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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 17.09.2009
Aktenzeichen: 6 AZR 481/08
Rechtsgebiete: TVÜ-VKA, BAT, BRK-ÜTV 2005/2006
Vorschriften:
TVÜ-VKA § 5 Abs. 2 | |
BAT § 29 Abschn. B Abs. 5 | |
BRK-ÜTV 2005/2006 vom 26.10.2005 § 3 Abs. 2 |
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL
Verkündet am 17. September 2009
In Sachen
hat der Sechste Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. September 2009 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Fischermeier, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Linck, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Spelge sowie die ehrenamtlichen Richter Spiekermann und Sieberts für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 6. Februar 2008 - 4 Sa 266/07 - aufgehoben.
2. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Weiden vom 28. Februar 2007 - 1 Ca 931/06 - wird zurückgewiesen.
3. Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Höhe des Vergleichsentgelts, das bei Überleitung des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers vom BAT in den TVöD zu bilden war.
Der Kläger ist seit 1987 bei der beklagten Stadt als Verwaltungsangestellter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand aufgrund beiderseitiger Tarifbindung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) in der für die Vereinigung kommunaler Arbeitgeber maßgeblichen Fassung Anwendung. Seit dem 1. Oktober 2005 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD). Die Ehefrau des Klägers ist beim Bayerischen Roten Kreuz (BRK) beschäftigt, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Vergütung der Ehefrau des Klägers richtete sich nach den für das BRK geltenden Tarifverträgen. § 1 Abschn. I Abs. 1 des Manteltarifvertrags des Bayerischen Roten Kreuzes vom 1. Juli 2003 (BRK-MTV) bestimmte mit Wirkung ab 1. Januar 2003:
"Der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 einschließlich der Anlagen 1a und 1b findet in der zwischen der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) ... vereinbarten, jeweils gültigen Fassung auf Arbeitnehmer des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK), die in einer der Rentenversicherung der Angestellten unterliegenden Beschäftigung stehen, Anwendung, soweit in § 2 nichts anderes vereinbart ist."
§ 2 BRK-MTV enthielt keine Sonderregelung zum Ortszuschlag. Deshalb wurde aufgrund der Konkurrenzregelung des § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT dem Kläger und seiner Ehefrau jeweils nur der halbe Ortszuschlag der Stufe 2 als familienstandsbezogener Entgeltbestandteil gezahlt. Im September 2005 war dies ein Betrag von jeweils 50,91 Euro brutto. Bei der Überleitung des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers vom BAT in den TVöD zum 1. Oktober 2005 berechnete die Beklagte dessen Vergleichsentgelt unter Einbeziehung des Ortszuschlags der Stufe 1.
Am 26. Oktober 2005 schlossen das BRK und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), Landesbezirk Bayern, einen Anwendungstarifvertrag (BRK-Übergangstarifvertrag 2005/2006 - kurz: BRK-ÜTV 2005/2006). § 1 dieses Tarifvertrags bestimmte:
"(1) Der Manteltarifvertrag des Bayerischen Roten Kreuzes vom 1. Januar 2003 (BRK-MTV) in der zum 31.12.2004 gültigen Fassung findet auf die Arbeitnehmer des BRK Anwendung, soweit nicht in den nachfolgenden Paragraphen etwas anderes vereinbart ist.
..."
§ 3 BRK-ÜTV 2005/2006 regelte unter der Überschrift "Vergütungssteigerungen":
"(1) Es besteht Einigkeit, dass der Ortszuschlag maximal in der Stufe gezahlt wird, die am 31.01.2005 erfüllt war. Hinsichtlich des Ortszuschlags werden Steigerungen im Ortszuschlag durch die Geburt von Kindern gewährt. Bei Neueinstellungen wird grundsätzlich nur der Ledigenortszuschlag bezahlt; der Verheiratetenortszuschlag entfällt; hinsichtlich der Kinder gilt Satz 2.
(2) Die Ortszuschlagsteilung bei Eheleuten hinsichtlich des jeweils zustehenden Teils des Unterschiedsbetrages zwischen den Stufen 1 und 2 des Ortszuschlages ändert sich nicht. Ist ein Ehepartner beim BRK angestellt und ein Ehepartner beim Bund oder einem anderen Anwender des TVöD angestellt, wird der Ortszuschlag wie bisher geteilt.
