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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 28.05.2009
Aktenzeichen: 6 AZR 141/08
Rechtsgebiete: TVöD-BT-V (Bund)


Vorschriften:

TVöD-BT-V (Bund) § 47 Nr. 3 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

6 AZR 141/08

Verkündet am 28. Mai 2009

In Sachen

hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Fischermeier, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Linck, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Spelge sowie die ehrenamtliche Richterin Markwat und den ehrenamtlichen Richter Klapproth für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 29. Januar 2008 - 5 Sa 43/07 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Anwesenheit des Klägers an Bord des Mehrzweckschiffes (MZS) "A" außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit zu vergüten ist.

Der Kläger ist seit dem 1. April 2000 bei der beklagten Bundesrepublik Deutschland beschäftigt und seit Indienststellung des MZS "A" im Mai 2005 auf diesem Schiff als Leitender Ingenieur eingesetzt. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 1. April 2000 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT-O) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich des Bundes jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden nach dieser Bestimmung die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.

Das MSZ "A" wird von der Beklagten als Tonnenleger, Notschlepper, Eisbrecher sowie für schifffahrtpolizeiliche Aufgaben und als Schadstoffunfallbekämpfungsschiff (SUBS) eingesetzt. Gemeinsam mit dem Schwesterschiff "S" ist es für die gesamte deutsche Ostseeküste zuständig.

Die "A" ist durchgehend sieben Tage in der Woche im Einsatz. Nach einem Einsatztag fährt das Schiff in der Regel nicht zu seinem Heimathafen S zurück, sondern verbleibt auf See. Nur gelegentlich werden auch Häfen angefahren. Die Besatzung arbeitet im Wochenwechselschichtdienst. Die Schicht an Bord dauert sieben Tage. Die operativen Dienstposten, wozu der des Klägers gehört, haben dabei einen Tagesdienst von durchschnittlich zwölf Stunden. Dieser beginnt um 6:30 Uhr und endet - unter Berücksichtigung der Pausen - um 19:15 Uhr. An die Schicht an Bord schließt sich eine Freiwoche sowie eine Arbeitswoche an Land an.

Der Kläger verfügt an Bord der "A" über eine Einzelkabine. Für die Freizeitgestaltung außerhalb der angeordneten Dienstzeit steht ein Fernsehgerät zur Verfügung, außerdem besteht die Möglichkeit, Fitnessgeräte zu benutzen. Aus Arbeitsschutzgründen gilt auch in der Freizeit an Bord ein absolutes Alkoholverbot.

Der Kläger hat geltend gemacht, während seiner Anwesenheit an Bord außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit bestehe konkludent angeordneter Bereitschaftsdienst. Die "A" werde im 24-Stunden-Betrieb eingesetzt. Sie werde zu jeder Zeit von den zuständigen Behörden zu den unterschiedlichsten Diensten herangezogen, etwa zur Unfallverhütung, Gefahrenabwendung, Bergung von Schifffahrtshindernissen, zum Eisbrechen usw. Von Oktober 2005 bis Januar 2007 sei es zu 18 Notfalleinsätzen gekommen; an sieben dieser Einsätze sei er beteiligt gewesen. Eine wesentliche Aufgabe der "A" sei die Schadstoffunfallbekämpfung. Mit der Indienststellung dieses Schiffes sei den Empfehlungen des Helsinki-Übereinkommens der Ostseeanrainerstaaten Rechnung getragen worden, innerhalb eines Zeitraums von acht Stunden nach Alarmeingang mit einem Bekämpfungsschiff jeden Ort des eigenen Seegebiets erreichen zu können. Die "A" unterliege einer zweistündigen Meldepflicht an das jeweilige Küstenwachzentrum. Sie treffe die Pflicht zur Statusmeldung an das Gemeinsame Lagezentrum See zur Einsatzbereitschaft für die nächsten 168 Einsatzstunden. Änderungen zum Status seien unverzüglich mitzuteilen. In Bezug auf die Mannschaft bedeute dies, dass alle zur Führung des Schiffes und zur Bedienung der Ausrüstung und Komponenten vorgehaltenen Mannschaftsteile die nächsten 168 Einsatzstunden an Bord zu sein haben. Verlasse ein Besatzungsmitglied nach Dienstende die "A", ändere sich der Einsatzstatus des Schiffes, was unverzüglich zu melden sei. Aus der festgelegten ständigen Einsatzbereitschaft des MZS "A" ergebe sich zwangsläufig die Verpflichtung für jedes Besatzungsmitglied, sich nach der regulären Dienstzeit an Bord zur Verfügung zu halten. Dementsprechend habe die Beklagte auch dann, wenn das Schiff in einem Hafen angelegt habe, ausdrücklich die Anwesenheit der Besatzung an Bord des Schiffes angeordnet. Einer solchen ausdrücklichen Anordnung bedürfe es - naturgemäß - nicht, wenn sich das Schiff auf See befinde, weil dann ohnehin niemand von Bord gehen könne. Die Anordnung erfolge in dieser Zeit vielmehr konkludent. Die von ihm geleisteten Bereitschaftszeiten seien bei der Bemessung der Vergütung mit 50 % als Arbeitszeit zu bewerten.

Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn

a) für den Monat Oktober 2005 765,03 Euro brutto Bereitschaftsstundenlohn nebst 5 % Zinsen seit dem 1. November 2005 zu zahlen;

b) für den Monat November 2005 487,03 Euro brutto Bereitschaftsstundenlohn nebst 5 % Zinsen seit dem 1. Dezember 2005 zu zahlen;

c) für den Monat Dezember 2005 991,30 Euro brutto Bereitschaftsstundenlohn nebst 5 % Zinsen seit dem 1. Januar 2006 zu zahlen;

d) für den Monat Januar 2006 396,52 Euro brutto Bereitschaftsstundenlohn nebst 5 % Zinsen seit dem 1. Februar 2006 zu zahlen;

e) für den Monat Februar 2006 930,96 Euro brutto Bereitschaftsstundenlohn nebst 5 % Zinsen seit dem 1. März 2006 zu zahlen;

f) für den Monat März 2006 767,18 Euro brutto Bereitschaftsstundenlohn nebst 5 % Zinsen seit dem 1. April 2006 zu zahlen;

g) für den Monat April 2006 754,25 Euro brutto Bereitschaftsstundenlohn nebst 5 % Zinsen seit dem 1. Mai 2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags geltend gemacht, sie habe weder ausdrücklich noch konkludent die Anwesenheit des Klägers an Bord angeordnet, wenn sich die "A" auf See befunden habe. Der Zwang, an Bord zu bleiben, weil das Schiff auf See sei, könne einer Anordnung zur Anwesenheit an Bord nicht gleichgestellt werden. Der Kläger werde während der Freizeitphase an Bord nur im Falle unvorhersehbarer Notfallsituationen für einen Arbeitseinsatz angefordert.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, und zwar auch hinsichtlich der im ersten Rechtszug und zunächst noch im Berufungsverfahren verfolgten Ansprüche auf Zahlung einer Zulage für das Tragen von Gehörschutz und das Eisbrechen. Das Landesarbeitsgericht hat nach Rücknahme der Berufung hinsichtlich der begehrten Zulagen die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine noch anhängigen Zahlungsanträge weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

I. Der Kläger hat nach § 47 Nr. 3 Abs. 1 Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst - Besonderer Teil Verwaltung - Bund (TVöD-BT-V [Bund]) keinen Anspruch auf die begehrte Vergütung.

1. Die in § 47 TVöD-BT-V (Bund) enthaltenen Sonderregelungen für Beschäftigte des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung (vormals: Wohnungswesen) sind nach Nr. 1 Abs. 1 dieser Vorschrift auf das Arbeitsverhältnis des Klägers anwendbar. Danach gelten die Sonderregelungen für die Beschäftigten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, die beim Bau, der Unterhaltung und dem Betrieb von wasserbaulichen Einrichtungen und wasserwirtschaftlichen Anlagen eingesetzt sind einschließlich der Besatzungen von Schiffen und von schwimmenden Geräten, soweit die Schiffe und schwimmenden Geräte in den von der Verwaltung aufzustellenden Schiffslisten aufgeführt sind. Diese Voraussetzungen sind nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts erfüllt.

2. In § 47 Nr. 3 Abs. 1 TVöD-BT-V (Bund) ist bestimmt:

"Nr. 3

Zu § 6 - Regelmäßige Arbeitszeit -

(1) Außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit angeordnete Anwesenheit an Bord wird bei der Bemessung des Entgelts zu 50 v.H. als Arbeitszeit gewertet, es sei denn, dass Freiwache gewährt wird oder dass Arbeit angeordnet ist.

