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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 25.01.2006
Aktenzeichen: 4 AZR 552/04
Rechtsgebiete: TVG, ZPO, TV Lohn/West


Vorschriften:

TVG § 2 Abs. 2
TVG § 2 Abs. 3
TVG § 2 Abs. 4
ZPO § 253 Abs. 2
Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme der fünf neuen Länder und des Landes Berlin vom 4. Juli 2002 (TV Lohn/West) § 2
Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme der fünf neuen Länder und des Landes Berlin vom 4. Juli 2002 (TV Lohn/West) § 8
Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme der fünf neuen Länder und des Landes Berlin vom 4. Juli 2002 (TV Lohn/West) § 9
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT

Im Namen des Volkes!

URTEIL

4 AZR 552/04

Verkündet am 25. Januar 2006

In Sachen

hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Bepler, die Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Wolter und Creutzfeldt sowie die ehrenamtlichen Richter Rzadkowski und Umlandt

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 27. August 2004 - 2 Sa 338/04 -wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagten zu 1) und 2) verpflichtet sind, auf ihre Mitgliedsverbände auf Landes-, Bezirks- und Fachverbandsebene einzuwirken, bestimmte ausformulierte regionale Lohntarifverträge abzuschließen.

Die klagende Gewerkschaft und die Beklagten zu 1) und 2), bei denen es sich um die Spitzenorganisationen des Baugewerbes und der Bauindustrie handelt, haben am 4. Juli 2002 den "Tarifvertrag zur Regelung der Löhne und Ausbildungsvergütungen im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme der fünf neuen Länder und des Landes Berlin" (TV Lohn/West) abgeschlossen, der zum 1. April 2002 in Kraft trat und der ausgehend von den ab dem 1. April 2002 geltenden Tarifstundenlöhnen zum 1. September 2002 eine Anhebung um 3,2 % und zum 1. April 2003 um weitere 2,4 % vorsah. Die erste Lohnerhöhung fiel zusammen mit der Schaffung einer neuen Lohnstruktur durch den zum 1. September 2002 in Kraft getretenen Tarifvertrag zur Einführung neuer Lohnstrukturen für die gewerblichen Arbeitnehmer des Baugewerbes vom 4. Juli 2002 (TV Lohnstrukturen), der die Berufsgruppen I - VIII und die Berufsgruppen M I - M VI in insgesamt sechs Lohngruppen überführte. Der TV Lohn/West legt die Stundenvergütung für die neu eingeführten Lohngruppen fest, und zwar in § 2 Abs. 7 die Löhne mit Wirkung ab 1. September 2002 und in § 2 Abs. 8 die Löhne mit Wirkung ab 1. April 2003. Beide Bestimmungen enthalten den Zusatz "soweit sich aus den Bezirkslohntarifverträgen nicht etwas anderes ergibt". Außerdem finden sich im TV Lohn/West ua. Sonderregelungen für Fliesen-, Platten- und Mosaikleger und für Baumaschinenführer (§ 2 Abs. 7 und 8 TV Lohn/West) sowie für Stuckateure und Gipser und für Arbeitnehmer im feuertechnischen Gewerbe (§§ 4, 5 TV Lohn/West).

Zu den Bezirkslohntarifverträgen (Lohntabellen) bestimmt § 8 TV Lohn/West:

"Die Landes- bzw. Bezirksorganisationen der Tarifvertragsparteien sind verpflichtet, unverzüglich die Lohntarifverträge (Lohntabellen) ihres Gebietes nach Maßgabe dieses Tarifvertrages zu erstellen. In diese ist auch eine Sonderlohngruppe für Berufskraftfahrer aufzunehmen."

Zur Durchführung des Tarifvertrages ist in § 9 Abs. 1 TV Lohn/West folgende Regelung enthalten:

"Die Tarifvertragsparteien verpflichten sich, ihren Einfluss zur Durchführung und Aufrechterhaltung dieses Vertrages und der damit in Zusammenhang stehenden Lohn- und sonstigen Tarifverträge einzusetzen."

In den bisherigen Bezirkslohntarifverträgen (Lohntabellen) sind neben den Berufsgruppen auch zahlreiche jeweils unterschiedliche Sonderlohngruppen enthalten. Das erklärt sich historisch daraus, dass nach 1945 die Tarifverhandlungen zunächst regional stattfanden. Erst später wurden zentrale Tarifverhandlungen geführt. Sie beschränkten sich aber im Wesentlichen auf die Festlegung der Vergütung für die im Bundesrahmentarifvertrag festgelegten Berufsgruppen. Die historisch gewachsenen regionalen Besonderheiten fanden dadurch Berücksichtigung, dass bei der Umsetzung der zentralen Vergütungsregelungen in die regionalen Bezirkslohntarifverträge (Lohntabellen) ergänzend sog. Sonderlohngruppen geregelt wurden, die für bestimmte besondere Berufe bzw. Tätigkeiten abweichende Stundenlöhne vorsahen.

