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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 24.10.2001
Aktenzeichen: 10 AZR 45/01
Rechtsgebiete: TVG, VTV
Vorschriften:
TVG § 1 Tarifverträge/ Bau | |
Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 (VTV) § 1 Abs. 2 Abschnitte I - V Nr. 11 | |
Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 (VTV) § 37 | |
Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 12. November 1986 (VTV) § 38 Abschnitt VII Nr. 9 |
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL
Verkündet am 24. Oktober 2001
In Sachen
hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Freitag, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Fischermeier, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Marquardt, die ehrenamtlichen Richter Bacher und Burger für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 19. Oktober 2000 - 1 Sa 566/00 - wird zurückgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte im Klagezeitraum einen Baubetrieb im Sinne der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes unterhalten hat und deshalb Beiträge an die Klägerin für die Zeit von Oktober 1996 bis Juni 1997 entrichten muß.
Die Klägerin ist die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG (im Folgenden: ZVK). Sie ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Sie nimmt den Beklagten auf rechnerisch unstreitige Beiträge für die Monate Oktober 1996 bis Juni 1997 in Anspruch.
Der Beklagte, der keinem Arbeitgeberverband angehört, unterhielt im Streitzeitraum im Tarifgebiet Berlin-Ost einen Betrieb, von dem überwiegend sog. Doppelböden montiert wurden. Hierbei handelt es sich um industriell gefertigte Systemteile, die in der Regel aus Bodenplatten unterschiedlicher Materialien in einer Größe von 60 x 60 cm bestehen. Diese Platten werden mittels höhenverstellbarer Stützen auf einem bereits vorhandenen Fußboden verlegt. Die Bodenplatten sind teilweise bereits von den Lieferanten des Beklagten mit einem Belag aus Linoleum, PVC, Teppichboden oder Parkett versehen, teilweise werden diese Beläge im Betrieb des Beklagten aufgebracht. In geringem Umfang werden von dem Beklagten auch noch nicht mit Belägen versehene Doppelböden auf die im Objekt des Kunden vorhandenen Fußböden aufgebracht und sodann von dem Beklagten oder von Dritten mit Bodenbelägen versehen oder es verlegen im Einzelfall Dritte die vom Beklagten vorgefertigten Platten in seinem Auftrag.
Die Klägerin meint, der Beklagte habe eine baugewerbliche Tätigkeit ausgeübt. Es handele sich um Trocken- und Montagebauarbeiten iSd. § 1 Abs. 2 V Nr. 37 und um Estricharbeiten iSd. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 11 VTV, da auch Trockenestrich hierunter falle. Der Beklagte stelle in seinem Betrieb einen eigenständigen Fußboden zur bestimmungsgemäßen Nutzung der Räumlichkeiten her. Der Doppelboden diene nicht nur dem Bodenausgleich, vielmehr werde ein neuer Fußboden hergestellt, der für sich benutzbar und begehbar sei. Er bleibe auch über Jahre hinaus nutzbar. Solange er vorhanden sei, sei er ein wesentlicher Bestandteil des Gebäudes iSd. § 94 Abs. 2 BGB. Es handele sich nicht um die Tätigkeit eines Raumausstatters oder Bodenverlegers.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 24.968,03 DM zu zahlen.
