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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 24.10.2001
Aktenzeichen: 5 AZR 32/00
Rechtsgebiete: BGB, BeschFG 1985, ZPO


Vorschriften:

BGB § 612 Abs. 2
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 852
BGB § 209
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 8
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 9
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1
BGB § 818 Abs. 1
BeschFG 1985 § 2 Abs. 1
ZPO § 554 Abs. 3 Nr. 1
1. Die Frist des § 852 Abs. 1 BGB für die Verjährung von Ansprüchen aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 wegen einer Benachteiligung als Teilzeitkraft hat nicht erst mit dem Bekanntwerden der Entscheidung des BAG vom 12. Juni 1996 ( - 5 AZR 960/94 - BAGE 83, 168) begonnen.

2. Ein Arbeitgeber, der eine Teilzeitkraft anteilig geringer als eine vergleichbare Vollzeitkraft vergütet hat, muß die Vergütungsdifferenz nach Eintritt der Verjährung gemäß § 852 Abs. 1 BGB nicht nach § 852 Abs. 3 BGB herausgeben.


BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

5 AZR 32/00

Verkündet am 24. Oktober 2001

In Sachen

hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Müller-Glöge, die Richter am Bundesarbeitsgericht Kreft und Dr. Linck, sowie den ehrenamtlichen Richter Glaubitz und die ehrenamtliche Richterin Reinders für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 5. November 1999 - 11 Sa 718/99 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers wegen Benachteiligung als Teilzeitkraft.

Die Beklagte betreibt Tankstellen. Der Kläger war bei ihr seit Juli 1983 als Tankwart in Teilzeit beschäftigt; er war zugleich Student. Die Stundenvergütung des Klägers als Teilzeitkraft war geringer als die vergleichbarer Vollzeitkräfte.

Am 3. Februar 1993 sprach die Beklagte eine fristlose Kündigung aus. Über deren Wirksamkeit und über den Anspruch des Klägers auf anteilige Vergütung wie eine Vollzeitkraft aus den Jahren 1991, 1992 und - bis zum 6. Februar - 1993 führten die Parteien einen Rechtsstreit. Diesen entschied das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 12. Juni 1996 (- 5 AZR 960/94 - BAGE 83, 168) in vollem Umfang zugunsten des Klägers. Dabei sprach es diesem eine höhere Vergütung teilweise auch als Schadensersatz wegen Verstoßes gegen ein Schutzgesetz gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 2 Abs. 1 BeschFG zu.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete aufgrund ordentlicher Eigenkündigung des Klägers am 31. August 1993. Nachdem das Urteil vom 12. Juni 1996 ergangen war, verhandelten die Parteien über weitergehende Ansprüche des Klägers. Mit Schreiben vom 18. Dezember 1997 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie sei damit einverstanden, "die Verjährungsfrist um den Zeitraum der außergerichtlichen Verhandlung gemäß § 852 Abs. 2 BGB als gehemmt anzusehen, bis der eine oder andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen (verweigere)". Später kamen die Parteien überein, "eine Verweigerung frühestens nach dem 31.05.1998" anzunehmen.

Im Juni 1998 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben. Mit ihr hat er die Beklagte auf Schadensersatz wegen zu geringer Entlohnung in der Zeit vom 1. Mai 1985 bis zum 31. Dezember 1992 in Anspruch genommen, soweit ihm Forderungen für 1991 und 1992 im Vorprozeß nicht schon zugesprochen worden waren. Als zu ersetzenden Schaden hat er eine Vergütungsdifferenz in Höhe von insgesamt 60.313,06 DM brutto errechnet. Ferner hat er von der Beklagten die Herausgabe von Nutzungen verlangt, die sie aus den nicht ausgezahlten Lohnbeträgen gezogen habe. Er hat behauptet, aus dem ihm in der Zeit zwischen dem 1. Januar 1986 und dem 31. Dezember 1990 vorenthaltenen Lohn in Höhe von insgesamt 48.057,23 DM habe die Beklagte in der Weise Nutzungen gezogen, daß sie mit den entsprechenden Teilbeträgen "buchmäßig kalkuliert" und bis Ende 1997 einen Zinsertrag von 4 % im Gesamtumfang von 17.013,03 DM erwirtschaftet habe. Er hat die Ansicht vertreten, diese Summe habe ihm die Beklagte nach § 818 Abs. 1 BGB herauszugeben. Außerdem hat der Kläger einen Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von 4 % aus derselben Summe von 48.057,23 DM für denselben Zeitraum geltend gemacht, der sich gleichermaßen auf 17.013,03 DM belaufe. Er hat gemeint, diesen Betrag schulde ihm die Beklagte gemäß § 852 Abs. 3, § 819 Abs. 2, § 818 Abs. 4, § 291, § 288 Abs. 1 BGB.

