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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 12.10.2004
Aktenzeichen: 3 AZR 444/03
Rechtsgebiete: ZPO, VV 97
Vorschriften:
ZPO § 256 | |
VV 97 § 15 |
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL
Verkündet am 12. Oktober 2004
In Sachen
hat der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Reinecke, die Richter am Bundesarbeitsgericht Kremhelmer und Breinlinger sowie die ehrenamtlichen Richter Schoden und Fasbender für Recht erkannt:
Tenor:
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 6. Juni 2003 - 6 Sa 2/03 - wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Betriebsrente.
Der Kläger erhält seit dem 1. Juli 1999 eine betriebliche Altersrente auf der Grundlage der Versorgungsvereinbarung in der Fassung vom 13. März 1997, einem Haustarifvertrag (VV 97). Mit Vergleich vom 26. April 2002, abgeschlossen vor dem Arbeitsgericht Hamburg im Rechtsstreit - 11 Ca 385/99 -, hatten die Parteien vereinbart, dass die Betriebsrente des Klägers nach § 15 VV 97 zu berechnen ist.
§ 15 Abs. 1 VV 97 legt, gestaffelt nach der Zahl der Beschäftigungsjahre, eine "Obergrenze der Nettogesamtversorgung" fest, die in einem bestimmten Prozentsatz des "Nettovergleichseinkommens" besteht. Nach § 15 Abs. 5 VV 97 errechnet sich das Nettovergleichseinkommen aus dem um bestimmte Abzüge gekürzten "Brutto- Einkommen". Letzteres definiert § 15 Abs. 6 VV 97 wie folgt:
"(6) Als Bruttoeinkommen gelten
- die der Berechnung der Versorgungsleistung des NDR zugrunde liegende Monatsvergütung (ruhegeldfähiges Einkommen),
- der monatliche Durchschnitt der vom NDR gezahlten Mehrarbeitsvergütungen, Mehrarbeitszuschläge und Zeitzuschläge, die die/der Beschäftigte in den letzten zehn Jahren der Beschäftigungszeit, bezogen auf den Zeitpunkt der Rentenberechnung, erhalten hat. Dieser Durchschnitt wird in der Spanne von 2,5/100 bis zu einem Höchstsatz von 35/100
- bezogen auf das ruhegeldfähige Einkommen - berücksichtigt."
Der auf das Arbeitsverhältnis anzuwendende Manteltarifvertrag (MTV) definiert in TZ 320 ff. "Mehrarbeit" und legt in TZ 323 Abs. 1 fest, dass für Mehrarbeit Mehrarbeitszuschlag zu zahlen ist. Mehrarbeitsvergütung und Mehrarbeitszuschlag sind in den TZ 540 ff. MTV geregelt. Die Zeitzuschläge für Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit sind in TZ 550 ff. MTV geregelt. Schließlich bestimmt der Manteltarifvertrag in TZ 570 ff.:
"570 Sonderzahlungen bei Urlaub und Krankheit
571.1 Für die Zeit des Erholungsurlaubs und für Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit sind Mehrarbeitsvergütungen, Mehrarbeitszuschläge und Zeitzuschläge entsprechend TZ 571.2 abzugelten.
571.2 Der Anspruch nach TZ 571.1 wird durch eine einmalige Sonderzahlung abgegolten. Die Sonderzahlung wird zusammen mit der Vergütung für den Monat März geleistet. Sie beträgt für den Erholungsurlaub 1/11 der im vorangegangenen Kalenderjahr gezahlten Mehrarbeitsvergütung, Mehrarbeitszuschläge und Zeitzuschläge; für jeden Kalendertag der Arbeitsunfähigkeit beträgt die Sonderzahlung 1/30, höchstens jedoch 42/30, der Sonderzahlung für den Erholungsurlaub."
Diese Sonderzahlung nach TZ 570 ff. MTV hat die Beklagte bei der Berechnung des versorgungsfähigen Bruttoeinkommens des Klägers unberücksichtigt gelassen.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, als pauschalierte Zahlung der Mehrarbeitsvergütung, der Mehrarbeitszuschläge und Zeitzuschläge für die Zeiträume der Arbeitsunfähigkeit und des Urlaubs seien die tariflichen Sonderzahlungen zum Bruttoeinkommen iSd. § 15 Abs. 6 VV 97 zu berücksichtigen. Die Pauschalierung diene lediglich einer vereinfachten Berechnung.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, dass die Beklagte bei der Berechnung des Nettovergleichseinkommens neben dem monatlichen Durchschnitt der an den Kläger in den letzten 10 Jahren der Beschäftigungszeit, bezogen auf den Zeitpunkt der Rentenberechnung, gezahlten Mehrarbeitsvergütungen, Mehrarbeits- und Zeitzuschläge auch die Sonderzahlungen gemäß den TZ 571.1 und 571.2 des bei der Beklagten geltenden Manteltarifvertrages zu berücksichtigen hat.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Schon nach dem Wortlaut des MTV seien die Sonderzahlungen nach TZ 570 ff. etwas anderes als Mehrarbeitsvergütungen und -zuschläge.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers blieb vor dem Landesarbeitsgericht erfolglos. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet, weil die Klage unbegründet ist. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, bei der Berechnung des Bruttoeinkommens gem. § 15 Abs. 6 VV 97 auch die tariflichen Sonderzahlungen gem. TZ 570 ff. MTV zu berücksichtigen.