..."
Das BRK zahlte der Ehefrau des Klägers im Hinblick auf diese Regelung bereits für Oktober 2005 und die Folgezeit unverändert nur den gekürzten Ortszuschlag der Stufe 2.
Mit seiner am 2. November 2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, bei der Bildung seines Vergleichsentgelts habe der hälftige Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und 2 des Ortszuschlags berücksichtigt werden müssen. Der TVöD gehe davon aus, dass bei einer Konkurrenzsituation der Ehegatte des in den TVöD übergeleiteten Arbeitnehmers den Verheiratetenzuschlag in voller Höhe erhalte. Das sei bei seiner Ehefrau jedoch aufgrund der Regelungen im BRK-ÜTV 2005/2006 nicht erfolgt. Ihm stehe deshalb für den streitbefangenen Zeitraum Oktober 2005 bis Oktober 2006 ein Differenzbetrag von monatlich 50,91 Euro brutto zu.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 661,83 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Klagezustellung zu bezahlen.
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags geltend gemacht, für die Berechnung des Vergleichsentgelts sei ausschließlich auf die Verhältnisse im September 2005 abzustellen. In diesem Monat habe beim Kläger eine Konkurrenzsituation iSd. § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT vorgelegen, die bis zum 26. Oktober 2005 fortbestanden habe. Die Änderung der Ortszuschlagsregelung des BRK mit Wirkung zum 27. Oktober 2005 sei unerheblich. Jedenfalls sei das Vergleichsentgelt des Klägers bereits deshalb lediglich unter Einbeziehung des Ortszuschlags der Stufe 1 zu bilden gewesen, weil seiner Ehefrau nach wie vor ein Ortszuschlag gezahlt werde, der hinsichtlich seiner Höhe mindestens der Hälfte des Unterschiedsbetrages zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlags nach den Bestimmungen des BAT entspreche.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Klägers ist begründet. Das Vergleichsentgelt des Klägers war unter Einbeziehung des ihm im September 2005 individuell zustehenden Unterschiedsbetrages zwischen den Stufen 1 und 2 des Ortszuschlags zu berechnen.
I. Die von § 5 Abs. 2 Satz 2 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) vorausgesetzte Konkurrenzsituation bestand an dem für die Anwendung dieser Vorschrift maßgeblichen Stichtag, dem 1. Oktober 2005, nicht mehr.
1. Bei Beschäftigten aus dem Geltungsbereich des BAT setzt sich das Vergleichsentgelt aus Grundvergütung, allgemeiner Zulage und Ortszuschlag der Stufe 1 oder 2 zusammen (§ 5 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-VKA). Die maßgebliche Stufe des Ortszuschlags bestimmt sich dabei grundsätzlich nach § 29 BAT. In der vorliegenden Beschäftigungskonstellation, in der auf beide Ehegatten das Ortszuschlagsrecht des BAT Anwendung fand, erhielt der Kläger wegen der Konkurrenzregelung des § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT im für die Berechnung des Vergleichsentgelts nach § 5 Abs. 1 TVÜ-VKA grundsätzlich maßgeblichen Monat September 2005 den Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlags nur zur Hälfte, weil auch seine Ehefrau als Angestellte im öffentlichen Dienst beschäftigt war und ihr ohne diese Konkurrenzregelung ebenfalls der volle Ortszuschlag der Stufe 2 zugestanden hätte. Da auch seine Ehefrau vom BRK den halben Differenzbetrag zwischen den Stufen 1 und 2 des Ortszuschlags ausgezahlt erhielt, floss der Erwerbsgemeinschaft der Ehegatten im September 2005 insgesamt ein voller Ortszuschlag der Stufe 2 zu.