Der Kläger hat - soweit noch von Bedeutung - in den Vorinstanzen beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 60.313,06 DM brutto sowie 34.026,06 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit 21. Mai 1998 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat bestritten, die an den Kläger nicht ausgezahlten Lohnbeträge in irgendeiner Weise gewinnorientiert angelegt zu haben. Sie sei von der "Bestandskraft" der vertraglichen Vereinbarungen ausgegangen, habe dementsprechend für das jeweilige Folgejahr kalkuliert und keine Kapitalbeträge zinsbringend angelegt. In jedem Fall sei sie nicht mehr bereichert.

Gegenüber sämtlichen Klageforderungen hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel im Umfang von 30.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 21. Mai 1998 weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Die Ansprüche des Klägers sind entweder verjährt oder bestehen nicht.

A. Die Revision ist zulässig. Aus § 554 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ergeben sich keine durchgreifenden Bedenken. Nach dieser Vorschrift muß die Revisionsbegründung die Erklärung enthalten, inwieweit das Berufungsurteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt werde. Das Berufungsgericht hat die Klage auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 60.313,06 DM brutto, auf Herausgabe von gezogenen Nutzungen in Höhe von 17.013,03 DM und auf Zahlung von Zinsen in Höhe weiterer 17.013,03 DM abgewiesen. Der Kläger hat mit der Revision die Versagung des Schadensersatzanspruchs in einem Teilumfang von 20.000,00 DM und die Versagung der beiden anderen Ansprüche im Teilumfang von je 5.000,00 DM angegriffen. Da sich alle drei Klageansprüche aus Einzelforderungen zusammensetzen, war es erforderlich genau zu bestimmen, welche Teilforderungen vom Revisionsantrag erfaßt werden. Der Kläger hat eine solche Bestimmung vorgenommen. Nach Maßgabe der Revisionsbegründung setzt sich der mit der Revision weiterverfolgte Schadensersatzanspruch von 20.000,00 DM aus dem vorenthaltenen Lohn für das Jahr 1985 im Umfang von 4.441,79 DM, für das Jahr 1986 im Umfang von 7.512,87 DM und für das Jahr 1987 im (Teil-)Umfang von 8.045,34 DM zusammen. Der mit der Revision in Höhe von 5.000,00 DM weiterverfolgte Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen soll sich auf die zeitlich frühesten Einzelzinsbeträge bis zur Höhe dieses Teilbetrags erstrecken. Das gleiche gilt für den in Höhe von 5.000,00 DM weiterverfolgten Anspruch auf Zahlung von Zinsen. Erfaßt sind damit die behaupteten Zinsvorteile der Beklagten und die möglichen eigenen Zinsen des Klägers aus den Jahren 1986 bis 1990 in Höhe von insgesamt jeweils 3.557,05 DM und aus dem Jahre 1991 bis zum Erreichen der jeweils ersten 1.442,95 DM.

B. Die Revision ist unbegründet. Die Klage hat keinen Erfolg.

I. Der Zahlungsanspruch in Höhe von 20.000,00 DM als Teil der ursprünglichen Forderung von 60.313,06 DM brutto ist nicht durchsetzbar.

