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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 11.02.2009
Aktenzeichen: 10 AZR 48/08
Rechtsgebiete: TVöD, BT-V (Bund)


Vorschriften:

TVöD § 19 AT
BT-V (Bund) § 47 Nr. 6
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

Hinweise des Senats: Teilweise Parallelverfahren 11. Februar 2009 - 10 AZR 48/08 - (führend, vorliegend), - 10 AZR 49/08 -, - 10 AZR 50/08 -, - 10 AZR 51/08 - und - 10 AZR 52/08 -

10 AZR 48/08

Verkündet am 11. Februar 2009

In Sachen

hat der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Februar 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Freitag, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Marquardt, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Brühler sowie die ehrenamtlichen Richter Sappa und Kiel für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 22. Oktober 2007 - 9 Sa 32/07 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten noch über tarifliche Erschwerniszuschläge für die Zeit vom 6. bis zum 7., vom 9. bis zum 12. sowie für den 27. Dezember 2005.

Der Kläger ist bei der Beklagten beim Wasser- und Schifffahrtsamt C als Kranführer und Rettungssanitäter beschäftigt. Er wird auf dem Schadstoffunfallbekämpfungsschiff/Gewässerschutzschiff "N" eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) Anwendung. § 19 TVöD AT lautet:

"§ 19

Erschwerniszuschläge

(1) Erschwerniszuschläge werden für Arbeiten gezahlt, die außergewöhnliche Erschwernisse beinhalten. Dies gilt nicht für Erschwernisse, die mit dem der Eingruppierung zugrunde liegenden Berufs- oder Tätigkeitsbild verbunden sind.

(2) Außergewöhnliche Erschwernisse im Sinne des Absatzes 1 ergeben sich grundsätzlich nur bei Arbeiten

a) mit besonderer Gefährdung,

b) mit extremer nicht klimabedingter Hitzeeinwirkung,

c) mit besonders starker Schmutz- oder Staubbelastung,

d) mit besonders starker Strahlenexposition oder

e) unter sonstigen vergleichbar erschwerten Umständen.

(3) Zuschläge nach Absatz 1 werden nicht gewährt, soweit der außergewöhnlichen Erschwernis durch geeignete Vorkehrungen, insbesondere zum Arbeitsschutz, ausreichend Rechnung getragen wird.

(4) Die Zuschläge betragen in der Regel 5 bis 15 v.H. - in besonderen Fällen auch abweichend - des auf eine Stunde entfallenden Anteils des monatlichen Tabellenentgelts der Stufe 2 der Entgeltgruppe 2. Teilzeitbeschäftigte erhalten Erschwerniszuschläge, die nach Stunden bemessen werden, in voller Höhe; sofern sie pauschaliert gezahlt werden, gilt dagegen § 24 Abs. 2.

(5) Die zuschlagspflichtigen Arbeiten und die Höhe der Zuschläge werden im Bereich der VKA landesbezirklich - für den Bund durch einen Tarifvertrag auf Bundesebene - vereinbart. Für den Bund gelten bis zum Inkrafttreten eines entsprechenden Tarifvertrages die bisherigen tarifvertraglichen Regelungen des Bundes fort."

§ 47 TVöD - Besonderer Teil Verwaltung (BT-V) - enthält Sonderregelungen für Beschäftigte im Bereich des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. In § 47 Nr. 6 TVöD BT-V (Bund) heißt es:

"Nr. 6

Zu § 19 - Erschwerniszuschläge -

(1) Bei Bergungen und Hilfeleistungen sowie Havariearbeiten und mit diesen zusammenhängenden Arbeiten werden Zuschläge iHv. 25 vH des auf eine Stunde entfallenden Anteils des monatlichen Entgelts der Stufe 2 der Entgeltgruppe 2 gezahlt. Dies gilt auch bei Bergungen von Fahrzeugen und Gegenständen der eigenen Verwaltung sowie Hilfeleistungen für solche Fahrzeuge und Gegenstände, sofern die Leistungen besonders schwierig und mit erheblicher Gefahr verbunden waren.

(2) Auf Schadstoffunfallbekämpfungsschiffen und auf dem Laderaumsaugbagger wird für Einsätze zum Feuerschutz bzw. zur Bekämpfung von Schadstoffen, Öl oder Chemikalien je Einsatztag ein Zuschlag iHv. 50,00 Euro gezahlt und die Verpflegung vom Arbeitgeber unentgeltlich bereitgestellt; dies gilt nicht für Übungseinsätze. Absatz 1 findet keine Anwendung."

