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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 14.06.2006
Aktenzeichen: 5 AZR 592/05
Rechtsgebiete: ArbGG


Vorschriften:

ArbGG § 5 Abs. 1 Satz 3
In dem Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrags durch einen angestellten Mitarbeiter liegt im Zweifel die konkludente Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses. Nach dem Willen der vertragschließenden Parteien soll regelmäßig neben dem Dienstverhältnis nicht noch ein Arbeitsverhältnis ruhend fortbestehen. Eine andere Auslegung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, für die zumindest deutliche Anhaltspunkte vorliegen müssen.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

5 AZR 592/05

Verkündet am 14. Juni 2006

In Sachen

hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der Beratung vom 14. Juni 2006 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Müller-Glöge, die Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Mikosch und Dr. Linck sowie die ehrenamtlichen Richter Heel und Zoller für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 10. Juni 2005 - 17 Sa 1251/04 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier ordentlicher Kündigungen und in diesem Zusammenhang insbesondere darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis bestand.

Der im Jahre 1945 geborene Kläger trat mit Arbeitsvertrag vom 26. April 1984 ab dem 15. September 1984 bei der Firma J ein. Mit Beginn des Arbeitsverhältnisses wurde ihm Prokura erteilt. Er bezog ein Jahresgehalt von 140.000,00 DM sowie Provisionen und einen Bonus, der sich nach der Geschäftslage unter Berücksichtigung des Einsatzes und des Erfolgs richtete. Kündigungen des Arbeitsverhältnisses sollten nur schriftlich erfolgen können. Zuvor war der Kläger schon von 1971 bis Anfang 1983 bei der Firma J tätig gewesen.

Im Zuge der Umwandlung der Firma J in die Beklagte schlossen die Parteien am 22. Juni 1986 einen "Dienstvertrag", der am 1. Januar 1987 in Kraft trat. Danach wurde der Kläger ab diesem Zeitpunkt zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt. In der Präambel des Vertrages heißt es ua.:

"Zum Zwecke der Beteiligung von leitenden Angestellten der Gesellschaft am Unternehmen wird das jetzige Einzelunternehmen zum 01. Januar 1987 durch Umwandlung in die J GmbH überführt. Durch eine unmittelbar anschließende Kapitalerhöhung auf insgesamt DM 1.800.000,--wird Herrn K mit einer Kapitaleinlage von DM 270.000,-- eine Beteiligung von 15 % zugesagt."

Der Vertrag war auf die Dauer von fünf Jahren geschlossen und verlängerte sich jeweils um weitere drei Jahre, wenn er nicht mit einer Frist von zwölf Monaten vor Vertragsablauf gekündigt wurde. Der Kläger erhielt als Vergütung für seine Tätigkeit als Geschäftsführer ein Jahresgrundgehalt iHv. 156.000,00 DM. Ferner war bestimmt, dass Vereinbarungen außerhalb dieses Vertrags nicht getroffen wurden und Änderungen und Ergänzungen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedürfen. Die Parteien vereinbarten am 22. Juni 1986 außerdem ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot.

Mit notariellem Vertrag vom 15. Juni 1987 übernahm der Kläger eine Stammeinlage von 270.000,00 DM des insgesamt 1,8 Millionen DM umfassenden Stammkapitals der Beklagten. Am 3. Januar 1992 fasste die Gesellschafterversammlung der Beklagten den Beschluss, dass Gehaltszusagen, An- und Verkäufe von Autos und Sachanlagen, Bankdarlehen, Änderungen von Handelsspannen und weitere im Einzelnen genannte Handlungen und Anweisungen nur noch nach Rücksprache mit dem Mehrheitsgesellschafter und Hauptgeschäftsführer der Beklagten erlaubt seien. Am 1. Januar 1998 verkaufte der Kläger seine Geschäftsanteile an einen Mitgesellschafter, blieb aber weiterhin Geschäftsführer der Beklagten.

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2002, dem Kläger am selben Tage zugegangen, erklärte die Beklagte die ordentliche Kündigung des Dienstverhältnisses zum 31. Dezember 2003. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2002 kündigte sie unter dem Betreff "Vorsorgliche Wiederholung der ordentlichen Kündigung des Dienstverhältnisses zum 31. Dezember 2003" "nochmals das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich" zum 31. Dezember 2003.

