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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 19.02.2008
Aktenzeichen: Verg W 22/07
Rechtsgebiete: VOB/A, VgV, GG, GWB, BGB, VwVfG


Vorschriften:

VOB/A § 8 a Nr. 10
VOB/A § 25 Nr. 1 Abs. 1 b
VOB/A § 21 Nr. 1 Abs. 2 S. 5
VgV § 2 Nr. 7
VgV § 13
VgV § 18 Abs. 6
GG Art. 90 Abs. 2
GWB § 97 Abs. 7
GWB § 100 Abs. 1
GWB § 107 Abs. 2
GWB § 107 Abs. 3 Satz 1
GWB § 113 Abs. 1
GWB § 116
GWB § 117
GWB § 127 Nr. 1
GWB § 128 Abs. 3
GWB § 128 Abs. 4
BGB § 133
VwVfG § 80 Abs. 3 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

Verg W 22/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 19.02.2008

Verkündet am 19.02.2008

In dem Vergabenachprüfungsverfahren

betreffend das Bauvorhaben B 1... Ortsumgehung D..., Baulos 5

hat der Vergabesenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. König, den Richter am Oberlandesgericht Kuhlig und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwonke

auf die mündliche Verhandlung vom 29. Januar 2008

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 24.10.2007 - VK 39/07 - aufgehoben.

Die Auftraggeberin wird verpflichtet, die Wertung der Angebote in dem Vergabeverfahren betreffend das Bauvorhaben B 1... Ortsumgehung D..., Baulos 5, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Vergabesenats zu wiederholen.

Die Gebühren und Auslagen des Verfahrens vor der Vergabekammer hat die Auftraggeberin zu tragen. Die Auftraggeberin hat der Antragstellerin deren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung vor der Vergabekammer des Landes Brandenburg notwendigen Auslagen zu erstatten. Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin war notwendig.

Die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde tragen die Auftraggeberin und die Beigeladene, mit Ausnahme der Kosten des Verfahrens der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde, die die Auftraggeberin allein trägt.

Gründe:

A.

Die Auftraggeberin schrieb im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 7. März 2007 das Bauvorhaben B 1... Ortsumgehung D..., Baulos 5, im Offenen Verfahren europaweit aus. Der geschätzte Gesamtauftragswert der Baumaßnahme liegt bei rund 18,2 Mio. EUR. Davon entfallen nach Ziffer II.2.1) der Bekanntmachung 3,176 Mio. EUR (netto) auf das streitgegenständliche Los. Zuschlagskriterium war gemäß Ziffer IV.2.1) der Bekanntmachung das wirtschaftlich günstigste Angebot, welches aus den in den Verdingungsunterlagen genannten Kriterien Preis (90 %) und Technischer Wert (10 %) ermittelt werden sollte.

Der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes waren die EG-Bewerbungsbedingungen für die Vergabe von Bauleistungen im Straßen- und Brückenbau, Ausgabe März 2006, beigefügt. Ziffer 7 dieser Bewerbungsbedingungen bestimmte Folgendes: "Beabsichtigt der Bieter, sich bei der Erfüllung eines Auftrages der Fähigkeiten anderer Unternehmen zu bedienen, muss er dem Auftraggeber hinsichtlich der Eignung nachweisen, dass ihm die erforderlichen Mittel zur Verfügung stehen. Er hat entsprechende Verpflichtungserklärungen dieses Unternehmens mit dem Angebot vorzulegen."

Die entsprechenden Vordrucke lagen den Verdingungsunterlagen bei, zum einen der Vordruck "StB-EG-Unternehmerleistungen", der die Überschrift "Verzeichnis der Leistungen anderer Unternehmer" trägt, zum anderen der Vordruck "StB-EG-Unternehmerleistungen Verpflichtungserklärung", der mit "Verpflichtungserklärung" überschrieben ist. Auf dem Vordruck "Verpflichtungserklärung" waren an den vorgesehenen Stellen des Formulartextes der Name des Nachunternehmers und des Bieters einzutragen. Der Vordruck war abschließend mit Ort/Datum sowie Stempel und Unterschrift des Nachunternehmers zu versehen. Dieser verpflichtete sich hiernach, "die nachfolgend aufgeführten Teilleistungen" für den Bieter auszuführen. Der Vordruck enthält eine Tabelle, deren zwei Spalten mit "OZ" und "Beschreibung der Teilleistung" überschrieben sind. Der mit "Verzeichnis der Leistungen anderer Unternehmer" überschriebene Vordruck enthält eine dreispaltige Tabelle, deren Spalten mit "OZ" und "Beschreibung der Teilleistung" sowie "Namen der Unternehmer (Die Verpflichtungserklärungen der Unternehmer sind beizufügen)" überschrieben sind. Die Tabelle weist folgenden Eingangstext aus: "Von den im Angebot enthaltenen Leistungen werde ich folgende Teilleistungen durch andere Unternehmer ausführen lassen".

Im Submissionstermin am 19. April 2007 lagen dem Auftraggeber Haupt- und Nebenangebote von insgesamt acht Bietern vor. Im Ergebnis der Submission belegte die Antragstellerin mit ihrem Hauptangebot preislich den ersten Rang.

Die Antragstellerin hat ihrem Angebot zwei Nachunternehmerlisten und fünfzehn Verpflichtungserklärungen beigefügt.

Auf der ersten Nachunternehmerliste (Bl. 1660-1661 Vergabeakten) benennt sie sechs Nachunternehmer. Die von ihr ausgefüllte Tabelle enthält in der Spalte 1 Angaben zu den Positionen des Leistungsverzeichnisses, die die Nachunternehmer ausführen sollen, in der Spalte 2 deren schlagwortartige Bezeichnung und in der Spalte 3 die Namen der Nachunternehmer. Bei dem sechsten Nachunternehmer D... GmbH heißt es in der Spalte 3 weiter: " Verpflichtungserklärungen des Sub-Subunternehmers liegen bei! siehe Anlage!". Die D... GmbH sollte ausweislich der Nachunternehmerliste die Leistungen im Leistungsverzeichnis unter der Ordnungszahl 07., 08. 09. und 10. durchführen. Dahinter stand als Beschreibung der Teilleistung BW 05 Brücke, BW 06, OTD und nochmals OTD. Dabei handelt es sich um die verkürzten Überschriften der unter diesen Ordnungsziffern aufgeführten einzelnen Leistungen.