..."

3. Die Sonderregelung Nr. 3 in § 47 TVöD-BT-V (Bund) verdrängt in ihrem Anwendungsbereich die Regelungen über die Vergütung von Bereitschaftsdienst in § 8 Abs. 4 TVöD-AT.

a) Zwar enthält die Sonderregelung nach ihrer Überschrift lediglich eine besondere Vorschrift zu der in § 6 TVöD-AT geregelten regelmäßigen Arbeitszeit. In § 6 Abs. 5 TVöD-AT ist allerdings auch die Verpflichtung zur Leistung von Bereitschaftsdienst geregelt, so dass insoweit durchaus ein Bezug zum Bereitschaftsdienst besteht.

b) Der systematische Zusammenhang zwischen den Regelungen über den Bereitschaftsdienst im TVöD-AT sowie der Regelung in Nr. 3 Abs. 1 des § 47 TVöD-BT-V (Bund) macht deutlich, dass in dieser Bestimmung auch die allgemeine Definition des Bereitschaftsdienstes aus § 7 Abs. 3 TVöD-AT aufgegriffen und für die besonderen Verhältnisse der Beschäftigung an Bord von Schiffen angepasst worden ist. Nach § 7 Abs. 3 TVöD-AT leisten die Beschäftigten Bereitschaftsdienst, die sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen. Dem vom Arbeitgeber nach § 7 Abs. 3 TVöD-AT angeordneten Aufenthalt des Beschäftigten an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle entspricht in Nr. 3 des § 47 TVöD-BT-V (Bund) die angeordnete Anwesenheit an Bord. Wird die Anwesenheit an Bord angeordnet, ist - insoweit abweichend von § 8 Abs. 4 TVöD-AT - bei der Entgeltbemessung die Zeit der angeordneten Anwesenheit an Bord mit 50 % als Arbeitszeit zu bewerten, es sei denn, dass Freiwache gewährt wird oder Arbeit angeordnet ist. Dieses Verständnis der Sonderregelung über die Vergütung bei angeordneter Anwesenheit an Bord gegenüber den allgemeinen Regelungen über den Bereitschaftsdienst lag auch dem zur Vorgängerregelung für Angestellte in Nr. 3 Abs. 6 SR 2g BAT ergangenen Senatsurteil vom 14. Oktober 1993 (- 6 AZR 221/92 - ZTR 1994, 430) zugrunde. Dort hat der Senat geprüft, ob sich der geltend gemachte Zahlungsanspruch aus Nr. 3 Abs. 6 SR 2g BAT ergibt, ohne auf die allgemeinen Regelungen über den Bereitschaftsdienst näher einzugehen.

4. Ein Anspruch des Klägers auf Vergütung der außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit zwangsläufigen Anwesenheit an Bord gem. § 47 Nr. 3 Abs. 1 TVöD-BT-V (Bund) besteht nur dann, wenn die Anwesenheit an Bord angeordnet worden ist, es sei denn, dass Freiwache gewährt wird oder dass Arbeit angeordnet ist.

a) Nach dem eigenen Vortrag des Klägers wurde für die geltend gemachten Zeiträume keine Freiwache gewährt und auch keine Arbeit angeordnet.

b) Eine ausdrückliche Anordnung zur Anwesenheit an Bord liegt nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts jedenfalls in Bezug auf die Zeiten, in denen die "A" auf See verblieben ist, nicht vor.

c) Ebenso wenig ist eine entsprechende Anordnung konkludent erfolgt.

aa) Eine konkludente Anordnung der Anwesenheit an Bord der "A" folgt für die Besatzung nicht schon aus dem faktischen Zwang, während des Aufenthalts auf See auch außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an Bord bleiben zu müssen.