Aufgrund seiner Überleitung in den TVöD hatte der Kläger ab dem 1. Oktober 2005 keinen Anspruch auf familienstandsbezogene Entgeltbestandteile mehr (Senat 17. Juli 2008 - 6 AZR 635/07 - AP AVR Caritasverband Anlage 1 Nr. 4 = EzTöD 320 TVÜ-VKA § 5 Abs. 2 Ortszuschlag Nr. 13). Wäre der BRK-ÜTV 2005/2006 nicht abgeschlossen worden, hätte seiner Ehefrau deshalb ab dem 1. Oktober 2005 vom BRK der ungekürzte Ortszuschlag der Stufe 2 gezahlt werden müssen, weil die Konkurrenzregelung des § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT nicht mehr eingriff. Der Erwerbsgemeinschaft der Ehegatten wäre dann weiterhin ein voller Ortszuschlag der Stufe 2 zugekommen. Deswegen wäre das Vergleichsentgelt des Klägers bei Weitergeltung des durch den BRK-ÜTV 2005/2006 geänderten Tarifrechts nur unter Berücksichtigung des Ortszuschlags der Stufe 1 zu berechnen gewesen (§ 5 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. TVÜ-VKA).
2. Die Ehefrau des Klägers konnte aufgrund der Bestimmung in § 3 Abs. 2 des BRK-ÜTV 2005/2006 vom 26. Oktober 2005 jedoch bereits seit dem 1. Oktober 2005 nicht mehr als eine andere Person iSv. § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 TVÜ-VKA iVm. § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT angesehen werden.
a) Ob eine andere Person nach § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA iVm. § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT ortszuschlagsberechtigt ist, beurteilt sich nach den Verhältnissen zum Überleitungsstichtag, dem 1. Oktober 2005. Das folgt aus dem Zweck dieser Überleitungsbestimmung, die den Besitzstand der Erwerbsgemeinschaft der Ehegatten zum Überleitungsstichtag 1. Oktober 2005 wahren soll (Senat 25. Juni 2009 - 6 AZR 72/08 - Rn. 18; 30. Oktober 2008 - 6 AZR 682/07 - Rn. 21, EzA GG Art. 3 Nr. 107). Entgegen der von der Beklagten vor dem Senat vertretenen Auffassung folgt aus der durch den Änderungstarifvertrag Nr. 2 zum TVÜ-VKA vom 31. März 2008 mit Wirkung zum 1. Juli 2008 eingefügten Protokollnotiz Nr. 3 zu § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA nichts anderes. Danach ist das Tabellenentgelt neu zu berechnen, wenn der Ehegatte im September 2005 aus dem öffentlichen Dienst ausgeschieden ist. Diese Bestimmung steht im Gegenteil im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats. Zu welchem Zeitpunkt sich Änderungen in den für den Ortszuschlag maßgeblichen persönlichen Verhältnissen auswirkten, regelte § 29 Abschn. C BAT. Nach Abs. 2 Satz 1 und 3 dieser Bestimmung wird der Ortszuschlag einer höheren Stufe bzw. werden Unterschiedsbeträge zwischen den Stufen des Ortszuschlags vom Ersten des Monats an gezahlt, in den das für die Erhöhung maßgebende Ereignis fällt. War also der eine Ehegatte im Lauf des Monats September 2005 vor dem Monatsletzten aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden, stand dem anderen Ehegatten bereits für den gesamten September 2005 der ungekürzte Ortszuschlag der Stufe 2 zu. Wäre das Arbeitsverhältnis des Ehegatten am 30. September 2005 beendet worden, hätte dem im öffentlichen Dienst verbliebenen und in den TVöD übergeleiteten Ehegatten bei Weitergeltung des bisherigen Tarifrechts der volle Ortszuschlag ab dem 1. Oktober 2005 gezahlt werden müssen (vgl. Uttlinger/Breier/Kiefer/Hoffmann/Dassau BAT Stand Juli 2004 BAT § 29 Erl. 15 unter Bezug auf Nr. 41.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum Bundesbesoldungsgesetz [BBesGVwV] vom 11. Juli 1997 GmBl. S. 314). Der Besitzstand der Erwerbsgemeinschaft der Ehegatten für die Zeit ab Inkrafttreten des TVöD war bei Ausscheiden eines Ehegatten aus dem öffentlichen Dienst im September 2005 deshalb nur gewährleistet, wenn das Vergleichsentgelt des in den TVöD übergeleiteten Ehegatten unter Berücksichtigung der Stufe 2 des Ortszuschlags berechnet wurde. Dies haben die Tarifvertragsparteien mit der von der Beklagten angesprochenen Protokollnotiz lediglich klargestellt.
