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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 23.03.2006
Aktenzeichen: 9 WF 67/06
Rechtsgebiete: FGG, BGB, BVormVG


Vorschriften:

FGG § 50 Abs. 1
FGG § 50 Abs. 5
FGG § 56 g Abs. 5 Satz 1
FGG § 67 Abs. 3 Satz 3
BGB § 1835 Abs. 1
BGB § 1835 Abs. 4
BGB § 1836 a
BGB § 1908 i Abs. 1
BVormVG § 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 WF 67/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die sofortige Beschwerde der Verfahrenspflegerin K. S... vom 24. Januar 2006 (Bl. 78 d. A.) gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 17. Januar 2006 (Bl. 75 d. A.) durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ..

am 23. März 2006

beschlossen:

Tenor:

In teilweiser Abänderung der angefochtenen Entscheidung werden die Vergütung und der Aufwendungsersatz der Beschwerdeführerin auf weitere 7,24 €, insgesamt daher 344,95 €, festgesetzt.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 Satz 3, 56 g Abs. 5 Satz 1 FGG statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache nur geringen Erfolg, im Übrigen bleibt sie ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat mit im Wesentlichen zutreffenden Erwägungen die über insgesamt 506,56 € gestellte Kostenrechnung der Verfahrenspflegerin vom 4. April 2005 (Bl. 58 d. A.) gekürzt.

1. Allgemeines

Dem Verfahrenspfleger steht nach §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 FGG, 1908 i Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen entsprechend §§ 1835 Abs. 1 und 4 BGB und eine Vergütung entsprechend §§ 1836 a BGB, 1 BVormVG zu. Dieser Ersatzanspruch bezieht sich jedoch nur auf diejenigen Zeiten und Aufwendungen, die Tätigkeiten betreffen, die der Erfüllung der vom Gesetz dem Verfahrenspfleger zugewiesenen Aufgaben dienen (BVerfG FPR 2004, 622, 624; OLG Oldenburg FamRZ 2005, 391; vgl. auch BT-Drucks. 13/7158, S. 15). Vergütet wird zudem nur der für die Erfüllung der Aufgaben notwendige Zeitaufwand, gemessen daran, was ein sorgfältig arbeitender, gewissenhafter Verfahrenspfleger zur Wahrnehmung seiner Aufgaben als notwenig ansehen würde. Nach diesen Maßstäben ist der geltend gemachte (Zeit-)Aufwand einer Plausibilitätsprüfung zu unterziehen (OLG Oldenburg FamRZ 2005, 391; st. Rspr. des Senats, Brandenburgisches OLG FGPrax 2004, 73, 74; ZfJ 2002, 233; FPR 2002, 280; FamRZ 2001, 692).

Nach § 50 Abs. 1 FGG hat das Gericht dem minderjährigen Kind einen Pfleger für ein seine Person betreffendes Verfahren zu bestellen, sobald dies zur Wahrnehmung seiner Interessen erforderlich ist. Dies lässt erkennen, dass der Verfahrenspfleger für die Durchführung des gerichtlichen Verfahrens an die Stelle des gesetzlichen Vertreters des Kindes tritt und an dessen Stelle die Kindesinteressen in das Verfahren einzubringen hat. Der Verfahrenspfleger hat also nur das eigene Interesse des Kindes zu erkennen und zu formulieren (ausdrücklich BVerfG FamRZ 1999, 85, 87); er hat darauf hinzuwirken, dass das Verfahren - soweit dies möglich ist - kindgerecht gestaltet wird und dem Kind in dem Verfahren bei Bedarf zur Seite zu stehen (BT-Drucks. 13/4899, S. 130). All dies charakterisiert den Verfahrenspfleger als subjektiven Interessenvertreter des Kindes; seine Aufgabenstellung in dem Verfahren ist derjenigen eines Rechtsanwaltes als Verfahrensbevollmächtigtem vergleichbar. Es ist dagegen nicht seine Aufgabe, als "reiner Parteivertreter" sich an der Erforschung der dem objektiven Kindeswohl am besten dienenden Entscheidung zu beteiligen; insbesondere hat er keine über die bloße Ermittlung des Kindeswillens hinausgehenden Ermittlungen anzustellen (vgl. insgesamt Senat FamRZ 2001, 692).

2. Kopieren/Anlegen der Akte

Zu Recht hat das Amtsgericht die Vergütung dieser Tätigkeiten abgelehnt.

a.

Die Vergütung mit einem Stundensatz erfasst auch die Abgeltung anteiliger allgemeiner (sachlicher und personeller) Bürokosten des Berufsbetreuers (Brandenburgisches OLG FÜR 2002, 280, 281 m. w. N.). Dies betrifft auch das Anlegen von Ordnern (Soergel/Zimmermann, BGB, 13. Aufl. 2000, § 1835, Rn. 8); Derartiges ist nicht gesondert zu erstatten.

b.

