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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 22.11.2000
Aktenzeichen: 4 AZR 622/99
Rechtsgebiete: VTV-WDR


Vorschriften:

Vergütungstarifvertrag des Westdeutschen Rundfunks Köln (VTV-WDR) vom 23. Dezember 1981 in der Fassung vom 20. Dezember 1996 Teil 1 I Vorbemerkung Nr. 2
Vergütungstarifvertrag des Westdeutschen Rundfunks Köln (VTV-WDR) vom 23. Dezember 1981 in der Fassung vom 20. Dezember 1996 Teil 1 III Eingruppierungsmerkmale "Cutter(in)" Vergütungsgruppe (VG) IV
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 4 AZR 622/99 Bundesarbeitsgericht 4. Senat Urteil vom 22. November 2000 - 4 AZR 622/99 -

I. Arbeitsgericht Köln - 16 Ca 11729/97 - Urteil vom 6. Oktober 1998

II. Landesarbeitsgericht Köln - 10 Sa 167/99 - Urteil vom 26. August 1999

BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

4 AZR 622/99 10 Sa 167/99

Verkündet am 22. November 2000

Freitag, der Geschäftsstelle

In Sachen

Beklagter, Berufungsbeklagter und Revisionskläger,

pp.

Klägerin, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagte,

hat der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22. November 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Schliemann, die Richter am Bundesarbeitsgericht Bott und Dr. Wolter, die ehrenamtlichen Richter Wehner und Weßelkock für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 26. August 1999 - 10 Sa 167/99 - aufgehoben, soweit es der Berufung der Klägerin stattgegeben hat.

2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 6. Oktober 1998 - 16 Ca 11729/97 - wird auch im übrigen zurückgewiesen.

3. Die Klägerin hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand

Die tarifgebundenen Parteien streiten um die tarifgerechte Vergütung der Klägerin nach dem Vergütungstarifvertrag des Beklagten (VTV-WDR).

Die Klägerin, die vor ihrer Beschäftigung bei dem Beklagten in der Zeit vom 1. September 1985 bis 31. März 1988 in der freien Wirtschaft als Cutterin für Industriefilm- und Fernsehproduktionen tätig war, steht seit dem 1. Juni 1988 in den Diensten des Beklagten. Sie wurde durch befristeten "Aushilfs-Arbeitsvertrag" vom 6. Juni 1988 bis 31. August 1988 als Cutter-Assistentin für die Abteilung Produktion NRW/Lokalfunk Dortmund eingestellt. § 17 des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 30. September 1988, in dem die bis zum 31. Dezember 1990 befristete Beschäftigung der Klägerin als Filmcutter-Assistentin vereinbart war, enthielt ua. folgende "besondere Vereinbarung":

"Bei Bewährung und unter der Voraussetzung, daß die Arbeitnehmerin dann die Aufgaben einer Cutterin in vollem Umfang wahrnimmt, ist vorgesehen, ab 1. Januar 1989 eine Zulage in Höhe der Differenz zwischen den Vergütungsgruppen IX Stufe 1 und VII Stufe 1 zu zahlen ...".

Die Parteien schlossen am 30. November 1990 einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag über die Beschäftigung der Klägerin als Filmcutter-Assistentin für die Zeit vom 1. Januar 1991 bis zum 31. August 1994. In § 2 dieses Vertrages war bestimmt, daß die Klägerin eine Monatsvergütung entsprechend Vergütungsgruppe (VG) IX Stufe 2 der Vergütungsordnung (VGO) zum VTV-WDR und daneben eine monatliche Zulage in Höhe des Differenzbetrages zwischen der VG IX Stufe 2 und VG VII Stufe 1 VTV-WDR erhielt. Am 4./6. Juni 1991 ersetzten die Parteien den befristeten Vertrag durch einen unbefristeten Vertrag. Nach der Vertragsänderung Nr. 1 vom 4. Juni/7. Juli 1992 wurde die Klägerin mit Wirkung vom 1. Juli 1992 als "Gehobene Filmcutter-Assistentin" entsprechend VG VIII Stufe 3 VTV-WDR beschäftigt. Weiterhin wurde eine Zulage in Höhe des Differenzbetrages zur VG VII VTV-WDR - nunmehr Stufe 3 - vereinbart. Nach einer erfolgreichen internen Bewerbung übertrug der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 25. Mai 1993 zum 1. Juli 1993 die Tätigkeit als Filmcutterin in der Abteilung Produktion NRW/Funkhaus Düsseldorf. Darin heißt es, daß damit keine Änderung der Tätigkeitsbezeichnung und der Vergütung für die Klägerin verbunden sei. Mit der Vertragsänderung Nr. 2 vom 13. Mai/17. Juni 1994 wurde die Beschäftigung der Klägerin mit Wirkung zum 1. Juli 1994 als Filmcutterin mit Vergütung nach VG VII Stufe 4 VTV-WDR unter Fortfall der bisherigen Zulage vereinbart.