Nach Abschluss des TV Lohn/West wurden die darin festgelegten Löhne für die Lohngruppen regional umgesetzt. Die Löhne der jeweiligen regionalen Sonderlohngruppen wurden aber nicht entsprechend erhöht.

Mit ihrer Klage verlangt die klagende Gewerkschaft von den Beklagten zu 1) und 2) auf ihre Mitgliedsverbände dahin einzuwirken, dass sie Lohntarifverträge mit bestimmtem Inhalt für die Zeit vom 1. September 2002 bis einschließlich 31. März 2004 abschließen. Sie hat die Auffassung vertreten, in die jeweiligen regionalen Lohntarifverträge seien nach § 8 TV Lohn/West die bisherigen Sonderlohngruppen aufzunehmen und die vereinbarten prozentualen Lohnerhöhungen auch insoweit umzusetzen. Die Beklagten zu 1) und 2) seien nach § 9 Abs. 1 TV Lohn/West verpflichtet, auf ihre Mitglieder in geeigneter Art und Weise einzuwirken, diese Verpflichtung zu erfüllen. Für Tarifverhandlungen auf Landes- und Bezirksebene sei auch im Hinblick auf die bestehende Friedenspflicht kein Raum.

Die Klägerin hat mit ihrem zunächst allein gestellten, 75 Seiten umfassenden Hauptantrag gegenüber den Beklagten zu 1) und 2) beantragt, diese zu verurteilen, auf die im Einzelnen benannten regionalen Mitgliedsverbände einzuwirken, die im Antrag ausformulierten einzelnen regionalen Lohntarifverträge zum einen für den Zeitraum vom 1. September 2002 bis zum 31. März 2003 und zum anderen für den Zeitraum vom 1. April 2003 bis zum 31. März 2004 abzuschließen. Die im Antrag ausformulierten Tarifvertragsentwürfe beinhalten nicht nur die im TV Lohn/West festgelegten Vergütungen, sondern auch die Vergütungen der in den bisherigen regionalen Lohntarifverträgen enthaltenen jeweiligen Sonderlohngruppen in der Höhe, die sich bei einer Erhöhung der in den regionalen Lohntarifverträgen festgelegten bisherigen Vergütung um die im TV Lohn/West vereinbarten prozentualen Tariferhöhungen zum 1. September 2002 und zum 1. April 2003 ergibt. Der zweitinstanzlich zusätzlich gestellte, ebenfalls 75 Seiten umfassende Hilfsantrag unterscheidet sich vom Hauptantrag nur dadurch, dass mit ihm statt der Verurteilung zur Einwirkung die Feststellung einer entsprechenden Einwirkungspflicht der Beklagten zu 1) und 2) angestrebt wird. Auf Blatt 139 bis 288 der Senatsakte wird Bezug genommen.

Die Beklagten zu 1) und 2) haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben die Auffassung vertreten, die Anträge seien nicht hinreichend bestimmt, weil kein konkretes Einwirkungsmittel genannt sei. Aus dem TV Lohn/West ergebe sich auch nicht, dass die Vergütung für die regionalen Sonderlohngruppen um die im TV Lohn/West vereinbarten Prozentsätze erhöht werden müssten. Deshalb bestehe keine entsprechende Einwirkungspflicht auf ihre - der Beklagten zu 1) und 2) - jeweiligen Mitgliedsverbände. § 8 TV Lohn/West enthalte vielmehr einen klagbaren Anspruch auf Ab-schluss von Bezirkslohntarifverträgen gegenüber den Landes- und Bezirksorganisationen. Die Einwirkungspflicht auf die Landes- und Bezirksorganisationen könne sich nur auf die im TV Lohn/West geregelten Lohngruppen beziehen, nicht auf die Sonderlohngruppen. Die fehlende Bereitschaft der Mitgliedsverbände zur Umsetzung des TV Lohn/West beziehe sich aber allein auf diese Sonderlohngruppen. Streit bestehe darüber, ob durch die neue Lohngruppenstruktur die bisher in den Bezirkslohntarifverträgen enthaltenen Sonderlohngruppen ersatzlos weggefallen seien. Deswegen seien zur Lösung dieser unterschiedlichen Auffassungen Tarifverhandlungen auf Landes- und Bezirksebene notwendig.