1. Der Anspruch ist sowohl nach § 612 Abs. 2 BGB als auch nach § 823 Abs. 2 BGB entstanden. Der Kläger macht zu Recht Gleichbehandlung mit Vollzeitkräften geltend. Die mit ihm getroffene Vergütungsabrede verstieß gegen § 2 Abs. 1 des ab dem 1. Mai 1985 geltenden BeschFG. Dies führte wegen § 134 BGB zu ihrer Nichtigkeit. An die Stelle der unwirksam vereinbarten Vergütung trat die übliche Vergütung nach § 612 Abs. 2 BGB. Dies war die anteilige Vergütung der Vollzeitkräfte.

Der Zahlungsanspruch folgt zugleich aus § 823 Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift ist, wer gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt, zum Ersatz des daraus herrührenden Schadens verpflichtet. Die Beklagte hat § 2 Abs. 1 BeschFG verletzt. Diese Vorschrift ist ein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB (BAG 25. April 2001 - 5 AZR 368/99 - zVv.; BAG 12. Juni 1996 - 5 AZR 960/94 - BAGE 83, 168). Die Beklagte handelte rechtswidrig und schuldhaft (vgl. Senatsurteil vom 12. Juni 1996 aaO). Der zu ersetzende Schaden besteht in der Unterbezahlung des Klägers im Vergleich zu Vollzeitkräften. Er entspricht der vom Kläger geltend gemachten Vergütungsdifferenz. Was deren Höhe angeht, so ist die Richtigkeit der Behauptungen des Klägers für die revisionsrechtliche Überprüfung des angefochtenen Urteils zunächst zu unterstellen.

2. Der Anspruch ist nicht untergegangen. Zwar ist er tariflich verfallen, soweit er auf § 612 Abs. 2 BGB beruht. Der auf § 823 Abs. 2 BGB gestützte Anspruch wird aber von der einschlägigen Vorschrift des § 22 Abs. 4 des auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anzuwendenden allgemeinverbindlichen Manteltarifvertrags für den Einzelhandel Nordrhein-Westfalen nicht erfaßt.

Der Anspruch aus unerlaubter Handlung ist auch nach allgemeinen Verwirkungsgrundsätzen nicht verfallen. Dies gilt unabhängig davon, ob einer Verwirkung bereits § 4 Abs. 4 Satz 2 TVG entgegensteht. Zwar hat der Kläger seine Ansprüche aus den Jahren 1985 bis 1987 teilweise mehr als elf Jahre nach ihrer Entstehung erstmals geltend gemacht. Allein der bis zur Anspruchserhebung eingetretene Zeitablauf kann die Verwirkung eines Rechts jedoch nicht rechtfertigen. Um den Tatbestand der Verwirkung zu erfüllen, muß neben das Zeitmoment das sog. Umstandsmoment treten. Es müssen besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzukommen, die es rechtfertigen, die späte Anspruchserhebung als mit Treu und Glauben unvereinbar und die Anspruchserfüllung als unzumutbar anzusehen (BAG 25. April 2001 - 5 AZR 497/99 - zVv., mwN). Daran fehlt es. Die Beklagte hat keine entsprechenden Tatsachen vorgetragen. Zu ihren Gunsten kann lediglich berücksichtigt werden, daß der Kläger seine im Jahre 1993 erhobene Klage auf Ansprüche für die Zeit ab 1991 beschränkt hatte. Allein daraus durfte sie aber nicht den Schluß ziehen, daß Ansprüche aus der Zeit davor in keinem Falle mehr erhoben würden.