Die N befindet sich ganzjährig im 24-Stunden-Dienst auf hoher See. Sie wurde für folgende Aufgaben konzipiert: Tonnenlegen, Öl-, Chemikalien- und Gasunfallbekämpfung, Feuerbekämpfung, Notschleppen auf hoher See und Eisbrechen. Darüber hinaus nimmt die N Aufgaben der Schifffahrtspolizei wahr. Die Besatzung der N arbeitet täglich zwölf Stunden. Sie wird nach jeweils einer Woche abgelöst.

Die N übernahm vom 5. bis zum 12. Dezember 2005 als Leitstelle vor Ort (On Scene Coordinator - OSC) die Einsatzleitung, die Verkehrssicherung und die Koordinierung von Bergungsarbeiten bei der Havarie des Motorschiffes "M" mit dem Containerfeeder "A" vor B. In einem Vermerk des Wasser- und Schifffahrtsamtes C vom 14. Dezember 2005 heißt es ua., dass aus dem Wrack der "M" am 8. Dezember 2005 geringe Mengen Gas und Schmieröl ausgetreten und durch die N aufgenommen worden sind. Der Kapitän der N hielt in einem "Sitrep (Situation Report) N Nr. 6" für den 8. Dezember 2005 fest, dass aus dem Wrack der "M" offensichtlich Gasöl ausgetreten ist, eine Bekämpfung aufgrund der Konsistenz nicht möglich war und die Entscheidung getroffen wurde, einen Sweepingarm auszusetzen und die Separationsanlage in Betrieb zu nehmen, um gegenüber der Öffentlichkeit den Eindruck zu vermeiden, dass ein Ölbekämpfungsschiff untätig ist, während Öl aus einem Wrack austritt. Vom 6. bis zum 12. Dezember 2005 war der Kläger an Bord der N. Während dieser Zeit war für ihn und die übrige Besatzung von 19.00 bis 6.30 Uhr Arbeitsbereitschaft angeordnet.

Am 27. Dezember 2005 wurde die N zu der Havarie des Küstenmotortankschiffs "G" beordert. Die "G" war westlich der Insel N auf dem S auf Grund gelaufen. Bergungsarbeiten oder Hilfeleistungen durch den Kläger oder andere Besatzungsmitglieder der N erfolgten nicht.

Der Kläger hat gemeint, ihm stehe gemäß § 47 Nr. 6 Abs. 2 TVöD BT-V (Bund) der tarifliche Zuschlag iHv. 50,00 Euro pro Einsatztag für die Zeit vom 6. bis zum 12. Dezember 2005 sowie für den 27. Dezember 2005 zu. Die N habe sich an diesen Tagen in einem Einsatz im Sinne dieser Tarifvorschrift befunden. Unter einem Einsatz im Tarifsinne seien alle Manöver zu verstehen, die ein Schadstoffunfallbekämpfungsschiff durchzuführen habe. Diese Interpretation werde auch durch die in § 2 Abs. 1 Satz 1 des Einsatzhandbuchs für Gewässerschutzschiffe (Einsatzhandbuch) enthaltene Definition des Begriffs "Einsatz" unterstützt. Danach seien Einsätze iSd. Handbuchs Maßnahmen auf dem Wasser zur Schadstoffunfallbekämpfung, wobei diese Maßnahmen den verkehrsbezogenen Feuerschutz, die allgemeine Brandbekämpfung, Notschleppeinsätze und Hilfeleistung zur Sicherung des Schiffsverkehrs sowie beim SAR-Einsatz einschließen könnten. Auch die angeordnete Arbeitsbereitschaft spreche dafür, dass sich die N im Anspruchszeitraum in einem Einsatz befunden habe. Jedenfalls stehe ihm der in § 47 Nr. 6 Abs. 1 TVöD BT-V (Bund) geregelte Zuschlag iHv. 25 vH des auf eine Stunde entfallenden Anteils des monatlichen Entgelts der Stufe 2 der Entgeltgruppe 2 zu. Die Besatzung der N sei im Anspruchszeitraum zu Hilfeleistungen und Havariearbeiten und mit diesen zusammenhängenden Arbeiten herangezogen worden.

Der Kläger hat vor dem Landesarbeitsgericht zuletzt beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag iHv. 350,00 Euro nebst 5 % Zinsen über dem zur Zeit gültigen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

hilfsweise,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag iHv. 460,80 Euro nebst 5 % Zinsen über dem zur Zeit gültigen Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, die N sei im Anspruchszeitraum nicht zum Feuerschutz bzw. zur Bekämpfung von Schadstoffen, Öl oder Chemikalien eingesetzt worden. Da die Besatzung der N weder Bergungen durchgeführt habe noch zu Hilfeleistungen oder Havariearbeiten oder mit diesen zusammenhängenden Arbeiten herangezogen worden sei, habe der Kläger keinen Anspruch auf die in § 47 Nr. 6 TVöD BT-V (Bund) geregelten Erschwerniszuschläge.

