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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 02.11.1999
Aktenzeichen: 5 AZB 18/99
Rechtsgebiete: ArbGG, GVG, ZPO, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 a
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 4
GVG § 23 Nr. 2 a
GVG § 17 Abs. 2
ZPO § 29 a
BGB § 565 b
BGB § 565 e
Leitsätze:

Für Streitigkeiten aus der Überlassung einer Werkdienstwohnung sind die Arbeitsgerichte zuständig (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG).

Aktenzeichen: 5 AZB 18/99 Bundesarbeitsgericht 5. Senat Beschluß vom 2. November 1999 - 5 AZB 18/99 -

I. Arbeitsgericht Lüneburg - 2 Ca 55/99 - Beschluß vom 4. März 1999

II. Landesarbeitsgericht Niedersachsen - 5 Ta 150/99 - Beschluß vom 14. April 1999


Für die Amtliche Sammlung: Nein Für die Fachpresse: Ja Für das Bundesarchiv: Nein

Entscheidungsstichwort: Rechtsweg für Streitigkeiten aus der Überlassung von Werkdienstwohnungen

Gesetz: ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 a, 4; GVG § 23 Nr. 2 a, § 17 Abs. 2; ZPO § 29 a; BGB § 565 b, § 565 e

5 AZB 18/99 5 Ta 150/99 Niedersachsen

Beschluß

In Sachen

pp.

hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts am 2. November 1999 beschlossen:

Tenor:

1. Auf die weitere sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 14. April 1999 - 5 Ta 150/99 - aufgehoben.

2. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluß des Arbeitsgericht Lüneburg vom 4. März 1999 - 2 Ca 55/99 - abgeändert:

Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig.

3. Der Beklagte hat die Kosten der sofortigen und der weiteren sofortigen Beschwerde zu tragen.

4. Der Wert des Gegenstandes der weiteren sofortigen Beschwerde wird auf 1.350,00 DM festgesetzt.

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Höhe des Mietwerts einer Dienstwohnung.

Der Beklagte ist bei der klagenden Samtgemeinde seit dem 1. April 1977 als Schulhausmeister angestellt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundes-Angestelltentarifvertrag Anwendung. Mit Schreiben vom 13. September 1977 wies die Klägerin dem Beklagten die von ihm bezogene Wohnung für die Zeit seines Beschäftigungsverhältnisses "als Werkdienstwohnung" zu. Der Beklagte hatte dafür monatlich eine "Werkdienstwohnungsvergütung" zu entrichten. Deren Höhe orientierte sich am Mietwert der Wohnung. Dieser wurde im Lauf der Zeit auf 410,40 DM festgesetzt.

Am 26. März 1996 erließ das niedersächsische Finanzministerium "Allgemeine Verwaltungsvorschriften über die Landesdienstwohnungen" (Nds. MBl. Nr. 19/1996). Diese lösten die bislang anzuwendenden Dienstwohnungsvorschriften des Bundes ab. Nach den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften waren die Mietwerte aller Dienstwohnungen zu überprüfen und ggf. neu festzusetzen. Mit Schreiben vom 9. Juli 1998 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, die von ihm zu entrichtende Dienstwohnungsvergütung werde aufgrund des gemeindlichen Mietspiegels ab 1. September 1998 auf 589,95 DM festgesetzt, und forderte ihn zu entsprechenden monatlichen Zahlungen auf.

Der Beklagte zahlte weiterhin nur den Betrag von 410,40 DM. Im Januar 1999 hat die Klägerin Klage vor dem Arbeitsgericht erhoben. Sie verlangt Zahlung der Differenz für die Zeit von September 1998 bis Januar 1999 und begehrt die Feststellung, daß der Mietwert der Dienstwohnung monatlich 589,95 DM beträgt.

Im vorliegenden Verfahren streiten die Parteien über die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs. Der Beklagte hat die Arbeitsgerichte für unzuständig gehalten; wegen § 29 a ZPO sei die ausschließliche Zuständigkeit der Amtsgerichte gegeben. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, Mietrecht sei unanwendbar, für Klagen im Zusammenhang mit Werkdienstwohnungen seien die Arbeitsgerichte zuständig.

Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht verwiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die sofortige Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer weiteren sofortigen Beschwerde will die Klägerin erreichen, daß der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für zulässig erklärt wird.

II. Die weitere sofortige Beschwerde der Klägerin ist begründet. Für den Rechtsstreit der Parteien ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet.

1. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG sind die Arbeitsgerichte zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 ArbGG sind sie ferner zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über Ansprüche, die mit dem Arbeitsverhältnis in rechtlichem oder unmittelbar wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, soweit nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist.

2. Nach Maßgabe dieser Vorschriften ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für Streitigkeiten aus der Überlassung einer sog. Werkmietwohnung nicht eröffnet. Werkmietwohnungen sind solche, die mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, § 565 b BGB. Es bestehen nebeneinander ein Arbeits- und ein Mietverhältnis als zwei voneinander unabhängige Rechtsverhältnisse. Das Arbeitsverhältnis ist nur maßgeblicher, nicht notwendig einziger Grund für den Abschluß des Mietvertrags (Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., IV Rz 252; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 7. Aufl., § 565 b Rz 5; Palandt-Putzo, BGB, 58. Aufl., § 565 b Rz 1). Für das Mietverhältnis gelten die allgemeinen Vorschriften des Mietrechts mit den Besonderheiten der §§ 565 b ff. BGB für die Kündigung (BAGE 64, 75; BAG 3. Juni 1975 - 1 ABR 118/73 - AP BetrVG 1972 § 87 - Werkmietwohnungen Nr. 3; BGB-RGRK-Gelhaar, 12. Aufl., Vor § 535 Rz 248; Palandt-Putzo, aaO, Rz 2; Schmidt-Futterer/Blank, aaO, Rz 3).

Für Ansprüche aus einem solchen Mietverhältnis ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet. Für Rechtsstreitigkeiten aus einem Mietverhältnis über Wohnraum sind gem. § 23 Nr. 2 a GVG die Amtsgerichte ausschließlich zuständig. Diese Vorschrift dient nicht nur der Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit der Amtsgerichte im Verhältnis zu den Landgerichten. Dazu hätte es des Zusatzes "diese Zuständigkeit ist ausschließlich" nicht bedurft. Der mit der Neufassung des § 23 Nr. 2 a GVG durch das Gesetz zur Entlastung der Rechtspflege vom 11. Januar 1993 (BGBl. I, S. 50) eingefügte Passus bekommt seine Bedeutung vielmehr erst als Regelung über den Ausschluß anderer Gerichtsbarkeiten. § 23 Nr. 2 a GVG stellt darum auch eine Rechtswegbestimmung dar. Dagegen ist § 29 a ZPO in diesem Zusammenhang spätestens nicht mehr maßgeblich, seit dem dort aufgrund des Gesetzes vom 11. Januar 1993 nicht mehr vom "Amtsgericht", sondern nur noch allgemein von "Gericht" die Rede ist. Die Vorschrift regelt zumindest jetzt nur noch die örtliche Zuständigkeit des Gerichts des zulässigen Rechtswegs (zutreffend LAG Berlin 14. September 1993 - 6 Ta 14/93 - LAGE ArbGG 1979 § 2 Nr. 15; Sternel, Mietrecht aktuell, 3. Aufl., Rz 1393).

Trotz des Zusammenhangs mit dem Arbeitsverhältnis ist folglich der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für Streitigkeiten über Werkmietwohnungen nicht nach § 23 Nr. 2 a GVG gegeben (vgl. nur BAGE 64, 75; Emmerich/Sonnenschein, Miete, 6. Aufl., §§ 565 b - 565 e BGB Rz 53, m.w.N.; ErfK - Schaub, ArbGG § 2 Rz 24; Schmidt-Futterer/Blank, aaO, Rz 11, m.w.N.). Dies gilt für sog. funktionsgebundene Werkmietwohungen im Sinne des § 565 c Satz 1 Nr. 2 BGB gleichermaßen. Auch bei ihnen besteht neben dem Arbeitsverhältnis ein eigenständiges Mietverhältnis, selbst wenn der Zusammenhang beider Rechtsverhältnisse noch enger ist.