Der Beklagte begründet seinen Klageabweisungsantrag mit der Auffassung, er betreibe lediglich einen Fußbodenverlegungsbetrieb und unterfalle daher nicht dem Geltungsbereich des VTV. Er verlege die Doppelböden zum Zwecke der Herstellung eines planen Fußbodens. Die mit dem vom Kunden gewünschten Bodenbelag applizierten Doppelböden dienten nicht der Vollendung von Bauwerken, sondern hätten Verschönerungscharakter. Sie seien auch kein wesentlicher Bestandteil des Bauwerks. Eine schnelle Demontage und Auswechslung sei möglich, ohne Beschädigungen zu verursachen. Das Bauwerk sei ohne den Einbau von Doppelböden fertig und habe auch Bestand. Estrich werde nicht verarbeitet. Dies sei auch nicht notwendig. Eine Verbindung von Bauarbeiten mit solchen der Fußbodenverlegung finde nicht statt, weil die Bodenplatten auf dem im Bauwerk bereits vorhandenen Boden verlegt würden. Die Tatsache, daß Hohlräume unter den Bodenplatten für das Verlegen von Leitungen genutzt werden könnten, sei nur ein positiver Nebeneffekt. Der Beklagte behauptet, auf die Oberbelagsverlegearbeiten entfielen mehr als 70 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit. Für die reine Verlegung der Doppelbodenplatten benötige er zwei Minuten pro Platte; dies entspreche ca. sechs Minuten pro Quadratmeter. Zu 80 % verlege er Doppelbodenplatten, die bereits werkseitig beschichtet worden seien.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der im Urteil zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter, während die ZVK die Zurückweisung der Revision beantragt.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet. Die ZVK hat einen Anspruch auf die geltend gemachten Beiträge, da der Beklagte im Klagezeitraum einen baugewerblichen Betrieb unterhielt.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, daß der Betrieb des Beklagten § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 38 VTV unterfalle, da er sich mit dem Verlegen von Bodenbelägen in Verbindung mit anderen baulichen Leistungen befaßt habe. Der Beklagte stelle mit der Verlegung von Doppelböden einen eigenständigen Fußboden her und erbringe damit eine bauliche Leistung im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV. Hierzu gehöre der vollständige Ausbau eines Bauwerks, wie er vom Bauherrn in Auftrag gegeben werde. Dies gelte auch bei einer nachträglichen Änderung von Bauwerken. Es gehe darum, im Wege einer Montagetätigkeit einen nach den Vorstellungen des Eigentümers oder Nutzers des Gebäudes gewünschten bestimmten neuen Fußboden unter Verwendung von Trockenbaustoffen - nämlich den Bodenplatten mit Untergerüst - herzustellen, der an die Stelle des bisherigen Bodens trete. Der Beklagte sei kein Raumausstatter, denn beim Verlegen von Bodenbelägen und Parkett würden keine selbsttragenden Konstruktionen hergestellt, sondern es werde ein bereits vorhandener Estrich oder Fußboden mit einem anderen Material belegt. Hinzu komme, daß die Höhe des von dem Beklagten hergestellten Bodens variabel sei. Unter ihm könnten Leitungen und Rohre verlegt und elektrische oder sonstige Anschlüsse eingebracht werden, ohne daß dadurch die Tragfähigkeit des Bodens berührt werde, gleichgültig, ob das tatsächlich immer von dem Kunden gefordert werde. Daß Doppelböden jederzeit demontierbar seien, sei unerheblich. Auf den zeitlichen Anteil der verschiedenen vom Beklagten durchgeführten Tätigkeiten an der Gesamtarbeitszeit komme es nicht an, denn es handele sich nicht um zwei voneinander getrennte oder zu trennende Tätigkeiten, sondern um zwei Arbeitsvorgänge auf Grund eines einheitlichen Auftrages, nämlich der Montage eines Doppelbodens mit einem vom Auftraggeber bestimmten Oberflächenbelag. Nicht die Belegung der Oberplatten gebe dem Betrieb das Gepräge, sondern die Herstellung eines eigenständigen Fußbodens in Form eines Doppelbodens, ggf. mit der jeweils gewünschten Applikation.
II. Der Senat folgt dem Landesarbeitsgericht im Ergebnis und teilweise in der Begründung.
1. a) Die ZVK kann ihren Anspruch auf § 4 des allgemeinverbindlichen Tarifvertrags über das Verfahren für den Urlaub, den Lohnausgleich, das Überbrückungsgeld und die Zusatzversorgung im Berliner Baugewerbe in den im Klagezeitraum geltenden Fassungen stützen.
b) Gemäß § 1 Abs. 2 VTV-Berlin fallen unter den betrieblichen Geltungsbereich des Tarifvertrags Betriebe, die unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV in seiner jeweiligen Fassung fallen. Im VTV in den Fassungen vom 30. November 1995 und 18. Dezember 1996 heißt es in § 1 Abs. 2:
"Betrieblicher Geltungsbereich:
Betriebe des Baugewerbes. Das sind alle Betriebe, die unter einen der nachfolgenden Abschnitte I bis IV fallen.