Mit der am 6. Januar 2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er habe zum Kündigungszeitpunkt in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten gestanden. Das Kündigungsschutzgesetz finde Anwendung. Kündigungsgründe bestünden nicht. Seit dem Verkauf der Geschäftsanteile, jedenfalls seit der Kündigung des Anstellungsvertrags als Geschäftsführer, habe wieder ein Arbeitsverhältnis bestanden. Das mit der Firma J begründete Arbeitsverhältnis habe während der Geschäftsführerbestellung geruht. Dem Dienstvertrag vom 22. Juni 1986 könne nicht entnommen werden, dass das Arbeitsverhältnis aufgehoben werde und sich das Rechtsverhältnis der Parteien nur noch nach dem neuen Vertrag richten solle. Es sei nicht davon auszugehen, dass er, der Kläger, mit der Bestellung zum Geschäftsführer seinen sozialen Besitzstand als Arbeitnehmer und insbesondere seinen allgemeinen Kündigungsschutz habe aufgeben wollen. Er habe auch keine Gegenleistung für einen Verlust des sozialen Besitzstandes erhalten, vielmehr im Jahre 1987 weniger verdient als 1986. Sein Bruttojahresgehalt sei von 182.774,00 DM auf 163.964,00 DM gesunken. Soweit die Beklagte für 1987 zu einem wesentlich höheren Bruttoeinkommen gelange, beruhe dies auf der Auszahlung von Provisionen iHv. 146.200,00 DM für 1986. Auch habe er in dem schlechten Geschäftsjahr 1987 keine hohe Gewinnbeteiligung aus seiner Gesellschaftsbeteiligung erhalten. Zwar habe er durch Provisionen und Tantiemen eine höhere Vergütung als aus dem ruhenden Arbeitsvertrag erzielen können und in geschäftlich erfolgreichen Jahren auch tatsächlich erzielt. Zu berücksichtigen seien jedoch auch die Geschäftsjahre mit einem geringeren als dem ursprünglichen Verdienst. Gewisse Gehaltssteigerungen seien durch ein höheres Lebensalter und eine längere Betriebstreue bedingt. Die höhere Verdienstmöglichkeit auf Grund von Provisionen und Tantiemen beruhe nicht auf dem Dienstvertrag, habe vielmehr durch eine Kapitaleinlage erkauft werden müssen. Nach der Präambel des Dienstvertrags sei die GmbH zum Zwecke der Beteiligung der leitenden Angestellten am Unternehmen gegründet worden. Von negativen Konsequenzen für den Kündigungsschutz habe er deshalb nicht ausgehen müssen. Der Verlust des sozialen Besitzstandes sei auch nicht durch Einräumung von Einflussmöglichkeiten ausgeglichen worden. Mit 15 % der Anteile habe er lediglich Minderheitsrechte besessen und bei allen erheblichen Entscheidungen von den übrigen Gesellschaftern überstimmt werden können. Auf diesen geringen Einfluss habe er mit dem Verkauf seiner Anteile verzichtet, weil er sich des sozialen Schutzes auf Grund des ruhenden Arbeitsverhältnisses habe sicher sein können. Das Arbeitsverhältnis hätte auf Grund der Schriftformklausel schriftlich gekündigt werden müssen. Für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses sprächen schließlich die Einschränkung der Geschäftsführerbefugnisse in der Gesellschafterversammlung vom 3. Januar 1992 und das nachvertragliche Wettbewerbsverbot vom 22. Juni 1986. Die Beklagte sei selbst von einem Arbeitsverhältnis der Parteien ausgegangen, wie ihr zweites Kündigungsschreiben vom 23. Dezember 2002 zeige.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die Kündigung vom 20. Dezember 2002 noch durch die Kündigung vom 23. Dezember 2002 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Zwischen den Parteien bestehe kein Arbeitsverhältnis. Bei einer Geschäftsführerbestellung sei im Zweifel von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszugehen. Bereits aus dem zu Grunde liegenden Dienstvertrag vom 22. Juni 1986 ergebe sich, dass das Arbeitsverhältnis erlöschen und sich das Rechtsverhältnis der Parteien künftig nur noch nach diesem Vertrag richten sollte. Der soziale Besitzstand des Klägers sei einvernehmlich verändert und dabei durchaus verbessert worden. Mit der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an der Beklagten habe der Kläger die Möglichkeit erhalten, deutlich höhere Einkünfte zu erzielen. Er habe auch am Zuwachs des Unternehmenswertes partizipiert und mit dem Verkauf der Geschäftsanteile einen erheblichen Gewinn erzielt. Die Kündigung vom 23. Dezember 2002 sei nur deshalb ausgesprochen worden, weil der Kläger am 20. Dezember 2002 den Empfang einer Kündigung der Gesellschafterversammlung nicht bestätigt habe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass das durch den Vertrag vom 26. April 1984 begründete Arbeitsverhältnis mit Wirkung ab dem 1. Januar 1987 einvernehmlich endgültig beendet worden ist. Die Kündigungsschutzklage ist deshalb unbegründet.