Das Arbeitsgericht hat der Klage rechtskräftig stattgegeben, soweit der Kläger für den 8. Dezember 2005 einen Zuschlag iHv. 50,00 Euro beansprucht hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Berufung für beide Parteien zugelassen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Anspruch auf Zuschläge für die Zeit vom 6. bis zum 7., vom 9. bis zum 12. sowie für den 27. Dezember 2005 weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, soweit der Kläger für die Zeit vom 6. bis zum 7., vom 9. bis zum 12. sowie für den 27. Dezember 2005 Erschwerniszuschläge verlangt hat. Dem Kläger stehen die beanspruchten Zuschläge weder nach § 47 Nr. 6 Abs. 2 TVöD BT-V (Bund) noch nach § 47 Nr. 6 Abs. 1 TVöD BT-V (Bund) zu.

I. Nach § 47 Nr. 6 Abs. 2 TVöD BT-V (Bund) wird auf Schadstoffunfallbekämpfungsschiffen und auf dem Laderaumsaugbagger für Einsätze zum Feuerschutz bzw. zur Bekämpfung von Schadstoffen, Öl oder Chemikalien je Einsatztag ein Zuschlag iHv. 50,00 Euro gezahlt und die Verpflegung vom Arbeitgeber unentgeltlich bereitgestellt. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass nach dem Wortlaut der Tarifvorschrift, auf den es bei der Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zunächst ankommt (vgl. 23. Mai 2007 - 10 AZR 323/06 - Rn. 15, AP TVG § 1 Tarifverträge: Seeschifffahrt Nr. 10; 19. Januar 2000 - 4 AZR 814/98 - BAGE 93, 229, 233), nicht jeder Einsatz eines Schadstoffunfallbekämpfungsschiffs den Anspruch auf den Zuschlag auslöst.

1. Die Tarifbestimmung spricht von Einsätzen zum Feuerschutz bzw. zur Bekämpfung von Schadstoffen, Öl oder Chemikalien. Sie knüpft damit den Anspruch auf die Zulage iHv. 50,00 Euro je Einsatztag an diese in der Tarifvorschrift ausdrücklich genannten Einsätze. Diese beinhalten nach dem Verständnis der Tarifvertragsparteien außergewöhnliche Erschwernisse iSv. § 19 TVöD AT. Wird ein Schadstoffunfallbekämpfungsschiff zu anderen Aufgaben herangezogen, zB zum Tonnenlegen, zum Eisbrechen, zur Notschleppung, zur Sicherung des Schiffsverkehrs oder zur Hilfeleistung beim SAR-Einsatz, liegt nach dem eindeutigen Wortlaut des § 47 Nr. 6 Abs. 2 TVöD BT-V (Bund) kein Einsatz im Sinne dieser Tarifbestimmung vor. Die Einschätzung der Tarifvertragsparteien, dass nicht alle Einsätze für die Besatzung eines Schadstoffunfallbekämpfungsschiffs in gleicher Weise belastend sind und ihre Entscheidung, dass den Besatzungsmitgliedern nur bei den in der Tarifvorschrift aufgeführten Einsätzen ein Erschwerniszuschlag iHv. 50,00 Euro je Einsatztag zustehen soll, überschreiten nicht die Grenzen der autonomen Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien.

2. Der tarifliche Gesamtzusammenhang bestätigt das Auslegungsergebnis. Aus der Überschrift des § 47 Nr. 6 TVöD BT-V (Bund) "Zu § 19 - Erschwerniszuschläge" wird deutlich, dass die Tarifvertragsparteien es nicht für angemessen hielten, den Anspruch der Besatzung eines Schadstoffunfallbekämpfungsschiffs auf Erschwerniszuschläge an die in § 19 Abs. 2 TVöD AT aufgeführten außergewöhnlichen Erschwernisse zu binden. Sie haben deshalb in § 47 Nr. 6 TVöD BT-V (Bund) eine spezielle Regelung getroffen und dabei berücksichtigt, dass nach § 19 Abs. 1 Satz 2 TVöD AT für Erschwernisse, die mit dem der Eingruppierung zugrunde liegenden Berufs- oder Tätigkeitsbild verbunden sind, kein Erschwerniszuschlag gezahlt wird. Werden auf einem Schadstoffunfallbekämpfungsschiff Arbeiten verrichtet, die in der Tarifvorschrift nicht ausdrücklich genannt sind, beinhalten diese Tätigkeiten damit nach der Einschätzung der Tarifvertragsparteien für die Besatzung keine außerordentlichen Erschwernisse, sondern nur gewöhnliche Erschwernisse, für die keine Erschwerniszuschläge gezahlt werden.