Das Arbeitsgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin einschließlich des zweitinstanzlich hilfsweise gestellten Feststellungsantrags zurückgewiesen, wobei es den Hauptantrag als zulässig, aber unbegründet angesehen hat. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre zweitinstanzlich gestellten Anträge weiter. Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Klägerin ist unbegründet.

I. Der Hauptantrag ist, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, zulässig, aber unbegründet.

1. Der Hauptantrag, der als Leistungsklage auf die Einwirkung der Beklagten zu

1) und 2) auf ihre jeweiligen Mitgliedsverbände gerichtet ist, ist zulässig.

a) Der Antrag ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 ZPO. Zwar ist in dem Antrag nicht konkret benannt, in welcher Weise die Beklagten zu 1) und 2) auf ihre Mitgliedsverbände einwirken sollen. Das ist aber nach der Rechtsprechung des Senats bei der Einwirkungsklage auch nicht erforderlich (29. April 1992 - 4 AZR 432/91 -BAGE 70, 165, 168; unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung vgl. 3. Februar 1988 - 4 AZR 513/87 - BAGE 57, 268, 274). Der Leistungsantrag ist hinreichend bestimmt, wenn ein diesem Antrag stattgebendes Urteil die Leistung so genau bezeichnet, dass der Schuldner ohne weiteres erkennen kann, durch welche Verhaltensweisen er dem Urteilsspruch nachkommen kann und dass das Urteil insoweit vollstreckungsfähig ist. Danach ist die Verurteilung zur "Einwirkung" eindeutig genug. Einwirken bedeutet, durch ein Tun den Dritten darauf hinzuweisen, er möge eine bestimmte Handlung vornehmen oder unterlassen, wobei der Schuldner die freie Wahl hat, welches Mittel der Einwirkung er wählt. Das Bestehen eines solchen Wahlrechts macht den auf die Einwirkung gerichteten Klageantrag nicht unbestimmt.

b) Der Zulässigkeit der Einwirkungsklage steht auch nicht entgegen, dass das Ziel der Einwirkung der Abschluss von Tarifverträgen für einen vergangenen Zeitraum ist. Ein rückwirkender Tarifvertrag ist - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat - zulässig, wenn die Tarifunterworfenen mit einer entsprechenden Regelung rechnen mussten. Dies ist vorliegend schon deshalb der Fall, weil in § 8 TV Lohn/West ausdrücklich geregelt ist, dass die Landes- bzw. Bezirksorganisationen der Tarifvertragsparteien verpflichtet sind, unverzüglich die Lohntarifverträge ihres Gebietes nach Maßgabe dieses Tarifvertrages zu erstellen. Die Tarifunterworfenen müssen auch mit dem verspäteten Vollzug dieser von ihren Verbänden eingegangenen Verpflichtung rechnen. Der Antrag ist auf die Erfüllung dieser nach Auffassung der Klägerin bestehenden Verpflichtung gerichtet.

c) Auch das Rechtsschutzinteresse ist gegeben, weil keiner der Beklagten zu 1) und 2) die von der Klägerin angestrebte Einwirkung vorgenommen hat. Zwar sind die Beklagten zu 1) und 2) frei, das Einwirkungsmittel zu bestimmen, und der Beklagte zu 2) hat nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts "mit" seinen "Mitgliedsverbänden den Abschluss der Bezirkslohntarifverträge diskutiert". Daraus ergibt sich aber nicht, dass die verlangte Leistung bereits erfüllt ist. Dass nach der Rechtsprechung des Senats jedes Mittel der Einwirkung ausreichend ist, bedeutet nicht, dass das Ziel der Einwirkung unbeachtlich ist. Der Feststellung des Landesarbeitsgerichts kann nicht entnommen werden, dass der Beklagte zu 2) die Diskussionen mit seinen Mitgliedsverbänden mit dem Ziel geführt hat, diese zum Abschluss regionaler Lohntarifverträge mit dem von der Klägerin formulierten Inhalt zu veranlassen. Dies behauptet der Beklagte zu 2) auch nicht.

