Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 28.06.2006
Aktenzeichen: 10 AZR 326/05
Rechtsgebiete: TV SR, ERTV, GewO


Vorschriften:

TV SR § 1
TV SR § 9
TV SR § 26
TV SR § Anlage 1
ERTV § 5
ERTV § 6
ERTV Anlage 1 (Entgeltgruppenverzeichnis) Entgeltgruppen T4 und T6
GewO § 106
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT

Im Namen des Volkes! URTEIL

Hinweise des Senats: Parallelsache zu - 10 AZR 333/05, - 10 AZR 350/05 -, - 10 AZR 358/05 -, - 10 AZR 359/05 -, - 10 AZR 384/05 - (Urteile vom 28. Juni 2006)

10 AZR 326/05

Verkündet am 28. Juni 2006

In Sachen

hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 28. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Freitag, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Marquardt und den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Brühler sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Schmidt und Schuster für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 5. April 2005 - 1 Sa 86/04 - und - 1 Sa 300/04 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung des Klägers.

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Telekommunikationsbranche. Der Kläger ist bei ihr im Betrieb Zentraler Service (ZS) beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die bei der Beklagten geltenden Tarifverträge Anwendung. Die Beklagte beschäftigte den Kläger seit vielen Jahren auf einem Personalposten für Beamte mit der Bewertung "A 7 Ft", der Aufgabenträgerbezeichnung "Technischer Sachbearbeiter" und der Aufgabenträgernummer (AtNr) 477 87.

Mit Schreiben vom 23. Februar 2001 unterrichtete die Zentrale der Beklagten den Betrieb ZS über die Erforderlichkeit von Organisationsänderungen auf Grund zu erwartender Veränderungen der Rahmenbedingungen. In einem weiteren Schreiben vom 12. März 2001 an den Betrieb ZS wies die Zentrale der Beklagten unter dem Betreff "Änderung von Aufgabenträgernummern" auf die Notwendigkeit der Änderung von Aufgabenträgern und der Einführung neuer Aufgabenträger hin. Neu eingeführt werden sollten danach die Aufgabenträger "Senior Technischer Berater" mit der AtNr 477 95 und "Junior Technischer Berater" mit der AtNr 477 96.

In einem Schreiben vom 5. April 2001 mit dem Betreff "Umsetzung der Neuorganisation des Zentralen Service" teilte die Beklagte dem Kläger folgendes mit:

"Sehr geehrter Herr H ,

nachdem der Betriebsrat der Transferliste zur personellen Umsetzung der Neuorganisation des Zentralen Service zugestimmt hat, werden Sie mit Wirkung vom 01.01.2001 wie folgt eingesetzt:

Gruppe: Pd 26

Aufgabenträgernummer: 477 87

Aufgabenträger: Technischer Sachbearbeiter

Bewertung des Persp: A7 Ft

Mit Ihrer Unterstützung und der Neuausrichtung des Zentralen Service wollen wir den Markterfolg unseres Betriebes steigern und die Kundenorientierung verbessern. Wir freuen uns auf eine weiterhin gute Zusammenarbeit.

Dieses Schreiben wurde anhand der Transferliste (Stand: 23.03.2001) maschinell erstellt und trägt keine Unterschrift. Zwischenzeitliche Änderungen sind nicht enthalten. Sollten Sie Rückfragen haben, wenden Sie sich bitte an das Personalmanagement.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr Personalmanagement".

Die Beklagte erließ am 18. Juni 2001 Organisationsregeln für die Aufbauorganisation der Aufbaugruppen des Zentralen Service - Aufgabenbereich 477 xx (Organisationsrichtlinie). Die Organisationsrichtlinie beschreibt ua. die wesentlichen Aufgaben eines Technischen Sachbearbeiters mit der AtNr 477 87, eines Senior Technischen Beraters mit der AtNr 477 95 und eines Junior Technischen Beraters mit der AtNr 477 96. Über das Intranet der Beklagten können ihre Mitarbeiter alle gültigen Organisationsrichtlinien einsehen.

