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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 20.08.2003
Aktenzeichen: 5 AZB 79/02
Rechtsgebiete: ArbGG, HGB, GmbHG


Vorschriften:

ArbGG § 5 Abs. 1
HGB § 125
HGB § 161 Abs. 2
HGB § 170
GmbHG § 35
Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer KG ist kraft Gesetzes zur Vertretung dieser Personengesamtheit berufen und gilt daher nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht als Arbeitnehmer iSd. Arbeitsgerichtsgesetzes (Aufgabe von BAG 15. April 1982 - 2 AZR 1101/79 - BAGE 39, 16 = AP KSchG 1969 § 14 Nr. 1 = EzA KSchG § 14 Nr. 2; Senat 13. Juli 1995 - 5 AZB 37/94 - AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 23 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 10).
BUNDESARBEITSGERICHT BESCHLUSS

5 AZB 79/02

In Sachen

hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts am 20. August 2003 beschlossen:

Tenor:

1. Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluß des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 6. November 2002 - 16 Ta 246/02 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Streitwert: 16.574,00 Euro

Gründe:

A. Die Parteien streiten im Ausgangsverfahren über eine ordentliche Kündigung ihrer Vertragsbeziehung durch die Beklagte.

Der 1961 geborene Kläger schloß am 7. Dezember 1998 mit der W J GmbH einen Anstellungsvertrag. Danach sollte er ab 1. April 1999 als Geschäftsführer Kundenberatung für den Bereich Account-Management tätig sein. Die Eintragung in das Handelsregister erfolgte am 18. August 1999. Die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit betrug 37,5 Stunden wöchentlich und 7,5 Stunden pro Tag. In den vertraglichen Vereinbarungen über Nutzungsrechte und eine Altersgrenze wurde der Kläger als Arbeitnehmer und das Vertragsverhältnis als Arbeitsverhältnis bezeichnet. Zuletzt erzielte der Kläger einen Jahresbruttoverdienst in Höhe von 340.000,00 DM zuzüglich eines Bonus in Höhe von 49.000,00 DM und einer Optionszusage in Höhe von 20.000,00 US-Dollar. Dem Kläger war als Dienstwagen ein Jaguar-PKW zur privaten Nutzung überlassen.

Durch Beschluß der Gesellschafterversammlung vom 20. April 2000 wurde die Firma der W J GmbH in i GmbH geändert. Am 14. Juni 2000 wurde die Änderung ins Handelsregister eingetragen. Mit Beschluß der Gesellschafterversammlung vom 21. Dezember 2000 erfolgte eine Umwandlung der Rechtsform der i GmbH in i GmbH & Co. KG. Diese Umwandlung wurde am 6. April 2001 ins Handelsregister eingetragen. Komplementärin der i GmbH & Co. KG war die R Fünfte Beteiligungs Verwaltungs GmbH. Geschäftsführer dieser Komplementär-GmbH war der Kläger. Im Mai 2001 änderte die Komplementärin ihre Firma in i Verwaltungs GmbH. Diese Änderung wurde am 14. Mai 2001 ins Handelsregister eingetragen. In der Folge änderte die i GmbH & Co. KG ihre Firma in W GmbH & Co. KG. Die Komplementärin firmierte in W Verwaltungs GmbH um. Geschäftsführer dieser Komplementär-GmbH war der Kläger.

Die W Verwaltungs GmbH bot dem Kläger am 28. April 2001 den Abschluß eines Geschäftsführerdienstvertrags an. Dieses Angebot lehnte der Kläger ab. Nach dem Scheitern der Verhandlungen über den Abschluß eines Geschäftsführerdienstvertrags wurde der Kläger durch Gesellschafterbeschluß der W Verwaltungs GmbH vom 22. Oktober 2001 als Geschäftsführer abberufen. Die W GmbH & Co. KG kündigte mit Schreiben vom 22. Oktober 2001, das dem Kläger am 23. Oktober 2001 übergeben wurde, den Geschäftsführeranstellungsvertrag vom 7. Dezember 1998 mit Wirkung zum 30. April 2002. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 12. November 2001 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage.

