweifel anzunehmen ist, dass ein Ausgleich durch den mehr leistenden Ehegatten nicht beabsichtigt ist. Der der Klägerin danach obliegenden Darlegungs- und Beweispflicht (vgl. Palandt/Brudermüller, a.a.O., § 1360 b Rn. 4) genügt sie nicht.

e) Ausstattung Grundstück S... (75.050 €).

Der Sachvortrag entbehrt insoweit jeglicher Substanz.

Demzufolge verspricht die Klage insgesamt keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, sodass auch das gegen die Versagung der begehrten Prozesskostenhilfe gerichtete Rechtsmittel erfolglos bleiben musste.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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