Die Antragstellerin legte für jeden dieser sechs Nachunternehmer von diesen unterzeichnete Verpflichtungserklärungen vor. Die Verpflichtungserklärung der D... GmbH (Bl. 1855 Vergabeakten) gibt an, welche Positionen des Leistungsverzeichnisses sie ausführen wird, sofern die Antragstellerin den Auftrag erhalten sollte. Die Verpflichtungserklärungen der fünf übrigen Nachunternehmer (Bl. 1856-1860 Vergabeakten) enthalten dagegen nicht die durch die Überschriften vorgegebenen Tabelleneintragungen, sondern nehmen durch den Hinweis "siehe Verzeichnis Leistung anderer Unternehmen" Bezug auf die von der Antragstellerin ausgefüllte Nachunternehmerliste.

Die zweite Nachunternehmerliste (Bl. 1863-1865 Vergabeakten) listet die neun Unternehmer auf, die als Subunternehmer für die D... GmbH tätig werden sollen. Die drei Spalten der Tabelle sind ausgefüllt, so dass sich ergibt, welche Positionen des Leistungsverzeichnisses - schlagwortartig beschrieben - welches Unternehmen für die D... GmbH ausführen wird. Die Tabelleneintragungen der Sub-Subunternehmer betreffen ausnahmslos Unterpunkte der seitens des Nachunternehmers D... GmbH K... angegebenen OZ 07. bis 10.

Zu dieser Nachunternehmerliste hat die Antragstellerin Verpflichtungserklärungen aller neun Sub-Subunternehmer (Bl. 1866-1874 Vergabeakten) vorgelegt, in denen - mit einer Ausnahme - die auszuführenden Positionen des Leistungsverzeichnisses im einzelnen genannt werden. Die Verpflichtungserklärung der Sub-Subunternehmerin B... GmbH nimmt bei der Angabe der vom Sub-Subunternehmer zu übernehmenden Teilleistungen auf die Liste der Sub-Subunternehmer Bezug. Die Verpflichtungserklärung der Sub-Subunternehmerin O... GmbH enthält neben den von ihr zu übernehmenden Leistungen noch den Zusatz "entsprechend Angebot Nr. 2007-0365 vom 10.04.2007". Dieses Angebot war dem Angebot der Antragstellerin nicht beigefügt.

Bei zwei Verpflichtungserklärungen der Sub-Subunternehmer sind mehr Positionen angegeben, als in der Sub-Subunternehmerliste diesem Sub-Subunternehmer zugeordnet sind. Die in den Verpflichtungserklärungen zuviel angegebenen Leistungsverzeichnispositionen werden in der Sub-Subunternehmerliste anderen Unternehmen zugeordnet, die insoweit entweder eine Verpflichtungserklärung für diese Position abgegeben oder auf die Sub-Subunternehmerliste Bezug genommen haben.

Auf einen ihr fernmündlich erteilten Hinweis des Auftraggebers rügte die Antragstellerin mit Schreiben ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 3. Juli 2007 den vorgesehenen Ausschluss ihres Angebotes wegen vermeintlicher Nichtabgabe der nach § 8 a Nr. 10 VOB/A erforderlichen Verpflichtungserklärungen. Sie habe sämtliche Erklärungen der Nachunternehmer wie auch der Sub-Subunternehmer mit dem Angebot eingereicht. Unerheblich sei, dass die Verpflichtungserklärungen zum Teil nicht den Namen der Antragstellerin als Bieter beinhalten, sondern den eines ihrer Nachunternehmer.

Mit per Telefax am 28. August 2007 übersandtem Schreiben vom 27. August 2007 teilte die Auftraggeberin unter Hinweis auf Ziffer 7 der Bewerbungsbedingungen der Antragstellerin mit, dass ihr Angebot von der Wertung ausgeschlossen worden sei. Die Verpflichtungserklärungen, die keine Angaben zu den OZ und Teilleistungen enthielten, sondern lediglich auf die entsprechende Nachunternehmerliste verwiesen, genügten inhaltlich nicht den Anforderungen und könnten nicht als Erklärung gelten. Neben im Einzelnen aufgelisteter Ungenauigkeiten bemängelte die Auftraggeberin, dass in neun Verpflichtungserklärungen die D... GmbH K... als "Bieter" bezeichnet werde. Darüber hinaus sei aufgrund abweichender Eintragungen in der Verpflichtungserklärung und Nachunternehmerliste unklar, ob der Unternehmer P... Sch... die Leistung zur OZ 10.03.0001 übernehme. In der Verpflichtungserklärung der Sp... GmbH C... weiche die textliche Beschreibung der Teilleistung hinsichtlich einer der OZ von der Bezeichnung des Leistungsverzeichnisses ab (Bohrpfähle statt Verbau). In der Verpflichtungserklärung der O... GmbH (O...) B... fehlten zu 56 OZ die Angaben zur Beschreibung der Teilleistung; hier werde zudem auf ein Angebot verwiesen, welches nicht mit den Unterlagen vorgelegt worden sei.

