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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 03.06.2002
Aktenzeichen: 9 WF 56/02
Rechtsgebiete: ZPO, ZPO-RG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
ZPO-RG Art. 3 § 26 Nr. 10
BGB § 138
BGB § 138 Abs. 1
BGB § 138 Abs. 2
BGB § 894
BGB §§ 1372 ff.
BGB § 1374
BGB § 1375
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 WF 56/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 26. März 2002 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Lübben vom 6. März 2002 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... als Einzelrichter

am 3. Juni 2002

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO, Art. 3 § 26 Nr. 10 ZPO - RG statthafte und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.

Die von der Antragstellerin angestrebte Rechtsverfolgung bietet nach ihren bisherigen Darlegungen keine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne von § 114 ZPO. Ihr steht danach der geltend gemachte Anspruch aus § 894 BGB auf Berichtigung des Grundbuches durch Löschung der auf Grund des Ehevertrages vom 03.04.2001 und der darin enthaltenen Verpflichtung auf Übertragung ihres hälftigen Grundstücksanteils eingetragenen Vormerkung nicht zu.

Eine Sittenwidrigkeit dieses Vertrages kann weder gem. § 138 Abs. 1 noch Abs. 2 BGB festgestellt werden; von der Wirksamkeit des Vertrages und damit der berechtigten Eintragung der Vormerkung ist danach auszugehen.

Für die Annahme einer Nichtigkeit des Vertrages gem. § 138 Abs. 2 BGB fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten für das Vorliegen der zur Erfüllung des Wuchertatbestandes erforderlichen subjektiven Voraussetzungen, worauf das Amtsgericht in zutreffender Weise hingewiesen hat.

Auch eine Nichtigkeit des Vertrages insgesamt oder zumindest in den zur Vermögensauseinandersetzung getroffenen Regelungen unter Ziffer IX des Vertrages wegen der Charakterisierung als eines wucherähnlichen Rechtsgeschäftes ist nach den Darlegungen der Antragstellerin nicht begründet. Danach kann allein aus den bisher zu den Vermögensgegenständen der Parteien gemachten Wertangaben weder auf eine auffällige Äquivalenzstörung der zwischen den Parteien geregelten Leistungsversprechen noch auf ein besonders grobes Missverhältnis der beiderseitigen Leistungen zueinander geschlossen werden.

Letzteres wäre aber erforderlich, um aus der Aquivalenzstörung auf eine sittenwidrigkeitsbegründende verwerfliche Gesinnung des Antragsgegners bei Abschluss des Vertrages schließen zu können (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 138 Rdnr. 34 m. w. N.).

Dabei kann dahinstehen, inwieweit die von der Antragstellerin zu Grunde gelegten Wertangaben, die sie aus den zu Ziffer IX I des Vertrages von den Parteien zur Bemessung des Geschäftswertes für die Notariatskosten gemachten Angaben ableitet, bei Abschluss des Vertrages objektiv begründet waren, den Antragsgegner binden oder etwa von ihm widerlegt werden müssten. Bedenken ergeben sich insoweit, als - ungeachtet des Streits über die Grundstücksbewertung - unklar bleibt, ob die Angaben zum Haushaltswert sich auf den bereits geteilten, den gem. Ziffer VI noch zu teilenden oder den Gesamtwert des ehelichen Hausrates beziehen, die unterschiedlichen Wertangaben im Vertrag deuten einerseits auf eine bereits getroffene Verteilung und damit auf den der vertraglichen Regelung in Ziffer VI vorgegebenen Zustand hin, andererseits widersprechen sie dem in Ziffer VI getroffenen Verteilungsmaßstab. Auch die Bewertung des von der Antragstellerin gehaltenen Kfz widerspricht der von ihr in ihrer Erklärung zu den wirtschaftlichen Verhältnissen vom 20.12.2001 im Prozesskostenhilfeverfahren gemachten Wertangabe in Höhe von DM 2.000,00.

Selbst wenn die Wertangaben der Antragstellerin zutrafen, kann hieraus ein grobes Missverhältnis der Auseinandersetzungsleistungen nicht festgestellt werden. Wie Ziffer IX G des Ehevertrages ausweist, haben die Parteien die Vermögensauseinandersetzung aus Anlass der Änderung der Güterstandes auch zu dem Zweck des Ausgleichs der sich aus §§ 1372 ff. BGB ergebenden beiderseitigen Ansprüche betrieben. Insoweit bleibt aber offen, ob und welche der Parteien anlässlich der Beendigung des gesetzlichen Güterstandes Ausgleichsansprüche zugestanden hätten, da keine Angaben zum Stand der Anfangs- und Endvermögen der Parteien gem. §§ 1374 und 1375 BGB gemacht worden sind. Danach lässt sich nicht feststellen, ob die in Ziffer IX G getroffene Regelung zu einem zusätzlichen Wertausgleich zu Lasten des Antragsgegners und zu Gunsten der Antragstellerin geführt hat. Das Fehlen diesbezüglicher Angaben lässt eine abschließende Bewertung der beiderseitigen Leistungen nicht zu. Dies hat die Antragstellerin auf Grund der ihr obliegenden Darlegungs- und Beweislast zu vertreten (Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 138 Rdnr. 23).

Selbst wenn danach ein auffälliges oder sogar grobes Missverhältnis des Wertes der Grundstückshälfte zu der anteilig übernommenen Kreditverpflichtung von DM 50.000,00 verbliebe, ließe dieses allein noch keinen zureichenden Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Antragsgegners zu. Sowohl bei der Bewertung der Leistungen als auch für die daran anknüpfenden Schlussfolgerungen auf die Gesinnung des Antragsgegners wäre noch zu berücksichtigen, dass - wie die Antragstellerin in ihrer Anhörung vom 20.02.2002 im einstweiligen Verfügungsverfahren (30 F 10/02 - AG Lübben) erklärt hat - die Übertragung der Grundstückshälfte auf den Antragsgegner auch erfolgt sei, weil das gemeinsame Kind der Parteien bei diesem verblieben war und sie "den Jungen sichern wollte". Auch dieser Gesichtspunkt, der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, auf den es für die Bewertung nach § 138 BGB ankommt (vgl. Palandt/Heinrichs, a. a. O., § 138 Rdnr 9), zutraf, wäre sowohl in die Bewertung des Wertverhältnisses wie auch in die Beurteilung der Gesinnung des Antragsgegners einzubeziehen. Für die nach § 138 BGB anzustellende Beurteilung bleibt es danach unerheblich, dass das Kind inzwischen wieder in den Haushalt der Antragstellerin gewechselt hat und dieser das Sorgerecht übertragen werden könnte.

Ende der Entscheidung

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