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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 22.04.2009
Aktenzeichen: 5 AZR 133/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 315
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

5 AZR 133/08

Verkündet am 22. April 2009

In Sachen

hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. April 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Müller-Glöge, die Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Mikosch und Breinlinger sowie die ehrenamtlichen Richter Rehwald und Dr. Dombrowsky für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 22. November 2007 - 8 Sa 787/07 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit des Entzugs einer Zusatzaufgabe.

Der Kläger ist seit 1976 bei den B als Lagerverwalter tätig.

Am 4. Januar 1988 richtete der D-Manager des S folgende "Instruction" an alle D-Grades (= Meister):

"...

Ab sofort ist der Koll. W zuständig für das Öffnen und Schliessen der Tore zum D Gelände, sowie des Aufenthaltsraumes der Arbeiter und Handwerker. Die Tore und der Aufenthaltsraum sind min. 15 Minuten vor Arbeitsbeginn zu öffnen und 15 Minuten nach Arbeitsende zu schliessen. Die Schlüssel sind morgens bei der R Wache abzuholen und nach Dienstschluss dort wieder zu hinterlegen. In Ausnahmefällen, z.B. Überstunden durch dringende Reparaturen oder ausgedehnte regelmässige Arbeitszeit verschiedener Handwerker, sind die 'D' Grades dafür zuständig.

Die anfallenden Überstunden sind auf den entsprechenden Formularen zu notieren und einzureichen.

Diese Instruction erfolgt in Absprache mit DW vom 15.12.87 und unter Mitbestimmung der Betriebsvertretung.

..."

Der Kläger kam der Instruction nach und rechnete seine Arbeitszeit entsprechend ab. Die B vergüteten 30 Minuten täglich als Überstunden mit zuletzt ca. 200,00 Euro brutto monatlich. Mit Schreiben vom 31. Mai 2006 entzogen die B dem Kläger den Schließdienst zum 31. Dezember 2006 und stellten die Zahlung von Überstundenvergütung ein.

Der Kläger macht geltend, der einseitige Entzug der Zusatzaufgabe sei rechtsunwirksam. Es habe sich nicht um Überstunden, sondern um eine dauerhafte Verlängerung der Wochenarbeitszeit gehandelt. Der Entzug der Aufgabe widerspreche billigem Ermessen. Ein sinnvolles Konzept lasse sich nicht erkennen, die vorgetragene Umverteilung der Arbeit führe zur übermäßigen Belastung anderer Arbeitnehmer.

Der Kläger hat, soweit für die Revision von Interesse, beantragt

festzustellen, dass die Entziehung der Zusatztätigkeit des Klägers, nämlich des Öffnens und Schließens der Tore und Eingangstüren zum G-Gelände in H 1, unwirksam ist.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Übertragung der Zusatzaufgabe sei nicht vertraglich vereinbart worden. Das neue Konzept werde seit Januar 2007 problemlos umgesetzt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen. Der mit Schreiben vom 31. Mai 2006 angeordnete Entzug der Schließdienstaufgabe war wirksam.

I. Die B waren berechtigt, dem Kläger die Zusatzaufgabe Schließdienst kraft ihres Weisungsrechts ohne Änderungskündigung zu entziehen.

1. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, lag der Durchführung des Schließdienstes keine Änderung des Arbeitsvertrags zugrunde. Allenfalls einigten sich die Arbeitsvertragsparteien über die Befugnis der B, den Kläger regelmäßig zu Überstunden heranzuziehen.

a) Anlässlich der Übertragung des Schließdienstes im Januar 1988 änderten die Arbeitsvertragsparteien den schriftlichen Arbeitsvertrag nicht ab. Auch übertrugen die B dem Kläger die Aufgabe nicht ausdrücklich als unbefristete Tätigkeit, sondern lediglich mit dessen Einverständnis als Zusatzaufgabe.

b) Eine dauerhafte Übertragung ist damit auch nicht stillschweigend vereinbart worden. Die Tatsache, dass ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber - auch längere Zeit - unter Überschreitung der vertraglich vorgesehenen Arbeitszeit eingesetzt wird, beinhaltet für sich genommen noch keine einvernehmliche Vertragsänderung. Bei einem entsprechenden Arbeitseinsatz handelt es sich um ein tatsächliches Verhalten, dem nicht notwendig ein bestimmter rechtsgeschäftlicher Erklärungswert in Bezug auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses zukommt. Es ist auf die Absprachen abzustellen, die dem erhöhten Arbeitseinsatz zugrunde liegen. Die Annahme einer dauerhaften Vertragsänderung mit einer erhöhten regelmäßigen Arbeitszeit setzt die Feststellung entsprechender Erklärungen der Parteien voraus (vgl. Senat 25. April 2007 - 5 AZR 504/06 - Rn. 12 mwN, AP BGB § 615 Nr. 121 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 20).

c) Die Auslegung des Berufungsgerichts hält der revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Aus der Tatsache, dass der Kläger eine Zusatzaufgabe 18 Jahre verrichtete, lässt sich ein entsprechender Vertragsinhalt jedenfalls nicht ablesen. Dass im Streitfall ausnahmsweise besondere Umstände die Annahme nahelegten, die B hätten sich weitergehend binden wollen, ist nicht ersichtlich. Vielmehr lassen die Bezeichnung und die abrechnungstechnische Behandlung des Schließdienstes als Überstunden auf deren vorübergehende Natur schließen. Dass das Schreiben vom 4. Januar 1988 nach dem am Ende des Schriftstücks ausgewiesenen Verteiler auch zu "F" gelangen sollte, stellt die Auslegung des Landesarbeitsgerichts nicht in Frage. Dies gilt unabhängig von der ungeklärt gebliebenen Frage, ob es sich bei "F" um die Personalakten des Klägers oder eine Sachakte handelte. Auch die Aufnahme in die Personalakten hätte nicht die Übertragung auf Dauer belegt. Ebenso wenig muss wegen des fehlenden schriftlichen Hinweises auf eine Befristung des Schließdienstes auf eine unbefristete Vertragsänderung geschlossen werden.

2. Die B konnten von der weiteren Anordnung der Überstunden Abstand nehmen. Der in dem Entzug der Zusatzaufgabe liegende Verzicht auf die weitere Anordnung von Überstunden entsprach dem vom Landesarbeitsgericht festgestellten vertraglichen Rahmen und damit dem Weisungsrecht der Arbeitgeberin.

3. Das Unterlassen der weiteren Anordnung von Überstunden wahrte die Grenzen billigen Ermessens (§ 315 BGB). Das Landesarbeitsgericht hat insofern die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die Interessen sowohl der B als auch des Klägers angemessen berücksichtigt. Die B waren zur größeren Wirtschaftlichkeit angehalten und haben aus diesem Grund den Schließdienst neu organisiert. Die betriebliche Organisation als solche unterliegt keiner arbeitsgerichtlichen Kontrolle.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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