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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 22.05.2007
Aktenzeichen: Verg W 13/06
Rechtsgebiete: HOAI, VgV, GWB


Vorschriften:

HOAI § 15
HOAI § 73
VgV § 4 Abs. 5
GWB § 97
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

Verg W 13/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 22.5.2007

Verkündet am 22.5.2007

In dem Vergabenachprüfungsverfahren

betreffend Bauüberwachungsleistungen für die Errichtung des Fluggastterminals ...

hat der Vergabesenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichtes durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. König und die Richterinnen am Oberlandesgericht Eberhard und Dr. Schwonke aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.04.2007

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortigen Beschwerden der Beigeladenen und der Auftraggeberin wird der Beschluß der 1. Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 16. 11. 2006 - 1 VK 43/06 - aufgehoben.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens vor der Vergabekammer einschließlich der notwendigen Auslagen der Beigeladenen und der Auftraggeberin zu tragen.

Die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten seitens der Beigeladenen und der Auftraggeberin im Verfahren vor der Vergabekammer war notwendig.

Gründe:

I.

Die Auftraggeberin hat am 8.4.2006 öffentlich europaweit die Vergabe von Ingenieurleistungen zur Bauüberwachung für die Errichtung des Fluggastterminals ... bekannt gemacht (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft, Vergabe-Nr. 33000808).

Im Vorfeld hatte die Auftraggeberin die Generalplanerleistungen für alle baulichen und flughafenspezifischen Gewerke, Anlagen und Einrichtungen des Fluggastterminals an die hiesige Beigeladene vergeben.

Inhalt dieses Auftrages war die Erstellung der Entwurfs- und der Genehmigungsplanung (Auftrag in Stufe 1).

Als Option (Auftrag in Stufe 2 ) war ferner vorgesehen, dass die hiesige Beigeladene auch an der Vorbereitung der Vergabe und der Vergabe betreffend Ausführungsplanung und Bauausführung selbst - beides sollte in einer Hand durch einen Generalunternehmer erfolgen - mitwirken sollte.

Als Option (Stufe 3) war ferner vorgesehen, dass die hiesige Beigeladene die Ausführungsplanung des Generalunternehmers in qualitativer, kostenmäßiger und terminsbezogener Hinsicht prüfen sollte, ferner die Einhaltung der Entwurfsvorgaben während der Bauausführung.

Im streitgegenständlichen Verfahren sind ausgeschrieben worden:

- Bauüberwachungsleistungen nach § 15 HOAI (Lph 8)

- Bauüberwachung für technische Ausrüstung nach § 73 HOAI (Lph 8)

- Bauüberwachung für flughafenspezifische Ausrüstung wie z.B. bewegliche Fluggastbrücken, Gepäckförderanlagen etc.

Die Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes im Verhandlungsverfahren nach SKR nach vorher durchgeführtem Teilnahmewettbewerb erfolgte am 16.6.2006.

Der Zuschlag sollte auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt werden. Die Wertung sollte nach folgender Matrix erfolgen:

- Preis/Honorar 30 %

- Personal/Qualifikation des vorgesehenen Personals 40 %

- Termin- und Kostenverfolgung 10%

- Konzept zur Erbringung der Leistung 20 %

Die an die Bieter übersandten Verdingungsunterlagen enthalten u.a. den Vertragsentwurf, in dem die Leistungen des Auftragnehmers konkretisiert werden.

In § 3 des Vertrages heißt es:

" Die Beauftragung des AN erfolgt gem. den nachfolgenden Bestimmungen in mehreren Stufen. Mit der Zuschlagserteilung erfolgt die Beauftragung des AN mit der 1. Stufe.

Der AN hat keinen Anspruch auf Beauftragung der weiteren Leistungsstufen ..."

In Stufe 1 sollten Leistungen der Objektüberwachung, Prüfung der Ausführungsplanung und Integration Retailing /Gastronomie (Mieterausbau) beauftragt werden.

Die Leistungen werden in Anlage 3 des Vertrages (dort Ziff. 3.1.) umfangreich beschrieben.

Weiter werden in Anlage 3 die optional ausgeschriebenen Leistungen der Stufen 2 bis 6 beschrieben.

Stufe 2 (optional) betrifft die Mitwirkung des Auftragnehmers bei der Abstimmung der Generalunternehmerausschreibung, wobei klargestellt wird, dass der Generalplaner ( = Beigeladene) das Leistungsverzeichnis erstellen soll.

In der weiter an die Bieter übersandten Objektbeschreibung wird u.a. die Leistung des Generalunternehmers konkretisiert.

Unter Ziff. 2.6. werden die Schnittstellen zu anderen Beauftragten, insbesondere zum Generalplaner ( = Beigeladene) dargestellt.

In Anlage zur Objektbeschreibung erhält jeder Bieter 2 CDs. Diese enthalten:

- Entwurfsplanung vom 28.4.2006 incl. Übersichtslageplan "Gesamtausbau"

- Brandschutzkonzept (Lesefassung)

Die vom Generalplaner gefertigte Entwurfsplanung vom 28.4.2006 wurde mit weiteren Unterlagen in einem DATA-Room allen Bietern für zwei Wochen zur Verfügung gestellt. Das Inhaltsverzeichnis der Unterlagen im DATA-Roomes wurde an alle Bieter versandt.

In den Verdingungsunterlagen waren die Bieter aufgefordert worden, Preise für die optionalen Leistungsstufe 2 und 5 nur in Klammern anzugeben, da diese bei der Wertung unberücksichtigt bleiben sollten.

Die Antragstellerin gab neben weiteren vier Bietern am 10.8.2006 ihr Angebot ab.