3. Der Anspruch ist verjährt.

a) Gemäß § 852 Abs. 1 1. Halbs. BGB verjährt der Anspruch auf Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat. Eine Unterbrechung der Verjährung konnte im Streitfall nur durch Klageerhebung gemäß § 209 Abs. 1 BGB herbeigeführt worden sein. Die erfolgte nicht vor dem 12. Juni 1998. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist des § 852 Abs. 1 BGB bereits verstrichen. Ob nicht - wie das Landesarbeitsgericht entschieden hat - diese Frist ohnehin durch die zweijährige Verjährungsfrist des § 196 Abs. 1 Nr. 8, 9 BGB verdrängt wurde, weil es sich bei den Ansprüchen des Klägers jedenfalls wirtschaftlich betrachtet um Lohnansprüche handelt, braucht nicht entschieden zu werden.

aa) Für den Beginn der Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB kommt es darauf an, ob der Geschädigte aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Schadensersatzklage - und sei es nur in Form einer Feststellungsklage - erheben kann, die bei verständiger Würdigung der ihm bekannten Tatsachen soviel Aussicht auf Erfolg bietet, daß sie für ihn zumutbar ist (BGHZ 6, 195, 201; BGHZ 97, 97, 111; BGHZ 122, 317, 325; MünchKomm-Stein 3. Aufl. BGB § 852 Rn. 9 mwN; Staudinger-Schäfer 12. Aufl. BGB § 852 Rn. 6 mwN). Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß dem Kläger der eingetretene Schaden - seine im Vergleich zu Vollzeitkräften anteilig geringere Vergütung - und die Person des Schädigers spätestens seit der Klageerhebung im Vorprozeß im Jahre 1993 bekannt waren. Dies war weit mehr als drei Jahre vor Klageerhebung im Jahre 1998.

bb) Entgegen der Ansicht des Klägers begann der Lauf der Verjährungsfrist nicht erst mit Bekanntwerden des Senatsurteils vom 12. Juni 1996. Der Kläger führt für seine Rechtsauffassung an, er habe erst durch dieses Urteil Kenntnis davon erlangt, daß die Ungleichbehandlung von Teilzeitkräften zu deliktischen Schadensersatzansprüchen führen könne. Auch sei erst durch die Bejahung seines Arbeitnehmerstatus in dieser Entscheidung festgestellt worden, daß er überhaupt zum Kreis der Anspruchsberechtigten zähle. Deshalb sei seine Klageerhebung rechtzeitig. Dem kann nicht gefolgt werden.

(1) Der Umstand, daß die Beklagte während des Vorprozesses geltend gemacht hatte, der Kläger sei kein Arbeitnehmer und falle nicht in den von § 2 Abs. 1 BeschFG geschützten Personenkreis, hinderte den Fristbeginn nicht. Dieser setzt nicht das Fehlen aller Risiken und die unbedingte Sicherheit voraus, im Prozeß zu obsiegen (BGH VersR 1962, 289, 291; BGH VersR 1974, 197, 198; MünchKomm-Stein aaO Rn. 9; Staudinger-Schäfer aaO Rn. 7 mwN). Der Umstand, daß eine erfolgreiche Klage seinen Arbeitnehmerstatus voraussetzen würde und daß darin ein gewisses Prozeßrisiko läge, durfte den Kläger nicht von einer Klageerhebung abhalten. Da er zu einer Klärung seines Status ohnehin die Gerichte hätte anrufen müssen, war es ihm schon aus diesem Grund zuzumuten, ihn als Vorfrage im Rahmen eines Zahlungsprozesses prüfen zu lassen.

(2) Der Beginn der Verjährungsfrist wurde auch nicht dadurch hinausgeschoben, daß das Bundesarbeitsgericht erstmals mit der Entscheidung vom 12. Juni 1996 das Bestehen eines deliktischen Anspruchs ausdrücklich bejahte. Soweit der Kläger die Auffassung vertreten hat, daß mit dieser Entscheidung der Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 2 Abs. 1 BeschFG überhaupt erst "entstanden" sei, trifft dies nicht zu. Eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung über das Bestehen eines Anspruchs führt dessen Entstehung nicht herbei, sondern stellt diese nur fest. Entstanden ist der Anspruch in dem Augenblick, in dem seine tatsächlichen Voraussetzungen vorliegen. Das war hier bereits in den Jahren 1985, 1986 und 1987 der Fall.

