Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 21.04.2006
Aktenzeichen: Verg W 1/06
Rechtsgebiete: VOB/A, GWB, VgV


Vorschriften:

VOB/A § 8 Nr. 3
VOB/A § 8 Nr. 3 Abs. 1
VOB/A § 22 Nr. 8
VOB/A § 25
VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1
VOB/A § 25 Nr. 2 Abs. 1
VOB/A § 25 Nr. 3
GWB § 97 Abs. 1
GWB § 97 Abs. 2
GWB § 97 Abs. 4
GWB § 97 Abs. 5
GWB § 97 Abs. 7
GWB §§ 107 ff.
GWB § 107 Abs. 2
GWB § 111
GWB § 111 Abs. 1
GWB § 118 Abs. 1 S. 2
GWB § 118 Abs. 1 S. 3
VgV § 13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluß

Verg W 1/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Vergabenachprüfungsverfahren (Beschwerdeverfahren)

betreffend die Ausschreibung Laboreinrichtung für die Fachhochschule L... in S..., ...

hat der Vergabesenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. König, den Richter am Oberlandesgericht Kuhlig und die Richterin am Oberlandesgericht Eberhard am 21.04.2006 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluß der Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 1. Februar 2006 (1 VK 81/05) bis zur Entscheidung über die Beschwerde zu verlängern, wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Antragstellerin auf weitergehende Akteneinsicht wird zurückgewiesen.

Der Antragstellerin wird aufgegeben, sich bis zum 12. Mai 2006 zu erklären, ob die sofortige Beschwerde zurückgenommen wird.

Gründe:

I.

Der Auftraggeber schrieb u.a. im Ausschreibungsblatt des Landes Brandenburg vom 19.9.2005 im Rahmen des Neubaus des Laborgebäudes 2 Biotechnologie der Fachhochschule L... in S... die Einrichtung der Laborbereiche im Offenen Verfahren europaweit aus. Der Auftrag umfaßte im Wesentlichen Laborschränke und -regale, Sitz- und Steharbeitstische und Unterbauten, Untertischkühl- und -tiefkühlschränke, Sicherheitsschränke für Gefahrstoffe, Sicherheitswerkbänke und Spülmaschinen.

Die Kosten für die Neubaumaßnahme bezifferte der Auftraggeber in seinem Schreiben vom 28.12.2005 mit 15.350.500 € brutto, den streitgegenständlichen Auftragswert mit 2,2 Mio. € brutto.

Nach Nr. 11 der Vergabebekanntmachung - Geforderte Eignungsnachweise - hatte der Bieter mit dem Angebot zum Nachweis seiner Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit Angaben bezüglich der letzten drei Geschäftsjahre zu machen über seinen Umsatz, die Ausführung von vergleichbaren Leistungen und die Zahl der bei ihm jahresdurchschnittlich beschäftigten Arbeitskräfte.

Nach Nr. 3 der Angebotsaufforderung - Vorlage von Nachweisen - hatte der Bieter gemäß Nr. 3.1 mit dem Angebot einen Auszug aus dem Gewerbezentralregister vorzulegen, unter Nr. 3.2 - Mit dem Angebot sind vorzulegen - waren keine weiteren Nachweise aufgeführt. Nach Nr. 4 konnte die Erteilung des Auftrages von folgenden Nachweisen abhängig gemacht werden: "Unterlagen nach § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A". Zuschlagskriterien waren nach Nr. 5.3: Preis, Qualität, Wartung, Funktionalität und technischer Wert.

Der Angebotsaufforderung war der Vordruck EVM Erg Wart 141,1 (Wartung) beigefügt. Danach hatte der Bieter zusammen mit dem Angebot für die Erstellung der Anlage mit dem anliegenden Vertragsmuster auch ein Angebot für die Wartung abzugeben. Beide Angebote waren zu werten.