Nach Angebotswertung liegt die Antragstellerin auf Platz 2 hinter der Beigeladenen, wobei die Auftraggeberin in die Wertung nur Angebote für Leistungen der Stufen 1, 3, 4 und 6 einbezogen hatte.

Alle fünf Bieter hatten in den Kriterien "Personal/Qualifikation des vorgesehenen Personals, Termins- und Kostenverfolgung, Konzept zur Erbringung der Leistung" die höchste Punktezahl erreicht. Lediglich beim Kriterium " Preis/Honorar" ergaben sich Unterschiede.

Mit Schreiben vom 18.9.2006 ( § 13 VgV) teilte die Auftraggeberin der Antragstellerin mit, die Beigeladene solle den Zuschlag erhalten. Diese erreiche beim Kriterium "Preis " die höchste Punktezahl.

Mit Schreiben vom 27.9.2006 erhob die Antragstellerin Rügen.

In dem von ihr eingeleiteten Nachprüfungsverfahren hat die Antragstellerin unter Wiederholung der Rügen aus dem Schreiben vom 27.9.2006 geltend gemacht, die Beigeladene könne nicht beauftragt werden, da die streitgegenständliche Vergabe teilweise Leistungen betreffe, mit denen diese bereits im Generalplaner-Vertragsverhältnis beauftragt worden sei. Es verringere sich daher deren Koordinierungs- und Abstimmungsaufwand erheblich. Sie könne Leistungen, mit denen sie bereits als Generalplanerin beauftragt worden sei, jetzt zum Nulltarif anbieten.

Es liege ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor. Die Beteiligung des Generalplaners an der streitgegenständlichen Vergabe sei nicht bekanntgemacht worden. Die Beigeladene gewährleiste auch nicht die ordnungsgemäße Leistungserbringung. Es bestehe ein Interessenkonflikt, da die ausgeschriebenen Leistungen sich auch auf die Überwachung der Generalplanerleistung beziehe.

Die Wertung, die allein auf den Preis abstelle, sei fehlerhaft.

Ferner habe die Auftraggeberin bei der Wertung nur eine formale Prüfung der Vollständigkeit der einzelnen Angebote vorgenommen, nicht jedoch eine inhaltliche Wertung anhand der einzelnen Kriterien. Ihr, der Antragstellerin Angebot, sei inhaltlich besser und herausragender, es hätte höher als die Angebote der anderen Bieter bewertet werden müssen.

Die Antragstellerin hat beantragt,

1. den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu untersagen,

2. der Auftraggeberin die Wiederholung der Wertung der Angebote unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer aufzugeben.

Die Auftraggeberin hat beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Sie hat den Antrag wegen verspäteter Rüge für unzulässig erachtet.

Der Antrag sei ferner unbegründet, da mit dem Generalplanervertrag ausschließlich Leistungen in Stufe 1 und 2 beauftragt worden seien, nicht jedoch in Stufe 3 (Prüfung der Ausführungsplanung). Deswegen seien Überschneidungen zwischen dem Generalplanervertrag und den hier ausgeschriebenen Überwachungsleistungen ausgeschlossen. Es liege auch keine Interessenkollision vor, da mit dem streitgegenständlichen Verfahren keine Leistungen zur Überwachung des Generalplaners vergeben würden.

Soweit die Antragstellerin die hier optional ausgeschriebenen Leistungen in Stufe 2 (Mitwirkung bei der Abstimmung der Generalunternehmer-Ausschreibung) angreife, gehe dieser Angriff ins Leere.

Sie habe endgültig entschieden, diese Option nicht auszuüben. Eine Wettbewerbsverzerrung sei ausgeschlossen. Die in Stufe 2 angebotenen Leistungen seien bereits nicht in die Wertung mit einbezogen worden, wie den Bietern bekannt gemacht worden sei.

Die Beigeladene hat ebenfalls beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Nach ihrer Ansicht liegt keine Wettbewerbsverzerrung vor, da sämtliche Unterlagen de Entwurfsplanung den Bietern zugänglich gemacht worden seien. Dass sie keinen Vorteil gehabt habe, ergebe sich auch aus dem Vergabevermerk ( dort S. 10, Ziff. 3.2.), in welchem es heiße:

" Die Mengenansätze beim Personaleinsatz liegen bei Antragstellerin und Beigeladener auf gleichem Niveau."

Der wesentliche Preisfaktor sei bei Bauüberwachungsleistungen der Personaleinsatz. Kernstück der ausgeschriebenen Leistung sei die Prüfung einer fremden Leistung, nämlich derjenigen des Generalunternehmers. Diesen Prüfungsvorgang habe die Vergabestelle zu Recht in zwei Abschnitte aufgeteilt.

Erstens sei zu prüfen, ob die Ausführungsplanung die Gestaltungsinhalte der Entwurfsplanung übernehme. Die Gestaltungsideen des Entwurfsarchitekten seien zu berücksichtigen. Mit dieser Prüfung sei bereits die Generalplanerin beauftragt worden.

Zweitens habe die ingenieurtechnische Kontrolle der Ausführungsplanung zu erfolgen. Es sei zu kontrollieren, ob die Ausführungsplanung den anerkannten technischen Regeln entspreche. Nur diese Prüfung werde dem hier auszuwählenden Bauüberwacher obliegen.

Die optional ausgeschriebenen Leistungen in Stufe 2 und 5 seien nicht Gegenstand der Vergabe.

Die Stufe 2 sei mittlerweile gegenstandslos, nachdem die Auftraggeberin erklärt habe, diese Leistungsstufe endgültig nicht beauftragen zu wollen. In dieser Entscheidung sei die Auftraggeberin frei.