Abschnitt I
Betriebe, die nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich Bauten aller Art erstellen.
Abschnitt II
Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I erfaßt, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung gewerblich bauliche Leistungen erbringen, die - mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen - der Erstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen.
Abschnitt III
Betriebe, die, soweit nicht bereits unter Abschnitt I oder II erfaßt, nach ihrer durch die Art der betrieblichen Tätigkeiten geprägten Zweckbestimmung und nach ihrer betrieblichen Einrichtung - mit oder ohne Lieferung von Stoffen oder Bauteilen - gewerblich sonstige bauliche Leistungen erbringen.
...
Abschnitt V
Zu den in den Abschnitten I bis III genannten Betrieben gehören z.B. diejenigen, in denen Arbeiten der nachstehend aufgeführten Art ausgeführt werden:
...
11. Estricharbeiten (unter Verwendung von Zement, Asphalt, Anhydrit, Magnesit, Gips, Kunststoffen oder ähnlichen Stoffen);
...
37. Trocken- und Montagebauarbeiten (z.B. Wand- und Deckeneinbau bzw. -verkleidungen), einschließlich des Anbringens von Unterkonstruktionen und Putzträgern;
38. Verlegen von Bodenbelägen in Verbindung mit anderen baulichen Leistungen;
...
Abschnitt VII
Nicht erfaßt werden Betriebe ...
9. des Parkettlegerhandwerks."
c) Bei der Feststellung des betrieblichen Geltungsbereichs kommt es auf wirtschaftliche Gesichtspunkte, wie Umsatz und Verdienst und auf handelsrechtliche und gewerbliche Kriterien nicht an (BAG 22. April 1987 - 4 AZR 496/86 - BAGE 55, 223 mwN). Ebenfalls unerheblich ist, ob für einen tarifgebundenen Arbeitgeber die gesetzlichen Vorschriften über die Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft gelten.
2. Der Beklagte hat im Klagezeitraum einen baugewerblichen Betrieb geführt.
a) Auszugehen ist von dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten Sachverhalt, wonach im Betrieb des Beklagten auf Grund eines einheitlichen Auftrags arbeitszeitlich überwiegend Doppelböden montiert werden, die entweder bereits von dritter Seite hergestellt und mit einer Oberflächennutzschicht versehen worden sind oder bei denen dies im Betrieb des Beklagten der Fall war. Soweit der Beklagte rügt, das Landesarbeitsgericht habe die von ihm angebotenen Beweise zum Anteil der Belegung der Doppelbodenplatten mit Oberbelag an der gesamten betrieblichen Arbeitszeit nicht erhoben, hat er hiermit keine durchgreifende Verfahrensrüge geltend gemacht. Der Beklagte hat nämlich insoweit widersprüchlich vorgetragen. Er hat einerseits behauptet, er verlege zu 80 % Doppelbodenplatten, die bereits werkseitig beschichtet worden seien, wobei er in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht klargestellt hat, daß mit einer "werkseitigen" Beschichtung gemeint sei, daß sein Lieferant die Doppelbodenplatten beschichtet habe, und andererseits, er stelle nur Doppelböden in Verbindung mit Oberbelägen her und mehr als 70 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit entfielen auf die Oberbelagsaufbringung, wobei die Montage einer Platte beim Kunden jeweils 6 Minuten pro Quadratmeter in Anspruch nehme. Beide Behauptungen lassen sich nicht miteinander vereinbaren. Wenn 80 % der verwendeten Doppelböden schon von Lieferanten des Beklagten beschichtet wurden, können sich die 70 % Oberbelagsaufbringungsarbeiten nur auf 20 % der Gesamtmenge beziehen. Dann aber ist nicht plausibel, daß dies die betrieblich überwiegende Arbeitszeit in Anspruch nehmen kann, unabhängig von der Frage, ob nicht ohnehin die Tätigkeiten zusammenzurechnen sind und eine Verbindung mit anderen baulichen Leistungen besteht.