Nr. 4 des Vordruckes EVM (B) BwB/E 212 (Bewerbungsbedingungen) enthielt formularmäßig abgefaßte Bedingungen für die Abgabe von Nebenangeboten. Diese müssen u.a. im Vergleich zur Leistungsbeschreibung qualitativ und quantitativ gleichwertig sein. Als Eignungsnachweise war nach Nr. 7 auf Verlangen vom Bieter eine Bescheinigung der Berufsgenossenschaft vorzulegen; vom Bieter, der seinen Sitz nicht in der Bundesrepublik Deutschland hat, außerdem eine Bescheinigung des für ihn zuständigen Versicherungsträgers.

Im Submissionstermin am 8.11.2005 lagen fünf Angebote vor. Die Antragstellerin gab ein Hauptangebot in Höhe von 2.234.121,72 € brutto ab. Die Angebotssumme belief sich unter Berücksichtigung eines Preisnachlasses von 2 % auf 2.189.439,29 € brutto.

Unter der OZ 1.24.1 des Leistungsverzeichnisses (LV) - Wartung Labortechnische Anlagen - gab die Antragstellerin einen Einheitspreis von 8.868,00 € netto und unter der OZ 2.24.1 des LV einen Einheitspreis von 5.149,00 € netto und unter der OZ 2.24.1 des LV einen Einheitspreis von 2.006,40 € netto an.

Die vom Auftraggeber eingeschaltete h... GmbH (h... GmbH) stellte in ihrer Angebotsauswertung vom 6.12.2005 fest, daß im Rahmen der rechnerischen Prüfung (ohne Wartungsverträge) das Angebot der Beigeladenen auf Rang 1 und das Angebot der Antragstellerin auf Rang 2 lag. Die wirtschaftliche Prüfung (mit Wartungskosten - netto) ergab für das Angebot der Beigeladenen Rang 1; das Angebot der Antragstellerin belegte Rang 4.

Die h... GmbH stellte darüber hinaus fest, daß die Beigeladene im Jahre 2004 aus der insolventen R... GmbH neu gegründet wurde. An der Neugründung beteiligte sich die Fa. N..., einer der größten österreichischen Möbelhersteller, mit 51 %, die restlichen 49 % hält die R... AG aus der Schweiz. Die hoch qualifizierten ehemaligen Mitarbeiter wurden zum Großteil wieder beschäftigt. Bei einer Werksbesichtigung hat sich das Büro der h... GmbH von den Arbeiten und der Qualität der Einrichtung der Beigeladenen vor Ort selbst überzeugt.

Der Auftraggeber schloß sich in seinem Vergabevermerk vom 7.12.2005 dem Vergabevorschlag der h... GmbH an, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen.

Mit Schreiben vom 7.12.2005 informierte der Auftraggeber die Antragstellerin darüber, daß auf ihr Angebot der Zuschlag nicht erteilt werden könne, weil ein niedrigeres Hauptangebot vorliege. Es sei beabsichtigt, auf das Angebot der Beigeladenen den Zuschlag am 22.12.2005 zu erteilen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 13.12.2005 rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Zuschlagserteilung als vergaberechtswidrig. Das Unternehmen der Beigeladenen sei erst am 24.5.2004 gegründet worden. Sie habe deshalb die vom Auftraggeber verlangte Eignung nicht über den Zeitraum von jeweils drei Jahren bezüglich des Umsatzes, vergleichbarer Leistungen sowie jahresdurchschnittlich Beschäftigter angeben können. Dies führe gemäß § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A i.V.m. § 97 Abs. 4 GWB zwingend zum Ausschluß des Angebotes der Beigeladenen. Demzufolge liege in der Bieterreihenfolge das Angebot der Antragstellerin an erster Stelle. Darüber hinaus entspreche das Schreiben des Auftraggebers vom 7.12.2005 nicht den Anforderungen des § 13 VgV, da sich aus ihm weder der Ablauf der Angebotswertung im einzelnen noch die Ergebnisse der einzelnen Wertungsposten mit deren Feststellungen entnehmen ließen. Schließlich sei die Angebotswertung rechtswidrig, da offensichtlich ein Nebenangebot der Beigeladenen unter Verstoß gegen Art. 19 BKR gewertet worden sei.