Soweit der Kläger vorbringen will, vor der Entscheidung vom 12. Juni 1996 sei eine Schadensersatzklage wegen einer Benachteiligung als Teilzeitkraft aussichtslos gewesen und zumindest aus diesem Grunde habe die Frist des § 852 Abs. 1 BGB frühestens mit dem 12. Juni 1996 begonnen, kann er auch damit nicht durchdringen. Sieht der Geschädigte von einer Klageerhebung ab, weil sie nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, und ändert sich diese Rechtsprechung, so daß nunmehr eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, so beginnt zwar die Verjährungsfrist nach Auffassungen in der Literatur erst, wenn diese neue Rechtsprechung bekannt wird (Staudinger-Schäfer aaO Rn. 8 c, 23 mwN). Der Kläger hatte jedoch auch schon vor dem 12. Juni 1996 keinen begründeten Anlaß für die Annahme, eine auf § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 2 Abs. 1 BeschFG gestützte Schadensersatzklage sei wegen einer feststehenden gegenteiligen Rechtsprechung aussichtslos. Eine die Anwendbarkeit des § 823 Abs. 2 BGB explizit verneinende Rechtsprechung gab es nicht. Das Bestehen eines Schadensersatzanspruchs war lediglich noch nicht ausdrücklich bejaht worden.

Aus der vom Kläger angeführten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Juli 1992 (- 3 AZR 173/92 - BAGE 71, 29, 43/44) folgt nichts anderes. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht darin ausgeführt, ein Anspruch auf Gleichbehandlung setze kein Verschulden des Arbeitgebers voraus, weil es sich nicht um einen Schadensersatzanspruch, sondern um einen Erfüllungsanspruch iSd. § 612 Abs. 2 BGB handele. Daraus läßt sich aber nicht ableiten, das Bundesarbeitsgericht habe in dieser Entscheidung die Möglichkeit, auf die Verletzung des § 2 Abs. 1 BeschFG einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB zu stützen, auch bei Vorliegen von Verschulden ausdrücklich ausgeschlossen. Zumindest kann auf Grund dieses Urteils nicht von einer feststehenden Rechtsprechung die Rede sein.

cc) Die Verjährung wurde nicht gemäß § 852 Abs. 2 BGB gehemmt. Nach dieser Vorschrift ist, wenn zwischen dem Ersatzpflichtigen und dem Ersatzberechtigten Verhandlungen über den zu leistenden Schadensersatz schweben, die Verjährung nach Abs. 1 der Regelung so lange gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert. Für die Aufnahme von "Verhandlungen" reichen alle Erklärungen aus, die den Geschädigten zu der Annahme berechtigen, der Verpflichtete werde hinsichtlich einer Befriedigung der Ersatzansprüche Entgegenkommen zeigen (BGH VersR 1969, 857, 859; BGHZ 93, 64, 66; BGH NJW 1997, 3447; MünchKomm-Stein aaO Rn. 68; Soergel-Zeuner Stand Frühjahr 1998 § 852 Rn. 30; Erman-Schiemann 10. Aufl. BGB § 852 Rn. 22). Kommt es zu Verhandlungen, so wirkt die Verjährungshemmung zurück auf den Zeitpunkt der Erhebung der Ansprüche gegenüber dem Verpflichteten (BGH VersR 1962, 615, 616; Staudinger-Schäfer aaO Rn. 121 c mwN).

Im Anschluß an das Senatsurteil vom 12. Juni 1996 hat es zwischen den Parteien Verhandlungen über weitergehende Ansprüche des Klägers gegeben. Dies belegen die Schreiben der Beklagten vom 18. Dezember 1997 und 27. April 1998. Darin wurde vereinbart, mindestens bis zum 31. Mai 1998 sei iSd. § 852 Abs. 2 BGB von einer Fortdauer der Verhandlungen auszugehen. Allerdings läßt sich dem Vorbringen der Parteien und den Feststellungen der Vorinstanzen nicht entnehmen, bis zu welchem Zeitpunkt die damit eingetretene Hemmung zurückwirkt. Der Kläger hat nicht vorgetragen, wann er gegenüber der Beklagten erstmals über die Klageansprüche im Vorprozeß hinaus die nunmehr streitbefangenen Forderungen geltend gemacht hat. Geschah dies erst zu einem Zeitpunkt, zu welchem die Verjährung gemäß § 852 Abs. 1 BGB schon eingetreten war, wäre dadurch der Lauf der Verjährungsfrist nicht erneut in Gang gesetzt worden.