Die Vergabekammer hat mit Beschluß vom 16.11.2006 der Auftraggeberin die Neuwertung der Angebote unter Ausschluß des Angebotes der Beigeladenen aufgegeben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Beigeladene sei wegen der Erbringung der Leistungen zur Entwurfs- und Genehmigungsplanung vorbefasst gewesen. Die Beigeladene habe nicht den Nachweis erbracht, dass diese Vorbefassung den Wettbewerb nicht beeinträchtige. Zwar finde § 4 Abs. 5 VgV im Sektorenauftraggeberbereich keine direkte Anwendung. Jedoch stelle diese Vorbefassung einen Verstoß gegen das Wettbewerbsgebot und den Gleichbehandlungsgrundsatz ( § 97 GWB) dar.

Durch die Planungsleistungen habe die Beigeladene einen Informationsvorsprung erhalten. Aus der Entwicklung der Gestaltungsinhalte der Entwurfsplanung seien ihr ein besonderes Verständnis und Detailkenntnisse hinsichtlich der Struktur und des Umfanges der im Vergabeverfahren nachgefragten Leistungen erwachsen.

Dass dieser Vorsprung bestanden habe, zeige der Umstand, dass zwischen den Angebotspreisen der Beigeladenen und der übrigen Bieter Abweichungen bis zu 55,9 % vorgelegen hätten.

Die Einrichtung des DATA-Roomes habe nicht ausgereicht, diesen Vorsprung auszugleichen. Die Beigeladene habe für die Entwurfsplanung 15 Monate Zeit gehabt, hingegen hätten die anderen Bieter nur zwei Wochen Einsicht nehmen können in insgesamt 145 Leitzordner. Für die Angebotserstellung sei nur ca. acht Wochen Zeit gewesen.

Zudem sei nicht auszuschließen, dass sich zwischen dem Generalplanervertrag und dem Bauüberwachungsvertrag Überschneidungen ergäben, die der Beigeladenen in ihrer Angebotskalkulation bereits Vorteile sicherten.

Wie sich aus Beantwortung der Bieteranfrage 2.6. ergebe, erforderten die Bauüberwachungsleistungen auch die Überwachung der Generalplanerleistungen. Diese Überschneidungen könnten nicht dadurch kompensiert werden, dass Leistungen zu Stufe 2 des Vertrages nicht beauftragt würden. Die Herausnahme dieser Stufe in Zusammenhang mit der Auswahl des Angebotes der Beigeladenen könnte sich als unzulässiges und sachfremdes Ausnutzen einer Gestaltungsmöglichkeit durch die Auftraggeberin darstellen.

Gegen diesen ihnen beiden jeweils am 21.11.2006 zugestellten Beschluß richten sich die jeweils am 5.12.2006 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerden der Beigeladenen und der Auftraggeberin.

Die Beigeladene meint, die Vergabekammer verkenne das Leistungsbild von Architekten und Ingenieuren nach deutschem Bauplanungsrecht, wenn sie die mit Leistungen der Phase 1 -4 ( § 15 HOAI) beauftragte Generalplanerin automatisch als "vorbefasst " im Sinne der Rechtsprechung des EuGH für nachfolgende Leistungsphasen ansehe. Die Frage der rechtlich relevanten Vorbefassung stelle sich nur dann, wenn eine Person mit Forschungs-, Planungs- und Entwicklungsarbeiten für eben diesen zu vergebenden Auftrag befasst gewesen sei.

Dies betreffe in der deutschen Bautradition Fälle, bei denen das Prinzip der Trennung von Planung und Ausführung durchbrochen werde. Werde der Bieter, der die Ausführungsplanung erstellt habe, am Vergabeverfahren für die Bauausführung beteiligt, bestehe die Gefahr einer Wettbewerbsverzerrung. Der planende Bieter habe nämlich die Möglichkeit, das auszuschreibende Projekt in die Richtung des eigenen Unternehmens zu bringen (zu planen) und sich so Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Ein solcher Fall liege nicht vor. Vorleistungen für die ausgeschriebenen Bauüberwachungsleistungen habe die Beigeladene nicht erbracht.

Die Entwurfsplanung könne den Wettbewerb nicht verfälschen. Auch die intimsten Kenntnisse dieser Entwurfsarbeit verschafften dem Kalkulator einer Bauüberwachungsleistung keine wettbewerbsfördernden Erkenntnisse.

Der Umfang der geschuldeten Bauüberwachungsleistungen hinge allein vom Verhalten des Bauunternehmers ab. Gebe es nur einen Generalunternehmer, so falle der gesamte Koordinierungsaufwand für viele einzelne bauausführende Leistungen weg. Werde hingegen nach Einzelgewerken ausgeschrieben, fielen erhöhte Überwachungsleistungen an.

Auch die Bauzeit, die mit der Überwachungszeit korrespondiere, sei einer der wichtigsten Faktoren. Stelle die Auftraggeberin monatlich hohe Bausummen zur Verfügung, könne schneller gebaut werden.

Auch die Größe des Bauvorhabens, gemessen an qm umbauten Raumes, sei wichtig. Dies ergebe sich aus der Entwurfsplanung, diese Zahlen seien jedermann zugänglich. Maßgeblich sei auch die Gebäudestruktur. Danach bestimme sich, ob am Baufortschritt parallel gearbeitet werden könne. Hierfür benötige man die Kenntnis der Planung in Grundzügen.

Die Entwurfsplanung selbst spiele keine große Rolle, nach dieser könne die Bauabwicklung nicht organisiert werden. Gebaut werde ausschließlich nach Ausführungs- und Werkstattplänen.