2. Der Hauptantrag ist aber nicht begründet. Zwar sind die Beklagten zu 1) und 2) verpflichtet, auf ihre Mitgliedsverbände einzuwirken, die sich aus § 8 TV Lohn/West ergebende Verpflichtung zu erfüllen, "unverzüglich die Lohntarifverträge ... ihres Gebietes nach Maßgabe dieses Tarifvertrages zu erstellen". Aus dem TV Lohn/West ergibt sich aber nicht, dass diese von den regionalen Verbänden abzuschließenden Lohntarifverträge den in dem Klageantrag ausformulierten Inhalt haben müssen.

a) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass § 9 Abs. 1 TV Lohn/West die Einwirkungspflicht der Tarifvertragsparteien ausdrücklich geregelt hat. Die Bestimmung legt die Verpflichtung der Tarifvertragsparteien fest, ihren Einfluss zur Durchführung und Aufrechterhaltung des TV Lohn/West einzusetzen. Das beinhaltet grundsätzlich auch die Verpflichtung, auf ihre Mitgliedsverbände einzuwirken, die sich aus § 8 TV Lohn/West ergebende Verpflichtung zum Abschluss regionaler Lohntarifverträge zu erfüllen. Diese Verpflichtung trifft die Beklagten zu 1) und 2) als Spitzenorganisationen gem. § 2 Abs. 4 TVG unabhängig davon, ob sie den TV Lohn/West gem. § 2 Abs. 2 TVG im Auftrag ihrer Mitgliedsverbände oder gem. § 2 Abs. 3 TVG in Erfüllung ihrer eigenen satzungsmäßigen Aufgaben abgeschlossen haben.

b) Aus dem TV Lohn/West ergibt sich aber entgegen der Auffassung der Klägerin nicht, dass die regionalen Mitgliedsverbände der Beklagten zu 1) und 2) regionale Tarifverträge mit dem von der Klägerin in ihrem Antrag formulierten Inhalt abschließen müssen, dh. unter Einbeziehung der jeweiligen Sonderlohngruppen, deren Stundenvergütung in den ab dem 1. September 2002 geltenden regionalen Tarifverträgen um 3,2 %, und in den ab dem 1. April 2003 geltenden regionalen Tarifverträgen um 2,4 % erhöht werden sollen. § 2 Abs. 2 TV Lohn/West beinhaltet nicht die Tariferhöhung für die regionalen Sonderlohngruppen, sondern nur für die in dem TV Lohn/West geregelten Berufs- bzw. Lohngruppen sowie die darin ausdrücklich benannten allgemeinen Sonderlohngruppen. Das ergibt die Auslegung des TV Lohn/West, die sich in erster Linie am Wortlaut und am tariflichen Gesamtzusammenhang zu orientieren hat (zB BAG 16. Oktober 2002 - 4 AZR 429/01 - BAGE 103, 131, 135; 26. November 2003 - 4 ABR 54/02 - BAGE 109, 12, 18; 11. Mai 2005 - 4 AZR 303/04 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Versorgungsbetriebe Nr. 1, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).

aa) Für die Auslegung, dass die Vergütung für die jeweiligen regionalen Sonderlohngruppen nicht durch § 2 Abs. 2 TV Lohn/West festgelegt ist, spricht bereits, dass im weiteren Verlauf die konkret zu zahlenden Stundenlöhne nur für die neu eingeführten Lohngruppen (§ 2 Abs. 7 und 8 TV Lohn/West) sowie für die allgemeinen Sonderlohngruppen (Fliesen-, Platten- und Mosaikleger der Lohngruppe 4 bzw. Baumaschinenführer der Lohngruppe 4 in § 2 Abs. 7 und 8 TV Lohn/West, Stuckateure und Gipser in § 4 TV Lohn/West und Arbeitnehmer im feuertechnischen Gewerbe in § 5 TV Lohn/West) bestimmt werden. Eine Regelung über die Vergütung der regionalen Sonderlohngruppen ergibt sich daraus nicht.

bb) Dafür, dass eine Regelung hierzu fehlt, spricht auch die in § 2 Abs. 7 und 8 TV Lohn/West enthaltene Formulierung: "soweit sich aus den Bezirkslohntarifverträgen nicht etwas anderes ergibt". Darauf hat auch das Landesarbeitsgericht zutreffend hingewiesen. Vor dem Hintergrund der Tarifwirklichkeit, die durch die Existenz von regionalen Lohntarifverträgen mit jeweils zahlreichen Sonderlohngruppen geprägt ist, ist damit offensichtlich die Festlegung der Stundenvergütung für diese regionalen Sonderlohngruppen angesprochen. § 2 Abs. 7 und 8 TV Lohn/West sind damit Öffnungsklauseln für ergänzende Regelungen für diese Sonderlohngruppen in den regionalen Lohntarifverträgen. Nur so machen die Regelungen einen Sinn. Es ist auszuschließen, dass diese Bestimmungen stattdessen die Möglichkeit eröffnen sollten, in den regionalen Lohntarifverträgen die im TV Lohn/West selbst festgelegten Vergütungen abzuändern.