b) Unter den betrieblichen Geltungsbereich des VTV fallen zunächst diejenigen Betriebe, in denen arbeitszeitlich überwiegend die in Abschn. V genannten Beispielstätigkeiten ausgeführt werden, ohne daß es darauf ankommt, ob die im Betrieb ausgeführten Tätigkeiten die allgemeinen Merkmale der Abschnitte I bis III erfüllen.
aa) Bei der Montage von Doppelböden kann es sich um Estricharbeiten im Sinne der Ziff. 11 des Abschnitts V handeln. Estrich ist ein auf einem tragenden Untergrund oder auf einer zwischenliegenden Trenn- oder Dämmschicht hergestelltes Bauteil, das unmittelbar nutzfähig ist oder mit einem Belag wie zB PVC, Teppichboden, Parkett, keramischen Platten oder Naturstein versehen werden kann. Im einzelnen werden unterschieden nach dem verwendeten Bindemittel: Naß- bzw. Mörtelestriche, zB Zementestrich, Anhydritestrich und Magnesiaestrich, bitumengebundene Estriche, zB Gußasphaltestrich und kunstharzgebundene Estriche; nach der Verlegeart: Verbundestrich, Estrich auf Trennschicht, Estrich auf Dämmschicht und Heizestrich auf Dämmschicht; nach der Verlegetechnik: kellenverlegbarer Estrich (verteilen, abziehen, verdichten, glätten) und selbstnivellierender Fließestrich (durch Zugabe eines Fließmittels). Fertigteilestrich ist ein Estrich, der aus vorgefertigten, kraftschlüssig miteinander verbundenen Plattenelementen besteht, die trocken eingebaut und mit einem Bodenbelag belegt werden. Im wesentlichen unterscheidet man nach den verwendeten Werkstoffen zB Holzspanplatten, Gipskartonplatten und Gipsfaserplatten und nach der Verlegeart vollflächig schwimmende Verlegung und Verlegung auf Lagerhölzern (Frick/Knöll/Neumann/Weinbrenner Baukonstruktionslehre Teil 1 30. Aufl. S 390 f.). Entgegen der Ansicht des Beklagten ist also für den Begriff des Estrichs nicht zwingend, daß eine untrennbare Verbindung mit dem Untergrund und den Wänden hergestellt wird, sondern es wird vielmehr zu Schalldämmungs- und Isolierungszwecken auch sog. schwimmender Estrich verlegt, der auf einer Dämmunterlage ruht, die so angebracht wird, daß nirgendwo eine Verbindung von Estrich und Baukörper besteht (Brockhaus Enzyklopädie 19. Aufl. Bd. 6 S 598).
Da der Beklagte seinen Angaben zufolge zu 90 % hochverdichtete Holzspanplatten verwendet, können dies Fertigteilestriche aus Plattenelementen sein, die nicht nur in Neubauten, sondern vor allem bei der Fußbodensanierung in Altbauten eingesetzt werden. Die Altbausanierung hat auch der Beklagte als ein wesentliches Tätigkeitsfeld bezeichnet. Vorzugsweise werden dabei Holzspanplatten sowie Gipskarton- bzw. Gipsfaserplatten verwendet (Frick ua. aaO S 408).