Mit am gleichen Tag übersandter "Verständigung der Bieter" vom 27. August 2007 wiederholte die Auftraggeberin den Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin. Das Angebot sei nicht vollständig. Die Verpflichtungserklärungen der anderen Unternehmen seien unvollständig und teilweise widersprüchlich zum Leistungsverzeichnis der Ausschreibungsunterlagen und gegenüber dem Verzeichnis der Leistungen anderer Unternehmer ausgefüllt worden. Weiterhin lägen dem Angebot mehrere Verpflichtungserklärungen für den "Bieter" D... K... GmbH bei, der nicht Bieter des Angebotes sei. Der Inhalt der Erklärungen entspreche damit nicht dem nach Punkt 7 der Bewerbungsbedingungen geforderten Inhalt.

Mit Schreiben gemäß § 13 VgV vom 27. August 2007 informierte die Auftraggeberin über die beabsichtigte Auftragsvergabe.

Mit Schreiben ihrer Verfahrenbevollmächtigten vom 3. September 2007 rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Auftragsvergabe. Der Zuschlag sei auf ihr nach dem Submissionsergebnis preisgünstigeres Angebot zu erteilen, denn die mitgeteilten Ausschlussgründe träfen nicht zu.

Die Auftraggeberin hat der Rüge nicht abgeholfen. Unter Bezugnahme auf ihre bisherigen Ausführungen teilte sie ergänzend mit, die in die Tabellen der Verpflichtungserklärungen vorzunehmenden Eintragungen sollten dokumentieren, zu welchen Teilleistungen sich die einzelnen Nachunternehmer konkret verpflichten. Die pauschalen Bezugnahmen auf die Nachunternehmerlisten genügten nicht, um die Eignung entsprechend Ziffer 7 der Bewerbungsbedingungen prüfen zu können. Ferner seien Verpflichtungserklärungen an den Bieter, nicht an einen Nachunternehmer, wie hier die D... GmbH K..., abzugeben, wie es der eindeutige Erklärungstext des Vordrucks "Verpflichtungserklärung" verlange. Widersprüchlich sei die Übernahme der Teilleistung zur OZ 10.03.0001, zu der sich die Fa. P... Sch... verpflichtet habe. Die Eintragung in die Nachunternehmerliste sei hier, ohne Gegenzeichnung der vorgenommenen Änderung, geweißt und diese OZ bei der Fa. B... eingetragen worden.

Mit Schreiben vom 7. September 2007 hat die Antragstellerin bei der Vergabekammer einen Nachprüfungsantrag gestellt.

Die Antragstellerin hat ihr bisheriges Vorbringen aus dem Rügeschriftsatz vom 3. September 2007 wiederholt und vertieft. Sie hat gemeint, die Auftraggeberin habe § 8 a Nr. 10 VOB/A nicht hinreichend gewürdigt. Die im Einzelnen gegen die Verpflichtungserklärungen vom Auftraggeber vorgebrachten Einwände habe die Antragstellerin in dem geführten Schriftwechsel klargestellt bzw. widerlegt. Der vorgesehene Ausschluss sei vergaberechtswidrig und verletze die Antragstellerin in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB.

Die vorgelegten Verpflichtungserklärungen seien ausreichend und ordnungsgemäß. Bediene sich der Bieter bei der Erfüllung eines Auftrages der Fähigkeiten anderer Unternehmer, verlange § 8 a Nr. 10 VOB/A nur, dass der Bieter "beispielsweise" - im Sinne eines der möglichen Mittel - eine entsprechende Verpflichtungserklärung dieser Unternehmer vorlege; aus der Vorschrift gehe weiter hervor, dass die Auftraggeberin einen "geeigneten" Nachweis erhalten müsse, dass der Bieter die erforderlichen Mittel zur Verfügung habe. Dem genüge die aus den vorgelegten Verpflichtungserklärungen eindeutig nachvollziehbare Legitimationskette. Die Auffassung des Auftraggebers sei problematisch, da die von ihm verwendeten Formblätter bei Zuschlagserteilung nicht das vertragliche Verhältnis zwischen Bieter und Sub-Subunternehmer abbildeten.

In den Verpflichtungserklärungen der Sub-Subunternehmer seien die Ordnungsziffern je vollständig und korrekt angegeben. Der zur Ordnungsziffer in die Nachbarspalte einzutragende beschreibende Text ergebe sich aus dem Leistungsverzeichnis, bei den Unternehmen O... GmbH und der Fa. P... Sch... sei er aus dem Baustoffverzeichnis ersichtlich. Die Ordnungsziffer 10.03.0001, Geländer, werde von der Fa. B... ausgeführt.

Die Antragstellerin hat beantragt,

1. den Auftraggeber zu verpflichten, das Angebot der Antragstellerin bei der Angebotswertung zu berücksichtigen und nicht als unvollständig zurückzuweisen,

2. hilfsweise den Auftraggeber zu verpflichten, eine Neubewertung der Angebote unter Berücksichtigung entsprechender Maßgaben der Vergabekammer anzuordnen,

3. hilfsweise den Auftraggeber zu verpflichten, das Vergabeverfahren aufzuheben,

4. hilfsweise andere geeignete Maßnahmen zu treffen,

5. festzustellen, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist.

Die Auftraggeberin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Antragstellerin fehle mangels Verletzung einer bieterschützenden Norm die Antragsbefugnis. Auch sei die Antragstellerin mit ihrem Vorbringen gemäß § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB präkludiert, denn die mit Schreiben vom 3. September 2007 vorgebrachten Rügen seien erst sechs Tage nach der "Verständigung der Bieter" erhoben worden. Vorliegend sei eine Frist von bis zu drei Tagen angemessen, da es sich um einen einfach gelagerten Sachverhalt handele und eine anwaltliche Beratung der Antragstellerin bereits im Juli stattgefunden habe; auch wenn das Schreiben vom 3. Juli 2007 als vorsorgliche Rüge unbeachtlich sei, sei hierdurch das Rügeschreiben vom 3. September 2007 praktisch schon formuliert gewesen.

Der Nachprüfungsantrag sei jedenfalls unbegründet. Das Angebot der Antragstellerin habe wegen fehlender bzw. unvollständiger Verpflichtungserklärungen gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. b) i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 2 S. 5 VOB/A ausgeschlossen werden müssen.