I. Die Revision ist zulässig. Sie rügt eine Rechtsverletzung (§ 73 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Insbesondere wendet sie sich mit ins Einzelne gehender Begründung gegen die tragende Auffassung des Landesarbeitsgerichts, das ursprüngliche Arbeitsverhältnis der Parteien sei nicht wieder aufgelebt. Das genügt den Anforderungen des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2a ZPO. Der Angabe eines verletzten Gesetzesparagraphen bedarf es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht.

II. Die Revision ist nicht begründet.

1. Der Kläger hat eine Kündigungsschutzklage erhoben. Eine Kündigungsschutzklage kann nur begründet sein, wenn zum Zeitpunkt der mit der Kündigung beabsichtigten Beendigung des Rechtsverhältnisses ein Arbeitsverhältnis bestand. Anderenfalls kann nicht festgestellt werden, das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung nicht aufgelöst worden (BAG 20. September 2000 - 5 AZR 271/99 - BAGE 95, 324, 326; 13. März 1997 - 2 AZR 512/96 - BAGE 85, 262, 267). Bestand kein Arbeitsverhältnis, kommt es auf das Vorliegen einer wirksamen Kündigung nicht an.

2. Ab dem 1. Januar 1987 hat zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden.

a) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Rechtscharakter des Dienstvertrags vom 22. Juni 1986 nicht zu beurteilen war. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG fingiert, dass der Organvertreter einer juristischen Person kein Arbeitnehmer und sein der Organstellung zugrunde liegendes Anstellungsverhältnis demgemäß kein Arbeitsverhältnis ist (BAG 9. Mai 1985 - 2 AZR 330/84 - BAGE 49, 81, 90; 12. März 1987 - 2 AZR 336/86 - BAGE 55, 137, 144 f.). Deshalb sind die Arbeitsgerichte für die Klage des Geschäftsführers einer GmbH gegen die Kündigung seines Anstellungsvertrags nicht zuständig. Das gilt auch dann, wenn der Geschäftsführer geltend macht, er sei wegen seiner eingeschränkten Kompetenz in Wirklichkeit Arbeitnehmer gewesen (Senat 6. Mai 1999 - 5 AZB 22/98 - AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 46 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 33). Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist nur dann eröffnet, wenn die Rechtsstreitigkeit nicht das der Organstellung zugrunde liegende Rechtsverhältnis, sondern eine weitere Rechtsbeziehung betrifft (Senat 23. August 2001 - 5 AZB 9/01 -AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 54 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 36). Dementsprechend hat das Landesarbeitsgericht mit rechtskräftigem Beschluss vom 4. September 2003 den ursprünglich erhobenen Feststellungsantrag, zwischen den Parteien bestehe über den 31. Dezember 2003 hinaus ein Arbeitsverhältnis mit der Beschäftigung als Geschäftsführer, an das Landgericht Darmstadt verwiesen.

b) Das im Jahre 1984 begründete Arbeitsverhältnis hat nicht während der Bestellung des Klägers als Geschäftsführer geruht und ist zu keinem Zeitpunkt nach dem 31. Dezember 1986 wieder aufgelebt. Vielmehr haben die Parteien den Arbeitsvertrag vom 26. April 1984 durch den Dienstvertrag vom 22. Juni 1986 abgelöst und damit konkludent aufgehoben.