Auch die berufsrechtlichen Vorschriften schreiben die Verlegung von Doppelböden dem Berufsbild des Estrichlegers zu (§ 1 Abs. 1 Ziff.3 der Verordnung über das Berufsbild und über die Prüfungsanforderungen im praktischen und fachtheoretischen Teil der Meisterprüfung für das Estrichleger-Handwerk - EstrMstrV - idF vom 16. Februar 1995, BGBl. I S 214). Weiterhin gehört hierzu das Herstellen und Verlegen von Fertigteil-Estrichplatten (§ 1 Abs. 1 Ziff. 5 EstrMstrV) und das Herstellen und Anbringen von Sockeln in Verbindung mit Legen von Estrichen und Verlegen von Belägen (§ 1 Abs. 1 Ziff. 8 EstrMstrV).
Weiterhin sind im Ausbildungsrahmenplan für die Berufsausbildung zum Estrichleger/zur Estrichlegerin in der Fassung vom 2. Juni 1999 (Anlage 10 zu § 54 der Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft vom 8. Mai 1974, gültig ab 1. August 1999 - BauWiAusbV, BGBl. I S 1208 -1210) unter der Rubrik 8 "Herstellen von Estrichen" unter b) der Einbau von Hohlraum- und Doppelböden verschiedener Systeme erwähnt.
Unschädlich ist, daß die Doppelböden zum Teil auch auf bereits vorhandene Estrichschichten aufgebracht werden. Es ist für den Begriff der Estricharbeiten nicht notwendig, daß es sich um den einzigen Belag handelt, der auf dem Rohfußboden aufliegt. Im Zuge der Altbausanierung werden häufig Fertigteilestriche aus Holzspanplatten auf unebene, ausgetretene Holzdielenböden und auf Holzbalkendecken, die sich ungleichmäßig gesenkt haben, aufgebracht (Frick ua. aaO S 412).
Dennoch verbleiben Zweifel, ob die vom Beklagten verlegten Doppelböden aus Holzspanplatten Estricharbeiten im tariflichen Sinne sind. Im Klammerzusatz der Ziff. 11 sind einige der typischerweise verwendeten Materialien ohne den Zusatz "zum Beispiel" aufgeführt. Auch wenn in der Literatur vertreten wird, daß zu den "ähnlichen Stoffen" im Sinne des Klammerzusatzes alle denkbaren Stoffe zählen sollen (Koch Die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes Rn. 109; Karthaus/Müller BRTV 5. Aufl. S 51), ist es nach der Art der aufgezählten Materialien naheliegend, daß die Tarifvertragsparteien lediglich die Estrichverlegung durch Flüssigestrich erfassen wollten. Im übrigen entsprechen die vom Beklagten verwendeten Doppelbodenplatten von in der Regel 60 x 60 cm nicht den in der Literatur als gängige Plattenabmessungen von Fertigteilestrich aus Holzspanplatten bezeichneten Maßen von 2.050 x 925 mm. Weiterhin weisen die vom Beklagten verlegten Doppelbodenplatten nicht die für Fertigteilestrich typischen ringsumlaufenden Randprofile aus Nut und Feder auf (Frick ua. aaO S 408). Die Frage, ob die verlegten Doppelbodenplatten den Estricharbeiten im Sinne der Ziff. 11 des Abschnitts V zuzuordnen sind, kann jedoch dahinstehen, da die vom Beklagten vorgenommenen Arbeiten jedenfalls aus anderen Gründen baugewerbliche sind.