Die Klägerin hat von Beginn des Arbeitsverhältnisses der Parteien beim Beklagten Tätigkeiten ausgeübt, die in dem Eingruppierungsmerkmal der VG IV VTV-WDR "Filmcutter(in) mit besonderen künstlerischen Aufgaben" unter Ziff. 3 "Tätigkeitsmerkmale" aufgeführt sind, und zwar Features, Dokumentationen und schwierige Magazinbeiträge bis hin zu Musik-Clips geschnitten.

Mit Schreiben vom 10. September 1997 macht die Klägerin geltend, sie habe "vom ersten Tag ihrer Tätigkeit" für den WDR an selbständig Fernsehberichte, Reportagen und Features geschnitten und sei "rückwirkend" nach VG IV VTV-WDR zu vergüten.

Zur Begründung ihrer Klage, zunächst gerichtet auf Feststellung eines Anspruchs auf Vergütung nach VG IV VTV-WDR seit dem 1. Januar 1995, hat sie vorgetragen, die für diese Tarifgruppe maßgebliche Voraussetzung einer 6-jährigen Tätigkeit als Filmcutterin habe sie zu diesem Zeitpunkt erfüllt. Maßgeblich für die Eingruppierung sei allein die von ihr tatsächlich ausgeübte Tätigkeit. Der Beklagte habe das tarifliche Laufbahnprinzip bei Cutterinnen faktisch aufgegeben und beschäftige aufgrund des geänderten Anforderungsprofiles ganz überwiegend nur noch Filmcutter/innen. Im Zeitalter des digitalisierten Rundfunks sei es, von wenigen Ausnahmen abgesehen, erforderlich, eigenverantwortliche Filmcutter zu beschäftigen. Es verstoße gegen Treu und Glauben, wenn sich der Beklagte auf das Laufbahnprinzip berufe, denn dieses Prinzip sei faktisch aufgegeben.

Die Klägerin hat beantragt

1. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin rückwirkend zum 1. Januar 1995 als Filmcutterin mit besonderen künstlerischen Aufgaben in die VG IV Stufe 1 einzugruppieren,

2. hilfsweise festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, sie ab dem 1. Juli 2000 als Filmcutterin mit besonderen künstlerischen Aufgaben in die VG IV Stufe 5 einzugruppieren.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, der VTV-WDR sei für Cutter/innen nach dem Laufbahnprinzip aufgebaut. Die berufliche Entwicklung reiche nach Absolvierung eines Volontariats als Filmcutter-Assistentin in der VG IX VTV-WDR bis zum/zur Chefcutter/in in der VG II VTV-WDR. In dieser Laufbahn seien unterschiedliche Tätigkeitszeiten in einer vorausgehenden Vergütungsgruppe notwendig, um eine Höhergruppierung zu erreichen. Die befristeten Beschäftigungsverhältnisse würden gem. Ziff. 7 der Vorbemerkungen zum VTV-WDR nur dann angerechnet, wenn es sich um ein Beschäftigungsverhältnis in der bezeichneten Gruppe bei ihm - dem Beklagten - gehandelt habe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin die Feststellung der Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von Vergütung nach VG IV Stufe 1 VTV-WDR ab 1. März 1997 und zur Verzinsung der jeweils monatlich fälligen Differenzbeträge erstrebt. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage - unter ihrer teilweisen Abweisung hinsichtlich des Zinsanspruchs - stattgegeben. Mit seiner Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Die vom Beklagten seit dem 1. Juli 2000 nach VG IV VTV-WDR vergütete Klägerin beantragt - beschränkt auf die Zeit bis zum 30. Juni 2000 -, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist begründet.

I. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Vergütung der VG IV VTV-WDR für die Zeit vom 1. März 1997 bis zum 30. Juni 2000.

1. Die Klägerin hat im vorgenannten Zeitraum nicht die tariflichen Voraussetzungen für die Eingruppierung in VG IV VTV-WDR erfüllt.

a) Zwischen den Parteien gelten kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit unmittelbar und zwingend (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) der Manteltarifvertrag des Westdeutschen Rundfunks Köln (MTV-WDR) und der VTV-WDR.

Die für die Eingruppierung maßgeblichen Vorschriften im MTV-WDR lauten:

"§ 11 Grundsätze der Eingruppierung

(1) Die Arbeitnehmer werden entsprechend ihrer im Arbeitsvertrag bezeichneten Tätigkeit in Vergütungsgruppen eingruppiert. Die im Arbeitsvertrag festgelegte Tätigkeit hat der tatsächlich auszuübenden Tätigkeit zu entsprechen.

(2) Die Vergütung für die Arbeitnehmer des Westdeutschen Rundfunks wird in einem Vergütungs-Tarifvertrag geregelt. ..."

Die für den Rechtsstreit bedeutsamen Regelungen des VTV-WDR lauten:

"Teil 1

Vergütungsordnung zum Vergütungstarifvertrag

I. Vorbemerkungen

1. Für die Eingruppierung in eine Vergütungsgruppe ist, soweit nachfolgend nichts Abweichendes bestimmt ist, Abschnitt IV (§§ 11-14) des Manteltarifvertrages des WDR vom 8. August 1979 maßgebend.

2. Die für die Eingruppierung maßgebenden Tätigkeitsbezeichnungen ergeben sich aus der Vergütungsordnung (Teil 1, II.). Soweit unter Teil 1 (III. Eingruppierungsmerkmale) die erforderliche Ausbildung und Berufserfahrung sowie Tätigkeitsmerkmale beschrieben sind, gelten diese ergänzend als Voraussetzung für die Eingruppierung. Die angegebenen Tätigkeitsbeispiele sind für die beschriebenen Tätigkeiten typisch und geben ihnen insgesamt das Gepräge; sie setzen den Maßstab für die Bewertung von im einzelnen nicht aufgeführten Tätigkeiten.

3. Soweit der Aufstieg in eine höhere Vergütungsgruppe außer von der erforderlichen Ausbildung von einer nach Jahren bestimmten Tätigkeitsdauer in einer vorausgehenden Vergütungsgruppe abhängig ist, können die Arbeitnehmer(innen) bereits in der niedrigeren vorausgehenden Vergütungsgruppe auch mit Tätigkeiten der höheren Vergütungsgruppe betraut werden. Es wird im übrigen davon ausgegangen, daß spätestens ab dem Zeitpunkt der Höhergruppierung die Tätigkeiten, die der höheren Vergütungsgruppe das Gepräge geben, überwiegend ausgeübt werden.

4. Wird für die Eingruppierung in eine Vergütungsgruppe statt einer bestimmten Tätigkeitsdauer eine langjährige Berufserfahrung gefordert, dann ist neben dieser Voraussetzung und der vorgeschriebenen Ausbildung erforderlich, daß künftig die Tätigkeiten, die der höheren Vergütungsgruppe das Gepräge geben, überwiegend ausgeübt werden.

5. Ist als Voraussetzung für die Eingruppierung in eine Vergütungsgruppe weder eine bestimmte Tätigkeitsdauer noch eine einschlägige bzw. lang- oder mehrjährige Berufserfahrung gefordert, dann ist für die Eingruppierung die vorgeschriebene Ausbildung und die überwiegende Wahrnehmung der Tätigkeiten erforderlich, die der höheren Vergütungsgruppe das Gepräge geben.

6. Wird für den Aufstieg in eine höhere Vergütungsgruppe eine bestimmte Tätigkeitsdauer in einer vorausgehenden Vergütungsgruppe gefordert, dann kommt hierbei nur die Tätigkeit in einem ununterbrochenen unbefristeten Beschäftigungsverhältnis in der bezeichneten Vergütungsgruppe beim WDR zur Anrechnung.