3. Im Unterschied zu Werkmietwohnungen sind Werkdienstwohnungen solche, die dem Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsverhältnisses überlassen werden, § 565 e BGB. Hier besteht kein eigenständiges Mietverhältnis. Der Arbeitsvertrag ist die alleinige Rechtsgrundlage auch für die Nutzung des Wohnraums (BAGE 64, 75; BAG 23. August 1989 - 5 AZR 569/88 - AP BGB § 565 e Nr. 3; BAG 3. Juni 1975 - 1 ABR 118/73 -, aaO; Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., IV Rz 268; BGB-RGRK-Gelhaar, 12. Aufl., § 565 e Rz 1; Schmidt-Futterer/Blank, 7. Aufl., § 565 b Rz 2, § 565 e Rz 1, 7). Der Arbeitnehmer ist in der Regel verpflichtet, die Werkdienstwohnung auch tatsächlich zu beziehen. Häufig wird die Nutzungsvergütung auf das Arbeitsentgelt angerechnet. Im Fehlen eines Mietvertrags liegt der Unterschied zu den funktionsgebundenen Werkmietwohnungen (vgl. Gaßner, AcP 186, 325, 329).

Die gerichtliche Zuständigkeit für Rechtsstreitigkeiten aus der Überlassung einer Werkdienstwohnung ist umstritten.

a) Unter Hinweis auf die Sachnähe der Amtsgerichte zu den mit der Überlassung von Wohnraum verbundenen Rechtsfragen und die regelmäßig örtlich größere Nähe der Amtsgerichte und im Hinblick auf die Wahrung der Einheitlichkeit des Mietrechts wird die Auffassung vertreten, auch für Werkdienstwohnungen sei der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben; teilweise wird dies dahin eingeschränkt, das gelte jedenfalls dann, wenn es sich um kündigungsgeschützten Werkdienstwohnraum im Sinne des § 565 e BGB handele (ArbG Wetzlar, NZA 1989, 233; ArbG Hannover, DB 1991, 1838; LG Kiel, AP BGB § 565 e Nr. 2; LG Detmold, ZMR 1968, 321; BGB-RGRK-Gelhaar, aaO, § 565 e Rz 4, 5; Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 3. Aufl., § 2 Rz 61; Matthes, BB 1968, 551; Sternel, Mietrecht aktuell, 3. Aufl., Rz 1398; Fischer, in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, Kap. VIII Rz 16).

b) Demgegenüber wird von anderer Seite die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte mit der Erwägung bejaht, ein Mietverhältnis liege bei der Überlassung einer Werkdienstwohnung gerade nicht vor; die Überlassung sei Teil des Arbeitsvertrags (LAG Berlin 14. September 1993, aaO; wohl auch LAG Tübingen, NJW 1970, 2046; LAG Frankfurt/M. 21. Juli 1996, AP BGB § 565 b Nr. 2; ArbG Münster, NZA 1989, 531; AG Kellinghusen 31. März 1965, AP BGB § 565 e Nr. 1; Schmidt-Futterer/Blank, aaO, § 565 b Rz 12, m.w.N.; ErfK-Schaub, aaO, Rz 24; derselbe, Arbeitsrechtliche Formularsammlung und Arbeitsgerichtsverfahren, 6. Aufl., § 82, IV 4 c; Grunsky, ArbGG, 7. Aufl., § 2 Rz 89; Hauck, ArbGG, § 2 Rz 21; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 21. Aufl., § 29 a Rz 21; Zöller-Gummer, ZPO, 21. Aufl., § 23 GVG Rz 9; Kissel, GVG, 2. Aufl., § 23 Rz 16).

c) Das Bundesarbeitsgericht hat die Frage noch nicht entschieden. In der Entscheidung vom 17. Mai 1968 (BAGE 21, 37) hat es zwar für Ansprüche eines Arbeitgebers des öffentlichen Dienstes auf höhere Werkdienstwohnungsvergütung den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten bejaht. Dabei ging es aber allein um die Frage, ob ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis vorlag und der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten gegeben war, und nicht um eine Abgrenzung der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte.