bb) Die betriebliche Tätigkeit fällt nämlich unter das Tätigkeitsbeispiel der Nr. 37 "Trocken- und Montagebauarbeiten einschließlich des Anbringens von Unterkonstruktionen". Bei der Trockenbaumontage werden industriell hergestellte Fertigteile vor allem plattenförmige Bauteile aus verschiedenen Materialien, montiert. Zwar orientieren sich die im Klammerzusatz genannten Beispiele des Wand- und Deckeneinbaus bzw. Verkleidungen am Berufsbild des Trockenbaumonteurs, dessen Tätigkeit in Zusammenhang mit der Montage von Fassaden, Unterdecken, Wand- und Deckenbekleidungen und Leichtbauwänden gebracht wird (vgl. Blätter zur Berufskunde Bd. 1 II C 205). Jedoch sind Wand und Decken ausdrücklich als Beispiele genannt worden und daher nicht als abschließender Katalog anzusehen. Alle übrigen Merkmale der Trocken- und Montagebauarbeiten sind auch bei der Montage von Doppelböden gegeben. Auch bei Doppelböden werden Möglichkeiten und Voraussetzungen für die Montage von Ver- und Entsorgungssystemen wie zB Elektroinstallationen sowie Energieversorgungssystemen geschaffen. Sie gehören zu den sog. Installationsböden. Diese umfassen neben Unterflurkanal- und Hohlraumbodensystemen auch Doppelbodensysteme, wobei letztere im Gegensatz zu den erstgenannten in vollkommener Trockenbauweise montiert werden, so daß der Doppelboden nach seiner Fertigstellung sofort zu benutzen ist, weil keine Baufeuchte und damit keine Wartezeiten anfallen (Frick ua. aaO S 481). Das sachgerechte Verlegen und das Verbinden der Böden mit den tragenden Bauteilen erfordern Kenntnisse der Baustoffe und Techniken der Untergründe, wie dies auch für den Trockenbaumonteur der Fall ist, beispielsweise bei der Entscheidung, ob und wie die Unterkonstruktion befestigt wird. Die Tätigkeit eines Trockenbaumonteurs ist nicht auf die Verwendung bestimmter Werkstoffe beschränkt, sondern gerade durch die Vielfalt der zu verarbeitenden Werkstoffe im Rahmen eines weitgespannten Aufgabenkreises gekennzeichnet. Dies zeigen auch die berufsrechtlichen Vorschriften. Gem. § 63 Ziff. 7 BauWiAusbV (BGBl. I 1999 S 1102) ist Gegenstand der Berufsausbildung das Einbauen von Fertigteilfußbodenkonstruktionen. Fähigkeiten bei deren Einbau, Sanierung und Instandsetzung muß der Prüfling im schriftlichen Teil der Prüfung beweisen. (§ 67 Abs. 3 Ziff. 1 e und 2 d BauWiAusbV). Der Ausbildungsrahmenplan für die Berufsausbildung zum Trockenbaumonteur/zur Trockenbaumonteurin (Anl. 12 zu § 64 BauWiAusbV, lfd. Nr. 7 f) enthält ausdrücklich den Einbau von Hohlraum- und Doppelböden verschiedener Systeme. Für ein Unterfallen der Montage von Doppelböden unter das Tätigkeitsbeispiel Trocken- und Montagebau spricht ferner der Umstand, daß sowohl die Verlegung von Doppelböden als auch der Wand- und Deckeneinbau bzw. Wand- und Deckenverkleidungen dazu dienen, die räumlichen Begrenzungen von Innenräumen zu verändern. Die Platten werden auch montiert im tariflichen Sinn. Der Wortsinn des Begriffs "Montage" bedeutet im technischen Bereich "Aufbau, Zusammenbau" (Brockhaus/Wahrig Deutsches Wörterbuch Bd. 4 S 723).
Der Beklagte führt solche Arbeiten aus, wenn er die vorgefertigten Platten mit Hilfe der Unterkonstruktion auf dem vorhandenen Boden aufbringt. Die aus Stützen bestehende Unterkonstruktion muß entweder am Boden befestigt oder aufgestellt und in der Höhe angepaßt werden, da nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten seine Tätigkeit in erster Linie dazu dient, einen planen Boden zu schaffen, der vorhandene Unebenheiten des darunterliegenden Untergrunds ausgleicht. Der Beklagte baut also vorgefertigte Teile zu einem Fußboden zusammen. Dies sind Montagebauarbeiten im tariflichen Sinn. Sie dienen der Errichtung bzw. der Veränderung von Bauwerken, nämlich der Gebäude, in denen die Fußböden hergestellt werden.