aa) In dem Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrags durch einen angestellten Mitarbeiter liegt im Zweifel die konkludente Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses. Nicht entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer den Geschäftsführer-Anstellungsvertrag mit einer anderen Gesellschaft oder unmittelbar mit seinem Arbeitgeber abschließt. Nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien soll regelmäßig neben dem Dienstverhältnis nicht noch ein Arbeitsverhältnis ruhend fortbestehen. Dem Arbeitnehmer muss im Regelfall klar sein, dass er, wenn anderes nicht vereinbart wird, mit dem Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrags seinen Status als Arbeitnehmer aufgibt. Die vertraglichen Beziehungen werden auf eine neue Grundlage gestellt, die bisherige Grundlage verliert ihre Bedeutung. Eine andere Auslegung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, für die zumindest deutliche Anhaltspunkte vorliegen müssen. Hierzu zählt etwa die nur für eine kurze Zeit befristete Übertragung der Geschäftsführerstellung bei sonst unveränderten Vertragsbedingungen. Dagegen spricht zB die Verbesserung der Vergütung in dem Geschäftsführerverhältnis gegen ein ruhend gestelltes Arbeitsverhältnis. Ebenso können die Hoffnung auf eine günstige wirtschaftliche Entwicklung oder ein erhöhtes Sozialprestige den Entschluss zum endgültigen Wechsel in eine Geschäftsführerposition tragen (BAG 24. November 2005 - 2 AZR 614/04 - AP KSchG 1969 § 1 Wartezeit Nr. 19, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu B 2 der Gründe mwN; 25. April 2002 - 2 AZR 352/01 -AP ZPO 1977 § 543 Nr. 11 = EzA ZPO § 543 Nr. 11, zu II 1 der Gründe; 8. Juni 2000 - 2 AZR 207/99 - BAGE 95, 62, 67 ff., 69; 18. Dezember 1996 - 5 AZB 25/96 - BAGE 85, 46, 54 f.; 28. September 1995 - 5 AZB 4/95 - AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 24 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 12, zu II 2 b der Gründe; 7. Oktober 1993 - 2 AZR 260/93 - AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 16 = EzA ArbGG 1979 § 5 Nr. 9, zu II 1 b der Gründe). Für die Beurteilung des Parteiwillens können ferner die Stellung des Arbeitnehmers im Unternehmen und die Gründe der Geschäftsführerbestellung von Bedeutung sein. Es macht einen Unterschied, ob ein untergeordneter oder ein leitender Mitarbeiter zum Geschäftsführer bestellt wird. Erfolgt die Bestellung nur pro forma, werden die Parteien eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig nicht beabsichtigen. Ein einvernehmlich aufgehobenes Arbeitsverhältnis lebt nicht wieder auf, wenn der ehemalige Arbeitnehmer als Geschäftsführer abberufen wird (BAG 24. November 2005 - 2 AZR 614/04 - aaO, zu B 2 c der Gründe mwN).

bb) Ob die ab dem 1. Mai 2000 geltende Formvorschrift des § 623 BGB eine ausdrückliche schriftliche Aufhebung des Arbeitsvertrags bei Abschluss des Geschäftsführer-Dienstvertrags erfordert, kann dahinstehen. Die Parteien haben den Geschäftsführer-Anstellungsvertrag bereits im Jahre 1986 abgeschlossen. Auf diesen Vertrag sowie die Aufhebung des bisherigen Arbeitsverhältnisses findet § 623 BGB in der ab dem 1. Mai 2000 geltenden Fassung keine Anwendung.

cc) Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich folgendes:

Die Vertragsparteien haben ihre Rechtsbeziehungen mit dem Dienstvertrag vom 22. Juni 1986 auf eine neue Grundlage gestellt. Eine irgendwie geartete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Beendigung des neuen Vertragsverhältnisses ist nicht vereinbart. Der Vertrag enthält ins Einzelne gehende Regelungen, die keiner Ergänzung bedürfen. Es ist nicht ersichtlich, dass neben dieser vollständigen Regelung ein weiteres ruhendes Vertragsverhältnis bestehen sollte. Wenn es in der Präambel des Vertrags heißt, die leitenden Angestellten der Gesellschaft würden am Unternehmen beteiligt, kann daraus nicht geschlossen werden, der Status als Angestellter bleibe auch bei einer Geschäftsführerbestellung subsidiär bestehen. Die Klausel, Vereinbarungen außerhalb des Vertrags seien nicht getroffen, Änderungen und Ergänzungen bedürften der Schriftform, steht einer konkludenten Aufhebung des Arbeitsverhältnisses ebenfalls nicht entgegen. Sie spricht im Gegenteil dafür, dass die Parteien keine weiteren Abreden, auch nicht zu einem weiterbestehenden Arbeitsverhältnis, gelten lassen wollten.

Die Parteien haben ausdrückliche Regelungen für den "Störfall" getroffen, dass die Umwandlung in eine GmbH, die gesellschaftsrechtliche Beteiligung des Klägers und seine Bestellung zum Geschäftsführer aus bestimmten Gründen scheitern sollten. Für diesen Fall war die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses zu geänderten Bedingungen vorgesehen. Es sollte im Wesentlichen gleichwohl der Vertrag vom 22. Juni 1986 gelten, der bisherige Vertrag also in jedem Falle erledigt sein. Ob es sich dann um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hätte, ist unerheblich. Ein anderer "Störfall" mit der möglichen Folge eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses war nicht geregelt und konnte nach dem Vertrag auch nicht eintreten.