Zum 1. Juli 2001 wurde bei der Beklagten ein neues Bewertungs- und Bezahlungssystem (NBBS) eingeführt. Dieses besteht aus dem Manteltarifvertrag, dem Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV), dem Entgelttarifvertrag und dem Tarifvertrag über Sonderregelungen (TV SR). Der TV SR enthält vor allem Sicherungs- und Umstellungsregelungen für Arbeitnehmer der Beklagten, die am 30. Juni 2001 schon und am 1. Juli 2001 noch in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten standen für die Dauer dieses bestehenden Arbeitsverhältnisses. Im Rahmen der Neubewertung der Arbeitsplätze vereinbarten die Tarifvertragsparteien für am 25. Juni 2001 bereits vorhandene Arbeitsplätze eine dem TV SR als Anlage 1 beigefügte Transferliste (tarifliche Transferliste). Diese wurde von einer aus beiden Tarifvertragsparteien gebildeten Zentralen Paritätischen Kommission (ZPK) erstellt. Sie ordnet die von ihr erfassten Tätigkeiten anhand der Bezeichnung der Aufgabenträger und deren Aufgabenträgernummern den neuen Entgeltgruppen des Entgeltgruppenverzeichnisses (Anlage 1 zum ERTV) zu. Die Aufgabenträgernummern wurden von der Beklagten definiert und in die tarifliche Transferliste aufgenommen, um die zwischen den Tarifvertragsparteien abzustimmende Bewertung der Tätigkeiten von Aufgabenträgern zu erleichtern. Sie sind identisch mit den Aufgabenträgernummern in einer von der Beklagten ebenfalls als Transferliste bezeichneten vorläufigen Liste für den Bedarfs- und Bestandstransfer im Rahmen der Reorganisation des ZS (innerbetriebliche Transferliste). Die Tätigkeit eines Technischen Sachbearbeiters mit der AtNr 477 87 war zum Implementierungszeitpunkt am 25. Juni 2001 als Tätigkeit der Entgeltgruppe T6 (TI6) in der tariflichen Transferliste aufgeführt. Die AtNr 477 96 enthielt die tarifliche Transferliste nicht. Bezüglich des Bewertungsverfahrens und des In-Kraft-Tretens des NBBS regeln § 9 TV SR und § 26 TV SR:

"§ 9 Verfahrensablauf der Bewertung bei der Implementierung

(1) Abweichend von dem in § 5 ERTV geregelten Bewertungsverfahren gelten bei der Erstanwendung des ERTV für die zum Implementierungszeitpunkt (25. Juni 2001) bereits vorhandenen Arbeitsplätze die nachfolgend aufgeführten Regelungen:

(2) Der Arbeitgeber ordnet anhand der von den Tarifvertragsparteien erstellten Transferliste (Anlage 1) die Tätigkeiten einem Tätigkeitsmerkmal und somit einer Entgeltgruppe zu.

...

(10) Durch die Transferliste nicht erfasste Tätigkeiten sind nach den Regelungen des Regelverfahrens (§§ 5 und 6 ERTV) unter Anwendung der Fristen des Implementierungsverfahrens zu behandeln.

§ 26 In-Kraft-Treten

(1) Dieser Tarifvertrag tritt am 01. Juli 2001 in Kraft.

(2) Abweichend von Absatz 1 tritt § 9 TV SR am 25. Juni 2001 in Kraft."

Eine Ergebnisniederschrift der Tarifvertragsparteien zur Anlage 1 des TV SR (Ergebnisniederschrift) lautet:

"Zwischenzeitliche Änderungen der Bezeichnung von Tätigkeiten gegenüber des Zeitpunktes in der ZPK, erfolgen allein aufgrund von Änderungen jeweiliger Organisationsrichtlinien. Änderungen von Aufgabeninhalten und der Ausprägung von Anforderungen sind hiermit nicht verbunden. Gleiches gilt für die Änderung von Aufgabenträgernummern."

Die Tätigkeit des Klägers änderte sich weder nach dem Erhalt des Schreibens der Beklagten vom 5. April 2001 noch mit oder nach der Einführung des NBBS. In einem weiteren Schreiben der Beklagten vom 10. Juli 2001 heißt es ua.:

"Sehr geehrter Herr H ,

ab 01. Juli 2001 wird bei der Deutschen Telekom AG für die tariflichen Arbeitnehmer das Neue Bewertungs- und Bezahlungssystem (NBBS) eingeführt.