Davon ist im Streitfall auszugehen. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte muß angenommen werden, daß der Kläger die mit der vorliegenden Klage verfolgten Ansprüche jedenfalls nicht vor Verkündung des Urteils vom 12. Juni 1996 gegenüber der Beklagten erhoben hat. Zu dieser Zeit waren sie bereits verjährt. Dafür, daß die Beklagte mit Aufnahme oder während der Verhandlungen ausdrücklich darauf verzichtet hätte, sich auf eine schon zuvor eingetretene Verjährung zu berufen, hat der Kläger nichts vorgetragen.

Die Beklagte handelte auch nicht treuwidrig, wenn sie zwar Verhandlungen iS des § 852 Abs. 2 BGB aufnahm, sich nach deren Scheitern aber auf einen schon zuvor erfolgten Verjährungseintritt berief. Um darin den Tatbestand der unzulässigen Rechtsausübung oder Verwirkung erblicken zu können, hätte es näheren Tatsachenvortrags und entsprechender Feststellungen bedurft.

b) Für die Klageforderung ist die Frist des § 852 Abs. 1 BGB nicht nach Maßgabe des § 852 Abs. 3 BGB verlängert. Nach der letztgenannten Vorschrift ist der Ersatzpflichtige auch nach Vollendung der Verjährung iSd. Abs. 1 zur Herausgabe desjenigen verpflichtet, was er durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten erlangt hat; auf diese Verpflichtung finden die Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung Anwendung. Der betreffende Herausgabeanspruch verjährt demzufolge nach den für einen entsprechenden bereicherungsrechtlichen Anspruch geltenden Vorschriften. Für einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gilt grundsätzlich die 30-jährige Verjährungsfrist des § 195 BGB, doch können im Einzelfall die kürzeren Fristen der §§ 196, 197 BGB entsprechend anzuwenden sein.

Ob im Streitfall eine längere als die dreijährige Frist des § 852 Abs. 1 BGB zur Anwendung kommt, braucht nicht entschieden zu werden. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 852 Abs. 3 BGB liegen nicht vor. Nach mittlerweile herrschender Meinung enthält allerdings § 852 Abs. 3 BGB lediglich eine sog. Rechtsfolgenverweisung. Für den Eintritt einer möglicherweise längeren Verjährungsfrist ist es damit nicht erforderlich, daß sämtliche Voraussetzungen für einen Anspruch aus §§ 812 ff. BGB gegeben sind. Der verjährte Deliktsanspruch bleibt vielmehr als solcher bestehen. Er wird nur in seinem Umfang auf das beschränkt, was der Schädiger durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Geschädigten erlangt hat (BGHZ 71, 86, 98 ff.; BGHZ 130, 288, 297; Staudinger-Schäfer aaO Rn. 126, 127; Erman-Schiemann aaO Rn. 24; Soergel-Zeuner aaO Rn. 32). Derjenige, der durch die unerlaubte Schädigung eines anderen sein eigenes Vermögen vermehrt hat, soll nicht im Genuß dieses Vorteils bleiben (MünchKomm-Stein aaO Rn. 70). Gleichwohl ist es nach § 852 Abs. 3 BGB erforderlich, daß der Verpflichtete dem Geschädigten nicht nur einen Schaden zugefügt, sondern "durch die unerlaubte Handlung" auf dessen Kosten "etwas erlangt" hat. Daran fehlt es im Streitfall. Die unerlaubte Handlung der Beklagten bestand darin, daß sie den Kläger als Teilzeitkraft schlechter vergütete als ihre Vollzeitkräfte. Sie hat dadurch nichts "erlangt". Die Arbeitskraft des Klägers hat sie nicht auf Grund der unerlaubten Handlung, sondern auf Grund des - nur in seiner Vergütungsabrede unwirksamen - Arbeitsvertrags erlangt. Auch den von der vertraglichen Vergütungsabrede nicht gedeckten Wert der Arbeitskraft hat sie nicht erst durch ihre unerlaubte Handlung erlangt: Der Kläger arbeitete auf Grund seiner vertraglich eingegangenen Arbeitsverpflichtung. Unerlaubterweise hat die Beklagte den Kläger nur nicht gesetzeskonform vergütet. Dies begründet keine Herausgabepflicht. Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß derjenige, der eine bestehende Forderung nicht erfüllt, dadurch nichts erlangt. Einen Anspruch nicht vollständig zu erfüllen bedeutet nicht, um den unerfüllten Teil bereichert zu sein. Das betreffende Vermögen ist vielmehr von Beginn an und bleibt weiterhin mit der noch nicht erfüllten Forderung belastet. Selbst wenn man annehmen wollte, die Beklagte hätte durch die Mindervergütung Aufwendungen erspart, gilt nichts anderes. Ersparte Aufwendungen sind kein erlangtes Etwas (MünchKomm-Lieb BGB § 812 Rn. 298 a).