3. Der Hinweis des Klägers auf § 2 des von den Wasser- und Schifffahrtsdirektionen Nord und Nordwest herausgegebenen Einsatzhandbuchs trägt nicht. Nach dieser Bestimmung sind Einsätze iSd. Einsatzhandbuchs Maßnahmen auf dem Wasser zur Schadstoffunfallbekämpfung, wobei diese Maßnahmen den verkehrsbezogenen Feuerschutz, die allgemeine Brandbekämpfung, Notschleppeinsätze und Hilfeleistung zur Sicherung des Schiffsverkehrs sowie beim SAR-Einsatz einschließen können. Ein Wille der Tarifvertragsparteien, den Anspruch auf den tariflichen Erschwerniszuschlag an Einsätze iSv. § 2 des Einsatzhandbuchs zu knüpfen, hat im Wortlaut des § 47 Nr. 6 Abs. 2 TVöD BT-V (Bund) keinen Niederschlag gefunden. Hätten die Tarifvertragsparteien für den Anspruch auf den Erschwerniszuschlag entsprechend der Auffassung des Klägers auf Einsätze iSv. § 2 Einsatzhandbuch abstellen wollen, hätten sie den Anspruch auf den Zuschlag nicht auf die in der Tarifvorschrift ausdrücklich genannten Einsätze beschränken dürfen, sondern die Anspruchsvoraussetzungen für den Erschwerniszuschlag anders formulieren müssen. In den tariflichen Regelungen findet sich allerdings kein Anhaltspunkt dafür, dass die Tarifvertragsparteien nicht selbst festlegen wollten, welche Einsätze für die Besatzung eines Schadstoffunfallbekämpfungsschiffs außergewöhnliche Erschwernisse beinhalten, sondern diese Bestimmung und damit auch die Entscheidung, unter welchen Voraussetzungen der Besatzung der tarifliche Erschwerniszuschlag zusteht, den Wasser- und Schifffahrtsdirektionen Nord und Nordwest als Herausgeberinnen des Einsatzhandbuchs überlassen wollten.

4. Nach den von der Revision nicht mit Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts übernahm die N vom 5. bis zum 12. Dezember 2005 als Leitstelle vor Ort die Einsatzleitung, die Verkehrssicherung und die Koordinierung von Bergungsarbeiten bei der Havarie des Motorschiffes "M" mit dem Containerfeeder "A" vor B. Am 27. Dezember 2005 wurde die N zu der Havarie der "G" beordert, ohne dass nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts Bergungsarbeiten oder Hilfeleistungen durch den Kläger oder andere Besatzungsmitglieder der N erfolgten. Damit wurde die N in der Zeit vom 6. bis zum 7., vom 9. bis zum 12. sowie am 27. Dezember 2005 weder zum Feuerschutz noch zur Bekämpfung von Schadstoffen, Öl oder Chemikalien eingesetzt. Das Landesarbeitsgericht hat mit Recht erkannt, dass ein Schadstoffunfallbekämpfungsschiff, das bei einer Havarie die Einsatzleitung übernimmt, die Verkehrssicherung durchführt und die Bergungsarbeiten koordiniert, im Tarifsinne nicht zum Feuerschutz bzw. zur Bekämpfung von Schadstoffen, Öl oder Chemikalien eingesetzt wird. Das bloße Bereithalten zum Feuerschutz bzw. zur Bekämpfung von Schadstoffen, Öl oder Chemikalien reicht nach der tariflichen Regelung nicht aus, um den Anspruch auf den Erschwerniszuschlag auszulösen. Kommt es nicht zu Einsätzen zum Feuerschutz bzw. zur Bekämpfung von Schadstoffen, Öl oder Chemikalien, fehlt es an außergewöhnlichen Erschwernissen, die der in § 47 Nr. 6 Abs. 2 TVöD BT-V (Bund) geregelte Erschwerniszuschlag finanziell ausgleichen soll.