Die Zuordnung der Tätigkeit zu einer Entgeltgruppe bildet die Grundlage für die Bezahlung nach dem NBBS (vgl. MonitorExtra Ausgabe 05/2001 und die Ihnen übersandte Broschüre mit den Tarifverträgen zum NBBS).

Sie werden als Mitarbeiter, ZS, Pd 26, mit der Aufgabenträger-nummer (AtNr) 47796 beschäftigt.

Um AtNr Entgeltgruppen zuordnen zu können, war es in den Zentralen Betrieben erforderlich, die AtNr und Funktionsbezeichnungen neu zu strukturieren. Hierbei handelte es sich um einen reinen administrativen Vorgang; eine Änderung der von Ihnen ausgeübten Tätigkeit war hiermit nicht verbunden.

Die Tarifvertragsparteien haben eine Reihe von AtNr und die dazu gehörigen Funktionen bereits direkt den neuen Entgeltgruppen tarifvertraglich zugeordnet, jedoch ist Ihre Tätigkeit bzw. AtNr nicht von dieser Transferliste erfasst.

Aus diesem Grund ist es notwendig, Ihre Tätigkeit (siehe beigefügte Anlage) durch die noch zu treffende Entscheidung einer Bewertungskommission einer Entgeltgruppe zuzuordnen.

Bis zur endgültigen Entscheidung werden Sie mit Wirkung zum 01. Juli 2001 vorläufig der Entgeltgruppe T4 zugeordnet (Bewertungsvorschlag). Für diesen Bewertungsvorschlag wurde das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe T4, Richtbeispiel Nr. 3 gem. Anlage 1 zum Entgeltrahmentarifvertrag (ERTV) herangezogen."

Seit dem 1. Juli 2001 vergütet die Beklagte den Kläger nach der Entgeltgruppe T4 der Anlage 1 zum ERTV und zahlt ihm im Wege der Besitzstandswahrung eine tarifliche Umstellungszulage. Die Dezentrale Paritätische Kommission bestätigte die von der Beklagten vorgesehene und vom Kläger beanstandete Eingruppierung in die Entgeltgruppe T4.

Der Kläger hat gemeint, die Beklagte habe ihn nach der Entgeltgruppe T6 der Anlage 1 zum ERTV zu vergüten. Die tarifliche Transferliste habe zum Implementierungszeitpunkt am 25. Juni 2001 die von ihm ausgeübte Tätigkeit eines Technischen Sachbearbeiters mit der AtNr 477 87 erfasst und der Entgeltgruppe T6 der Anlage 1 zum ERTV zugeordnet. Da sich seine Tätigkeit nicht geändert habe, seien eine Neubewertung seiner Tätigkeit und die Änderung seiner Aufgabenträgernummer durch die Beklagte nicht zulässig gewesen. Die Organisationshoheit der Beklagten berechtige diese nicht zu einer Herabgruppierung.

Der Kläger hat zuletzt beantragt

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 1. Juli 2001 nach der Entgeltgruppe T6 Stufe 1 des Entgeltrahmentarifvertrages (ERTV) vom 1. Juli 2001 zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungsbeträge zwischen der Entgeltgruppe T4 (ERTV) und T6 (ERTV) ab dem 17. Dezember 2003 oder den späteren Fälligkeitszeitpunkten an mit 5 % Jahreszinsen über dem Basiszinssatz zu verzinsen,

hilfsweise

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger seit dem 1. Juli 2001 nach der Entgeltgruppe T5 Stufe 1 (ERTV) zu vergüten und die anfallenden monatlichen Bruttonachzahlungs-beträge zwischen der Entgeltgruppe T5 (ERTV) und T4 (ERTV) ab dem 17. Dezember 2003 oder den späteren Fälligkeitszeitpunkten an mit 5 % Jahreszinsen über dem Basiszinssatz zu verzinsen.