Soweit sich die Beschwerdeführerin hinsichtlich der Vergütungsfähigkeit dieser Tätigkeiten auf die - bereits vorstehend herangezogene - Entscheidung des BVerfG (FPR 2004, 622 ff.) bezieht, geht diese Ansicht fehl. Das Bundesverfassungsgericht hat ausdrücklich allein die Vergütungsfähigkeit für Gespräche mit den Kindern, das Studium der Gerichtsakten, die Fertigung der an das Gericht gerichteten Schriftsätze sowie die Teilnahme an gerichtlichen Verhandlungen behandelt (FPR 2004, 622, 624). Dass auch das Kopieren der Akte bzw. das Anlegen der Handakte des Verfahrenspflegers gesondert vergütungsfähig sei, hat das Bundesverfassungsgericht dagegen nicht angeführt.

Soweit die dem Bundesverfassungsgericht zu Grunde liegende Entscheidung des Kammergerichts (Beschluss vom 15. Februar 2002 - 19 WF 287/01 -) möglicherweise eine Vergütungsfähigkeit bejaht hat, was insbesondere aus der durch die Verfahrenspflegerin eingereichte Kopie der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. dazu Bl. 82 d. A.) hervorgehen könnte, steht dies der durch den Senat in ständiger Rechtsprechung vertretenen Ansicht nicht entgegen, zumal eine ausführliche Begründung dieser Position fehlt und daher nicht erkennbar ist, weshalb das Kammergericht möglicherweise eine gesonderte Vergütungsfähigkeit für Aktenkopien zuerkannt hat.

2. Hin- und Rückfahrten zu den Anhörungsterminen im Haushalt des Kindesvaters

Auch insoweit liegt keine Erstattungsfähigkeit vor.

Im Rahmen der Plausibilitätsüberprüfung kann nicht festgestellt werden, dass die Fahrten zu der Anhörung des Kindes im elterlichen Haushalt erforderlich waren. Von mehreren gleichwertigen Alternativen zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgaben hat der Verfahrenspfleger diejenige zu wählen, die die Parteien bzw. die Allgemeinheit in finanzieller Hinsicht am wenigsten belastet. Stehen Büroräume für die Anhörung zur Verfügung, so ist es regelmäßig kostengünstiger, das Kind in den eigenen Büroräumen anzuhören. Die Wahrnehmung der Anhörung im elterlichen Haushalt kommt dann nur in besonderen Fällen in Betracht, wenn die vertraute Umgebung für das Kind von besonderer Bedeutung ist, was der Verfahrenspfleger substanziiert darzutun hat (Brandenburgisches OLG - 3. Senat für Familiensachen -, Beschluss vom 26. Februar 2004 - 15 WF 339/02 -).

An einer derart substanziierten Darlegung der Notwendigkeit einer Anhörung des betroffenen Kindes im elterlichen Haushalt fehlt es hier. Allein der pauschale Hinweis der Verfahrenspflegerin darauf, dass es zu den Aufgaben des Verfahrenspflegers zähle, das Kind in seinem Umfeld aufzusuchen, genügt nicht. Der Anhörung in den eigenen Büroräumen steht auch nicht entgegen, dass das betroffene Kind unter Berücksichtigung seines Alters von 6 Jahren nicht in der Lage war, das Büro allein aufzusuchen. Insoweit bestehen keine Bedenken, dass das Kind in Begleitung eines Elternteils die Büroräume aufsuchen kann. Zumindest hätte es aber insoweit eines Versuches seitens der Verfahrenspflegerin dergestalt bedurft, die Eltern zum Bringen des Kindes in die Büroräume zu bewegen. Da es hierzu an jeglichem Vorbringen fehlt, kommt eine Erstattungsfähigkeit nicht in Betracht.

3. Terminsvereinbarungen

Zuletzt sind von den für die Terminsvereinbarungen geltend gemachten Positionen lediglich zwei Positionen von 7 Minuten erstattungsfähig.

Zwar ist der Zeitaufwand für eine Terminsabsprache zwecks Anhörung des Kindes grundsätzlich erstattungsfähig, da es dem Verfahrenspfleger obliegt, zu einem persönlichen Gespräch mit dem Kind zu kommen und er hierfür eine Absprache mit den Eltern bzw. dem jeweils sorgeberechtigten Elternteil zu treffen hat. Weshalb jedoch sowohl beide Kindeseltern angeschrieben wurden und zudem mit dem Kindesvater zusätzlich zweimal telefoniert wurde, ist mangels näherer Erläuterung nicht plausibel und daher nicht erstattungsfähig. Hinsichtlich der Kindesmutter gilt dies schon deshalb, weil das Kind sich in der Obhut des Kindesvaters befand und daher die Notwendigkeit einer Terminsabsprache mit ihr von vornherein nicht erkennbar ist. Hinsichtlich des Kindesvaters hätte es genügt, lediglich ein Telefonat je Anhörungstermin mit ihm zu führen.

Insoweit sind je Telefonat jeweils 7 Minuten anzusetzen und erstattungsfähig. Bezogen auf einen Stundensatz von 31 € entspricht dies einem Betrag von 3,62 € je Telefonat. Damit ist für zwei Anhörungstermine eine Vergütung festzusetzen, insgesamt daher 7,24 €. Da das Amtsgericht bereits 337,71 € zugebilligt hat, waren insgesamt 344,95 € abschließend festzusetzen. Insoweit war der angefochtene Beschluss teilweise abzuändern.

Ende der Entscheidung

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