7. Wird im Anschluß an ein befristetes Beschäftigungsverhältnis ein unbefristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen, werden die im befristeten Beschäftigungsverhältnis zurückgelegten Zeiten auf die bestimmte Tätigkeitsdauer mit angerechnet, soweit sie den sonstigen Anforderungen der Ziff. 6 entsprechen.

8. ...

...

II. Vergütungsordnung

Vergütungsgruppe IV

...

Filmcutter(in) mit besonderen künstlerischen Aufgaben

...

Vergütungsgruppe VII

...

Filmcutter(in)

...

Vergütungsgruppe VIII

...

Gehobene(r) Filmcutter-Assistent(in)

...

Vergütungsgruppe IX

...

Filmcutter-Assistent(in)

...

Vergütungsgruppe X

...

Kamera-Gehilfe(in), Cutter-Gehilfe(in) und sonstige Gehilfen

...

III. Eingruppierungsmerkmale

...

Vergütungsgruppe X

1. Tätigkeitsbezeichnung:

Cuttergehilfe(in)

2. Ausbildung/Berufserfahrung:

Abgeschlossenes 18monatiges Volontariat in einer Rundfunkanstalt

oder

gleichwertige Ausbildung in der Filmindustrie.

3. Tätigkeitsmerkmale:

Einarbeiten in die Filmcutter-Assistenten-Aufgaben.

Vergütungsgruppe IX

1. Tätigkeitsbezeichnung:

Filmcutter-Assistent(in)

2. Ausbildung/Berufserfahrung:

Ausbildung wie Cuttergehilfe(in) und 1 Jahr Tätigkeit *) als Cuttergehilfe(in) in VG X.

3. Tätigkeitsmerkmale:

Assistieren beim Film- oder elektronischen Schnitt; Bedienen des Filmschneidetisches und der Bearbeitungsgeräte für den elektronischen Schnitt; Ausführen aller notwendigen manuellen und organisatorischen Vor- und Nachbearbeitungstätigkeiten.

*) Nach Erfüllung der in Ziffern 2 bestimmten zeitlichen Voraussetzung erfolgt die Höhergruppierung zum nächstfolgenden Monatsersten.

Protokollnotiz:

Der Einsatz der Filmcutter-Assistenten(innen) ist darauf abzustellen, die Befähigung zum(r) selbständig arbeitenden Filmcutter(in) zu vermitteln.

Vergütungsgruppe VIII

1. Tätigkeitsbezeichnung:

Gehobene(r) Filmcutter-Assistent(in)

2. Ausbildung/Berufserfahrung:

Ausbildung wie Filmcutter-Assistent(in) und 4 Jahre Tätigkeit *) als Filmcutter-Assistent(in) in VG IX.

3. Tätigkeitsmerkmale:

Wahrnehmung von Aufgaben eines(r) Filmcutter-Assistent(in); Assistieren beim Film oder elektronischen Schnitt schwieriger Produktionen; selbständige Erledigung von Teilaufgaben wie Synchronanlegen, Herstellen von Sprach-, Geräusch- oder Musikbändern für die Mischung, Koppeln von Teilen, Auswechseln einzelner Szenen, Synchronkorrekturen, selbständiges Vertonen. Im Rahmen der beruflichen Entwicklung können dem(r) Gehobenen Filmcutter-Assistent(in) bei einfachen Beiträgen Schnittaufgaben unter Verantwortung des(r) Chef-Cutters(in) übertragen werden.

*) Nach Erfüllung der in Ziffer 2 bestimmten zeitlichen Voraussetzung erfolgt die Höhergruppierung zum nächstfolgenden 1. Januar bzw. 1. Juli.

Protokollnotiz:

... Der Einsatz der Gehobenen-Filmcutter-Assistenten(innen) ist darauf abzustellen, die Befähigung zum(r) selbständig arbeitenden Filmcutter(in) zu vermitteln.

Vergütungsgruppe VII

1. Tätigkeitsbezeichnung:

Filmcutter(in)

2. Ausbildung/Berufserfahrung:

Ausbildung wie Gehobene(r) Filmcutter-Assistent(in) und mehrjährige Tätigkeit als Gehobene(r) Filmcutter-Assistent(in) in VG VIII.

