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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 24.01.2007
Aktenzeichen: 9 WF 423/06
Rechtsgebiete: FGG, BGB, BVormVG


Vorschriften:

FGG § 50 Abs. 1
FGG § 50 Abs. 5
FGG § 56 g Abs. 5 Satz 1
FGG § 67 a Abs. 2 S. 2
FGG § 67 a Abs. 5
BGB § 1835 Abs. 1
BGB § 1835 Abs. 4
BVormVG § 1
BVormVG § 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 WF 423/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

betreffend 1. M... R..., geboren am ... 2000, 2. C... R..., geboren am ... 2002,

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Seidel, die Richterin am Oberlandesgericht Rohrbach-Rödding und den Richter am Oberlandesgericht Götsche

am 24.01.2007

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Verfahrenspflegerin vom 04.12.2006 wird der Beschluss des Amtsgerichts O... vom 20.11.2006 - 35 F 150/05 - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen teilweise abgeändert und die Vergütung und der Aufwendungsersatz der Beschwerdeführerin auf insgesamt 690,93 € festgesetzt.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 50 Abs. 5, 67 a Abs. 5, 56 g Abs. 5 Satz 1 FGG statthaft und in zulässiger Weise eingelegt worden. Insbesondere übersteigt der Beschwerdewert 150 €. Die Verfahrenspflegerin begehrt über die festgesetzte Vergütung hinaus die Vergütung für die Besuche bei den Kindern M... und C... am 06. und 16.03.2006. Sie hat dafür je zwei Hin- und Rückfahrten von 29 km und einen Zeitaufwand von insgesamt 335 Minuten (am 06.03.2006: 1:15 + 0:45 + 0:50 Stunden und am 16.03.2006: 1:20 + 0:40 + 0:45 Stunden) geltend gemacht. Bei Fahrtkosten von 0,30 €/km und einem Stundensatz von 31,00 € errechnet sich daraus ein Betrag von 382,20 € [(4 x 29 x 0,30 = 24,80 €) + (31 : 60 x 335 = 174,20 €)].

Das Rechtsmittel hat in der Sache nur teilweise Erfolg.

Der Verfahrenspflegerin steht für ihre Tätigkeit vom 22.06.2005 bis zum 06.04.2006 ein Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen entsprechend § 1835 Abs. 1 und 4 BGB und auf Vergütung gemäß § 67 a Abs. 2 S. 2 FGG in Verb. mit §§ 1, 4 BVormVG zu. Dieser Ersatzanspruch bezieht sich jedoch nur auf diejenigen Zeiten und Aufwendungen, die Tätigkeiten betreffen, die der Erfüllung der vom Gesetz dem Verfahrenspfleger zugewiesenen Aufgaben dienen (BVerfG FPR 2004, 622, 624; OLG Oldenburg FamRZ 2005, 391; vgl. auch BT-Drucks. 13/7158, S. 15). Vergütet wird zudem nur der für die Erfüllung der Aufgaben notwendige Zeitaufwand, gemessen daran, was ein sorgfältig arbeitender, gewissenhafter Verfahrenspfleger zur Wahrnehmung seiner Aufgaben als notwenig ansehen würde. Nach diesen Maßstäben ist der geltend gemachte (Zeit-)Aufwand einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen (OLG Oldenburg FamRZ 2005, 391; st. Rspr. des Senats, Brandenburgisches OLG FamRZ 2006, 1777; FGPrax 2004, 73, 74; ZfJ 2002, 233; FPR 2002, 280; FamRZ 2001, 692).

Nach § 50 Abs. 1 FGG hat das Gericht dem minderjährigen Kind einen Pfleger für ein seine Person betreffendes Verfahren zu bestellen, sobald dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Dies lässt erkennen, dass der Verfahrenspfleger für die Durchführung des gerichtlichen Verfahrens an die Stelle des gesetzlichen Vertreters des Kindes tritt und an dessen Stelle die Kindesinteressen in das Verfahren einzubringen hat. Der Verfahrenspfleger hat also nur das eigene Interesse des Kindes zu erkennen und zu formulieren (ausdrücklich BVerfG FamRZ 1999, 85, 87); er hat darauf hinzuwirken, dass das Verfahren - soweit dies möglich ist - kindgerecht gestaltet wird und dem Kind in dem Verfahren bei Bedarf zur Seite zu stehen (BT-Drucks. 13/4899, S. 130). All dies charakterisiert den Verfahrenspfleger als subjektiven Interessenvertreter des Kindes; seine Aufgabenstellung in dem Verfahren ist derjenigen eines Rechtsanwaltes als Verfahrensbevollmächtigtem vergleichbar. Es ist dagegen nicht seine Aufgabe, als "reiner Parteivertreter" sich an der Erforschung der dem objektiven Kindeswohl am besten dienenden Entscheidung zu beteiligen; insbesondere hat er keine über die bloße Ermittlung des Kindeswillens hinausgehenden Ermittlungen anzustellen (vgl. insgesamt Senat FamRZ 2001, 692).