I. Die Klage ist zulässig, da der Kläger das gem. § 256 ZPO notwendige Feststellungsinteresse hat. Die Parteien haben sich durch gerichtlichen Vergleich darauf geeinigt, dass die Betriebsrente des Klägers gem. § 15 VV 97 berechnet werden soll. Danach ist vom "Brutto-Einkommen" auszugehen, so dass der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, die Definition des Bruttoeinkommens feststellen zu lassen. Die Feststellungsklage muss sich nicht auf das Rechtsverhältnis im Ganzen beziehen, sondern kann sich auf einzelne daraus entstehende Rechte, Pflichten oder Folgen beschränken, sofern dafür ein Feststellungsinteresse besteht (BAG 9. November 1999 - 3 AZR 361/98 - AP BetrAVG § 7 Nr. 96 = EzA BetrAVG § 7 Nr. 62, zu A 3 der Gründe; 24. April 2001 - 3 AZR 210/00 - EzA BetrAVG § 1 Nr. 75, zu I 2 a der Gründe). Dem Feststellungsinteresse steht auch nicht entgegen, dass eine Leistungsklage möglich gewesen wäre. Diese hätte beziffert werden müssen und damit eine komplizierte Neuberechnung erfordert. Davon durfte der Kläger absehen (BAG 18. Februar 2003 - 3 AZR 46/02 - BAGE 105, 86; 17. Oktober 2000 - 3 AZR 69/99 - AP BetrAVG § 1 Zusatzversorgungskassen Nr. 56 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 71, zu A I der Gründe; 20. März 2001 - 3 AZR 276/00 - BAGE 97, 205, 207).
II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Auslegung der tariflichen Versorgungsvereinbarung ergibt in der Zusammenschau mit den übrigen auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Tarifbestimmungen des Manteltarifvertrages, dass die bei Urlaub und Krankheit geleisteten Sonderzahlungen bei der Betriebsrentenberechnung gem. § 15 Abs. 6 VV 97 nicht zu berücksichtigen sind.
1. Nach dem Wortlaut der tariflichen Versorgungsvereinbarung sind die vom Kläger geltend gemachten Sonderzahlungen nicht erfasst. § 15 Abs. 6 VV 97 definiert als Bestandteile des Bruttoeinkommens vielmehr nur die Monatsvergütung einerseits sowie den Monatsdurchschnitt bestimmter Zusatzvergütungen aus den letzten zehn Jahren andererseits. Die Sonderzahlungen bei Urlaub und Arbeitsunfähigkeit werden nicht erwähnt. Die tarifliche VV 97 nennt nur Mehrarbeitsvergütungen, Mehrarbeitszuschläge und Zeitzuschläge.
2. Diese Aufzählung ist abschließend. Dies ergibt sich daraus, dass in § 15 Abs. 6 VV 97 die Begriffe des Manteltarifvertrages verwendet werden. Dieser regelt in den TZ 540 ff. Mehrarbeitsvergütung und Mehrarbeitszuschlag sowie in den TZ 550 ff. die Zeitzuschläge. Die Sonderzahlungen bei Urlaub und Krankheit sind dagegen im Manteltarifvertrag durch die TZ 570 ff. geregelt. Um für die Rentenberechnung berücksichtigungsfähig zu sein, hätten sie ebenso in § 15 Abs. 6 VV 97 erwähnt werden müssen wie die in anderen Teilziffern geregelten Vergütungsbestandteile. Zu Recht weist die Beklagte darauf hin, ohne besondere Hinweise sei davon auszugehen, dass dieselben Tarifvertragsparteien gleiche Begriffe in verschiedenen Tarifwerken auch grundsätzlich mit gleichem Bedeutungsgehalt verwenden.
3. Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich dem Wortlaut der VV 97 sowie der Systematik der auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden tariflichen Regelungen nicht Sinn und Zweck der Versorgungsregelung entgegenhalten. Die Berechnung des Bruttoeinkommens nach § 15 Abs. 6 VV 97 erfolgt, um die Nettogesamtversorgungsobergrenze gem. § 15 Abs. 1 iVm. Abs. 5 VV 97 festlegen zu können. Dabei macht es durchaus Sinn, wenn die Tarifvertragsparteien nur die tatsächlich geleistete und damit dem Arbeitgeber zugute gekommene Arbeitszeit berücksichtigen wollten, nicht aber auch den Ausgleich für deren Ausfall infolge von Urlaub oder Krankheit.
Ende der Entscheidung
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