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, der Kläger sei nach der Entgeltgruppe T4 zu vergüten. Der Kläger habe zum Implementierungszeitpunkt die Tätigkeit eines Junior Technischen Beraters mit der AtNr 477 96 ausgeübt. Die tarifliche Transferliste habe diese Tätigkeit nicht erfasst. Die Eingruppierung habe deshalb nicht nach dem in § 9 TV SR geregelten Bewertungsverfahren erfolgen können, sondern habe nach dem Bewertungsverfahren des § 5 ERTV durchgeführt werden müssen. Dieses habe zu einer Eingruppierung des Klägers in die Entgeltgruppe T4 geführt. Ihr Schreiben vom 5. April 2001 habe sich auf die innerbetriebliche Transferliste (Stand: 23. März 2001) bezogen, ausdrücklich nur den Einsatz des Klägers mit Wirkung ab dem 1. Januar 2001 festgelegt und sei für die Eingruppierung des Klägers ohne Bedeutung. Der Kläger habe auch gewusst, dass mit der im Scheiben vom 5. April 2001 genannten Transferliste die innerbetriebliche Transferliste gemeint gewesen sei. Die tarifliche Transferliste habe es weder am 5. April 2001 und noch viel weniger am 23. März 2001 gegeben. Dem Kläger sei auch bekannt gewesen, dass sie nicht nur mit der Einführung des NBBS, sondern zeitgleich auch mit der Umsetzung der Neuorganisation des ZS beschäftigt gewesen sei, insbesondere auch in dem Technikerbereich, in dem der Kläger tätig gewesen sei. Einer Eingruppierung des Klägers in die Entgeltgruppe T6 stehe die Organisationsrichtlinie entgegen. Sie sei nicht nur zu Organisationsänderungen im Bereich ZS befugt, sondern auch berechtigt gewesen, Aufgabenträgernummern zu ändern, indem sie bestimmte Tätigkeiten bestehenden Aufgabenträgernummern neu zugeordnet bzw. Aufgabenträger neu eingeführt habe. § 9 TV SR habe diese Befugnis nicht begrenzt. Vielmehr habe ihr § 9 Abs. 2 TV SR ein einseitiges Zuordnungsrecht eingeräumt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und angenommen, die Ansprüche des Klägers für die Monate Juli 2001 bis April 2003 seien wegen Versäumung tariflicher Ausschlussfristen verfallen. Es hat die Klage insoweit abgewiesen und im Übrigen die weitergehende Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel der Klageabweisung weiter. Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht der Klage teilweise stattgegeben und festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab Mai 2003 nach der Entgeltgruppe T6 der Anlage 1 zum ERTV zu vergüten.

I. Das Landesarbeitsgericht hat zusammengefasst angenommen, die Eingruppierung richte sich nicht nach dem in § 5 ERTV, sondern nach dem in § 9 TV SR geregelten Bewertungsverfahren für zum Implementierungszeitpunkt am 25. Juni 2001 bereits vorhandene Arbeitsplätze. Der Kläger sei zu diesem Zeitpunkt Technischer Sachbearbeiter mit der AtNr 477 87 gewesen. Die tarifliche Transferliste habe diese Tätigkeit mit dieser Aufgabenträgernummer erfasst und der Entgeltgruppe T6 zugeordnet. Ohne Erfolg mache die Beklagte geltend, ihr an den Kläger gerichtetes Schreiben vom 5. April 2001 habe sich auf die innerbetriebliche, mit dem Betriebsrat abgestimmte Transferliste und nicht auf die tarifliche Transferliste bezogen. Zwischen den Parteien bestehe kein Streit darüber, dass die von der Beklagten definierten Aufgabenträger-nummern in die tarifliche Transferliste aufgenommen worden seien, um den Tarifvertragsparteien die Bewertung der Tätigkeiten zu erleichtern. Hieraus ergebe sich, dass die in der innerbetrieblichen und die in der tariflichen Transferliste aufgeführten Tätigkeitsbezeichnungen und Aufgabenträgernummern identisch seien. Die an den Betrieb ZS und nicht an den Kläger gerichteten Schreiben der Beklagten vom 23. Februar 2001 und 12. März 2001 seien für die Eingruppierung ohne Bedeutung. Mit dem Erlass der Organisationsrichtlinie habe die Beklagte die Tätigkeit des Klägers nicht neu bewerten können. § 9 TV SR räume der Beklagten ein einseitiges Bestimmungsrecht bei der Bewertung einer Tätigkeit eines Arbeitnehmers nicht ein. Die Beklagte habe die Organisationsrichtlinie gegenüber dem Kläger auch nicht vor dem Implementierungszeitpunkt am 25. Juni 2001 umgesetzt. Aus der Ergebnisniederschrift folge nichts anderes. Diese sei keine tarifliche Regelung. Ein genaues Datum und eine Unterzeichnung der Ergebnisniederschrift durch beide Tarifvertragsparteien habe die Beklagte nicht dargelegt. Die Ergebnisniederschrift könne auch nicht so ausgelegt werden, dass sie der Beklagten im Widerspruch zur Regelung in § 9 TV SR ein Recht zu qualitativen Änderungen mit Auswirkungen auf die Zuordnungen der tariflichen Transferliste einräumt.