cc) Sollte die Tätigkeit des Beklagten nach seinem - allerdings widersprüchlichen - Vortrag zeitlich überwiegend im Aufbringen von Bodenbelägen auf die zu verlegenden oder verlegten Platten bestehen, wäre dem Landesarbeitsgericht jedenfalls darin zu folgen, daß das Tätigkeitsbeispiel des Abschnitts V Nr. 38 "Verlegen von Bodenbelägen in Verbindung mit anderen baulichen Leistungen" durch die Tätigkeit des Beklagten erfüllt würde. Das Verlegen von Bodenbelägen steht dann in Verbindung mit anderen baulichen Leistungen, wenn beide Aufgaben nach der Üblichkeit im Arbeits- und Wirtschaftsleben, insbesondere auf Grund einheitlicher Auftragserteilung, zusammengehören, einander bedingen und insgesamt der Errichtung, Vollendung, Instandsetzung und Veränderung von Bauten oder Bauwerken dienen (BAG 7. April 1993 - 10 AZR 696/92 - nv.; 28. September 1988 - 4 AZR 343/88 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 98 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 41).
Nach dem festgestellten Sachverhalt erfolgt die Bodenverlegung immer auf Grund einheitlicher Auftragserteilung im Zusammenhang mit der Montage der Platten und in den Räumen des Auftraggebers.
c) Die Herstellung der vollständigen Doppelböden ist nicht als Bodenverlegung, die dem Raumausstattergewerbe zuzuordnen wäre, anzusehen. Aufgabe des Raumausstattergewerbes ist das Verlegen von Textil- und Kunststoffbelägen (Teppichböden, PVC-Belägen etc.). Diese Tätigkeit setzt voraus, daß ein Bodenbelag in Form von Bahnen oder Platten bereits existiert und dieser zum Zwecke der Raumausstattung auf einem bereits vorhandenen Fußboden verlegt wird. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach dem Zweck der Tätigkeit. Durch das Raumausstattergewerbe verlegte Böden dienen in erster Linie der Verschönerung eines Raumes (BAG 22. Juni 1994 - 10 AZR 656/93 - nv.). Diesen Zweck mögen die fertig verlegten Doppelböden auch erfüllen, ihre Hauptfunktion besteht jedoch in der Herstellung eines neuartigen, selbst tragfähigen Bodens als Ersatz für den nicht mehr als angemessen empfundenen vorherigen Boden. Ob Unebenheiten ausgeglichen, Beschädigungen verdeckt, Versorgungsleitungen untergebracht oder Wärme- oder Schalldämmung erreicht werden sollen, in jedem Fall wird ein neuer Fußboden erstellt, der sodann den eigentlichen Belag trägt. Bei Doppelbodensystemen werden die Bodenbeläge idR werkseitig auf die Platten aufgebracht. Sie müssen eine sog. "Doppelbodeneignung" aufweisen, die vom Doppelbodenhersteller zusammen mit dem Belaghersteller sicherzustellen ist. Dazu gehören auch der Nachweis der jeweiligen elektrostatischen Eigenschaften sowie der geforderte Erdableiterwiderstand von der gesamten Doppelbodenkonstruktion (Frick ua. aaO S 479 f.). Damit sind die Doppelböden nicht einem dem Raumausstattergewerbe zuzuordnenden Bodenbelag gleichzusetzen, sondern sie tragen ihn.