Mit Schreiben vom 15.12.2005 teilte der Auftraggeber, der Antragstellerin mit, daß er deren Rüge nicht abhelfe. Er begründete dies u.a. damit, daß das Nebenangebot der Beigeladenen mangels Gleichwertigkeit bei der Wertung nicht berücksichtigt worden sei. Dem Schreiben lag ein geprüftes Submissionsprotokoll bei, aus dem auch die Wartungskosten für vier Jahre zu entnehmen waren.

Daraufhin hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 20.12.2005 einen Nachprüfungsantrag gestellt, mit dem sie aus den Gründen ihres Rügeschreibens die Fehlerhaftigkeit der beabsichtigten Vergabeentscheidung geltend gemacht hat. Auf Grund der ihr mit Schreiben des Auftraggebers vom 15.12.2005 mitgeteilten Wertungssummen, nach denen sie nunmehr an vierter Stelle liegen solle, gehe sie davon aus, daß diese Bewertung unter rechtswidriger Berücksichtigung der Nebenangebote anderer Bieter erfolgt sei. Auch seien die in der Vergabebekanntmachung benannten Zuschlagskriterien nicht berücksichtigt worden.

Die Antragstellerin hat beantragt,

1. die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gemäß §§ 107 ff. GWB,

2. festzustellen, daß die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist,

3. geeignete Maßnahmen zu treffen, um die von der Vergabekammer festgestellten Rechtsverletzungen zu beseitigen,

4. den Auftraggeber zu verpflichten, die Angebote unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu zu bewerten,

5. hilfsweise, für den Fall der Erledigung des Nachprüfungsverfahrens durch Erteilung des Zuschlages, durch Aufhebung oder in sonstiger Weise festzustellen, daß eine Rechtsverletzung vorgelegen hat,

6. die Gewährung von Einsicht in die Vergabeakten des Auftraggebers gemäß § 111 I GWB,

7. festzustellen, daß die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Antragstellerin erforderlich gewesen ist,

8. festzustellen, daß die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für den Auftraggeber nicht erforderlich gewesen ist,

9. dem Auftraggeber die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Der Auftraggeber hat keinen Antrag gestellt.

Die Beigeladene hat beantragt,

1. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen,

2. der Beigeladenen Einsicht in die Vergabeakten gemäß § 111 I GWB zu gewähren,

3. die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Beigeladene für notwendig zu erklären,

4. die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Beigeladenen der Antragstellerin aufzuerlegen.

Die Beigeladene hat gemeint, der Nachprüfungsantrag sei mangels Antragsbefugnis unzulässig. Das Angebot der Antragstellerin liege einschließlich der Wartungskosten auf Rang 4, es könne deshalb für den Zuschlag nicht in Betracht kommen. Der Vortrag der Antragstellerin, der Auftraggeber habe keine Mindestbedingungen für Nebenangebote definiert, sei verspätet.

Das Angebot der Antragstellerin sei wegen Änderung der Verdingungsunterlagen zwingend auszuschließen, weil die Antragstellerin einen Vorbehalt bezüglich bauseitiger Vorleistungen in ihr Angebot aufgenommen habe, auch sei das Angebot nicht rechtsverbindlich unterzeichnet.

Die Beigeladene war der Auffassung, ihre Eignung i.S.v. § 8 Nr. 3 VOB/A sei gegeben. Die Verdingungsunterlagen seien bezüglich der geforderten Eignungsnachweise unklar. Sie könne sich ohnehin hinsichtlich der Eignungskriterien auf die mit ihr verbundenen Unternehmen berufen.

Mit Schreiben vom 10.1.2006 hat die Vergabekammer die Beigeladene aufgefordert, zu ihrer Eignung für die Durchführung des ausgeschriebenen Auftrages Stellung zu nehmen. Die Beigeladene hat hierzu mit Schriftsatz vom 18. Januar 2006 Ausführungen gemacht.

Die Antragstellerin hat darauf hingewiesen, daß der Vergabevorschlag der h... GmbH gegen § 25 VOB/A, insbesondere § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A sowie gegen das Transparenzgebot und das Gebot der Eigenverantwortlichkeit der Verfahrensdurchführung des Auftraggebers verstoße. Sie hat gemeint, auf Grund ihres Vortrages sei ihr weitergehende Akteneinsicht in die Vergabeakten des Auftraggebers sowie in das Angebot der Beigeladenen und der weiteren vor dem Angebot der Antragstellerin liegenden Angebote der übrigen Bieter zu gewähren.