II. Diese Ausführungen halten im Ergebnis den Angriffen der Revision stand.

Dem Kläger steht ab dem 1. Mai 2003 Vergütung nach der Entgeltgruppe T6 des Entgeltgruppenverzeichnisses (Anlage 1 zum ERTV) zu. Die tarifliche Transferliste hat die Tätigkeit des Klägers erfasst und sie dieser Entgeltgruppe zugeordnet.

1. Der Kläger unterfällt dem Geltungsbereich des TV SR. Gemäß § 1 TV SR gilt dieser Tarifvertrag für Arbeitnehmer der Beklagten, die am 30. Juni 2001 schon und am 1. Juli 2001 noch in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten standen für die Dauer dieses Arbeitsverhältnisses. Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger.

2. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass sich die Eingruppierung des Klägers anlässlich der Einführung des NBBS nach dem in § 9 TV SR geregelten besonderen Bewertungsverfahren und nicht nach dem Regelverfahren des § 5 ERTV richtete.

a) Nach § 9 Abs. 1 TV SR gelten abweichend von dem in § 5 ERTV geregelten Bewertungsverfahren bei der Erstanwendung des ERTV für die zum Implementierungszeitpunkt (25. Juni 2001) bereits vorhandenen Arbeitsplätze die nachfolgend aufgeführten Regelungen. Diese Anwendungsvoraussetzung lag vor. Der Arbeitsplatz des Klägers war am 25. Juni 2001 bereits vorhanden.

b) § 9 Abs. 10 TV SR hinderte das besondere Bewertungsverfahren nicht. Nach dieser Tarifvorschrift sind durch die Transferliste nicht erfasste Tätigkeiten nach den Regelungen des Regelverfahrens (§§ 5 und 6 ERTV) unter Anwendung der Fristen des Implementierungsverfahrens zu behandeln. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die tarifliche Transferliste die Tätigkeit des Klägers zum maßgeblichen Implementierungszeitpunkt am 25. Juni 2001 erfasst. Zu diesem Zeitpunkt hat der Kläger nicht die von der tariflichen Transferliste nicht erfasste Tätigkeit eines Junior Technischen Beraters mit der AtNr 477 96 ausgeübt, sondern die in der tariflichen Transferliste aufgeführte Tätigkeit eines Technischen Sachbearbeiters mit der AtNr 477 87.

3. Ohne Erfolg rügt die Beklagte, das Landesarbeitsgericht habe verkannt, dass ihr an den Kläger gerichtetes Schreiben vom 5. April 2001 sich nur auf die innerbetriebliche Transferliste (Stand: 23. März 2001) und nicht auf die tarifliche Transferliste bezogen habe und damit für die Eingruppierung des Klägers ohne Bedeutung gewesen sei.

a) Das Landesarbeitsgericht hat zwischen der tariflichen und der innerbetriebli- chen Transferliste differenziert. Gegen seine Feststellung, dass die in der innerbetrieblichen und die in der tariflichen Transferliste aufgeführten Tätigkeitsbezeichnungen und Aufgabenträgernummern identisch waren und die von der Beklagten definierten Aufga-benträgernummern in die tarifliche Transferliste aufgenommen worden sind, um den Tarifvertragsparteien die Bewertung von Tätigkeiten anlässlich der Einführung des NBBS zu erleichtern, richtet sich kein Angriff der Revision.