Auch die Preisunterschiede zwischen dem Angebot der Beigeladenen und der Antragstellerin deuteten nicht auf eine Wettbewersbverzerrung hin; die Differenz betrage nur 8,7 %.

Überschneidungen zwischen den Leistungen des Generalplaners und der Bauüberwachung lägen nicht vor.

Die Beigeladene beantragt,

1. den Beschluß der Vergabekammer aufzuheben und den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen

2. die Kosten des Verfahrens einschließlich notwendiger Auslagen der Antragstellerin aufzuerlegen,

3. die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten der Beigeladenen im Verfahren vor der Vergabekammer für notwendig zu erklären.

Die Auftraggeberin stellt identische Anträge.

Nach ihrer Ansicht liegt eine Vorbefassung der Beigeladenen nicht vor.

Ein rechtswidriger Informationsvorsprung sei nicht gegeben. Bei Prüfung der Frage, ob eine Projektantenstellung vorliege, komme es auf den Inhalt der Information an. Vorliegend sei das Ziel der Vergabe nicht die Fortführung der Entwurfsplanung, sondern die Bauausführung/Überwachung.

Der Auftraggeberin stehe im übrigen bei der Wertung ein Auswahlermessen zu.

Die Antragstellerin beantragt,

die sofortigen Beschwerden zurückzuweisen.

Sie meint, bei der Frage der "Vorbefassung" sei nicht zu prüfen, ob eine Tätigkeit konkret mit Blick auf und unmittelbar für ein bestimmtes Vergabeverfahren durchgeführt worden sei. Maßgeblich sei allein, ob sich aus der vorbereitenden Tätigkeit, die in irgendeiner Weise Grundlage der weiter ausgeschriebenen Leistungen ist, eine Gefahr für den Wettbewerb ergeben könne. Die bloße Möglichkeit eines Informationsvorsprunges reiche für die Vorbefassung aus.

Der DATA-Room sei eine bloße Scheinveranstaltung ohne informatorischen Mehrwert für die Bieter.

Etwaige Überschneidungen zwischen dem Inhalt des Generalplanervertrages und des Bauüberwachungsvertrages seien nicht dadurch entfallen, dass die Auftraggeberin Leistungen der optionalen Stufe 2 nicht beauftrage.

Eine derartige nachträgliche Veränderung der ausgeschriebenen Leistungen, um einem bestimmten, andernfalls ungeeigneten Bieter für den Zuschlag vorsehen zu können, sei außerdem vergaberechtswidrig. In der Herausnahme der Leistungen der Stufe 2 zugunsten der Beigeladenen liege eine unmittelbare Diskriminierung der anderen Bieter. Aber auch bei Beauftragung der Leistungen in Stufe 1 könne die Beigeladene den Zuschlag nicht erhalten. Sie müsse sich dann selbst kontrollieren, wie der Inhalt der Leistungsstufe 1 zeige.

Die Antragstellerin macht weiter eine fehlerhafte Wertung geltend. Sie meint, es liege eine unzulässige Vermengung der Wertungsstufen vor, weil die Auftraggeberin zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots erneut auf die grundsätzliche Eignung der Bieter ohne Anbindung an die Qualität der konkreten Leistungserbringung abgestellt habe.

II.

Die sofortigen Beschwerden der Beigeladenen und der Auftraggeberin sind zulässig und haben auch in der Sache Erfolg.

Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist jedenfalls unbegründet.

Es liegt kein Verstoß gegen vergaberechtliche Vorschriften vor, der die Anordnung einer Neuwertung gar unter Ausschluß des Angebotes der Beigeladenen rechtfertigte.

Es liegt weder eine "Vorbefassung" der Beigeladenen vor, noch hat diese in anderer Weise Wettbewerbsvorteile erlangt.

Auch wird im vorliegenden Falle, anders als im Verfahren Verg W 7 /06 (Beschluß des Senates vom 16.1.2007) , auf das sich die Antragstellerin berufen will, nach dem Inhalt des Bauüberwachungsvertrages keine Selbstkontrolle der Beigeladenen als Generalplanerin gefordert, so dass diese nicht als unzuverlässig anzusehen ist.

Schließlich lässt sich ein Fehler bei Wertung der Angebote nicht feststellen.

1.

Die Beigeladene unterliegt im Vergabeverfahren keinem Mitwirkungs- bzw. Bewerbungsverbot wegen Vorbefassung.

Ein solches Verbot kann sich bei Sektorenauftraggebern (§ 98 Nr. 4 GWB) nur, wie die Vergabekammer zutreffend ausgeführt hat, aus den allgemeinen aus § 97 GWB resultierenden Grundsätzen, insbesondere dem Wettbewerbsgebot und dem Gleichbehandlungsgebot ergeben.

Diese beiden Gebote können tangiert werden, wenn der Auftraggeber einen Bieter zulässt, der im Vorfeld der Ausschreibung mit erforderlichen Vorarbeiten beauftragt war und durch daraus fließende Informationen begünstigt wird.

a.

Es ist im vorliegenden Falle davon auszugehen, dass die Beigeladene wegen der Ausführung der Entwurfsplanung als vorbefasste Person im Hinblick auf die zu vergebenden Bauüberwachungsleistungen anzusehen ist.

Die Überwachungsleistungen betreffen die Bauausführung, die auf der Ausführungsplanung basiert, welche ihrerseits an die Entwurfsplanung anknüpfen muß ( § 15 Abs. 2 Lph 3 u. 5 HOAI).

Diese an sich wertneutrale Vorbefassung erhält vergaberechtliche Relevanz dann, wenn die durch diese Vorbefassung erworbenen Kenntnisse den Wettbewerb um die Bauüberwachungsleistungen verfälschen können, indem das vorbefasste Unternehmen Vorteile erlangt.