b) Auf die Ehefrau des Klägers fand aufgrund der Verweisung in § 1 BRK-MTV zwar auch über den 1. Oktober 2005 hinaus der BAT Anwendung. Durch § 3 Abs. 2 Satz 2 BRK-ÜTV 2005/2006 ist der Ortszuschlag der Ehefrau des Klägers jedoch mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2005 auf dem ihr zuletzt im September 2005 gezahlten Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlags eingefroren worden.
Nach § 29 Abschn. C Abs. 2 Satz 1 und 3 BAT hätte der Ehefrau des Klägers bei unverändertem für sie maßgeblichen Tarifrecht der Ortszuschlag der höheren Stufe bereits ab dem 1. Oktober 2005 gezahlt werden müssen, weil der Kläger seit dem 1. Oktober 2005 keinen Anspruch auf den Ortszuschlag mehr hatte. Aufgrund der Regelung in § 3 Abs. 2 BRK-ÜTV 2005/2006 ist jedoch für die Zeit nach dem 1. Oktober 2005 kein Anspruch der Ehefrau des Klägers gegen das BRK auf Zahlung des ungekürzten Ortszuschlags der Stufe 2 mehr entstanden.
Der Ortszuschlag war Bestandteil der Vergütung der unter den BAT fallenden Angestellten des öffentlichen Dienstes, sofern diese das 18. Lebensjahr vollendet hatten (§ 26 Abs. 1 BAT). Der Anspruch auf Vergütung geleisteter Dienste entsteht wegen der Vorleistungspflicht des Arbeitnehmers nach § 614 BGB erst mit Erbringung der jeweiligen Dienstleistung (BGH 26. Juni 2008 - IX ZR 87/07 - Rn. 13, NZA 2009, 110; RG 20. November 1933 - VI 245/33 - RGZ 142, 291, 295; vgl. BAG 9. August 1990 - 2 AZR 579/89 - zu B II 2 f der Gründe, AP BGB § 615 Nr. 46 = EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 88).
aa) Aus § 36 Abs. 1 BAT in der ab dem 1. Januar 2003 geltenden Fassung ergibt sich, dass im Normalfall, dh. bei Erbringung der Arbeitsleistung im gesamten Monat, der Angestellte für den gesamten Monat vorleistungspflichtig ist. Es kann jedoch dahinstehen, ob deshalb im Normalfall der Anspruch auf die Vergütung und damit den Ortszuschlag erst mit Erfüllung der gesamten Vorleistungspflicht und damit am Monatsende oder pro-rata-temporis entsteht, ob also Fälligkeit und Entstehen des Anspruchs auf den Ortszuschlag nach dem BAT außerhalb der in § 36 Abs. 1 Unterabs. 3, Abs. 2 und Abs. 3 BAT geregelten Störfälle zusammenfallen. Jedenfalls ergibt die Auslegung des § 3 Abs. 2 BRK-ÜTV 2005/2006, dass die Tarifvertragsparteien dieser Vorschrift bereits für den gesamten Monat Oktober 2005 Wirkung entfalten lassen wollten.
bb) Die Tarifvertragsparteien haben zwar den BRK-ÜTV 2005/2006 selbst nicht rückwirkend in Kraft gesetzt. Dieser ist vielmehr mangels abweichender Regelung erst mit seinem Abschluss am 26. Oktober 2005 in Kraft getreten (vgl. Wiedemann/Wank TVG 7. Aufl. § 4 Rn. 230). Der dem BRK-ÜTV 2005/2006 vorhergehende, grundsätzlich noch bis zum 31. Oktober 2005 geltende BRK-Übergangstarifvertrag 2005 (BRK-ÜTV 2005) vom 26. Januar 2005 ist aber nach dem Ablösungsprinzip durch den BRK-ÜTV 2005/2006 ersetzt worden. Dieser Tarifvertrag hat für alle von seinem Vorgänger geregelten Komplexe fortführende bzw. weitergehende ersetzende Regelungen getroffen. Er hat deshalb mangels entgegenstehender Regelung den BRK-ÜTV 2005 auch ohne besondere Aufhebungsvereinbarung zum 26. Oktober 2005 abgelöst (vgl. BAG 6. Juni 2007 - 4 AZR 382/06 - Rn. 18, 20, EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 15; 6. November 1985 - 4 AZR 223/84 -).