Der Kläger vertritt die Auffassung, die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses sei sozial nicht gerechtfertigt. Nach dem Wirksamwerden der Rechtsformumwandlung im April 2001 sei er nicht mehr "Organ" der Beklagten gewesen. Zwischen ihm und der Beklagten habe vielmehr ein Arbeitsverhältnis bestanden.

Der Kläger hat folgenden Antrag angekündigt:

Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 22. Oktober 2001 nicht aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht.

Die Beklagte rügt die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen.

Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Beschwerde der Beklagten den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt, den Rechtsstreit an das Landgericht Frankfurt am Main verwiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.

B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen verneint.

I. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 3b ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern über das Bestehen oder das Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses. Wer Arbeitnehmer iSd. Arbeitsgerichtsgesetzes ist, bestimmt § 5 ArbGG. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gelten in Betrieben einer juristischen Person oder Personengesamtheit Personen nicht als Arbeitnehmer, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder der Personengesamtheit berufen sind.

1. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG betrifft das der Organstellung zugrundeliegende Rechtsverhältnis. Dieses ist von der Organstellung zu unterscheiden. Die Bestellung und die Abberufung als Vertretungsorgan sind ausschließlich körperschaftsrechtliche Rechtsakte. Durch sie werden gesetzliche oder satzungsmäßige Kompetenzen übertragen oder wieder entzogen. Dagegen ist die Anstellung zum Zwecke des Tätigwerdens als Vertretungsorgan ein schuldrechtlicher Vertrag (Senat 16. September 1998 - 5 AZR 181/97 - BAGE 89, 376 = AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 56; 23. August 2001 - 5 AZB 9/01 - AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 54 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 36).

2. Die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gilt unabhängig davon, ob das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis materiell-rechtlich ein freies Dienstverhältnis oder ein Arbeitsverhältnis ist. Auch wenn das Anstellungsverhältnis zwischen juristischer Person und Vertretungsorgan wegen starker interner Weisungsabhängigkeit als Arbeitsverhältnis anzusehen ist und deshalb dem materiellen Arbeitsrecht unterliegt, sind zur Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten aus dieser Rechtsbeziehung wegen § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG, § 13 GVG die ordentlichen Gerichte berufen. Nur dann, wenn die Rechtsstreitigkeit zwischen dem Mitglied des Vertretungsorgans und der juristischen Person nicht das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis, sondern eine weitere Rechtsbeziehung betrifft, greift die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht ein (Senat 6. Mai 1999 - 5 AZB 22/98 - AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 46 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 33; 23. August 2001 - 5 AZB 9/01 - AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 54 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 36).

3. Sinn des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG ist es, Organe juristischer Personen oder gesetzliche Vertreter von Personengesamtheiten aus dem Geltungsbereich des ArbGG auszunehmen, wenn sie einen Rechtsstreit mit den juristischen Personen oder Personengesamtheiten führen, der nach Zeit, Anlaß, Rechtsgrund und Anspruchsträgerschaft von vornherein auf der Repräsentantenstellung der in § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG genannten Personen selbst beruht. Für solche "Hausstreitigkeiten" im Arbeitgeberbereich sollen die Gerichte für Arbeitssachen nicht zuständig sein (Senat 27. Oktober 1960 - 5 AZR 578/59 - AP ArbGG 1953 § 5 Nr. 14). In diesen Fällen handelt es sich nicht um eine Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, sondern um eine Streitigkeit im "Arbeitgeberlager" (Reinecke ZIP 1997, 1525, 1528), denn Personen, die Mitglieder des Vertretungsorgans der juristischen Person oder der Personengesamtheit sind, nehmen für diese Arbeitgeberfunktionen wahr. Sie sind der personifizierte Arbeitgeber. Sie werden deshalb vom Gesetz nicht als Arbeitnehmer angesehen (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 4. Aufl. § 5 Rn. 29). Dies gilt unabhängig davon, ob sie selbst in einem Arbeitsverhältnis oder in einem freien Dienstverhältnis zur juristischen Person oder Personengesamtheit stehen. Die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG stellt sicher, daß die Mitglieder des Vertretungsorgans auch dann nicht Rechtsstreitigkeiten mit der juristischen Person oder der Personengesamtheit vor den Arbeitsgerichten führen, wenn die der Organstellung zugrunde liegende rechtliche Beziehung als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist.

4. Nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gilt der Geschäftsführer einer GmbH, der einen Anstellungsvertrag zur GmbH hat, unabhängig von der rechtlichen Qualifizierung des Anstellungsvertrags nicht als Arbeitnehmer der GmbH, weil er nach § 35 Abs. 1 GmbHG deren gesetzlicher Vertreter ist. Demzufolge ist für die Klage des GmbH-Geschäftsführers gegen die Kündigung seines Anstellungsvertrags durch die GmbH der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen nicht gegeben (Senat 6. Mai 1999 - 5 AZB 22/98 - AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 46 = EzA ArbGG 1979 Nr. 33). Nicht als Arbeitnehmer gilt nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gleichfalls der persönlich haftende Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft (Reinecke ZIP 1997, 1525, 1528). Dies gilt jedenfalls dann, wenn Komplemetär der KG eine natürliche Person ist. Dieser vertritt nach § 161 Abs. 2, § 125 Abs. 1, § 170 HGB die Kommanditgesellschaft nach außen und führt nach §§ 161, 114, 164 HGB die Geschäfte der KG.

5. Ist eine GmbH Komplementärin der KG, wird die KG also nicht durch eine natürliche Person, sondern durch eine juristische Person vertreten, ist tatsächlich handelnder Vertreter der GmbH & Co KG das Vertretungsorgan der GmbH, dh. deren Geschäftsführer. Umstritten ist, ob der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH, der einen Anstellungsvertrag mit der KG geschlossen hat, gesetzlicher Vertreter der KG iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG ist.

a) Das Bundesarbeitsgericht hat im Anschluß an die Rechtsprechung des Reichsarbeitsgerichts (RAG 21. Dezember 1932 - RAG 353/32 - ARS 16, 528, 529 f.) bislang angenommen, der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH sei lediglich Organvertreter der GmbH, nicht aber zugleich gesetzlicher Vertreter der KG. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gelte nur, wenn der Vertreter unmittelbarer gesetzlicher Vertreter der juristischen Person oder Personengesamtheit sei. Bei einem Rechtsstreit zwischen dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH und der KG sei § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG daher nicht anzuwenden (BAG 10. Juli 1980 - 3 AZR 68/79 - AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 1 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 1; 15. April 1982 - 2 AZR 1101/79 - BAGE 39, 16 = AP KSchG 1969 § 14 Nr. 1 = EzA KSchG § 14 Nr. 2; 13. Juli 1995 - 5 AZB 37/94 - AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 23 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 10). Dem ist das Schrifttum zum Teil gefolgt (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 4. Aufl. § 5 Rn. 30a; Grunsky ArbGG 7. Aufl. § 5 Rn. 24; Jaeger NZA 1998, 961, 966 f.; Reinecke ZIP 1997, 1525, 1529; Schwab NZA 1987, 839, 840; Weber/Burmester GmbHR 1997, 778, 779 f.). § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG sei als Ausnahmevorschrift eng auszulegen, weshalb eine Erstreckung auf den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ausscheide (so Beitzke Anm. zu BAG AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 1).