Die Vergabekammer hat der Antragstellerin mit Schriftsätzen vom 10. und 23.1.2006 unter Beachtung von Geschäftsgeheimnissen Akteneinsicht gewährt, der Beigeladenen mit Schriftsatz vom 19.1.2006.

In der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer am 31.1.2006 hat die Antragstellerin vorgetragen, sie habe vor zwei Tagen auf einer Fachtagung von im einzelnen bezeichneten Mängeln der Angebote der Unternehmen W... und A...GmbH erfahren, die deren Ausschluß führen müßten.

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag durch Beschluß vom 1.2.2006 zurückgewiesen.

Begründend hat sie im wesentlichen ausgeführt, die Antragstellerin sei schon nicht antragsbefugt, soweit sie die Verletzung ihrer Rechte aus § 13 VgV wegen eines unzureichenden Informationsschreibens geltend mache. Eine fehlerhafte Information nach § 13 VgV sei kein vergabeverfahrensimmanenter Vergabeverstoß, der sich auf das Wettbewerbsergebnis auswirken könne. Die schutzwürdigen Interessen des Bieters seien bereits dadurch gewahrt, daß ein Nachprüfungsantrag vor Zuschlagserteilung an den öffentlichen Auftraggeber zugestellt worden sei.

Der Nachprüfungsantrag sei im übrigen unbegründet.

Ein Verstoß gegen § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOB/A liege nicht vor. Die Entscheidung des Auftraggebers in der zweiten Wertungsstufe sei ermessensfehlerfrei. Die Beigeladene sei nicht wegen fehlender Eignung auszuschließen. Der Auftraggeber habe seine Entscheidung über die Eignung nicht vom Vorliegen entsprechender Nachweise abhängig machen dürfen. Die Beigeladene habe auch belegt, daß sie die notwendige Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit (§ 97 Abs. 4 GWB) besitze. Den Nachweis der Eignung habe die Beigeladene im Rahmen der durch die h... GmbH im Auftrag des Auftraggebers durchgeführten Werkstattbesichtigung sowie der Besichtigung eines mit dem zu vergebenden Auftrag vergleichbaren Referenzobjektes geführt.

Die Antragstellerin sei auch nicht in ihren Rechten aus §§ 97 Abs. 1 und 5 GWB, 25 Nr. 3 VOB/A verletzt. Der Auftraggeber habe bei der abschließenden Wertung neben dem Preis auch die in den Vergabeunterlagen als Zuschlagskriterien benannte Qualität, Wartung, Funktionalität und den technischen Wert berücksichtigt. Das Angebot der Antragstellerin sei nicht das wirtschaftlichste gewesen, weil es einerseits mit der geprüften Brutto-Angebotssumme in Höhe von 2.189.439,29 € über dem Angebot der Beigeladenen in Höhe von 2.095.849,68 € gelegen habe und andererseits bei Berücksichtigung der Netto-Wartungskosten an vierter Stelle rangiert habe. Die Zulassung von Nebenangeboten habe das Wettbewerbsergebnis nicht beeinflußt, weil alle abgegebenen Nebenangebote nicht berücksichtigt worden seien. Darauf, ob der Auftraggeber keine Mindestbedingungen für die Zulassung von Nebenangeboten in den Ausschreibungsunterlagen festgelegt habe, komme es deshalb nicht an.

Ohne Erfolg berufe sich die Antragstellerin auf eine Verletzung der Dokumentationspflicht. Der nach Formblatt EFB-Verg 1 351 gefertigte und eine Zusammenfassung der nach § 25 VOB/A angestellten Erwägungen enthaltende Vergabevermerk sei ausreichend und müsse nicht zu allen Einzelheiten Angaben enthalten. Dies könne zudem dahinstehen, weil hier ein Dokumentationsmangel sich nicht auf die Rechtsstellung der Antragstellerin auswirken und deshalb keine Verletzung eines subjektiven Rechts der Antragstellerin begründen könnte. Insbesondere lasse sich die Ordnungsmäßigkeit der Angebotswertung feststellen.