Die abstrakte Möglichkeit der Vorteilserlangung reicht dabei nicht aus ( EuGH, Urteil v. 3.3.2005 "Fabricom", VergabeR 2005, 319; VK des Bundes, Beschluß vom 1.9.2005 - VK 1 - 98/05).

Nur derjenige Wissensvorsprung, der konkret für die ausgeschriebenen Leistungen von Vorteil ist, ist vergaberechtlich bedeutsam. Wollte man die abstrakte Möglichkeit der Wettbewerbsbeeinträchtigung ausreichen, also " den bösen Schein" genügen lassen, läge darin ein Verstoß gegen den Grundsatz, dass Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens immer nur Vergabeverstöße sein können, welche konkret geeignet sind, sich auf Angebot und/oder Wertung im jeweiligen Einzelfall auszuwirken.

Erscheint eine konkrete Wettbewerbsverfälschung bei sachlicher Betrachtung der ausgeschriebenen Leistung möglich, so obliegt dem betreffenden Unternehmen der Nachweis, dass ihm durch die Vorbefassung kein ungerechtfertigter Vorteil erwachsen ist. Dem Auftraggeber obliegt daneben die Verpflichtung, den Wissensvorsprung des einen Bieters auszugleichen durch Information aller anderen Bieter. Gelingt beides nicht, so kann zur Wahrung der Grundsätze aus § 97 GWB der Ausschluß des vorbefassten Unternehmens erfolgen.

b.

Ein ungerechtfertigter Vorteil ist der Beigeladenen aus der Vorbefassung nicht erwachsen.

Zunächst hat die Auftraggeberin alle Bieter mit denjenigen Informationen versorgt, die zur Erstellung der Entwurfsplanung geführt haben. Wegen bislang nicht erstellter Ausführungsplanung mußten die Bieter für ihre Kalkulation auf die Entwurfsplanung zurückgreifen.

Den Bietern sind zwei CDs dauerhaft überlassen worden mit der Entwurfsplanung vom 28.4.2006 und dem Brandschutzkonzept.

Weiter sind alle Daten und Untersuchungsergebnisse (Gutachten), die Eingang in die Entwurfsplanung gefunden haben, allgemein zugänglich gemacht worden. In den DATA-Room sind 145 Leitzordner eingestellt worden, in die alle Bietern Einsicht nehmen konnten. Aus dem den Bietern zur besseren Orientierung vorab überlassenen "Verzeichnis der ausgestellten Unterlagen Data-Room" ergab sich stichpunktartig der Inhalt der Ordner.

Es ist entgegen der Ansicht der Vergabekammer nicht ersichtlich, dass der Beigeladenen ein Vorteil daraus erwachsen wäre, dass sie für die Entwurfsplanung 15 Monate Zeit hatte und 145 Leitzordner erstellte, die anderen Bieter aber nur zwei Wochen Einsicht in den DATA-Room hatten und nur knapp acht Wochen für die Kalkulation des streitgegenständlichen Auftrages.

Aus dem Inhaltsverzeichnis des DATA-Rooms ergibt sich, dass von den eingestellten 145 Leitzordnern bereits 49 Ordner entfallen auf " Antrag auf Planfeststellung", weitere 32 Ordner auf den "Planfeststellungsbeschluß" und weitere neun Ordner auf "Änderungsanträge Planfeststellung". Rund 90 Ordner waren für die Kalkulation der "Bauüberwachung nach Entwurfsplanung" irrelevant.

Soweit nun die Antragstellerin vorträgt, die Zurverfügungstellung dieser Daten sei nicht ausreichend, der DATA-Room sei eine "Scheinveranstaltung", kann dieser Vorwurf nur Informationen betreffen, die nicht öffentlich gemacht worden sind bzw. sich nicht in der Entwurfsplanung niedergeschlagen haben und für die streitgegenständliche Ausschreibung, insbesondere die Bauüberwachung maßgeblich sind.

Um welche für die Kalkulation der Bauüberwachungsleistungen notwendige Informationen es sich dabei handeln soll, trägt die Antragstellerin nicht vor.

Mit dem pauschalen Vorwurf der unzureichenden Information kann die Antragstellerin jedoch nicht gehört werden.

Derjenige Bieter, der eine unzureichende Mitteilung gesammelter Informationen durch vorbefasste Personen geltend macht, muß jedenfalls in Fällen, in denen die in Betracht kommenden Informationen sich aus dem gesetzlich umschriebenen Leistungsbild (§ 15 Abs. 2 Lph 3 HOAI) ergeben, darlegen, welche Informationen im einzelnen nicht öffentlich gemacht worden sind. Weiter muß jedenfalls im Ansatz dargetan werden, dass diese Informationen zur Kalkulierung der Bauüberwachungsleistungen erforderlich sind.

Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die bei Durchführung der Entwurfsplanung erlangten Kenntnisse Vorteile bei der Kalkulation der Überwachungsleistungen bringen könnten. Umfang und Schwierigkeit der Bauüberwachungsleistungen werden nicht durch die Entwurfsplanung bestimmt, sondern von Quantität und Qualität der bauausführenden Leistungen. Hierfür ist die von einem Dritten zu erstellende Ausführungsplanung maßgeblich. Für die Umsetzung der Ausführungsplanung in ein mangelfreies Werk sind Kenntnisse auf dem Gebiet der Bautechnik gefragt, hingegen erfordert die Entwurfsplanung Kenntnisse in gestalterischer, städtebaulicher, funktionaler, bauphysikalischer, wirtschaftlicher, energiewirtschaftlicher und landschaftsökologischer Hinsicht.