b) Nach anderer Auffassung ist diese Auslegung vom Wortlaut des Gesetzes nicht zwingend vorgegeben. Sie berücksichtige gesellschaftsrechtliche Zusammenhänge und den Zweck des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht genügend. Diese Vorschrift erfasse auch die mittelbare Vertretung. Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co KG sei gesetzlicher Vertreter der KG iSv. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG und gelte daher nicht als Arbeitnehmer iSd. Arbeitsgerichtsgesetzes (OLG München 10. April 2003 - 7 W 656/03 - DB 2003, 1503, 1504; OLG Hamm 27. März 1998 - 8 W 2/98 - NZA-RR 1998, 372; LG Braunschweig 18. Dezember 1975 - 9a O 201/75 - NJW 1976, 1748; ArbG Berlin 19. Februar 2003 - 36 Ca 38/03 -; ArbG Jena 16. November 1998 - 4 Ca 355/98 - NZA-RR 1999, 438; Bauer GmbHR 1981, 109, 111; ErfK/Koch 3. Aufl. § 5 ArbGG Rn. 14; Fleck ZHR 149 (1985), 387, 400; Hueck ZfA 1985, 25, 37; Kitzinger Der GmbH-Geschäftsführer zwischen Arbeits- und Gesellschaftsrecht 2001 S. 72 ff.; Moll RdA 2002, 226; Reiserer BB 1996, 2461, 2463).

6. Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer KG ist kraft Gesetzes zur Vertretung dieser Personengesamtheit berufen und gilt daher nach § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht als Arbeitnehmer iSd. Arbeitsgerichtsgesetzes. Der für Fragen der Rechtswegzuständigkeit allein zuständige Fünfte Senat hält an der abweichenden früheren Rechtsprechung nicht fest.

a) Personengesamtheiten sind die nicht rechtsfähigen Gesellschaften und Vereinigungen, auch wenn sie im Prozeß parteifähig sind. Die KG ist eine solche Personengesamtheit (Baumbach/Hopt HGB 30. Aufl. § 161 Rn. 2; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 4. Aufl. § 5 Rn. 30a). Gleiches gilt für die GmbH & Co KG (Baumbach/Hopt aaO Anh. § 177a Rn. 1).

b) Die Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co KG beruht auf den gesetzlichen Regelungen von § 161 Abs. 2, § 125, § 170 HGB iVm. § 35 Abs. 1 GmbHG. Komplementärin der KG ist die GmbH. Sie ist damit nach § 161 Abs. 2, § 125, § 170 HGB vertretungsberechtigt. Die GmbH ihrerseits wird nach § 35 Abs. 1 GmbHG durch ihren Geschäftführer vertreten. Im Unterschied zur GmbH ergibt sich die Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co KG nicht aus einer gesetzlichen Bestimmung, sondern aus einer zweistufigen Prüfung. Dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG ist jedoch nicht zu entnehmen, daß nur Personen, die unmittelbar eine juristische Person oder Personengesamtheit kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags vertreten, nicht als Arbeitnehmer gelten (zutr. OLG München 10. April 2003 - 7 W 656/03 - DB 2003, 1503, 1504; OLG Hamm 27. März 1998 - 8 W 2/98 - NZA-RR 1998, 372; Moll RdA 2002, 226, 227). Erforderlich ist allein, daß die betreffende Person kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglied eines Vertretungsorgans zur Vertretung der juristischen Person oder Personengesamtheit berufen ist. Das trifft auf den Geschäftsführer der Komplementär-GmbH einer GmbH & Co KG zu.

§ 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG ist keine eng auszulegende Ausnahmevorschrift (so aber Beitzke Anm. zu BAG AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 1). Diese Vorschrift wäre nur dann eine Ausnahmevorschrift, wenn die dort aufgeführten Personen regelmäßig Arbeitnehmer wären. Dies ist jedoch nicht der Fall (zutr. ArbG Berlin 19. Februar 2003 - 36 Ca 38/03 -). Wer zu dem in § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG aufgeführten Personenkreis gehört, ist daher nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen zu ermitteln.

c) Dem systematischen Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 ArbGG ist weiter zu entnehmen, daß die in § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG aufgeführten Vertreter von Personengesamtheiten und juristischen Personen natürliche Personen sein müssen. § 5 Abs. 1 ArbGG bestimmt den Begriff des Arbeitnehmers iSd. Arbeitsgerichtsgesetzes. Eine juristische Person, wie eine GmbH, scheidet als Vertreter iSd. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG aus.