Die Beklagte hat dem Kläger den aus seiner Benachteiligung entstandenen Schaden zu ersetzen, herauszugeben hat sie ihm dagegen nichts. Ein Anspruch nach § 852 Abs. 3 BGB besteht nicht. Der auf den Ausgleich der Lohndifferenzen aus den Jahren 1985 bis 1987 gerichtete Schadenanspruch ist verjährt. Wegen § 222 Abs. 1 BGB ist er deshalb nicht durchsetzbar.

II. Der mit der Revision im Umfang von 5.000,00 DM weiterverfolgte Anspruch auf Nutzungsherausgabe besteht nicht. Er ergibt sich weder aus § 818 Abs. 1 BGB iVm. § 812 Abs. 1 BGB noch aus § 818 Abs. 1 BGB iVm. § 852 Abs. 3 BGB.

1. Voraussetzung wäre zunächst, daß die Beklagte aus den dem Kläger vorenthaltenen Lohnbeträgen die behaupteten Nutzungen in Form von Zinserträgen überhaupt gezogen hat. Sie hat dies bestritten. Zugunsten des Klägers kann ein solcher Zinsvorteil der Beklagten unterstellt werden.

2. Voraussetzung wäre weiter, daß eine Verpflichtung zur Herausgabe desjenigen besteht, aus dem die Nutzungen gezogen wurden. Daran fehlt es.

a) Die Voraussetzungen einer Leistungskondiktion nach § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB liegen nicht vor. Zum einen hat der Kläger seine Arbeitskraft geleistet, nicht aber Geld, aus dem Nutzungen hätten gezogen werden können. Zum anderen hat er seine Arbeitskraft nicht ohne rechtlichen Grund geleistet. Leistungsgrundlage war der bis auf die Vergütungsabrede wirksame Arbeitsvertrag. Der Leistungsaustausch zwischen den Parteien fand nicht ohne Rechtsgrund statt. Damit scheidet auch ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 2. Alt. BGB wegen einer Bereicherung in sonstiger Weise aus.

b) Ein Herausgabeanspruch aus § 852 Abs. 3 BGB besteht ebenfalls nicht; dies wurde ausgeführt. Da es somit schon an einer herauszugebenden Hauptsache fehlt, werden auch keine aus ihr gezogenen Nutzungen iS des § 818 Abs. 1 BGB von einer Herausgabepflicht erfaßt.

III. Der im Umfang von 5.000,00 DM weiterverfolgte Zinsanspruch ist ebensowenig begründet. Der Kläger will ihn - und dies zusätzlich zu dem Anspruch auf Nutzungsherausgabe - aus § 852 Abs. 3 iVm. § 819 Abs. 2, § 818 Abs. 4, § 291, § 288 Abs. 1 BGB herleiten. Wie dargelegt, fehlt es schon am Herausgabeanspruch aus § 852 Abs. 3 BGB selbst.

Ende der Entscheidung

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