Für die Kalkulation von Bauüberwachungsleistungen ist maßgeblich, wie der Bauherr die Ausführungsplanung umsetzen wird.

Vergibt er die Leistungen nach Einzelgewerken, hat das bauüberwachende Unternehmen einen großen Koordinierungsaufwand zu bewältigen. Dieser Aufwand reduziert sich bei Beauftragung eines Generalunternehmers erheblich. Vorliegend war allen Bietern bekannt gemacht worden, dass ein Generalunternehmer beauftragt werden wird.

Maßgeblicher Kalkulationsfaktor ist ferner die Bauzeit, innerhalb derer überwacht werden muß. Die Dauer der Bauausführung hängt bei Großbauvorhaben davon ab, wie schnell die öffentliche Hand Baugeld in welcher Höhe zur Verfügung stellen wird. Der Baufortschritt bestimmt sich weiter danach, ob und in welchem Umfang verschiedene Gewerke parallel ausgeführt werden können. Dies erschließt sich aus den aus der Ausführungsplanung hervorgehenden Werkstatt- und Ausführungsplänen, über die keiner der Bieter verfügen konnte.

Der Überwachungsaufwand wird ferner durch die Größe des Bauvorhabens bestimmt. Diese Größe ist allen Bieter durch Angabe von Meßzahlen verdeutlicht worden.

c.

Gegen das Vorliegen eines Vorteiles bei Kalkulation der Leistungen spricht auch der Preisvergleich zwischen den Angeboten der Antragstellerin und der Beigeladenen.

Das Gesamtangebot der Beigeladenen ist um 8,7 % billiger als dasjenige der Antragstellerin.

Die Erfassungsliste " Preis/Honorar - Verhandlungsergebnis (geprüft)" der Auftraggeberin zeigt im einzelnen, dass die Antragstellerin in Stufe 1 des Angebotes die Leistung " Prüfung der Ausführungsplanung des GU" um 26 % günstiger anbietet als die Beigeladene. Gerade in diesem Punkte wäre zu erwarten gewesen, dass die Beigeladene aufgrund der Vorkenntnis das billigere Angebot unterbreitet.

Die Leistung "Objektüberwachung", welche maßgeblich von Personalkosten bestimmt wird, bietet die Beigeladene um 15 % billiger an als die Antragstellerin. Der Preisunterschied beruht jedoch nicht signifikant auf höherem Personaleinsatz - die Beigeladene kalkuliert mit 971 Manntagen, während die Antragstellerin 1095 Manntage ansetzt - sondern auf höheren Personalkosten (Tagessätzen) der Antragstellerin.

Die angesetzten Tagessätze betragen bei der Antragstellerin für den Projektleiter 750 € (bei der Beigeladenen 640 €), für den stellvertretenden Projektleiter 700 € (bei der Beigeladenen 480 €), für den Architekten 650 € ( bei der Beigeladenen 400 €), für den technischen Mitarbeiter 550 € (bei der Beigeladenen 320 €).

Eben diese Unterschiede sind auch bestimmend für die Angebote in den weiteren optionalen Stufen 3, 4 und 6. Die erheblichen Preisvorteile, die die Antragstellerin für die Leistung "Objektbetreuung und Dokumentation" im Vergleich zur Beigeladenen bietet, werden aufgezehrt durch die hohen, die Prüfungs- und Überwachungsleistungen bestimmenden Personalkosten. Personalkosten plant ein Unternehmen betriebsorientiert, nicht aufgabenorientiert.

2.

Der Beigeladenen sind auch keine Vorteile daraus erwachsen, weil sie etwa wegen Leistungsüberschneidungen mit dem Inhalt ihres Generalplanervertrages bestimmte Leistungen nicht hätte kalkulieren müssen.

Leistungsüberschneidungen liegen nicht vor.

a.

Die Pflichten des Generalplaners und des hiesigen Auftragnehmers sind voneinander abgegrenzt. So ist der Generalplaner zuständig für die Kontrolle, ob die Ausführungsplanung den Vorgaben der Entwurfsplanung und der Genehmigungsplanung entspricht. Dies ergibt sich aus Anlage 3 zum Leistungsverzeichnis, dort Ziff. 3.1.2..

In den Aufgabenbereich des im streitgegenständlichen Vergabeverfahrens auszuwählenden Bieters fallen hingegen die Organisation und Durchführung der Koordination und Integration zur Ausführungsplanung anderer Planungs- und fachlich Beteiligter sowie eine im einzelnen ausgeführte Koordinierungspflicht betreffend Zusammenstellung und Verteilung der Ergebnisse zur Ausführungsplanung an alle einzubeziehende Planungsbeteiligte einschließlich Auftraggeber.

In der Objektbeschreibung (Ziff. 2.6.) wird eine Schnittstellenabgrenzung zu anderen planenden und überwachenden Beteiligten vorgenommen. Danach werden die Ausführungspläne des Generalunternehmers vom Generalplaner auf Konformität mit den Ideen der Entwurfsplanung geprüft, die Pläne zur technischen Ausführung selbst (Schal- und Bewehrungspläne etc.), also die Einhaltung des technischen Regelwerkes in der Ausführungsplanung jedoch vom auszuwählenden Bieter geprüft.

b.

Der Vortrag der Antragstellerin, Überschneidungen ergäben sich insbesondere zwischen Leistungen aus dem Generalplanervertrag und den Leistungen der hier (optional) ausgeschriebenen Stufe 2 (Mitwirkung bei der Abstimmung der GU-Ausschreibung), insofern komme der Beigeladenen ein Wettbewerbsvorteil zu, greift nicht.