b) Auch soweit die Beklagte rügt, das Landesarbeitsgericht habe zu Unrecht an- genommen, dem Kläger sei durch ihr Schreiben vom 5. April 2001 eine Tätigkeit mit der AtNr 477 87 und der Bezeichnung "Technischer Sachbearbeiter" übertragen worden, mit diesem Schreiben seien jedoch lediglich die seit vielen Jahren unverändert feststehenden Parameter - Bewertung des Personalpostens, Aufgabenträger sowie Aufgabenträgernummer - und zwar rückwirkend ab dem 1. Januar 2001 festgehalten und gerade nicht neu übertragen worden, hat ihre Rüge keinen Erfolg. Selbst wenn das Schreiben der Beklagten vom 5. April 2001 trotz des Betreffs "Umsetzung der Neuorganisation des Zentralen Service" und der Regelung des Einsatzes des Klägers keine Tätigkeitsübertragung beinhaltete und das Landesarbeitsgericht eine solche somit rechtsfehlerhaft angenommen hätte, läge den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts zur Tätigkeit und zur Aufgabenträgernummer des Klägers zum Implementierungszeitpunkt dennoch die zutreffende Annahme zu Grunde, dass dem Kläger zu diesem Zeitpunkt die in der tariflichen Transferliste aufgeführte Tätigkeit eines Technischen Sachbearbeiters mit der AtNr 477 87 übertragen war. Darauf, ob dem Kläger diese Tätigkeit mit dieser Aufgabenträgernummer erst am 5. April 2001 rückwirkend zum 1. Januar 2001 im Rahmen der Umsetzung einer Neuorganisation des ZS oder bereits vorher übertragen worden ist, kommt es nicht an. Maßgebend ist, dass dem Kläger nach dem im Schreiben vom 5. April 2001 genannten Stichtag 23. März 2001 bis zum Implementierungszeitpunkt am 25. Juni 2001 keine andere Tätigkeit mit einer anderen Aufgabenträgernummer übertragen worden ist.

4. Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht angenommen, dass aus den Schreiben der Zentrale der Beklagten vom 23. Februar 2001 und vom 12. März 2001 ungeachtet ihres Inhalts schon deshalb nicht abgeleitet werden kann, dass die Beklagte dem Kläger vor dem Implementierungszeitpunkt eine von der tariflichen Transferliste nicht erfasste andere Tätigkeit mit einer anderen Aufgabenträgernummer übertragen hat, weil beide Schreiben nicht an den Kläger, sondern an den Betrieb ZS gerichtet waren. Dass die Beklagte entgegen ihrer Behauptung mit ihren Schreiben vom 23. Februar 2001 und vom 12. März 2001 den Arbeitsplatz des Klägers nicht umorganisiert und dessen Tätigkeitsbezeichnung und Aufgabenträgernummer nicht geändert hat, wird zudem aus dem Schreiben der Beklagten vom 5. April 2001 deutlich. In diesem Schreiben hat die Beklagte ausdrücklich festgehalten, dass der Kläger am 23. März 2001 Technischer Sachbearbeiter mit der AtNr 477 87 war.

5. Im Ergebnis zutreffend hat das Landesarbeitsgericht erkannt, dass auch der Erlass der Organisationsrichtlinie am 18. Juni 2001 für die Eingruppierung des Klägers ohne Bedeutung ist.