Für die endgültige Ablösung des Arbeitsverhältnisses spricht die beiderseitige Bindung für fünf Jahre mit Verlängerungsoption. Der Kläger konnte nicht erwarten, dass sich an ein befristetes Vertragsverhältnis nach Ablauf von mehreren, unter Umständen vielen Jahren ein weiteres unbefristetes Vertragsverhältnis anschließen werde. Dessen Bedingungen (Arbeitstätigkeit, Vergütung) wären weitgehend unklar. Es oblag dem Kläger, das Angebot zum Abschluss des auf fünf Jahre befristeten Dienstvertrags mit Verlängerungsoption und langer Kündigungsfrist nur zu bestimmten Terminen im Hinblick auf seinen sozialen Besitzstand zu beurteilen.

Die Vergütungsregelung im Vertrag vom 22. Juni 1986 spricht ebenfalls nicht für einen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses. Dabei kommt es entsprechend den zutreffenden Erwägungen der Vorinstanzen nicht darauf an, ob der Kläger von 1986 bis 1987 einen Rückgang seiner Bezüge hinnehmen musste, wie sich seine Vergütung in den späteren Jahren tatsächlich entwickelt hat, insbesondere ob er in einzelnen Jahren weniger als 1986 verdient hat, und ob er auch als Angestellter eine ähnliche Vergütung erhalten hätte. Mit der Beteiligung von immerhin 15 % an der Beklagten ergab sich die Aussicht auf nicht unerhebliche Gewinnanteile und auf eine Teilhabe an der Wertsteigerung des Unternehmens. Sache des Klägers war es, Chancen und Risiken des Geschäfts abzuschätzen. Auch insoweit bestanden keinerlei Anhaltspunkte für die berechtigte Annahme, die Geschäftsführertätigkeit lasse den Status als Arbeitnehmer subsidiär bestehen. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger die Beteiligung an der Gesellschaft erkaufen musste. Der Erwerb von Geschäftsanteilen einer Familien-GmbH ist nicht mit dem Erwerb von Aktien vergleichbar, da die Geschäftsanteile den Wert des Unternehmens nicht wiedergeben und nicht frei gehandelt werden. Auf besondere Rechtskenntnisse des Klägers kommt es bei alledem entgegen der Auffassung der Revision nicht an.

Die Schriftformklausel im Arbeitsvertrag vom 26. April 1984 bezog sich nur auf Kündigungen und kann nicht auf Aufhebungsverträge ausgedehnt werden (vgl. BAG 28. Februar 1980 - 2 AZR 330/78 -, zu II 2 a der Gründe). Das Landesarbeitsgericht hat das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 23. Dezember 2002 zutreffend ausgelegt. Die Revision bringt dagegen nichts Erhebliches vor. Im Übrigen ist die Bezeichnung als "Arbeitsverhältnis" ohne rechtsgeschäftliche Bedeutung. Wenn die Beklagte ein Arbeitsverhältnis kündigen wollte, betraf das nur die Beurteilung der Rechtslage, insbesondere die Bezeichnung bzw. Einordnung des Vertrags vom 22. Juni 1986. Daraus kann der Kläger für ein ruhendes Arbeitsverhältnis nichts herleiten. Der Abschluss des Wettbewerbsverbots im Jahre 1986, die Einschränkung der Geschäftsführerbefugnisse im Innenverhältnis durch Gesellschafterbeschluss vom 3. Januar 1992 und der Verkauf der Geschäftsanteile seitens des Klägers im Jahre 1998 sind nicht geeignet, die Auslegung des Dienstvertrags vom 22. Juni 1986 zu beeinflussen. Das hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt, ohne dass die Revision hierzu erhebliche Rügen vorbringt.

dd) Ein ruhendes Arbeitsverhältnis hätte im Übrigen auch dann nicht fortbestanden, wenn der Kläger wegen persönlicher Abhängigkeit von der Beklagten während der Zeit seiner Geschäftsführerbestellung als Arbeitnehmer angesehen werden müsste. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob das Arbeitsverhältnis etwa die dienstvertragliche Grundlage seiner Tätigkeit als Organ der Gesellschaft geblieben ist.

III. Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.

Ende der Entscheidung

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