Es kann in diesem Zusammenhang dahin stehen, ob die Auftraggeberin bereits wirksam ihre Option für Leistungen der Stufe 2 dahin ausgeübt hat, diese im streitgegenständlichen Vergabeverfahren keinesfalls beauftragen zu wollen. Der hier geltend gemachte Wettbewerbsvorteil ist vergaberechtlich nur dann relevant, wenn er Einfluß auf das Angebot der Beigeladenen und auf die Wertung des Auftraggebers gehabt haben kann. Das ist ausgeschlossen.

Die Angebote betreffend optionale Leistungen der Stufe 2 haben keinen Eingang in die Wertung des Auftraggebers gefunden. Dies ist den Bietern in den Verdingungsunterlagen angekündigt worden. Dieses Vorgehen hat die Antragstellerin nicht gerügt ( § 107 Abs. 3 GWB).

c.

Die Antragstellerin kann auch nicht mit dem Vortrag gehört werden, die Beigeladene habe bei der geforderten Haftpflichtversicherung günstigere Konditionen erhalten, weil sie einen größeren Umfang an Tätigkeiten habe versichern können, sie, die Antragstellerin hingegen habe isolierte Leistungen versichern müssen.

Der Versicherungsschutz bzw. dessen Kosten bestimmen sich, wie die Beigeladene zutreffend ausführt, nach Merkmalen, die dem Bieter selbst anhaften. Fragen persönlicher Leistungsqualität, die naturgemäß nicht bei allen Bietern gleich ist, bestimmen die Versicherungskonditionen, so z.B. die Frage, ob der Bieter bereits Versicherungsschutz in der Vergangenheit in Anspruch nehmen mußte

3.

Schließlich fehlt entgegen der Ansicht der Antragstellerin der Beigeladenen nicht die Eignung/ Zuverlässigkeit für die Ausführung des geforderten Auftrages.

Im Unterschied zu dem vom Senat im Verfahren Verg W 7/06 entschiedenen Fall verlangt der ausgeschriebene Auftrag keine Überprüfung des Generalplaners; die Beigeladene müßte sich im Falle des Zuschlages nicht selbst kontrollieren.

a.

Bei Erstellung der Prognose, ob der ausgewählte Bieter im Stande ist, die ausgeschriebenen Leistungen vertragsgerecht zu erbringen, ist auf den Inhalt der Verdingungsunterlagen abzustellen. Was unter vertragsgerecht zu verstehen ist, ergibt sich aus dem Vertragsentwurf und der Leistungsbeschreibung (Beschluß vom 16.01.2007 - Verg W 7/06).

Aus den hier an die Bieter versandten Verdingungsunterlagen ergibt sich nicht, dass der auszuwählende Bieter Leistungen des Generalplaners zu kontrollieren hätte. Vom Bieter wird vielmehr die Überprüfung der Leistungen Dritter, nämlich des Generalunternehmers gefordert.

Soweit die Antragstellerin darauf hinweist, dass der auszuwählende Bieter im Rahmen des Vertragsmanagements (Leistungsverzeichnis Ziff. 3.1.3.3.) auch Unterstützung leisten muß bei Abschluß aller Verträge /Nachtragsvereinbarungen , die mit beauftragten Unternehmen abzuschließen sind, zielt dies erkennbar auf Ausführungsleistungen.

Die von der Antragstellerin ins Feld geführten Antworten der Auftraggeberin auf bestimmte Bieterfragen können nicht die Pflicht zur Überprüfung von Generalplanerleistungen durch den hier auszuwählenden Auftraggeber begründen, wenn sich diese Verpflichtung nicht aus den Verdingungsunterlagen ergibt.

b.

Die Eignung/Zuverlässigkeit zur Ausführung des geforderten Auftrages ist der Beigeladenen auch nicht deshalb abzusprechen, weil nach der Ausschreibung (optional) Leistungen in Stufe 2 gefordert werden, wonach der Auftragnehmer bei der Erstellung der Generalunternehmer-Ausschreibung beratend mitwirken sollte. Der Auftragnehmer sollte die generelle Eignung des Vertragswerkes für die Generalunternehmer-Ausschreibung beurteilen (Anlage 3 Ziff. 3.2.1. zum Vertragsentwurf).

Da der Generalplaner (Beigeladene) für die Erstellung der Generalunternehmer-Ausschreibung zuständig ist, käme im Falle der Beauftragung der Beigeladenen mit den Bauüberwachungsleistungen in Stufe 2 in der Tat eine "Selbstüberwachung" der Beigeladenen in Betracht.

Eine Vergabe der Leistungen in Stufe 2, wie ausgeschrieben, wird jedoch im vorliegenden Vergabeverfahren nicht erfolgen, wie die Auftraggeberin bereits endgültig entschieden hat.

Dieses Vorgehen der Auftraggeberin ist entgegen der Ansicht der Vergabekammer vergaberechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere kann in dieser Entscheidung nicht ein unzulässiges und sachfremdes Ausnutzen einer Gestaltungsmöglichkeit gesehen werden.

Für den öffentlichen Auftraggeber besteht hinsichtlich des zu vergebenden Auftrages Vertragsfreiheit. Er hat die Möglichkeit der freien Vertragsgestaltung, soweit nicht gesetzliche Regelungen entgegen stehen. Er kann nicht nur Vereinbarungen treffen, die auf alsbald zu erbringende Leistungen gegen Entgelt gerichtet sind, sondern auch Verträge über künftige Leistungen schließen (z.B. in Form eines Vorvertrages oder einer Option) (BayObLG, Beschluß vom 17.2.2005 - Verg 27/04). Bei Ausübung bzw. Verzicht auf die Vertragsoption muß allerdings die Identität des Beschaffungsvorhabens gewahrt bleiben. Es ist verboten, andere Leistungen zu vergeben, als mit der Ausschreibung angekündigt.