cc) Aus Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 3 Abs. 2 BRK-ÜTV 2005/2006 ergibt sich, dass bereits für die Zeit ab dem 1. Oktober und nicht erst ab dem 26. Oktober 2005 für Angestellte des BRK, deren Ehepartner zum 1. Oktober 2005 in den TVöD übergeleitet worden war, kein Anspruch auf den ungekürzten Ortszuschlag der Stufe 2 mehr entstehen sollte. Dem von § 3 Abs. 2 BRK-ÜTV 2005/2006 betroffenen Personenkreis sollte also schon für die Zeit vom 1. bis 26. Oktober 2005 kein anteiliger Anspruch auf den erhöhten Ortszuschlag mehr zustehen. Dementsprechend hat das BRK der Ehefrau des Klägers den ungekürzten Ortszuschlag der Stufe 2 auch nicht zeitanteilig für Oktober 2005 gezahlt.
Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BRK-ÜTV 2005/2006 sollte sich die Ortszuschlagsteilung zwischen den Stufen 1 und 2 des Ortszuschlags nicht ändern. In den von § 3 Abs. 2 BRK-ÜTV 2005/2006 erfassten Konkurrenzfällen nach § 29 Abschn. B BAT sollte der Ortszuschlag gem. § 3 Abs. 2 Satz 2 BRK-ÜTV 2005/2006 auch nach Überleitung des nicht beim BRK beschäftigten Ehepartners in den TVöD "wie bisher" geteilt werden. Ungeachtet der Überleitung eines Ehegatten in den TVöD sollte den beim BRK beschäftigten Angestellten also nicht einmal vorübergehend ein höherer Ortszuschlag zustehen. Dieser sollte vielmehr unverändert in der im September 2005 zustehenden Höhe weiter gezahlt werden.
Diese Auslegung des § 3 Abs. 2 BRK-ÜTV 2005/2006 steht auch im Einklang mit Sinn und Zweck dieses Tarifvertrags, der in der Zusammenschau mit seinem Vorgänger, dem BRK-ÜTV 2005, im Wesentlichen das Ziel verfolgte, die Konkurrenzfähigkeit des BRK durch Kostensenkungen sicherzustellen. Dies ergibt sich schon aus der Präambel zum BRK-ÜTV 2005. Die Tarifvertragsparteien hatten sich bereits in dieser Präambel vorbehalten, den TVöD nach seinem Abschluss zeitnah gemeinsam darauf zu bewerten, welche Inhalte für das Tarifrecht des BRK unverändert oder verändert übernommen werden sollten. Ergebnis dieser Bewertung war bezüglich des tariflichen Ortszuschlags die Regelung in § 3 BRK-ÜTV 2005/2006, deren Ziel es war, hinsichtlich der familienstandsbezogenen Entgeltbestandteile lediglich noch Bestandsschutz zu gewähren. Insbesondere sollte durch § 3 Abs. 2 Satz 2 BRK-ÜTV 2005/2006 sichergestellt werden, dass der Wegfall des Ortszuschlags durch die Einführung des TVöD zum 1. Oktober 2005 keinerlei Kostensteigerungen für das BRK zur Folge hatte. Bereits die anteilige Zahlung eines ungekürzten Ortszuschlags der Stufe 2 für die Zeit vom 1. bis 26. Oktober 2005 hätte aber zu erheblichen Kosten für das BRK geführt, der durch den dadurch entstehenden zusätzlichen Abrechnungsaufwand noch gesteigert worden wäre. Ausgehend von Wortlaut und Regelungszweck des § 3 Abs. 2 BRK-ÜTV 2005/2006 hätte es deshalb einer besonderen Bestimmung bedurft, wenn die Tarifvertragsparteien den Anspruch auf den erhöhten Ortszuschlag jedenfalls noch zeitanteilig bis zum 26. Oktober 2005 hätten aufrechterhalten wollen. An einer solchen Regelung fehlt es.
c) Die Ehefrau des Klägers war auch nicht etwa deswegen weiterhin als eine andere ortszuschlagsberechtigte Person iSd. § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA anzusehen, weil sie auch über den 1. Oktober 2005 hinaus den individuellen Unterschiedsbetrag zwischen dem Ortszuschlag der Stufe 1 und 2 weiter bezogen hat.