cc) Eine weitere Bestätigung ergibt sich aus § 8 TV Lohn/West, wonach die Landes- bzw. Bezirksorganisationen der Tarifvertragsparteien verpflichtet sind, unverzüglich die Lohntarifverträge (Lohntabellen) ihres Gebietes nach Maßgabe dieses Tarifvertrages zu erstellen. Die Verwendung des Begriffs "Lohntarifvertrag" setzt, abgesehen von der Möglichkeit der Verweisung auf die inhaltlichen Regelungen in anderen Tarifverträgen, stillschweigend voraus, dass in dem Tarifvertrag selbst Regelungen über die Vergütung getroffen werden. Wenn der TV Lohn/West entsprechend der von der Klägerin vertretenen Auslegung bereits die Festlegung der Vergütung für die regionalen Sonderlohngruppen enthalten würde, bedürfte es keiner zusätzlichen regionalen Lohntarifverträge. Dann ginge es nur um die Dokumentation der schon im TV Lohn/West getroffenen Vergütungsregelungen. Dass sich die Verpflichtung der regionalen Tarifvertragsparteien auf eine solche Dokumentation der Inhalte des TV Lohn/West beschränken sollte, kann § 8 TV Lohn/West nicht entnommen werden, auch wenn in den regionalen Lohntarifverträgen üblicherweise auch die Vergütung für die bereits im TV Lohn/West selbst geregelten Lohngruppen bzw. allgemeinen Sonderlohngruppen aufgenommen werden.

dd) Dass die regionalen Tarifvertragsparteien eigenständige Regelungen über die jeweiligen Sonderlohngruppen treffen sollen, wird durch § 8 Satz 2 TV Lohn/West bestätigt, wonach in die regionalen Lohntarifverträge "auch eine Sonderlohngruppe für Berufskraftfahrer aufzunehmen" ist. Damit ist jedenfalls für diese neu aufzunehmende Sonderlohngruppe ein Gestaltungsspielraum der regionalen Tarifvertragsparteien gegeben, weil im TV Lohn/West für diese Sonderlohngruppe keine Stundenvergütung festgelegt ist. Es spricht nichts dafür, dass die regionalen Tarifvertragsparteien nur für diese Sonderlohngruppe der Berufskraftfahrer einen Gestaltungsspielraum bei der Festlegung der Vergütung haben, bei den bisherigen regionalen Sonderlohngruppen aber auf eine Umsetzung der prozentualen Tariferhöhung beschränkt bleiben sollten.

c) Danach steht den regionalen Mitgliedsverbänden der Beklagten zu 1) und 2) bei der Erstellung der regionalen Lohntarifverträge hinsichtlich der regionalen Sonderlohngruppen ein Gestaltungsspielraum zu. Die Mitgliedsverbände der Beklagten zu 1) und 2) sind demnach nicht verpflichtet, regionale Lohntarifverträge mit dem im Antrag der Klägerin in allen Einzelheiten bis hin zur Vergütungshöhe der regionalen Sonderlohngruppen ausformulierten Inhalt abzuschließen. Sie haben als tariffähige eigenständige Koalitionen nach Art. 9 Abs. 3 GG das Recht und nach § 8 TV Lohn/West auch die Pflicht, regionale Lohntarifverträge unter Einbeziehung etwaiger regionaler Sonderlohngruppen abzuschließen und hierüber eigenständig zu verhandeln. Entgegen der Auffassung der Klägerin besteht insoweit auch keine Friedenspflicht. Die Aufgabe der regionalen Tarifvertragsparteien, die Vergütung für die jeweiligen Sonderlohngruppen zu regeln, ist durch den Abschluss des TV Lohn/West nicht entfallen. Insoweit besteht nach den allgemeinen Regeln neben der Verhandlungskompetenz auch weiterhin die Befugnis zu verhandlungsbegleitenden Kampfmaßnahmen.

II. Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag ist - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - bereits unzulässig, weil die als Hauptantrag gestellte grundsätzlich vorrangige Leistungsklage zulässig ist.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.



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