Die Verdingungsunterlagen, Ziffern 3.3 und 7 der Bewerbungsbedingungen in Verbindung mit den Vordrucken "Verpflichtungserklärung" und "Verzeichnis der Leistungen anderer Unternehmer", seien in Bezug auf das Anforderungsprofil der einzureichenden Angebote eindeutig. Diesen inhaltlichen Vorgaben werde das Angebot der Antragstellerin nicht gerecht. Die genannten Vordrucke seien teils unvollständig teils widersprüchlich zueinander bzw. zu den Angaben im Leistungsverzeichnis ausgefüllt worden. Zwar sei eine Verpflichtungserklärung gemäß § 133 BGB nach dem objektiven Empfängerhorizont auszulegen. Im Rahmen der Nachunternehmererklärung sei indes anerkannt, dass es nicht Aufgabe der Vergabestelle oder ihr zumutbar sei, erst durch intensive Durchsicht der Angebotsunterlagen herauszufinden, in welchem Umfang der Bieter den Einsatz von Nachunternehmen beabsichtige. Soweit der Einsatz von Sub-Subunternehmern beabsichtigt sei, müssten auch deren Verpflichtungserklärungen auf den Bieter, nicht lediglich in einer Art "Legitimationskette" auf einen Nachunternehmer ausgestellt werden. Fehlende Erklärungen könnten nicht im Rahmen einer Aufklärung des Angebotsinhaltes nachgereicht werden. Dies gelte wegen der vergleichbaren Interessenlage auch im Falle einer Nachbesserung inhaltlich unzulänglicher Erklärungen.

Durch Verfügung des Vorsitzenden der Kammer vom 10. Oktober 2007 wurde die Entscheidungsfrist nach § 113 Abs. 1 GWB bis zum 30. Oktober 2007 verlängert.

Die Vergabekammer hat durch Beschluss vom 24.10.2007 den Nachprüfungsantrag verworfen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, der Nachprüfungsantrag sei unzulässig. Zwar habe die Antragstellerin ihren Ausschluss rechtzeitig gerügt. Ihr fehle es jedoch an der erforderlichen Antragsbefugnis, weil ihr Angebot zwingend auszuschließen sei. Die mit einer unausgefüllten Tabelle abgegebenen Verpflichtungserklärungen von fünf Nachunternehmern der ersten Nachunternehmerliste sowie die der Sub-Subunternehmerinn B... aus der zweiten Nachunternehmerliste seien unvollständig. Außerdem folge der zwingende Ausschluss aus widersprüchlichen Angaben zum Nachunternehmereinsatz, da Eintragungen zu Teilleistungen in die Tabelle der Verpflichtungserklärungen in zwei Fällen mit den Eintragungen in die Tabelle der zweiten Nachunternehmerliste nicht übereinstimmten.

Gegen diesen Beschluss, ihr zugestellt am 29.10.2007, hat die Antragstellerin mit am 9.11.2007 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und diese zugleich begründet.

Die Antragstellerin wiederholt und vertieft ihr Vorbringen vor der Vergabekammer. In der Beschwerdebegründung trägt sie vor, sie habe zunächst für die Vermessungsleistungen gemäß den Teilleistungen 0001-0005 in den Titeln 7 bis 10 einen Nachunternehmer nachgefragt. Deshalb habe der Sub-Subunternehmer Ob... GmbH eine Nachunternehmererklärung abgegeben. Nachdem sie, die Antragstellerin, sich entschieden habe, die Teilleistungen 0002 selbst auszuführen, habe sie die Firma Ob... GmbH nicht für diese Teilleistungen in das "Verzeichnis der Leistungen anderer Unternehmer" eingetragen.

Der Senat hat auf Antrag der Antragstellerin mit Beschluss vom 23.11.2007 die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängert und mit demselben Beschluss angeordnet, dass die M... GmbH & Co. KG beigeladen wird.

Die Antragstellerin beantragt,

1. die Entscheidung der Vergabekammer des Landes Brandenburg vom 24.10.2007 - VK 39/07 - aufzuheben,

2. die Vergabestelle zu verpflichten, die Wertung der Angebote unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Vergabesenates zu wiederholen,

3. hilfsweise, die Vergabekammer zu verpflichten, unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Sache erneut zu entscheiden.

Die Auftraggeberin und die Beigeladene beantragen,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Die Auftraggeberin und die Beigeladene halten die Entscheidung der Vergabekammer jedenfalls im Ergebnis für richtig.

Die Auftraggeberin meint, die Rüge der Antragstellerin vom 3.9.2007 sei nach sieben Tagen und damit nicht unverzüglich erfolgt. Sub-Subunternehmer müssten Verpflichtungserklärungen zugunsten des Hauptauftraggebers abgeben. Verpflichtungserklärungen zugunsten des Nachunternehmers seien nicht ausreichend.

Die Beigeladene meint, das Angebot der Antragstellerin sei von der Auftraggeberin zu Recht von der Wertung ausgeschlossen worden, da es unvollständig und widersprüchlich sei. Eine Nachunternehmererklärung, die auf einen außerhalb der Urkunde liegenden Erklärungsinhalt Bezug nehme, erfülle die Formvorgaben der Auftraggeberin nicht. Die überschießenden Verpflichtungserklärungen der Sub-Subunternehmer machten den Inhalt des Angebots der Antragstellerin zweifelhaft. Die Sub-Subunternehmen hätten erklärt, nicht mehr, aber auch nicht weniger als die in der Verpflichtungserklärung genannten Leistungen erbringen zu wollen. Es sei nicht ersichtlich, dass die Sub-Subunternehmer die in ihrer Verpflichtungserklärung angegebenen Teilleistungen ausführen wollten, wenn sie die überschießende Teilleistung nicht ausführen sollten. Wenn die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nunmehr erkläre, sie wolle die Leistungen, die durch die Sub-Subunternehmer Ob... GmbH und das Vermessungsbüro T... ausgeführt werden sollten, nunmehr selbst erbringen, stelle dies ein unzulässiges Nachverhandeln dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt und zum Vorbringen der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze und auf die Vergabeakten Bezug genommen.