Durch § 3 Abs. 2 BRK-ÜTV 2005/2006 ist die Konkurrenzregelung des § 29 Abschn. B Abs. 5 Satz 1 BAT mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2005 teilweise außer Kraft gesetzt und der Anspruch der Ehefrau des Klägers auf den familienstandsbezogenen Anteil im Ortszuschlag auf dem Stand von September 2005 eingefroren worden. Entgegen der von der Beklagten in der Berufungsinstanz vertretenen Auffassung war die Ehefrau des Klägers ungeachtet des Umstands, dass sie auch nach dem 1. Oktober 2005 weiterhin den halben Ortszuschlag der Stufe 2 erhielt, seit diesem Zeitpunkt nicht mehr ortszuschlagsberechtigt iSd. Konkurrenzbestimmung des § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT.
Die tarifliche Kürzungsvoraussetzung "in Höhe von mindestens der Hälfte des Unterschiedsbetrages zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlags der höchsten Tarifklasse" in § 29 Abschn. B Abs. 5 Satz 1 BAT bezieht sich nach Wortlaut und Zweck dieser Vorschrift nur auf die Tatbestandsvariante der "entsprechenden Leistung". Diese Variante soll die Fälle abdecken, in denen Tarifregelungen außerhalb des unmittelbaren öffentlichen Dienstes familienstandsbezogene Leistungen vorsehen, ohne dass es sich dabei um einen Familienzuschlag iSv. § 40 BBesG oder einen Ortszuschlag nach § 29 BAT handelt. Dagegen greift die Kürzungsregelung des § 29 Abschn. B Abs. 5 Satz 1 BAT in den Fällen, in denen für den Ehegatten das Ortszuschlagsrecht des BAT gilt, nur dann ein, wenn dem Ehegatten ohne die Konkurrenzregelung der Ortszuschlag der Stufe 2 in der sich aus der Anlage zum jeweils gültigen Vergütungstarifvertrag ergebenden Höhe zustünde (Senat 27. April 2006 - 6 AZR 437/05 - BAGE 118, 123, 126 ff.). Das war für die Ehefrau des Klägers seit dem 1. Oktober 2005 nicht mehr der Fall.
II. Das Vergleichsentgelt des Klägers war unter Berücksichtigung des ihm individuell zustehenden Unterschiedsbetrages zwischen den Stufen 1 und 2 des Ortszuschlags zu berechnen. Dies ergibt die Auslegung des § 5 Abs. 2 TVÜ-VKA unter Berücksichtigung der in § 5 Abs. 1 TVÜ-VKA enthaltenen Grundregel zur Ermittlung des Vergleichsentgelts.