3. Tätigkeitsmerkmale:

Bearbeitung von Film- und Videomaterial einschließlich des dazugehörigen Tonschnitts, Beratung bei der Schnittgestaltung und Erarbeitung von Schnittkonzepten nach Absprache mit Regie und Redaktion. Film- oder elektronischer Schnitt bei einfachen Produktionen (z.B. Nachrichten und Magazinbeiträge; Interviews); Mitverantwortung für den Schnitt bis zur Ablieferung der Sendekopie.

Protokollnotiz: ...

Vergütungsgruppe IV

1. Tätigkeitsbezeichnung:

Filmcutter(in) mit besonderen künstlerischen Aufgaben

2. Ausbildung/Berufserfahrung:

Ausbildung wie Filmcutter(in) und 6 Jahre Tätigkeit *) als Filmcutter(in) in VG VII.

3. Tätigkeitsmerkmale:

Wahrnehmung von Aufgaben eines(r) Filmcutters(in) nach VG VII; darüber hinaus selbständiger Film- oder elektronischer Schnitt von Features oder Dokumentationen, schwierigen Magazinbeiträgen, einfacheren Spielproduktionen und Serien nach Drehbuchvorlage in Absprache mit dem Regisseur/Redakteur; Mitverantwortung für den Schnitt bis zur Ablieferung der Sendekopie.

*) Nach Erfüllung der in Ziffer 2 bestimmten zeitlichen Voraussetzung erfolgt die Höhergruppierung zum nächstfolgenden 1. Januar bzw. 1. Juli.

..."

b) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, es bestehe ein Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach VG IV Stufe 1 VTV-WDR ab 1. März 1997, und dies damit begründet, es komme allein darauf an, welche Tätigkeiten die Klägerin ausgeübt habe. Dies seien unstreitig in der gesamten Zeit der Beschäftigung beim Beklagten die Tätigkeiten einer Filmcutterin gewesen. Dem stehe auch das Laufbahnprinzip nicht entgegen. Die Klägerin sei keine "Laufbahn-Filmcutterin", sondern habe sofort ohne weitere Vorstufen die Aufgaben einer Filmcutterin ausgeübt und ausüben können.

c) Dies hält der revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht verkennt das von den Tarifvertragsparteien für die Eingruppierung von Cuttern/innen vereinbarte Laufbahnprinzip.

(1) Nach § 11 Abs. 1 MTV-WDR werden die Arbeitnehmer entsprechend ihrer im Arbeitsvertrag bezeichneten Tätigkeit eingruppiert, die der tatsächlich auszuübenden Tätigkeit zu entsprechen hat. Diese Norm wird ergänzt durch die Vorbemerkungen unter Ziff. I des Teils 1 des VTV-WDR. In der Vorbemerkung Nr. 2 haben die Tarifvertragsparteien grundlegend bestimmt, was Voraussetzung für die Eingruppierung nach dem VTV-WDR ist. Die nachfolgenden Vorbemerkungen befassen sich mit Einzelfragen. In Satz 1 der Vorbemerkung Nr. 2 verweisen die Tarifvertragsparteien hinsichtlich der "für die Eingruppierung maßgebenden Tätigkeitsbezeichnungen" auf die "Vergütungsordnung (Teil 1, II.)". Im Anschluß daran heißt es: "Soweit unter Teil 1 (III. Eingruppierungsmerkmale) die erforderliche Ausbildung und Berufserfahrung sowie Tätigkeitsmerkmale beschrieben sind, gelten diese ergänzend als Voraussetzung für die Eingruppierung." Nach dem ausdrücklich erklärten Willen der Tarifvertragsparteien sind damit Ausbildung und Berufserfahrung "Voraussetzung für die Eingruppierung" wo sie "unter Teil 1 (III. Eingruppierungsmerkmale) ... beschrieben sind". Auch aus der Vorbemerkung Nr. 3 ergibt sich, daß "der Aufstieg in eine höhere Vergütungsgruppe außer von der erforderlichen Ausbildung von einer nach Jahren bestimmten Tätigkeitsdauer in einer vorausgehenden Vergütungsgruppe abhängig" sein kann. Eine solche Gestaltung von Eingruppierungsmerkmalen ist ein Laufbahnsystem. Dieses kann dazu führen, daß der Arbeitnehmer trotz Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit mangels Erfüllung einer Laufbahnvoraussetzung in einer niedrigeren Vergütungsgruppe eingruppiert ist. Die Tarifvertragsparteien haben auch diese Möglichkeit geregelt. Denn sie haben in der Vorbemerkung Nr. 3 Satz 1 bestimmt, daß bei der Abhängigkeit der Eingruppierung von einer bestimmten Tätigkeitsdauer in einer vorausgehenden Vergütungsgruppe "die Arbeitnehmer(innen) bereits in der niedrigeren vorausgehenden Vergütungsgruppe auch mit Tätigkeiten der höheren Vergütungsgruppe betraut werden" können. Diese Bestimmung zeigt ebenfalls eindeutig, daß die überwiegend auszuübende Tätigkeit (§ 11 Abs. 1 Satz 2 MTV-WDR) nicht allein die Eingruppierung nach dem VTV-WDR bestimmt, worauf das Arbeitsgericht zutreffend verwiesen hat.