d) Nach Sinn und Zweck des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG gehört der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH zu den Personen, die nicht als Arbeitnehmer gelten. Er vertritt bei einer GmbH & Co KG den Arbeitgeber und verkörpert ihn im Wortsinne. Er nimmt Arbeitgeberfunktionen für die KG wahr (OLG Celle 21. September 1979 - 3 U 197/79 - GmbHR 1980, 32, 35; Bauer GmbHR 1981, 109, 111). Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist eine arbeitgebergleiche Person (BVerwG 26. September 2002 - 5 C 53/01 - Buchholz 436.61 § 7 SchwbG Nr. 5). Insoweit unterscheidet er sich aus Sicht der Arbeitnehmer nicht vom Geschäftsführer einer GmbH, die ihre Arbeitgeberin ist. Ein Rechtsstreit zwischen der KG und dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist demzufolge in gleicher Weise ein Streit im Arbeitgeberlager wie ein Rechtsstreit zwischen dem Geschäftsführer einer GmbH und dieser Gesellschaft.

Die Trennung von GmbH und KG im Rahmen einer GmbH & Co KG ist eine juristische Konstruktion zur Haftungsbegrenzung. Im Gesellschaftsrecht sind daher aus der Vertretungsbefugnis des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH im Verhältnis zur KG haftungsrechtliche Konsequenzen gezogen worden. Der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH haftet gegenüber der KG, wenn er die aus der geschuldeten Geschäftsführung resultierenden Sorgfaltspflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt und hierdurch der KG ein Schaden entsteht (vgl. dazu BGH 17. März 1987 - VI ZR 282/85 - BGHZ 100, 190; 12. November 1979 - II ZR 174/77 - BGHZ 75, 321; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner GmbHG 4. Aufl. § 43 Rn. 63 ff. mwN). Denn der Geschäftsführer der Komplementär-GmbH vertritt nicht nur die GmbH, sondern auch die KG und hat deren Geschäfte ordnungsgemäß zu führen. Insoweit ist die formale Trennung zwischen der Komplementär-GmbH und der KG unerheblich.

7. Die Voraussetzungen für eine Vorlage an den Großen Senat nach § 45 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Eine Divergenz zur Rechtsprechung des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts zu § 14 Abs. 1 Nr. 2 KSchG (BAG 15. April 1982 - 2 AZR 1101/79 - BAGE 39, 16 = AP KSchG 1969 § 14 Nr. 1 = EzA KSchG § 14 Nr. 2) besteht nicht. Das hat der Zweite Senat auf Anfrage bestätigt. § 14 Abs. 1 Nr. 2 KSchG bestimmt nicht, daß die dort genannten Personen "nicht als Arbeitnehmer gelten", sondern nimmt diese Personengruppe vom Geltungsbereich der Vorschriften des Ersten Abschnitts des KSchG aus. Demgegenüber gelten nach § 17 Abs. 5 Nr. 2 KSchG die gesetzlichen Vertreter von Personengesamtheiten nicht als Arbeitnehmer iSd. § 17 KSchG. Hierzu gibt es keine abweichenden Entscheidungen des Zweiten Senats. Eine Divergenz zu Entscheidungen des für die Auslegung von § 5 Abs. 2 BetrVG zuständigen Siebten Senats ist gleichfalls nicht gegeben, wie dieser auf Anfrage bestätigt hat.

II. In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze erweist sich die Rechtsbeschwerde als nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und die Sache an das zuständige Landgericht Frankfurt am Main verwiesen. Der Kläger ist Geschäftsführer der W Verwaltungs GmbH, die als Komplementärin der W GmbH & Co. KG fungiert. In dieser Funktion ist der Kläger Vertreter der Beklagten. Diese ist ihrerseits Rechtsnachfolgerin der W J GmbH, mit der der Kläger 1998 einen Geschäftsführeranstellungsvertrag geschlossen hat.

III. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Ende der Entscheidung

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