Befindet sich das Schiff auf See, ergibt sich die ständige Anwesenheit der Besatzung an Bord des Schiffs aus der Natur der Sache. Die Anwesenheit ist zwangsläufige Folge der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen der Besatzungsmitglieder eines Seeschiffs. Hätten die Tarifvertragsparteien auch solche Zeiten der Anwesenheit an Bord von der Vergütungsregelung in § 47 Nr. 3 Abs. 1 TVöD-BT-V (Bund) erfassen wollen, hätte es des Erfordernisses einer Anordnung der Anwesenheit nicht bedurft. Dies hat der Senat zu den einschlägigen Vorgängerregelungen für Arbeiter und Angestellte bereits entschieden (vgl. 4. Dezember 1986 - 6 AZR 313/84 -, zu Nr. 8 Abs. 1 SR 2b MTB II; 14. Oktober 1993 - 6 AZR 221/92 - ZTR 1994, 430, zu Nr. 3 Abs. 6 SR 2g BAT). Hieran ist festzuhalten, denn es kann davon ausgegangen werden, dass den Tarifvertragsparteien diese Senatsrechtsprechung bei der Neuregelung des Tarifrechts für den öffentlichen Dienst bekannt war. Wenn sie die früheren Tarifbestimmungen inhaltsgleich und nur sprachlich überarbeitet in den TVöD-BT-V (Bund) übernommen haben, spricht dies dafür, dass sie die vom Senat vorgenommene Tarifauslegung gebilligt haben (vgl. BAG 29. November 1973 - 5 AZR 207/73 - AP BUrlG § 3 Rechtsmissbrauch Nr. 8 = EzA BUrlG § 1 Nr. 14; ErfK/Franzen 9. Aufl. § 1 TVG Rn. 100; Schaub ArbR-Hdb. 12. Aufl. § 198 Rn. 33). Die Tarifgeschichte des § 47 Nr. 3 Abs. 1 TVöD-BT-V (Bund) bestätigt daher das sich aus dem Wortlaut der Regelung ergebende Auslegungsergebnis.

bb) Die in § 47 Nr. 3 Abs. 1 TVöD-BT-V (Bund) geregelte Vergütung angeordneter Anwesenheit an Bord bezieht sich auf Fälle, in denen sich der Aufenthalt des Beschäftigten an Bord außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit nicht aus der Natur der Tätigkeit auf einem Seeschiff ergibt, seine Anwesenheit aber gleichwohl angeordnet wird. Das ist zB bei einem Aufenthalt in einem Hafen der Fall. Hier kann der Beschäftigte außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit von Bord gehen, wenn seine Anwesenheit an Bord nicht angeordnet ist. Die durch eine solche Anordnung entstehende Einschränkung der Bewegungsfreiheit des Beschäftigten soll nach dem Regelungsplan des TVöD-BT-V (Bund) und seiner Vorgängerregelungen besonders vergütet werden.

5. Die Besonderheiten des vorliegenden Falles rechtfertigen entgegen der Auffassung der Revision kein anderes Ergebnis.

a) Auch wenn man berücksichtigt, dass eine wesentliche Aufgabe der "A" die Schadstoffunfallbekämpfung in der Ostsee ist und hierzu die uneingeschränkte Einsatzbereitschaft aller Besatzungsmitglieder erforderlich ist, folgt hieraus noch nicht, dass die vom Senat in der Vergangenheit vorgenommene Auslegung des Tarifmerkmals "angeordnete Anwesenheit an Bord" nicht auch vorliegend maßgeblich ist.

aa) Insoweit mag sich zwar - wie der Kläger meint - der vorliegende Sachverhalt in wesentlichen Punkten von dem unterscheiden, der dem Senatsurteil aus dem Jahre 1993 zugrunde lag (14. Oktober 1993 - 6 AZR 221/92 - ZTR 1994, 430). Dort ging es um die Anwesenheit an Bord eines Vermessungsschiffs. Vom Grundsatz ähnlich gelagert war jedoch der dem Senatsurteil aus dem Jahre 1986 zugrunde liegende Sachverhalt (4. Dezember 1986 - 6 AZR 313/84 -). Der dortige Kläger war als Maschinenschlosser auf einem Werkstattschiff beschäftigt, das ua. bei Manövern der Marine die Flotte mit Werkzeug versorgen und Reparaturen an anderen Schiffen durchführen musste. Auch hier war zumindest vorübergehend eine besondere Einsatzbereitschaft gegeben.