(2) Die Eingruppierungsmerkmale für Cutter(innen) sind nach dem Laufbahnprinzip gestaltet. Sie stellen ab VG IX VTV-WDR jeweils Eingruppierungsvoraussetzungen hinsichtlich "Ausbildung/Berufserfahrung" auf. In diesen ist stets die "Tätigkeitsdauer" (vgl. Vorbemerkung Nr. 6) "in" der vorausgehenden niedrigeren Vergütungsgruppe gefordert, so in VG IV VTV-WDR "6 Jahre Tätigkeit als Filmcutter(in) in VG VII". Aus dem Protokoll über die fortlaufende 229. Sitzung der Tarifvertragsparteien vom 5. Dezember 1991, das dem Senat in der Verhandlung übergeben worden ist, ergibt sich, daß die Tarifvertragsparteien gerade auch für die Berufsgruppe der Cutter(innen) davon ausgehen, deren Eingruppierung werde nicht allein durch die tarifliche Wertigkeit der von ihnen ausgeübten Tätigkeit bestimmt.

(3) Der Vortrag der Klägerin, das Laufbahnsystem des VTV-WDR entspreche nicht mehr den derzeitigen Arbeitsbedingungen für Cutter(innen), rechtfertigt es nicht, davon abzuweichen. Es ist Aufgabe der Tarifvertragsparteien, neuen tatsächlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen.

(4) Unter Beachtung dieses Laufbahnsystems in den Eingruppierungsmerkmalen des VTV-WDR für Cutter(innen) erfüllt die Klägerin streitlos nicht die Voraussetzungen des Anspruchs auf Vergütung nach VG IV VTV-WDR vor dem 1. Juli 2000.

Danach kommt eine Vergütung nach der VG IV VTV-WDR frühestens nach 13 Jahren Tätigkeit beim WDR in Betracht. Denn gefordert sind sechs Jahre Tätigkeit als Filmcutter(in) in VG VII VTV-WDR, die wiederum eine mehrjährige - also mindestens zweijährige - Tätigkeit als Gehobene(r) Filmcutter-Assistent(in) in VG VIII VTV-WDR erfordert. Die Eingruppierung in VG VIII VTV-WDR setzt ihrerseits eine 4-jährige Tätigkeit als Filmcutter-Assistent(in) in VG IX VTV-WDR voraus, für die eine 1-jährige Tätigkeit als Cuttergehilfe(in) erforderlich ist. Nach der Vorbemerkung Nr. 6 VTV-WDR kommen für Tätigkeitszeiten in einer vorausgehenden Vergütungsgruppe nur die Tätigkeitszeiten beim WDR zur Anrechnung. Da die Beschäftigung der Klägerin beim Beklagten am 1. Juni 1988 begann, waren die tariflichen Laufbahnvoraussetzungen bis zum 30. Juni 2000 nicht erfüllt.

2. Unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes steht der Klägerin ein Anspruch auf - übertarifliche - Vergütung nach VG IV VTV-WDR ab 1. März 1997 nicht zu. Einen Verstoß des Beklagten gegen diesen Grundsatz hat die Klägerin nicht substantiiert dargelegt. Sie hat sich auf den Vortrag beschränkt, der Beklagte beschäftige überwiegend Mitarbeiter mit dem Tätigkeitsprofil eines(r) Filmcutters(in). Dies ist nicht die Darlegung der einheitlichen Gewährung einer übertariflichen Eingruppierung für Cutter(innen), die auch auf die Klägerin angewandt werden müßte.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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