Schließlich nehme die Antragstellerin unter fünf Bietern nur den vierten Rang ein. Selbst wenn die auf Rang 1 liegende Beigeladene mangels Eignung ausgeschlossen werden müßte, könne die Antragstellerin damit den Spitzenplatz nicht erreichen und sei für die anstehende Vergabeentscheidung letztlich aussichtslos plaziert. Daran änderten auch die in der mündlichen Verhandlung am 31.1.2006 von der Antragstellerin erhobenen Rügen betreffend die Angebote der Firmen W... und A... GmbH nichts, weil dieser Vortrag sich nicht in den Angeboten wiederfinde.

Ergänzende Akteneinsicht sei der Antragstellerin nicht zu gewähren gewesen. Angebote seien gemäß § 22 Nr. 8 VOB/A geheimzuhalten. Besondere schutzwürdige Interessen der Antragstellerin an der Offenlegung der Angebote der Beigeladenen und der Firmen W... und A... seien nicht ersichtlich. Da es hier allein um die Frage gehe, ob die Beigeladene mangels Eignung hätte ausgeschlossen werden müssen, komme ein Vergleich konkurrierender Angebote von vornherein nicht in Betracht.

Gegen diese ihr am 3.3.2006 zugestellte Entscheidung hat die Antragstellerin mit am 17.2.2006 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt.

Die Antragstellerin ist weiterhin der Auffassung, die beabsichtigte Zuschlagserteilung auf das Angebot der Beigeladenen verstoße gegen § 25 Nr. 2 I VOB/A i. V. m. § 97 IV GWB sowie gegen den Transparenzgrundsatz aus § 97 I GWB und den Gleichbehandlungsgrundsatz aus § 97 II GWB, da das Angebot der Beigeladenen nach der Vorgabe für den Eignungsnachweis auf Grund der in der Vergabebekanntmachung aufgeführten Eignungskriterien, an die der Auftraggeber gebunden sei, zwingend mangels Eignung der Beigeladenen auszuschließen sei.

Die Wertung des Auftraggebers auf der vierten Stufe sei fehlerhaft, weil diese lediglich die Angebotssummen und die Wartungskosten berücksichtige, nicht jedoch die weiteren Zuschlagskriterien Qualität, Funktionalität und technischer Wert abgewogen würden. Sie, die Antragstellerin befinde sich auch nicht in aussichtsloser Position an vierter Stelle, so daß ihr Nachprüfungsantrag auch deshalb ohne Erfolg bleiben müßte. Das gelte schon deshalb, weil die beiden preisrelevanten Kriterien lediglich zusammen 40 % aller Wertungskriterien ausmachten und nur dann, wenn keine Ausschlußgründe für die an erster bis dritter Stelle liegenden Angebote vorlägen. Mangels Angabe einer Gewichtung oder Reihenfolge der Kriterien seien diese für die Zuschlagserteilung alle gleich zu gewichten.

Der Wertungsvermerk entspreche nicht den vergaberechtlichen Vorgaben, insbesondere nicht dem Transparenzgebot und genüge nicht zur Erfüllung der Dokumentationspflicht. Die Wertung sei fehlerhaft und verstoße gegen § 25 Nr. 1 I VOB/A, weil eine formale Angebotsprüfung auf das Vorliegen zwingender Ausschlußgründe nicht in nachvollziehbarer Weise stattgefunden habe. Der Dokumentationsmangel wirke sich auf ihre, der Antragstellerin, Wettbewerbsstellung aus, da nicht nachvollzogen werden könne, wie ihr Angebot hinsichtlich der nichtberücksichtigten Kriterien zu bewerten sei.

Unter Verstoß gegen § 111 GWB sei ihr, der Antragstellerin, Akteneinsicht in die Angebote der Beigeladenen und der Bieter W... und A... verwehrt worden. Damit sei auch ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt worden. Die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrages seien ihr dadurch in unzulässiger Weise beschnitten worden. Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens sei auch, ob die Angebote der Beigeladenen und der Firmen W... und A... wertbar seien. Daher sei es nicht nur möglich, sondern hinreichend und konkret absehbar, daß aus der Akteneinsicht zu gewinnende Erkenntnisse zum Vorliegen insbesondere zwingender Ausschlußgründe erheblichen Einfluß auf den Ablauf und das Ergebnis des Nachprüfungsverfahrens haben würden.