a) Soweit das Landesarbeitsgericht dies damit begründet hat, dass die Organisationsrichtlinie von der Beklagten allein erlassen und nicht mit der anderen Tarifvertragspartei vereinbart worden ist, kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte bereits vor dem In-Kraft-Treten des TV SR durch diesen gehindert war, Aufgabenträgerbe-zeichnungen und Aufgabenträgernummern zu ändern oder neue einzuführen. Allerdings trifft es zu, dass der Zweck der tariflichen Transferliste, die Zuordnung der Tätigkeiten der aufgeführten Aufgabenträger zu den neu eingeführten Entgeltgruppen mit Hilfe von Aufgabenträgernummern zu erleichtern, verfehlt worden wäre, wenn die Beklagte nach Abschluss der Tarifverhandlungen und kurze Zeit vor dem In-Kraft-Treten des TV SR in erheblichem Umfang von der tariflichen Transferliste nicht erfasste Auf-gabenträgerbezeichnungen und Aufgabenträgernummern vergeben hätte. Selbst wenn zu Gunsten der Beklagten angenommen würde, dass sie im Rahmen ihres Organisati-ons- und Weisungsrechts (§ 106 GewO) dem Kläger die in der Organisationsrichtlinie aufgeführte Tätigkeit eines Junior Technischen Beraters mit der AtNr 477 96 auch nach der Bewertung der Tätigkeit eines Technischen Sachbearbeiters mit der AtNr 477 87 durch die ZPK vor dem In-Kraft-Treten des § 9 TV SR noch hätte übertragen können, fehlt es jedenfalls an einer solchen Übertragung vor dem für die Eingruppierung maßgeblichen Implementierungszeitpunkt am 25. Juni 2001.

b) Mit dem Erlass der Organisationsrichtlinie am 18. Juni 2001 hat die Beklagte dem Kläger nicht die Tätigkeit eines Junior Technischen Beraters mit der AtNr 477 96 übertragen. Die Organisationsrichtlinie beschreibt ua. die wesentlichen Aufgaben eines Technischen Sachbearbeiters mit der AtNr 477 87, eines Senior Technischen Beraters mit der AtNr 477 95 und eines Junior Technischen Beraters mit der AtNr 477 96. Sie regelt jedoch nicht, welche bisher als Technische Sachbearbeiter bezeichneten Aufgabenträger ihre Tätigkeitsbezeichnung und ihre Aufgabenträgernummer beibehalten und welchen die Tätigkeit eines Senior Technischen Beraters mit der AtNr 477 95 oder die Tätigkeit eines Junior Technischen Beraters mit der AtNr 477 96 übertragen wird. Dies lässt die Organisationsrichtlinie offen. Dass die Organisationsrichtlinie zur Änderung von Aufgabenträgerbezeichnungen und Aufgabenträgernummern allein nicht ausreichte, sondern einer Umsetzung bedurfte, hat auch die Beklagte gesehen. Dies belegt ihr Schreiben vom 10. Juli 2001. In diesem hat sie dem Kläger mitgeteilt, dass er als Mitarbeiter, ZS, Pd 26 mit der AtNr 477 96 beschäftigt wird und dass damit keine Änderung seiner Tätigkeit verbunden ist. Im Juli 2001 war der Kläger allerdings bereits in die Entgeltgruppe T6 eingruppiert, nachdem die Beklagte ihm vor dem 25. Juni 2001 die Tätigkeit eines Junior Technischen Beraters mit der AtNr 477 96 nicht übertragen hat und der Kläger damit zum Implementierungszeitpunkt die von der tariflichen Transferliste erfasste Tätigkeit eines Technischen Sachbearbeiters mit der AtNr 477 87 ausgeübt hat.

c) Aber auch dann, wenn es keiner Umsetzung der Organisationsrichtlinie bedurft hätte und sich bereits aus dieser die Übertragung der Tätigkeit eines Junior Technischen Beraters mit der AtNr 477 96 ergäbe, hätte die Beklagte dem Kläger diese Tätigkeit nicht wirksam vor dem Implementierungszeitpunkt zugewiesen. Dazu reichte es nicht aus, dass der Kläger über das Intranet der Beklagten alle gültigen Organisationsrichtlinien einsehen konnte, zumal dieser dazu keinen Anlass hatte. Seine Tätigkeit hat sich mit dem Erlass der Organisationsrichtlinie nicht geändert. Auch hatte die Beklagte ihm unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Neuausrichtung des ZS erst im Schreiben vom 5. April 2001 mitgeteilt, dass er nach der Umsetzung der Neuorganisation des ZS als Technischer Sachbearbeiter mit der AtNr 477 87 eingesetzt wird.

Ende der Entscheidung

Zurück