B.

I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß §§ 116, 117 GWB zulässig, weil sie fristgerecht eingelegt und begründet worden ist.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat auch in der Sache Erfolg.

1.) Entgegen der Auffassung der Vergabekammer ist der Nachprüfungsantrag zulässig.

a.) Der Auftrag, der den Bau einer Bundesstraße (B 1...) betrifft, ist als Angelegenheit der Bundesauftragsverwaltung dem Land Brandenburg gemäß § 18 Abs. 6 VgV i.V.m. Art. 90 Abs. 2 GG zuzurechnen. Laut der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes des Auftraggebers vom 5. März 2007 wird der zu vergebende Auftrag im Namen und für Rechnung der Bundesrepublik Deutschland, des Landes Brandenburg und des Landkreises S... durch das Land Brandenburg vergeben.

b.) Der Schwellenwert für das ausgeschriebene Los 5 der Ortsumgehung D... i. H. v. von 1 Mio. EUR ist gemäß §§ 100 Abs. 1, 127 Nr. 1 GWB i. V. m. § 2 Nr. 7 VgV bei dem gemäß Ziffer II.2.1) der Bekanntmachung geschätzten Netto-Auftragswert von 3,176 Mio. EUR für dieses Los erreicht.

c.) Die Antragstellerin hat Ihre Rügeobliegenheit erfüllt. Sie hat die behaupteten Vergaberechtsverstöße spätestens mit Schreiben vom 3. September 2007 an den Auftraggeber unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB gerügt.

Es kann offen bleiben, ob die Antragstellerin gehalten war, auf den ihr fernmündlich erteilten Hinweis, ihr Angebot könne gegebenenfalls ausgeschlossen werden, eine Rüge anzubringen. Da sie jedoch mit Schreiben vom 3. Juli 2007 unmissverständlich den ihrem Angebot drohenden Ausschluss gerügt hat, war sie bei dem dann dennoch von der Auftraggeberin vorgenommenen Ausschluss nicht gehalten, erneut eine Rüge auszusprechen. Die Rüge hat den Sinn, den Auftraggeber auf einen nach Auffassung des Bieters gegebenen Vergaberechtsverstoß hinzuweisen und ihm Gelegenheit zu geben, diesen zu beseitigen. Erkennt der Bieter, dass ein solcher Vergaberechtsverstoß droht und rügt er erfolglos eine bevorstehende Handlung des Auftraggebers als vergaberechtswidrig, wird dem Rügeerfordernis Genüge getan. Ändert der Auftraggeber seine Auffassung auf eine solche vorsorgliche Rüge nicht, ist der Bieter nicht gehalten, das der Rüge nicht abhelfende Verhalten erneut zu beanstanden. Dies würde eine sinnlose Förmelei darstellen.

Selbst wenn man annehmen wollte, dass eine vorsorgliche erfolglose Rüge den Bieter beim tatsächlichen Eintritt des drohenden Vergaberechtsverstoßes nicht einer erneuten Rüge enthebt, wäre jedenfalls die Auffassung der Vergabekammer zutreffend, dass das Schreiben der Antragstellerin vom 3. September 2007 eine rechtzeitige Rüge darstellt. Die maßgeblichen, der Rüge vom 3. September 2007 zugrunde liegenden Schreiben des Antragstellers datieren auf den 27. August 2007 und sind am 28. August 2007 zugegangen. Mit diesen Schreiben listete die Auftraggeberin erstmals detailliert zahlreiche von ihr festgestellte Unzulänglichkeiten in Bezug auf die Nachunternehmerlisten und die Verpflichtungserklärungen zum Nachunternehmereinsatz auf. Teile dieser Auflistung haben beschreibenden Charakter, sodass sich die Relevanz der einzelnen Mängel für den mitgeteilten Angebotsausschluss nicht ohne weitere Prüfung und Abgleich, u.a. mit dem Text des umfangreichen Leistungsverzeichnisses, ergibt. Das Rügeschreiben der Antragstellervertreter vom 3. Juli 2007 befasste sich demgegenüber im Wesentlichen mit nur einem dieser Punkte, dem Problem der von den Sub-Subunternehmern auf einen Nachunternehmer ausgestellten Verpflichtungserklärungen. Gemessen daran ist das innerhalb von sechs Tagen beim Auftraggeber eingegangene, die einzelnen Mängel aufgreifende Rügeschreiben der Antragstellerin noch als unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB anzuerkennen.

d.) Der Nachprüfungsantrag ist entgegen der Auffassung der Vergabekammer nicht etwa deshalb unzulässig, weil es der Antragstellerin an der gemäß § 107 Abs. 2 GWB erforderlichen Antragsbefugnis fehlen würde.

Für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass der den Nachprüfungsantrag stellende Bieter schlüssig behauptet, dass und welche vergaberechtliche Vorschriften im Verlauf des Vergabeverfahrens verletzt worden sein sollen und dass er ohne die Rechtsverletzung eine Chance auf Erteilung des Zuschlags hätte, so dass der behauptete eingetretene oder drohende Schaden auf die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften zurückzuführen ist (BGH VergabeR 2004, 473). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

Die Frage, ob die Antragstellerin vom Vergabeverfahren mit ihrem Angebot auszuschließen ist oder nicht, ist nicht im Rahmen der Zulässigkeit zu prüfen. Aus der Rechtsprechung des EuGH, der sich der BGH angeschlossen hat, folgt zwingend, dass ein Bieter, der sich gegen eine konkrete Maßnahme des Auftraggebers wehrt, nicht ohne eine Prüfung in der Sache bei der Zulässigkeitsprüfung der Zugang zum Nachprüfungsverfahren versagt werden kann. Wie der erkennende Senat wiederholt ausgeführt hat, widerspricht es den Vorstellungen des europäischen Gesetzgebers und der Rechtsprechung von EuGH und BGH, dass im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung die im Nachprüfungsverfahren entscheidungserhebliche Frage beantwortet wird, ob der vom Bieter beanstandete Vergaberechtsverstoß vorliegt oder nicht. Diese Frage ist im Rahmen der Begründetheit des Nachprüfungsantrages zu beantworten (so auch OLG Dresden, Beschluss vom 11.4.2006, WVerg 6/06, zitiert nach Juris).