In einem Beschluß vom 29. September 1976 (- 5 AR 232/76 - AP ZPO § 36 Nr. 20) hat das Bundesarbeitsgericht die Verweisung eines Rechtsstreits über die Zahlung von Werkdienstvergütung vom Amtsgericht an das Arbeitsgericht zwar für keineswegs offensichtlich gesetzwidrig angesehen, hat aber nicht abschließend Stellung bezogen.

Im Urteil vom 23. August 1989 (- 5 AZR 569/88 - AP BGB § 565 e Nr. 3) hat es über die Wirksamkeit der Kündigung einer Werkdienstwohnung entschieden, ohne zur Zulässigkeit des bestrittenen Rechtswegs Stellung zu nehmen.

4. Der Ansicht, die Zuständigkeit der Amtsgerichte sei nicht gegeben, ist zu folgen. Für Rechtsstreitigkeiten aus der Überlassung von Werkdienstwohnungen ist der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet. Dies folgt aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG.

a) Im Streitfall handelt es sich bei den vom Beklagten bewohnten Räumen um eine Werkdienstwohnung im Sinne des § 565 e BGB. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig und entspricht der objektiven Rechtslage. Dem Beklagten wurde die Wohnung im Rahmen des Arbeitsverhältnisses überlassen. Ihre Nutzung ist zur reibungslosen Ausübung seiner Tätigkeit als Schulhausmeister unerläßlich. Dementsprechend mußte er sie tatsächlich beziehen. Einen gesonderten Mietvertrag haben die Parteien nicht geschlossen. Statt dessen gelten gem. § 65 BAT für die Zuweisung der Werkdienstwohnung und für die Bemessung der Wohnungsvergütung die Bestimmungen der Klägerin in der jeweils geltenden Fassung. Dies waren ursprünglich die Dienstwohnungsvorschriften des Bundes und sind seit dem 26. März 1996 die Niedersächsischen Dienstwohnungsvorschriften.

b) Der Streit der Parteien ist eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit. Zwar enthält das Zuweisungsschreiben der Klägerin vom 13. September 1977 eine Belehrung über die Möglichkeit eines Widerspruchs und bezeichnet sich als "Bescheid". Gleichwohl hat es keine öffentlich-rechtliche Beziehung zwischen den Parteien begründet. Angesichts des privatrechtlichen Charakters des Arbeitsverhältnisses hätte es dazu deutlicher Anhaltspunkte bedurft. Es kann nicht angenommen werden, daß die Klägerin mit der Zuweisung der Wohnung in öffentlich-rechtlichen Formen hat handeln wollen. Im Verhältnis zum Beklagten fehlt es dazu auch an einer Ermächtigungsgrundlage. Rechtsgrundlage für die Zuweisung ist allein der Arbeitsvertrag. Mit der Zuweisung hat die Klägerin lediglich das ihr aus dem Vertrag in Verbindung mit § 65 BAT zustehende Direktionsrecht ausgeübt (für einen vergleichbaren Fall BAGE 21, 37). Im übrigen heißt es in Nr. 19 der Niedersächsischen Dienstwohnungsvorschriften ausdrücklich, das Dienstwohnungsverhältnis mit Angestellten und Arbeitern sei - anders als nach Nr. 1 für die Beamten - privatrechtlich.

c) Der Rechtsstreit der Parteien betrifft einen Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis.

aa) Formell steht dies außer Frage. Die Parteien haben zur Regelung ihrer rechtlichen Beziehungen allein den Arbeitsvertrag vom 10. Januar 1977 geschlossen. Zwar sind in der Vertragsurkunde selbst Abreden über die Werkdienstwohnung nicht enthalten. Es wird jedoch auf die Vorschriften des BAT Bezug genommen. Diese verweisen in § 65 auf die Bestimmungen des Arbeitgebers über Werkdienstwohnungen in ihrer jeweiligen Fassung. Ansprüche der Klägerin im Zusammenhang mit der Überlassung der Werkdienstwohnung beruhen deshalb ausschließlich auf dem Arbeitsverhältnis der Parteien und den zu seiner Ergänzung getroffenen Nebenbestimmungen. Die Parteien haben weder ein Mietverhältnis nach § 535 ff. BGB noch ein sonstiges eigenständiges Rechtsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 a ArbGG begründet. Die Räume wurden dem Beklagten nicht "vermietet", sondern zugewiesen und "überlassen".