Dem entspricht, daß das Berufsbild des Raumausstatters gem. § 1 der Raumausstatterhandwerksverordnung vom 9. April 1975 die Verlegung von Doppelböden nicht enthält, sondern vielmehr ua. die Verlegung von Bodenbelägen aus Textilien und Kunststoffen sowie die Verkleidung von Wänden und Decken mit Tapeten, Textilien, Leder und Kunststoffen umfaßt. Zu den dem Raumausstatterhandwerk zuzurechnenden Kenntnissen und Fertigkeiten gehört das Verlegen von Bodenbelägen aus Textilien und Kunststoffen durch Spannen, Kleben und Schweißen, jedoch nicht die Verlegung des darunter liegenden Fußbodens. Nach dem Ausbildungsrahmenplan für die Berufsausbildung zum Raumausstatter/zur Raumausstatterin vom 5. August 1982 (BGBl. I S 1142 - 1148) gehören zu den zu vermittelnden Kenntnissen auch das Be- und Verarbeiten von Werkstoffen, ua. Holz und Kunststoffen, Füllstoffen und Unterlagsstoffen. Weiterhin sollen Kenntnisse über das Vorbereiten der Untergründe, insbesondere aus mineralischen Stoffen, Metall, Holz, Spanplatten und Kunststoffen, vermittelt werden. Diese sollen durch Schüttungen, Platten und Rollenmaterialien ausgeglichen, grundiert und durch Spachteln und Schleifen geglättet werden. Alle diese Kenntnisse und Fertigkeiten setzen jedoch voraus, daß ein fertiger Boden bzw. Untergrund bereits vorhanden ist und die Beläge - ggf. nach entsprechender Bearbeitung der Untergründe - darauf aufgebracht werden. Nicht davon umfaßt ist das Herstellen des darunter liegenden Fußbodens.
d) Schließlich ist dem Landesarbeitsgericht auch darin zu folgen, daß die Verlegung der Doppelböden eine bauliche Leistung im Sinne des § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV darstellt. Zur Erstellung eines Bauwerks gehört nicht nur die Fertigstellung eines Rohbaus, sondern auch der vollständige Ausbau, wie er vom Bauherrn in Auftrag gegeben wird. Ein Bauwerk ist erst dann erstellt und damit baulich vollendet, wenn es in vollem Umfang seinen bestimmungsgemäßen Zweck zu erfüllen in der Lage ist (BAG 18. Januar 1984 - 4 AZR 13/82 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 59). Dazu dient auch die Herstellung der neuen Fußböden. Dabei ist unerheblich, daß bereits ein Fußboden vorhanden ist. Entscheidend ist, daß der Bauherr das Gebäude in der Weise verändern will, daß ein neuer Fußboden erstellt werden soll.
Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht es für unbedeutend gehalten, daß die Doppelböden nicht untrennbar mit dem darunter liegenden Fußboden verbunden werden. Auch wenn die Doppelböden ohne jegliche Beschädigung des Unterbodens wieder demontiert und sodann ausgewechselt werden können, beseitigt dies den baulichen Charakter der Leistungen nicht. Der Tarifvertrag fordert keine untrennbare feste Verbindung mit dem Bauwerk. Sowohl bei Trocken- und Montagebauarbeiten, bei Fertigbauarbeiten wie auch bei Fassadenbauarbeiten, ebenso bei Zimmerarbeiten ist es denkbar, daß hergestellte und angebrachte Bauwerksteile bei sachgemäßer Demontage spurlos wieder entfernt werden können (vgl. für Trocken- und Montagebauarbeiten: BAG 7. Juli 1999 - 10 AZR 582/98 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Bau Nr. 221 = EzA TVG § 4 Bauindustrie Nr. 95). Ob es sich dabei um wesentliche Bestandteile des Gebäudes im Sinne des § 94 BGB handelt, ist unerheblich.
3. Der Betrieb des Beklagten ist nicht als ein solcher des Parkettlegerhandwerks gem. § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Ziff. 9 aus dem Geltungsbereich des VTV ausgenommen. Der Beklagte hat nicht dargelegt, daß er zeitlich überwiegend Parkett verlegt. Auch wenn die Doppelbodenplatten bereits mit Parkett versehen sind, stellt dennoch das Verlegen der vollständigen Platten keine Parkettverlegung in diesem Sinne, auch nicht als ein Unterfall des Fertigparkettverlegens dar. Es wird nicht nur ein Holzbelag aufgebracht, sondern ein neuer Fußboden hergestellt. Im übrigen hat der Beklagte auch nicht dargelegt, daß er zeitlich überwiegend mit Parkett versehene Doppelbodenplatten verlegt hätte.
III. Die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels hat der Beklagte zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Ende der Entscheidung
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