2.) Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Die Auftraggeberin hat das Angebot der Antragstellerin zu Unrecht wegen unklarer und unvollständiger Angaben zum Nachunternehmereinsatz gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 b) VOB/A ausgeschlossen. Die Auftraggeberin wird deshalb erneut in die Wertung der Angebote eintreten müssen. Dabei wird sie aus den nachstehenden Gründen davon auszugehen haben, dass die Angaben der Antragstellerin zum Nachunternehmereinsatz einen Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin nicht rechtfertigen.

a.) Der Umstand, dass in der Nachunternehmerliste die von Nachunternehmern zu erbringenden Arbeiten zwar nach Ziffern des Leistungsverzeichnisses, nicht aber textlich im einzelnen in Spalte 2 aufgeführt werden, rechtfertigt nicht die Annahme, dass die Nachunternehmerliste unvollständig ist. Die Antragstellerin war nicht gehalten, die textlichen Bestandteile der entsprechenden Leistungsverzeichnispositionen noch einmal in die Subunternehmerliste abzuschreiben. Die schlagwortartige Bezeichnung reichte hier aus, weil die Angabe der Leistungsverzeichnispositionen nach Ordnungsziffern die Subunternehmerleistung hinreichend konkretisiert.

b.) Aus demselben Grund scheidet ein Angebotsausschluss mit der Begründung aus, die Verpflichtungserklärungen der Nachunternehmer nähmen auf die Nachunternehmerliste und die dort angegebenen Leistungsverzeichnispositionen Bezug, ohne die Leistungen in Leistungsverzeichnisziffern und textlich im einzelnen zu wiederholen.

Die Vergabekammer hat gemeint, wenn in dem Vordruck "Verpflichtungserklärung" vom Auftraggeber gefordert werde, Art und Umfang der Nachunternehmerleistung unter Bezugnahme auf die Bezeichnungen des Leistungsverzeichnisses in die Tabelle einzutragen und sich aus diesem vom Nachunternehmer abzuzeichnenden Formular der Umfang der von ihm ausführenden Leistungsteile ergeben solle, sei ein pauschaler Hinweis auf die ebenfalls - und in Bezug auf die OZ und Beschreibung der Teilleistung identisch - auszufüllende Tabelle der Nachunternehmerlisten nicht ausreichend. Die mit einer unausgefüllten Tabelle abgegebenen Verpflichtungserklärungen von fünf Nachunternehmern der ersten Nachunternehmerliste sowie die der Fa. B..., Sub-Subunternehmer aus der zweiten Nachunternehmerliste, seien demgemäß im Sinne der in den Ausschreibungsunterlagen gestellten Anforderungen unvollständig und führten zum zwingenden Angebotsausschluss nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b) VOB/A. Dieser formalen Auffassung folgt der Senat nicht.

Die Vergabekammer kann sich zur Stützung ihrer Auffassung auch nicht erfolgreich auf eine Entscheidung des OLG Dresden vom 11. April 2006 (WVerg 6/06, zitiert nach Juris) berufen. Das OLG Dresden stützt seine Entscheidung, dass der beschwerdeführende Bieter zu Recht von der Wertung ausgeschlossen worden ist, nicht auf formale, sondern inhaltliche Kriterien (Rn 11). Das OLG Dresden hat ausdrücklich ausgeführt, es spreche aus seiner Sicht wenig dafür, in zur Bezeichnung einer Nachunternehmerleistung geforderten, aber fehlenden Ordnungsziffern eines Leistungsverzeichnisses einen zureichenden Grund für einen Wertungsausschluss zu sehen, wenn der Bieter stattdessen verbale Zuordnungen vorgenommen habe, die ungeachtet des formalen Defizits seiner Erklärung in gleicher Weise wie die fehlende Ordnungsziffer eine eindeutige Verbindung zu einer oder mehreren Leistungsverzeichnispositionen erkennen ließen. Im dort entschiedenen Fall war es jedoch so, dass selbst bei einem solchen pragmatischen Wertungsansatz die Angaben der beschwerdeführenden Bieterin eine derartige Zuordnung letztlich nicht erlaubten.

So liegt der Fall hier nicht. Nicht einmal die Auftraggeberin hat vorgetragen, sie könne aus der Nachunternehmerliste nicht erkennen, welche konkreten Leistungen der dort jeweils angegebene Subunternehmer erbringen solle. Aus ihren Beanstandungen ergibt sich, dass sie das Angebot der Antragstellerin lediglich deshalb für unvollständig hält, weil in den Verpflichtungserklärungen der Inhalt der Nachunternehmerliste für jeden einzelnen Nachunternehmer nicht noch einmal abgeschrieben worden war.

Soweit die Beigeladene meint, in der Verpflichtungserklärung der Sp... GmbH passe die Beschreibung der übernommenen Teilleistung nicht zur angegebenen Ordnungsziffer, so ist dies unzutreffend. In der Verpflichtungserklärung wird nicht nur der Begriff "Bohrpfähle", sondern auch das Wort "Verbau" verwendet. Dies lässt sich zwanglos mit der Terminologie des Leistungsverzeichnisses in Übereinstimmung bringen.

c.) Dass die Nachunternehmer der Subunternehmerin D... Verpflichtungserklärungen nur zugunsten der D..., nicht jedoch gegenüber der Antragstellerin als der Generalunternehmerin abgegeben haben, rechtfertigt einen Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin nicht.