Der Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde sei begründet, weil das Rechtsmittel mit erheblicher Wahrscheinlichkeit Erfolg haben werde. Eine Interessenabwägung rechtfertige kein anderes Ergebnis.

Die Antragstellerin beantragt,

1. den Beschluß der 1. Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 1.2.2006 (1 VK 81/05) aufzuheben,

2. den Auftraggeber anzuweisen, die in dem Verfahren zur Vergabe der Laboreinrichtung für die Fachhochschule L... in S..., ..., eingegangenen Angebote entsprechend der Rechtsauffassung des Vergabesenates neu zu werten,

3. festzustellen, daß die Antragstellerin in ihren Rechten aus § 97 VII GWB durch das Verhalten des Auftraggebers verletzt ist,

4. die Gewährung von Einsicht in die Vergabeakten des Auftraggebers gem. § 111 GWB, insbesondere die Angebote der in der bisherigen Wertung vor dem Angebot der Antragstellerin liegenden Angebote,

5. festzustellen, daß die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Antragstellerin erforderlich gewesen ist,

6. festzustellen, daß die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für den Auftraggeber nicht erforderlich gewesen ist,

7. dem Auftraggeber die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Antragstellerin beantragt außerdem,

8. die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluß der

1. Vergabekammer des Landes Brandenburg (1 VK 81/05) gem. § 118 I 3 GWB bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde zu verlängern.

Der Auftraggeber beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Der Auftraggeber meint, es bestünden bereits berechtigte Zweifel an der Antragsbefugnis der Antragstellerin im Sinne von § 107 II GWB dahin, ob diese im Hinblick auf unterschiedlich angegebene vertretende Niederlassungen mit der Bieterin identisch sei. Im übrigen sei der angefochtene Beschluß richtig. Zudem wäre das Angebot der Antragstellerin zwingend auszuschließen gewesen, weil die Antragstellerin zur Position 1.3.17 des Leistungsverzeichnisses nicht die geforderte verbale Umschreibung zur Desinfektionsmethode / Desinfektionsmittel gegeben, sondern lediglich eine Zahlenkombination eingetragen habe.

Die Beigeladene beantragt,

1. die sofortige Beschwerde zurückzuweisen und

2. den Antrag gemäß § 118 I 3 GWB auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beigeladene verteidigt den angefochtenen Beschluß. Ihr Angebot sei nicht mangels Eignung auszuschließen und der Auftraggeber habe die Angebote auch zutreffend gewertet.

Die Beigeladene ist der Auffassung, der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin sei schon unzulässig und jedenfalls unbegründet.

Das Angebot der Antragstellerin sei zwingend auszuschließen. Zum einen sei dies der Fall wegen wettbewerbsbeschränkenden Verhaltens im Hinblick auf die Ausführungen der Antragstellerin zu Mängeln der Angebote von Mitbewerbern in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer am 31.1.2006 auszuschließen. Außerdem sei es zwingend wegen Änderung der Verdingungsunterlagen hinsichtlich der bauseitigen Vorleistungen auszuschließen. Sie durch einen Vorbehalt nach den Verdingungsunterlagen vom Auftragnehmer zu erbringende Leistungen zu vom Auftraggeber zu erbringenden Leistungen erklärt. Schließlich habe die Antragstellerin eine rechtsverbindliche Unterschrift nicht nachgewiesen.

Der Antragstellerin sei nicht weitergehend Akteneinsicht zu gewähren als ihr, der Beigeladenen.

Der Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde sei zurückzuweisen, weil die sofortige Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg habe.