bb) Letztlich kommt es auf die vom Kläger betonten Unterschiede jedoch nicht an, denn die von den Tarifvertragsparteien in Kenntnis der Besonderheiten derartiger Schiffe (vgl. § 47 Nr. 6 Abs. 2 TVöD-BT-V [Bund]) getroffene Vergütungsregelung ist von den Gerichten zu respektieren. Es würde einen Verstoß gegen die Rechtsetzungsbefugnis der Tarifvertragsparteien darstellen, wenn entgegen der insoweit eindeutigen Tarifregelung die gesamte Dauer der Anwesenheit an Bord der Vergütungspflicht durch den Arbeitgeber unterworfen würde (Senat 14. Oktober 1993 - 6 AZR 221/92 - ZTR 1994, 430). Hierzu waren die Tarifvertragsparteien aus Rechtsgründen nicht verpflichtet. Der Kläger verkennt in diesem Zusammenhang, dass auch unter Zugrundelegung seines Vortrags zur Häufigkeit von Einsatzzeiten außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit, dh. außerhalb des Tagesdienstes, keine übermäßige Belastung während dieser Zeit besteht. In rund anderthalb Jahren ist es nach dem Vortrag des Klägers zu 18 Notfalleinsätzen außerhalb des Tagesdienstes gekommen. An nur sieben dieser Einsätze war der Kläger nach seinen Angaben beteiligt. Diese Einsatzzeiten sind im Übrigen als Arbeitszeiten vergütet worden.

b) Die von der Revision erhobenen Verfahrensrügen sind nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht den Beweisangeboten zur behaupteten konkludenten Anordnung von Bereitschaftsdienst während des Aufenthalts auf See nicht nachgegangen. Nachdem sich aus der besonderen Aufgabenstellung der "A" keine Abweichung von dem aus Wortlaut, tariflichem Gesamtzusammenhang und Tarifgeschichte folgenden Auslegungsergebnis herleiten lässt, waren die Beweisangebote nicht entscheidungserheblich.

c) Soweit der Kläger geltend macht, es habe während verschiedener Hafenaufenthalte ausdrückliche Anordnungen zur Anwesenheit an Bord gegeben, trifft dies nach dem vom Landesarbeitsgericht in Bezug genommenen beiderseitigen Parteivortrag zu. Hieraus können sich für diese Zeiten Vergütungsansprüche nach § 47 Nr. 3 Abs. 1 TVöD-BT-V (Bund) ergeben, die jedoch nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits sind. Dass demgegenüber für die faktische Anwesenheit an Bord bei einem Aufenthalt auf See keine Vergütungsansprüche bestehen, beruht auf dem dargestellten Regelungsplan des Tarifvertrags. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Tarifvertragsparteien bei der Regelung der Arbeitsvergütung einen weiten Gestaltungsspielraum haben, der vorliegend nicht überschritten ist. Die Tarifvertragsparteien waren auch im Lichte von Art. 3 Abs. 1 GG nicht verpflichtet, die Zeit des zwangsläufigen Aufenthalts an Bord außerhalb der Arbeitszeit, wenn das Schiff auf See vor Anker geht, in gleicher Weise zu vergüten wie die angeordnete Anwesenheit an Bord bei einem Aufenthalt des Schiffs in einem Hafen. Sie durften vielmehr berücksichtigen, dass es zu den besonderen Arbeitsbedingungen eines Besatzungsmitglieds eines Seeschiffs gehört, die Freizeit während des Aufenthalts des Schiffs auf See an Bord des Schiffes zu verbringen (Senat 4. Dezember 1986 - 6 AZR 313/84 -; 14. Oktober 1993 - 6 AZR 221/92 - ZTR 1994, 430). Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte den Kapitän der "A" in rechtsmissbräuchlicher Weise angewiesen hat, auf See vor Anker zu gehen und nicht in einem Hafen anzulegen, sind nicht ersichtlich.

d) Die Beschränkungen der Freizeitgestaltung an Bord, insbesondere das absolute Alkoholverbot, sind nicht geeignet, ein anderes Regelungsverständnis zu begründen. Das Alkoholverbot wurde nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts als Reaktion auf einen schweren Unfall in der Vergangenheit angeordnet. Die Anordnung soll demnach die Sicherheit an Bord gewährleisten und bezweckt nicht die Sicherstellung der Einsatzbereitschaft des Klägers. Die Annahme eines konkludent angeordneten Bereitschaftsdienstes lässt sich damit folglich nicht begründen.

6. Nach alledem bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit bestehende Anwesenheit an Bord von der Beklagten konkludent angeordnet wurde und damit nach § 47 Nr. 3 Abs. 1 TVöD-BT-V (Bund) bei der Bemessung des Entgelts mit 50 % als Arbeitszeit zu bewerten ist. Das haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt, weshalb die Revision zurückzuweisen war.

II. Der Kläger hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

Ende der Entscheidung

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