II. Dem Kläger steht auch der von ihm hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf einen Zuschlag iHv. 460,80 Euro nach § 47 Nr. 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD BT-V (Bund) nicht zu. Dabei kann dahinstehen, ob dieser Zuschlag Arbeitnehmern, die auf einem Schadstoffunfallbekämpfungsschiff beschäftigt sind, zustehen kann oder § 47 Nr. 6 Abs. 2 Satz 1 TVöD BT-V (Bund) für diese Arbeitnehmer die Erschwerniszuschläge abschließend regelt, wofür § 47 Nr. 6 Abs. 2 Satz 2 TVöD BT-V (Bund) spricht. Nach dieser Bestimmung findet Absatz 1 keine Anwendung.

1. Nach § 47 Nr. 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD BT-V (Bund) werden bei Bergungen und Hilfeleistungen sowie Havariearbeiten und mit diesen zusammenhängenden Arbeiten Zuschläge iHv. 25 vH des auf eine Stunde entfallenden Anteils des monatlichen Entgelts der Stufe 2 der Entgeltgruppe 2 gezahlt. Die in der Tarifnorm verwendeten Begriffe Bergung und Hilfeleistung haben für die gesamte Seeschifffahrt eine spezifische Bedeutung (BAG 20. März 1974 - 4 AZR 266/73 - AP MTB II § 29 Nr. 2 mwN). Sie waren bis zum 7. Oktober 2002 für das deutsche Seehandelsrecht in § 740 Satz 1 HGB idFv. 1. Januar 1964 (§ 740 HGB aF) definiert. Nach dieser Vorschrift lag eine Bergung vor, wenn in Seenot ein Schiff oder die an Bord befindlichen Sachen von dritten Personen in Besitz genommen und in Sicherheit gebracht wurden, nachdem die Schiffsbesatzung die Verfügungsmacht darüber verloren hatte. Wenn außer dem bezeichneten Fall ein Schiff oder die an Bord befindlichen Sachen aus einer Seenot durch die Hilfe dritter Personen gerettet wurden, handelte es sich nach § 740 Satz 1 HGB aF um eine Hilfsleistung. Nach der ab dem 8. Oktober 2002 gültigen Fassung des § 740 Abs. 1 HGB ist Berger, wer einem in Seegewässern in Gefahr befindlichen See- oder Binnenschiff oder sonstigen Vermögensgegenstand, einem in Binnengewässern in Gefahr befindlichen Seeschiff oder von einem Seeschiff aus einem in Binnengewässern in Gefahr befindlichen Binnenschiff oder sonstigen Vermögensgegenstand Hilfe leistet. Eine Havarie ist ein Seeunfall durch Kollision, Grundberührung oder ein Ereignis, das durch innere oder äußere Umstände Schäden an Schiff, Antriebsanlage usw. hervorruft (Brockhaus Die Enzyklopädie Band 9 Stichwort: Havarie S. 571). Aus dem Wortlaut der tariflichen Regelung lässt sich kein Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass die Tarifvertragsparteien die Begriffe Bergungen, Hilfeleistungen und Havariearbeiten in § 47 Nr. 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD BT-V (Bund) nicht im Sinne ihrer spezifischen Bedeutung in der Seeschifffahrt und abweichend vom allgemeinen Sprachgebrauch verstanden haben.

2. Der Kläger und die übrige Besatzung der N haben bei der Havarie des Motorschiffes "M" mit dem Containerfeeder "A" vor B und bei dem Havariefall "G" nicht selbst Bergungsarbeiten, Hilfeleistungen, Havariearbeiten oder mit diesen zusammenhängende Arbeiten ausgeführt. Die N hat vom 5. bis zum 12. Dezember 2005 nach der Havarie des Motorschiffes "M" mit dem Containerfeeder "A" als Leitstelle vor Ort nur die Einsatzleitung, die Verkehrssicherung und die Koordinierung der Bergungsarbeiten übernommen. Die Bergungsarbeiten selbst wurden von einem Bergungsunternehmen unter Einsatz von Tauchern und mit Hilfe eines Bergungskatamarans sowie Schleppern ausgeführt. Auch am 27. Dezember 2005 haben der Kläger und die übrige Besatzung der N keine in § 47 Nr. 6 Abs. 1 Satz 1 TVöD BT-V (Bund) aufgeführten Arbeiten selbst verrichtet. Die N wurde zwar zur Havarie der "G" beordert. Sie war nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts aber nicht selbst unmittelbar an den Bergungsarbeiten und Hilfeleistungen beteiligt. Das Bereithalten der Besatzung für Einsätze im Tarifsinne löst den Erschwerniszuschlag noch nicht aus, der die außergewöhnlichen Erschwernisse, die Bergungsarbeiten, Hilfeleistungen, Havariearbeiten oder mit diesen zusammenhängende Arbeiten beinhalten, finanziell ausgleichen soll.

Ende der Entscheidung

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