Die Antragstellerin hat der Forderung der Auftraggeberin Rechnung getragen und die von ihr in Aussicht genommenen Subunternehmer benannt. Ihre Subunternehmerin D... hat ihrerseits ihre Subunternehmer benannt. Für alle eingeschalteten Nachunternehmer im ersten und zweiten Glied liegt eine Verpflichtungserklärung vor, die sich auf die Antragstellerin zurückführen lassen. Dies reicht für die Annahme aus, dass der Antragstellerin als Bieterin die Leistungen der Nachunternehmer zur Verfügung stehen. Dabei muss nicht entschieden werden, ob im vorliegenden Fall überhaupt die Verpflichtungserklärungen der Sub-Subunternehmer erforderlich sind, damit von einem vollständigen Angebot ausgegangen werden kann.

Das Vertragsgefüge zwischen Haupt- und Nachunternehmern ist derart, dass sich der Auftraggeber an den Bieter, der Bieter an den Subunternehmer und der Sub-Subunternehmer seinerseits sich an seinen Subunternehmer bindet. Dies ist auch jedem öffentlichen Auftraggeber bekannt. Wenn er hiervon abweichend unabhängig von den vertraglichen Strukturen Verpflichtungserklärungen zugunsten des Bieters hätte verlangen wollen, hätte er hierauf besonders hinweisen müssen. Da dies vorliegend nicht geschehen ist, sind die vorgelegten Erklärungen der Sub-Subunternehmer ausreichend.

d.) Unschädlich ist, dass ein Sub-Subunternehmer in seiner Verpflichtungserklärung (Bl. 185 VK 39/07) auf sein Angebot Bezug nimmt, das nicht vorgelegt worden ist.

Die Auftraggeberin hat die Vorlage einer Verpflichtungserklärung eines Nachunternehmers gefordert, um sicher zu gehen, dass die Antragstellerin bzw. ihre Subunternehmerin über die Leistungen des Sub-Subunternehmers verfügt. Eine entsprechende Verpflichtungserklärung hat der betreffende Sub-Subunternehmer abgegeben. Er hat erklärt, dass er sich verpflichtet, die entsprechenden Leistungsverzeichnispositionen auszuführen.

Für die Frage der Leistungsfähigkeit des jeweiligen Bieters ist es ohne Bedeutung, welche Konditionen er mit seinem Nachunternehmer vereinbart hat. Das Angebot des Nachunternehmers ist deshalb nicht Bestandteil der im Rahmen eines Vergabeverfahren vom Auftraggeber geforderten Subunternehmer-Verpflichtungserklärung und muss auch nicht vorgelegt werden, damit von einer Vollständigkeit des Angebotes ausgegangen werden kann.

e.) Auch die Tatsache, dass zwei Sub-Subunternehmer sich zu mehr Leistungen verpflichtet haben, als die D... als Subunternehmerin in ihrer Liste der Sub-Subunternehmer angegeben hat, rechtfertigt einen Ausschluss des Angebots der Antragstellerin wegen widersprüchlicher Angaben nicht. Erfassen Verpflichtungserklärungen von Nachunternehmern Positionen, die der Bieter ausweislich seiner Erklärung nicht an diesen Nachunternehmer, sondern einen anderen Nachunternehmer weitergeben will, stellt dies keinen einen Ausschluss des Angebotes rechtfertigenden Widerspruch dar. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dies wie hier nur wenige Leistungsverzeichnispositionen betrifft.

Die Fa. P... Sch... hat sich in der Verpflichtungserklärung zur Ausführung der Teilleistung zur OZ 10.03.0001, Geländer, sowie der OZ 07.04.0003 und 09.03.0001 (je Stahlgeländer laut Leistungsverzeichnis) verpflichtet. In der zweiten Nachunternehmerliste wurde bei den Angaben zur Fa. P... Sch... die OZ-Eintrag 10.03.0001 mit Tipp-Ex geweißt und sodann bei der Fa. B... ("Geländer") eingetragen. Die Verpflichtungserklärung des Sub-Subunternehmers Fa. Ob... führt zu den Titeln 07 bis 10 des Leistungsverzeichnisses jeweils die Ausführung von fünf Teilleistungen wie folgt auf: OZ 07.00.0001-0005, 08.00.0001-0005, 09.00.0001-0005 und 10.00.0001-0005. Die zweite Nachunternehmerliste enthält dem gegenüber die Eintragungen 07.00.0001,3-0005, 08.00.0001,3-0005, 09.00.0001,3-0005 und 10.00.0001,3-0005. Die in der zweiten Nachunternehmerliste "fehlenden" Teilleistungen, OZ 07.00.0002, 08.00.0002, 09.00.0002 und 10.00.0002, wurden beim Vermessungs- und Ingenieurbüro T... aufgeführt und stimmen insoweit mit den Eintragungen in der Verpflichtungserklärung dieses Büros überein.

Entgegen der Auffassung der Vergabekammer wird hierdurch das Angebot der Antragstellerin nicht widersprüchlich. Das Angebot der Antragstellerin kann nach dem maßgeblichen Empfängerhorizont eines verständigen Auftraggebers nur wie folgt verstanden werden: die Subunternehmerin D... hat mitgeteilt, welche Leistungen sie an wen weitergibt. Wo eine entsprechende Weitergabe nicht erfolgt, wird der Sub-Subunternehmer auch nicht tätig.