1. Das Vergleichsentgelt wird gem. § 5 Abs. 1 TVÜ-VKA grundsätzlich auf der Grundlage der im September 2005 erhaltenen Bezügen berechnet. In der vorliegenden Beschäftigungskonstellation des Klägers und seiner Ehefrau hätte deshalb der individuell zustehende Unterschiedsbetrag zwischen den Stufen 1 und 2 des Ortszuschlags in das Vergleichsentgelt des Klägers einbezogen werden müssen. § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA durchbricht diesen Grundsatz (Breier/Dassau/Kiefer/Lang/Langenbrinck TVöD Stand April 2009 TVÜ-VKA § 5 Rn. 6 f.; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Stand November 2008 TVÜ-Bund/TVÜ-VKA Rn. 45). Auch diese Ausnahmeregelung ist jedoch von dem Ziel getragen, den Besitzstand der Erwerbsgemeinschaft der Ehegatten zum Überleitungsstichtag 1. Oktober 2005 zu sichern. Die Tarifvertragsparteien sind davon ausgegangen, dass die Erwerbsgemeinschaft der Ehegatten finanziell durch die Regelung in § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA keinen Nachteil erleiden soll. Belastet werden sollten allein die Arbeitgeber der Ehegatten, die den TVöD nicht zum 1. Oktober 2005 eingeführt hatten, weil sie nunmehr den vollen und nicht mehr wie bisher nur den gekürzten Ortszuschlag zahlen mussten (vgl. Senat 25. Juni 2009 - 6 AZR 72/08 - Rn. 21). Aus dieser Regelungssystematik folgt, dass § 5 Abs. 2 Satz 2 1. Halbs. TVÜ-VKA einschränkend auszulegen ist. Das Vergleichsentgelt ist nur dann unter Einbeziehung einer niedrigeren Stufe des Ortszuschlags zu berechnen, als sie im September 2005 dem Angestellten tatsächlich zustand, wenn die Voraussetzungen der Konkurrenzregelung des § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT, auf die § 5 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-VKA verweist, mit Wirkung zum Überleitungsstichtag 1. Oktober 2005 (noch) erfüllt waren.
Dieser Regelungszweck ist auch in der hier vorliegenden Konstellation zu berücksichtigen, in der die Ehefrau des Klägers aufgrund einer für ihr Arbeitsverhältnis zum 1. Oktober 2005 Wirkung entfaltenden tariflichen Regelung weiterhin lediglich den halben Ortszuschlag der Stufe 2 erhielt, obwohl der Kläger aufgrund seiner Überleitung in den TVöD seit dem 1. Oktober 2005 keinen Anspruch auf einen Ortszuschlag mehr hatte. Das Vergleichsentgelt des Klägers war deshalb entsprechend dem Zweck der tariflichen Überleitungsbestimmung unter Einbeziehung des individuellen Unterschiedsbetrages zwischen der Stufe 1 und 2 des Ortszuschlags zu berechnen. So erhielt die Erwerbsgemeinschaft der Ehegatten zusammen weiterhin einen vollen Ortszuschlag der Stufe 2.
2. Entgegen der Auffassung der Beklagten konnten die Tarifvertragsparteien, nachdem sie sich dazu entschlossen hatten, bei der Bildung des Vergleichsentgelts den familienrechtlichen Status der Angestellten bei deren Überleitung in den TVöD zu berücksichtigen, nicht darauf vertrauen, dass nicht andere Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes durch Änderung der bei ihnen geltenden tariflichen Bestimmungen die Konkurrenzregelung des § 29 Abschn. B Abs. 5 BAT mit Wirkung zum 1. Oktober 2005 außer Kraft setzten (vgl. Senat 25. Juni 2009 - 6 AZR 72/08 - Rn. 21). Die dadurch eintretende Belastung der Arbeitgeber war vorhersehbar in der Systematik des Überleitungsrechts in den TVöD angelegt. Zudem hatten sich, wie ausgeführt, die Tarifvertragsparteien des BRK-Tarifwerkes bereits im BRK-ÜTV 2005 eine Überprüfung der Folgen des neuen Tarifrechts des TVöD für das BRK vorbehalten. Das beinhaltete auch die Möglichkeit, auf finanzielle Belastungen durch das neue Tarifrecht mit entsprechenden Gegenregelungen zu reagieren.
3. Der Senat hatte nicht zu entscheiden, ob das Vergleichsentgelt auch dann unter Berücksichtigung von Tarifänderungen im Ortszuschlagsrecht des nicht in den TVöD übergeleiteten Ehegatten zu berechnen wäre, wenn diese Änderungen erst nach dem 31. Oktober 2005 vereinbart worden wären, aber auf den 1. Oktober 2005 zurückwirkten.
III. Der Kläger hat die tarifliche Ausschlussfrist des § 37 TVöD für den gesamten von seiner Klage erfassten Zeitraum gewahrt. Mit Schreiben vom 25. April 2006 und damit innerhalb von sechs Monaten ab Fälligkeit des ältesten Anspruchs für Oktober 2005 am 31. Oktober 2005 hat er seine Ansprüche geltend gemacht.
IV. Die Beklagte hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Ende der Entscheidung
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