Der Senat hat auf den Hilfsantrag der Antragstellerin durch Beschluß vom 2.3.2006 die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin einstweilen bis zur Entscheidung über den Antrag der Antragstellerin gemäß § 118 I 3 GWB vom 17.2.2006 auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde verlängert.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Der im gegenwärtigen Stadium des Beschwerdeverfahrens allein zu bescheidende Antrag der Antragstellerin auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde (§ 118 Abs. 1 S. 3 GWB) hat keinen Erfolg. Bei der Entscheidung über den Antrag nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB sind die Erfolgsaussichten der Beschwerde zu berücksichtigen (§ 118 Abs. 2 S. 1 GWB). Ist das mit dem Antrag nach § 118 Abs. 1 S. 3 GWB eingelegte Rechtsmittel in der Hauptsache voraussichtlich unbegründet, ist die gemäß § 118 Abs. 1 S. 2 GWB zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist endende Suspensivwirkung der sofortigen Beschwerde schon deshalb nicht zu verlängern. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist nach Lage der Dinge unbegründet. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag zurückgewiesen.

Der Nachprüfungsantrag hat in der Hauptsache aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung keine Aussicht auf Erfolg. Die Antragstellerin ist nicht in ihren Bieterrechten verletzt.

Dahinstehen kann, ob das Angebot der Beigeladenen nach § 25 Nr. 2 I VOB/ deswegen auszuschließen ist, weil die Beigeladene aufgrund fehlender Eignungsnachweise nicht als geeignet anzusehen wäre.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin muß jedenfalls deshalb ohne Erfolg bleiben, weil sie nach der vergaberechtlich nicht zu beanstandenden Wertung des Auftraggebers wegen aussichtsloser Plazierung auf Rang 4 keine Chance mehr auf die Erteilung des Zuschlages hat.

1.

Der Auftraggeber hat nicht durch eine vergaberechtswidrige Wertung gegen § 25 Nr. 3 VOB/A verstoßen und dadurch die Antragstellerin in ihren Bieterrechten verletzt.

Aus den Vergabeunterlagen ergibt sich, daß der Auftraggeber nach Prüfung der Vollständigkeit des Angebotes, der Eignung der Bieter und der Auskömmlichkeit der Preise auf der vierten Stufe unter Berücksichtigung sämtlicher bekanntgemachter Zuschlagskriterien Qualität, Wartung, Funktionalität und technischer Wert den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen erteilen will, weil dieses bei zu den übrigen Kriterien gleichgewichteten Angeboten unter Einschluß der Wartungskosten den günstigsten Preis beinhaltet und mithin am wirtschaftlichsten ist. Werden Angebote hinsichtlich mehrerer Zuschlagskriterien als gleichwertig angesehen und unterscheiden sie sich nur im Preis, ist dieses Kriterium dann auch dafür ausschlaggebend, welches Angebot das wirtschaftlichste ist.

Zutreffend hat die Vergabekammer bereits darauf hingewiesen, daß die Zulassung von Nebenangeboten das Wettbewerbsergebnis nicht beeinflußt hat, weil alle Nebenangebote nicht berücksichtigt wurden. Die Begründetheit der Rüge der Antragstellerin, der Auftraggeber habe keine Mindestbedingungen für die Zulassung von Nebenangeboten in den Ausschreibungsunterlagen festgelegt und dadurch gegen Art. 19 BKR verstoßen, kann daher dahinstehen.

Ihren in der mündlichen Verhandlung vor der Vergabekammer erhobenen Einwand, die Angebote der vor ihr auf Rang 2 und 3 plazierten Bieter leideten an Mängeln, die zu ihrem Ausschluß führen müßten, hat die Antragstellerin ausdrücklich fallen lassen, weil er sich nicht bestätigt hat. Auch daraus ergibt sich demzufolge keine fehlerhafte Wertung.

2.

Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung kann schließlich kein Dokumentationsmangel festgestellt werden, aus dem auf eine fehlerhafte und mithin zu wiederholende Wertung zu schließen wäre.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ergibt sich bereits aus dem Vergabevermerk hinreichend eine Prüfung der Angebote auf der ersten Wertungsstufe gemäß § 25 Nr. 1 I VOB/A. So ist bereits auf Seite 1 des Vergabevorschlages vermerkt, daß die fünf gewerteten Angebote fristgerecht eingegangen sind (§ 25 Nr. 1 I lit. a VOB/A). Im weiteren wird für jedes Angebot gesondert festgestellt, daß es das Leistungsverzeichnis in vollem Umfang erfüllt, alle Fabrikate und Typenbezeichnungen vollständig ausgefüllt und Fremdfabrikate mit dem erforderlichen Qualitätsstandard angeboten worden sind (§ 25 Nr. 1 I lit. b VOB/A). In Übereinstimmung damit ist in der Anlage zum Vergabevermerk vermerkt:

"2. Alle Hauptangebote wurden geprüft und bei der Wertung berücksichtigt.

3. Das Angebot der mindestbietenden Firma R... - Bieter 1 erfüllt das Leistungsverzeichnis in vollem Umfang. Alle Fabrikate und Typenbezeichnungen sind vollständig ausgefüllt. Die Fremdfabrikate sind mit dem erforderlichen Qualitätsstandard angeboten worden. Die Prüfung der Bauartzulassung der angebotenen Abzüge ergab deren Gültigkeit. Die GS-Zertifizierung der Labormöbel liegt vor."

Auch daraus ergibt sich eine formale Prüfung der Angebote daraufhin, daß (nur) die geforderten Erklärungen abgegeben worden und keine Änderung an den Verdingungsunterlagen vorgenommen worden ist.

Schließlich hat sich die Antragstellerin selbst zur Verteidigung gegen den Einwand des Auftraggebers, die Position 1.3.17 des Leistungsverzeichnisses zu Desinfektionsmethode/Desinfektionsmittel sei nicht ordnungsgemäß ausgefüllt worden, darauf berufen, daß der Auftraggeber bereits ausweislich des Wertungsvermerkes bzw. des Vergabevorschlages festgestellt habe, daß "sämtliche geforderte Erklärungen ordnungsgemäß im Angebot der Beschwerdeführerin vorhanden" sind. Sie hat im weiteren richtig darauf verwiesen, daß im Vergabevorschlag ausdrücklich festgestellt worden sei:

"das Angebot der Firma W... entspricht dem Leistungsverzeichnis. Fabrikate und Typbezeichnungen sind vollständig eingetragen." Und weiter:

"Es kann abschließend gesagt werden, daß das Angebot der Firma W... in allen Punkten den Anforderungen aus dem Leistungsverzeichnis entspricht."

In gleicher Weise hat sich die Antragstellerin gegen den Angriff der Beigeladenen verteidigt, ihr, der Antragstellerin, Angebot sei zwingend wegen Änderung der Verdingungsunterlagen hinsichtlich der Rohranschlüsse auszuschließen. Sie hat sich darauf berufen, daß vom Fachplaner des Auftraggebers O... bereits festgestellt worden sei, daß aus der Erklärung der Antragstellerin im Angebotsschreiben aus fachtechnischer Sicht keine Änderung der Verdingungsunterlagen hervorgehe.

Die Antragstellerin hat hier damit selbst - zu Recht - geltend gemacht, der Auftraggeber habe im Ergebnis der formalen Angebotsprüfung gemäß § 25 Nr. 1 I VOB/A festgestellt, daß ihr Angebot formal ordnungsgemäß sei.

3.

Der Antrag der Antragstellerin auf ergänzende Akteneinsicht ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen. Auf den weitergehenden Inhalt, soweit er der Antragstellerin nicht bekannt ist, kommt es nicht entscheidungserheblich an. In die Angebote der weiteren Bieter ist Akteneinsicht außerdem deshalb zu versagen, weil dem berechtigte Geheimhaltungsinteressen der Bieter entgegenstehen. Im übrigen ist es kein berechtigtes Anliegen von Bietern, mittels Akteneinsicht neue Vergaberechtsfehler zu eruieren, um einen ansonsten unbegründeten Nachprüfungsantrag nachträglich begründet zu machen. Konkrete Ausschlußgründe hinsichtlich der weiteren vor ihr liegenden Bieter hat die Antragstellerin nicht geltend gemacht.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt. Sie ergeht zusammen mit der Hauptsacheentscheidung.

Ende der Entscheidung

Zurück