Die überschießenden Verpflichtungserklärungen führen auch nicht dazu, die Leistungsfähigkeit der D... hinsichtlich der übrigen von den jeweiligen Sub-Subunternehmern übernommenen Leistungen in Frage zu stellen, wie die Beigeladene meint. Die D... muss nicht nachweisen, dass die von ihr benannten Sub-Subunternehmer den Auftrag auch dann ausführen werden, wenn sie einen kleineren Auftrag erhalten. Diese beiden Sub-Subunternehmer haben sich durch die Verpflichtungserklärungen gebunden. Für den Fall, dass sie sich mit einem reduzierten Auftrag nicht zufrieden geben wollen, muss die D... notfalls mehr beauftragen, als sie von ihrem Nachunternehmer tatsächlich ausführen lässt.

Die Antragstellerin hat in der Beschwerdevorschrift vorgetragen, zu Position 2 der Teilleistungen in den Titeln 7 bis 10 habe sie aus Sicherheitsgründen Verpflichtungserklärungen der Firma Ob... eingeholt. Es habe sich jedoch herausgestellt, dass sie diese Leistungen selbst ausführen könne, deshalb habe sie diese Leistungen nicht als Nachunternehmerleistungen eingetragen. Dieser Vortrag steht in Widerspruch zu ihrem Angebot. Denn in der Nachunternehmerliste war angegeben, dass die Firma T... diese Arbeiten ausführen soll, dies auch nicht als Subunternehmerin der Antragstellerin, sondern als Subunternehmerin der D.... Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt, dass der entsprechende Vortrag auf einem Verständnisfehler ihres Verfahrensbevollmächtigten beruht. Ob dies zutreffend ist oder nicht, kann dahinstehen.

Dieser Vortrag kann das Angebot der Antragstellerin auch dann inhaltlich nicht mehr verändern, wenn es ernst gemeint gewesen wäre und mit ihrem Willen in Einklang gestanden hätte. Die Auftraggeberin kann hierauf nicht eingehen, weil dies ein unzulässiges Nachverhandeln wäre. Sie kann den Zuschlag nur auf das Angebot in der Form erteilen, wie es im Submissionstermin vorlag.

Dieser Vortrag rechtfertigt auch nicht den Ausschluss des Angebots der Antragstellerin. In den Verdingungsordnungen ist der Ausschluss eines Bieters nicht vorgesehen, der versucht, ein bereits feststehendes Angebot zu erläutern und es dabei in unzulässiger Weise verändert.

f.) Die Verpflichtungserklärungen, die die Antragstellerin mit ihrem Angebot eingereicht hat, wären auch nicht deshalb zu beanstanden, wenn sie von den jeweiligen Hauptunternehmern nachträglich mit ihrem Firmenstempel versehen worden wären. Wenn dies der Fall gewesen sein sollte, hätten die Antragstellerin und die D... als ihre Subunternehmerin autorisiert ein Blankett ausgefüllt. Denn die jeweiligen Subunternehmer hätten mit der Übersendung einer unvollständigen Verpflichtungserklärung den Empfänger ermächtigt, dieses sachgerecht und zutreffend zu vervollständigen. Dass in irgendeiner Weise ein Blankettmissbrauch vorliegen würde, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

III. Die Entscheidung über die Tragung der vor der Vergabekammer entstandenen Gebühren und Auslagen richtet sich nach § 128 Abs. 3 und 4 GWB.

Entsprechend § 80 Abs. 3 Satz 2 VwVfG ist außerdem zu bestimmen, dass die Hinzuziehung der von der Antragstellerin mit der Vertretung im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer betrauten Rechtsanwälte notwendig war. Die Frage, ob die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts notwendig war oder nicht, ist eine Einzelfallentscheidung. Dabei ist die Frage zu beantworten, ob der Beteiligte im Einzelfall aufgrund der bekannten oder erkennbaren Tatsachen selbst in der Lage gewesen wäre, mögliche Vergaberechtsverstöße zu erkennen, daraus die für eine Rechtsverfolgung notwendigen Schlüsse zu ziehen und danach das Gebotene gegenüber der Vergabekammer vorzubringen. Im vorliegenden Fall war es für die Antragstellerin ohne anwaltliche Hilfe nicht möglich, sachgerecht vor der Vergabekammer vorzutragen. Aus diesem Grund bejaht der Senat die Notwendigkeit der Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 26.9.2006, X ZB 14/06, VergabeR 2007, 59, zitiert nach Juris).

Was die im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten (Gerichtskosten und Kosten der Beteiligten) anbelangt, sind die Regeln der Zivilprozessordnung heranzuziehen, wobei ein Beigeladener kostenrechtlich wie der Antragsteller oder Antragsgegner eines Nachprüfungsverfahrens zu behandeln ist, wenn er die durch die Beiladung begründete Stellung im Beschwerdeverfahren auch nutzt, indem er sich an diesem Verfahren beteiligt (BGHZ 158, 43, 59, Beschluss vom 26.9.2006, X ZB 14/06). Im Streitfall hat sich die Beigeladene im Beschwerdeverfahren geäußert, am Termin zur mündlichen Verhandlung teilgenommen und Anträge gestellt. Neben der Auftraggeberin hat mithin auch die Beigeladene als unterliegende Partei die in der Beschwerdeinstanz entstandenen Kosten zu tragen (§§ 91 ZPO in entsprechender Anwendung). Für die Kostenerstattung haften die Antragsgegnerin und die Beigeladene dabei nach Kopfteilen (§ 100 Abs. 1 ZPO in entsprechender Anwendung).

Von dieser Kostenregelung auszunehmen waren die Kosten des Verfahrens der Verlängerung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB. Insoweit konnte die Beigeladene nicht am Verfahren teilnehmen, weil die Beiladung erst mit dem Beschluss des Senates 23.11.2007 erfolgte, in dem der Senat die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde verlängert hat. Damit war das Verfahren gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB abgeschlossen. Für die in diesem Verfahren entstandenen Kosten haftet deshalb die Auftraggeberin gemäß § 91 ZPO allein.

Ende der Entscheidung

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