Im Rahmen dieser Plausibilitätsüberprüfung kann nicht festgestellt werden, dass die Fahrten zu den Anhörungen der Kinder im Haushalt der Kindesmutter erforderlich waren. Von mehreren gleichwertigen Alternativen zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgaben hat der Verfahrenspfleger diejenige zu wählen, die die Parteien bzw. die Allgemeinheit in finanzieller Hinsicht am wenigsten belastet. So ist es regelmäßig kostengünstiger, das Kind in den eigenen Büroräumen anzuhören, als im Wohnumfeld des Kindes. Die Wahrnehmung der Anhörung im elterlichen Haushalt kommt demzufolge nur in besonderen Fällen in Betracht, wenn die vertraute Umgebung für das Kind von besonderer Bedeutung ist, was der Verfahrenspfleger substanziiert darzutun hat (Brandenburgisches OLG, FamRZ 2006, 1777).

An einer derart substanziierten Darlegung der Notwendigkeit einer Anhörung der betroffenen Kinder bei der Mutter in V... fehlt es hier. Dabei soll der Beschwerdeführerin durchaus zugestanden werden, dass eine Anhörung der Kinder unmittelbar vor dem Termin vom 24.03.2006 angesichts des Alters der Kinder und der bereits länger zurück liegenden früheren Anhörung angemessen gewesen ist. Diese hätte jedoch auch im Büro der Beschwerdeführerin erfolgen können. Das Alter der Kinder allein bzw. die Notwendigkeit der Begleitung durch einen Elternteil stehen einer Anhörung in den Büroräumen jedenfalls nicht entgegen (Brandenburgisches OLG a.a.O.).

Wie sich aus dem Beschwerdevorbringen ergibt, hat die Verfahrenspflegerin nicht einmal versucht, entweder die Kindesmutter oder den Kindesvater dazu zu bewegen, sie mit den Kindern aufzusuchen. Dass die Kindesmutter dies im Hinblick auf entstehende Kosten abgelehnt hätte, ist nicht ersichtlich. Es hätte aber auch nahe gelegen, den Kindesvater um einen Besuch mit den Kindern zu bitten. Durch regelmäßigen Umgang mit dem Vater waren die Kinder an ihn gewöhnt; die Mutter hat zu keiner Zeit abgelehnt, die Kinder dem Vater zeitweise in Obhut zu geben. Dass ein Umgang mit dem Vater seit einiger Zeit nicht bei diesem zu Hause stattgefunden hatte, lag an der Erkrankung der Tochter seiner Lebensgefährtin. Warum ihm dies grundsätzlich eine Begleitung der Kinder zur Verfahrenspflegerin unmöglich gemacht hätte, ist nicht ersichtlich. Deshalb sind die Aufwendungen für die beiden Besuchsfahrten am 06. und 16.03.2006 nicht erstattungsfähig.

Erstattungsfähig ist aber der reine Zeitaufwand für die Anhörung der Kinder. Hätte die Anhörung im Büro der Beschwerdeführerin stattgefunden, so hätten beide Kinder gleichzeitig angehört werden können. Ein Zeitaufwand von einer Stunde erscheint dafür ausreichend, da es nicht um einen Erstkontakt, sondern um eine zeitnah zum Anhörungstermin vor dem Amtsgericht erfolgende wiederholte Befragung ging. Der Beschwerdeführerin stehen daher weitere 31,00 € als Vergütung zu.

Die vom Amtsgericht mit Beschluss vom 20.11.2006 vorgenommene Festsetzung der Vergütung ist im Übrigen nicht angegriffen worden und auch nicht zu beanstanden. Eine weiter gehende Abänderung kommt deshalb nicht in Betracht.

Ende der Entscheidung

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