Die Entscheidung der Auftraggeberin, die Option betreffend Leistungen in Stufe 2 nicht auszuüben, berührt nicht die Identität der ausgeschriebenen Leistungen.

Die Auftraggeberin hatte zudem in den Verdingungsunterlagen deutlich ausgeführt, dass eine stufenweise Beauftragung erfolgen solle, mit dem Zuschlag nur Leistungen in Stufe 1 beauftragt würden und der Auftragnehmer keinen Anspruch auf Beauftragung der optional ausgeschriebenen Leistungen der Stufen 2 bis 6 habe.

Es kann in dem Zusammenhang dahin stehen, ob das in der Ausschreibung angekündigte Vorgehen der Auftraggeberin, bei der Wertung die Angebote betreffend Stufe 2 und 5 unberücksichtigt zu lassen, mit vergaberechtlichen Vorschriften zu vereinbaren ist. Rechtliche Bedenken könnten zwar insoweit bestehen, als nach Zuschlagserteilung die Auftraggeberin sich zur Beauftragung dieser optional ausgeschriebenen Leistungen an den ausgewählten Bieter entscheiden könnte, ohne dass die Angebote für diese Leistungen jemals einer Vergabewertung unterworfen worden wären. Dieser mögliche Mangel ist jedoch nicht Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens, da die erforderliche Rüge (§ 107 Abs. 3 GWB) fehlt.

4.

Die Auftraggeberin ist auch nicht zur Wiederholung der Wertung anzuhalten, wie von der Antragstellerin begehrt.

Wertungsfehler liegen nicht vor.

a.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin hat die Auftraggeberin die Angebote der fünf Bieter nicht nur auf ihre formale Vollständigkeit überprüft.

Richtig ist allerdings, dass die Beurteilung der Angebote in den einzelnen Punkten der Wertungsmatrix "Personal/Qualifikation, Terminverfolgung und Kosten, Konzept zur Erbringung der Leistung" " stereotyp abgefasst ist; alle Angebote werden mit dem gleichen Wortlaut bewertet.

Aus den Protokollen der Bietergespräche ergibt sich aber, dass die Auftraggeberin bei den einzelnen Bietern unterschiedliche Dinge nachgefragt hat, was auf eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den Angeboten schließen lässt.

b.

Es ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin kein "vergaberechtswidriger Wertungsausfall" dass alle Bieter in den vorstehend genannten Kategorien die höchste Wertung erhalten haben und damit das entscheidende Wertungskriterium letztlich der Preis gewesen ist.

Die Erreichung höchster Punktzahlen bei den oben genannten Wertungskriterien für alle Bieter erklärt sich zum einen aus dem Umstand, dass die geforderten Überwachungsleistungen beim vorliegenden Großprojekt nur von einer beschränkten Anzahl von Unternehmen überhaupt erbracht werden können. Diese müssen Erfahrungen bei vergleichbaren Projekten gesammelt haben. Da der Bau eines Großflughafen keine alltägliche Sache darstellt, sind die Möglichkeiten der Erfahrungssammlung beschränkt.

Demzufolge nimmt an den Vergabeverfahren betreffend Ingenieurleistungen für den Flughafen B... regelmäßig ein kleiner Kreis von nahezu immer gleichen Bietern teil, wie der Senat aus anderen Nachprüfungsverfahren weiß.

Zum anderen hat die Auftraggeberin die zu erbringenden Überwachungsleistungen in dem 26seitigen Leistungsverzeichnis derart dezidiert beschreiben, dass große inhaltliche Abweichungen in den einzelnen Angeboten nicht zu erwarten waren.

c.

Soweit die Antragstellerin geltend macht, die Auftraggeberin habe bei der Wertung eine vergaberechtswidrige Vermischung von Stufen vorgenommen, zeigt die Überprüfung, dass die Auftraggeberin sich im Rahmen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraumes gehalten hat.

Zwar ergibt sich aus den - hier nicht geltenden - nationalen Verdingungsordnungen (s. z.B. § 25 Nr. 2 VOB/A), dass die Eignung eines Bieters (Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit) in Stufe 2 der Wertung zu prüfen.

Bei Teilnahmewettbewerb und Verhandlungsverfahren ist diese Eignung bereits im Wettbewerb zu prüfen (s. z.B. § 8 Nr. 3 VOB/A).

Im Anwendungsbereich der VOF stößt aber eine strikte Trennung von personen- und auftragsbezogenen Aspekten auf Schwierigkeiten, da für geistig-schöpferische Leistungen eine Prognoseentscheidung zu treffen ist. In gewissen Grenzen darf es daher zur Vermischung von personenbezogenen und auftragsbezogenen Aspekten kommen (Müller-Wrede, VOF, 2. Aufl., § 16 Rn 24). Personenbezogene Aspekte wie die Erfahrung mit vergleichbaren Projekten, Personalkapazitäten und und deren Qualifikation dürfen in die Prognose der Qualität der Leistung mit einfließen.

Nichts anderes kann im vorliegenden Falle gelten, in dem nicht nationale Verdingungsordnungen, sondern die Richtlinie 2004/17 EG vom 31. März 2004 zur Koordinierung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste zur Anwendung kommt.

Das Wertungskriterium "Personal/Qualifikation des vorgesehenen Personals" durfte daher bei Wertung der angebotenen Leistung zum Einsatz kommen.

III.

Die Entscheidung betreffend die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus § 91 ZPO analog, diejenige betreffend die Kosten des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer aus §§ 128 Abs. 3, 4 GWB, 80 BbgVwVfG.

Ende der Entscheidung

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