Daraus resultierende Streitigkeiten werden von der Bestimmung des § 23 Nr. 2 a GVG nicht erfaßt. Die ausschließliche Zuständigkeit der Amtsgerichte gilt nur für Streitigkeiten aus einem Mietverhältnis über Wohnraum. Streitigkeiten aus der Überlassung von Werkdienstwohnungen sind solche aus dem Arbeitsverhältnis. Sie fallen in die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte.

bb) Materielle Gesichtspunkte stehen dem nicht entgegen. Auf Werkdienstwohnungen findet Mietrecht allenfalls subsidiär Anwendung. Lediglich im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erklärt § 565 e BGB hinsichtlich des Wohnraums die Vorschriften über die Miete für anwendbar, vorausgesetzt, der Wohnraum entspricht den gesetzlichen Erfordernissen. Während des Bestehens des Arbeitsverhältnisses richten sich dagegen die Rechte und Pflichten aus der Wohnraumüberlassung nach den Regelungen des Arbeitsvertrages (Schmidt-Futterer/Blank, aaO, § 565 e Rz 8, 9; MünchKomm-Voelskow, BGB, 3. Aufl., § 565 e Rz 2; Palandt, aaO, Vor § 565 b Rz 9).

Dies schließt nicht aus, daß in Ergänzung zu den arbeitsvertraglich getroffenen Nutzungsregelungen oder in Ermangelung solcher auch im bestehenden Arbeitsverhältnis die gesetzlichen Mietvorschriften entsprechend herangezogen werden. Ebenso kommen sie als Maßstab für eine Inhaltskontrolle der vertraglichen Nutzungsregelungen in Betracht. Primär aber gelten die vertraglichen Bestimmungen. Zu deren Anwendung sind die Gerichte für Arbeitssachen nicht weniger berufen als die ordentlichen Gerichte. Die Befürchtung, die Einheitlichkeit des Mietrechts sei gefährdet, wenn über Streitigkeiten aus Werkdienstwohnungen die Arbeitsgerichte entscheiden, ist unabhängig von Art. 95 Abs. 3 GG nicht begründet. Soweit die Arbeitsgerichte materielles Mietrecht anwenden, haben sie dessen Ausprägung durch die Rechtsprechung der ordentlichen Gerichte zu berücksichtigen. Im übrigen sieht § 17 Abs. 1 GVG ausdrücklich vor, daß innerhalb des zulässigen Rechtswegs auch solche Normen angewendet werden, die einem anderen Rechtsgebiet angehören. Der Gesetzgeber selbst hat folglich die Zuweisung einer bestimmten Rechtsfrage zu einer bestimmten Fachgerichtsbarkeit nicht als notwendig angesehen. Die Sachnähe der Amtsgerichte zum materiellen Mietrecht vermag deshalb die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für Streitigkeiten aus der Überlassung von Werkdienstwohnungen nicht zu verdrängen. Ob die Arbeitsgerichte auch dann noch zuständig sind, wenn das Arbeitsverhältnis wirksam beendet worden ist, der Wohnraum aber gem. § 565 e BGB auf der Grundlage mietrechtlicher Vorschriften weiter benutzt wird, braucht im Streitfall nicht entschieden zu werden.

Die örtliche Nähe des erstinstanzlichen Gerichts wird durch die auch im Arbeitsgerichtsprozeß zu beachtende Vorschrift des § 29 a ZPO ausreichend gewährleistet. Örtlich zuständig ist das Arbeitsgericht, in dessen Bezirk die Werkdienstwohnung liegt. Es ist ohne weiteres in der Lage, sich - falls erforderlich - mit den jeweiligen örtlichen Verhältnissen vertraut zu machen, auch wenn sein Bezirk in der Regel größer ist als der eines Amtsgerichts.

Der von der Klägerin beschrittene Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig.

Ende der Entscheidung

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