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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Beschluss verkündet am 31.07.2002
Aktenzeichen: 7 ABR 12/01
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 118 Abs. 2
Ein auf die Verwirklichung des christlichen Auftrags gerichtetes, von einem Mitglied des Diakonischen Werkes betriebenes Krankenhaus ist eine karitative Einrichtung einer Religionsgemeinschaft iSv. § 118 Abs. 2 BetrVG, auf die das Betriebsverfassungsgesetz keine Anwendung findet.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! BESCHLUSS

7 ABR 12/01

Verkündet am 31. Juli 2002

In dem Beschlußverfahren

hat der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der Beratung vom 31. Juli 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dörner, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Gräfl und den Richter am Bundesarbeitsgericht Linsenmaier sowie die ehrenamtlichen Richter Metzinger und Wilke beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 25. Januar 2001 - 1 TaBV 7/00 - wird zurückgewiesen.

Von Rechts wegen!

Gründe:

A. Die Beteiligten streiten darüber, ob das von der Antragstellerin (Arbeitgeberin) betriebene Klinikum eine gemäß § 118 Abs. 2 BetrVG vom Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes ausgenommene karitative Einrichtung einer Religionsgemeinschaft und demzufolge kein Betriebsrat zu wählen ist.

Die Arbeitgeberin betreibt in der Rechtsform einer gemeinnützigen GmbH ein Krankenhaus. Gesellschafter sind zu je 50 % die H. GmbH, deren einzige Gesellschafterin die S. ist, sowie die Stiftung S., eine Einrichtung des Diakonischen Werkes der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen e.V. (Diakonisches Werk Thüringen). Die beiden Gesellschafter hatten ursprünglich an verschiedenen Standorten Krankenhäuser betrieben und 1995 zunächst die K. GmbH gegründet. Ein zwischen dieser und den beiden Krankenhausbetreibern am 18. Dezember 1997 geschlossener Personalüberleitungsvertrag sah vor, daß die K. GmbH zum 1. Januar 1998 "gemäß § 613 a BGB" in die Verträge der Mitarbeiter der beiden Krankenhäuser eintritt und in beiden Krankenhäusern Mitarbeitervertretungen gebildet werden. Auf einer Gesellschafterversammlung vom 18. Dezember 1997 beschlossen die beiden Gesellschafter der K. GmbH eine vollständige Neufassung ihrer Satzung, nach der die Gesellschaft nunmehr unter dem Namen der Antragstellerin firmiert. Nach § 3 dieser Satzung verfolgt die Gesellschaft ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke im Sinne der Abgabenordnung. § 4 der Satzung lautet:

"Kirchliches Proprium

(1) Der Gesellschafter Stiftung S. weiß sich dem Auftrag verpflichtet, das Evangelium von Jesus Christus in Wort und Tat zu bezeugen. Der Dienst des Gesellschafters ist daher Wesens- und Lebensäußerung der Kirche. Die Stiftung ist ihrem Wesen und ihrer Tendenz nach der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen zugehörig. In Wahrnehmung des kirchlich-diakonischen Auftrages betreibt sie Krankenpflege und Sozialfürsorge. Dieser Dienst wird ohne Rücksicht auf Glaubensbekenntnis, Weltanschauung oder Herkunft der zu Betreuenden geleistet.

(2) Der Gesellschafter H. GmbH trägt dieses kirchliche Proprium bei der Betreibung des Krankenhauses mit. Für die zu übernehmenden Beschäftigten der H. GmbH entsteht daraus kein Nachteil.

(3) Die Gesellschaft strebt die Mitgliedschaft im Diakonischen Werk der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen e.V. an und bewirbt sich um die Mitgliedschaft im Kommunalen Arbeitgeberverband."

Nach § 5 der Satzung sollen für die Beschäftigten der Gesellschaft die Bestimmungen des BAT-O gelten.

Mit Wirkung vom 1. Januar 1998 wurde die Arbeitgeberin Mitglied des Diakonischen Werkes Thüringen. Nach der Präambel zu dessen Satzung ist "Diakonie Lebens- und Wesensäußerung der christlichen Kirche. Sie übermittelt das Evangelium als umfassende Nächstenhilfe, besonders an Menschen in Not- und Konfliktsituationen". Nach § 6 Abs. 2 a) der Satzung des Diakonischen Werkes Thüringen haben dessen Mitglieder ua. die Pflicht, die satzungsmäßigen Zwecke, Aufgaben und Ziele des Diakonischen Werkes Thüringen zu fördern. Nach § 6 Abs. 2 b) der Satzung des Diakonischen Werkes Thüringen haben die Mitglieder "in ihre leitenden Organe solche Personen zu berufen, die bereit sind, ihre Leitungstätigkeit im Sinne kirchlicher Diakonie wahrzunehmen und der evangelischen Kirche, andernfalls einer Kirche angehören, die Mitglied der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen ist". Nach dem Aufnahmeschreiben des Diakonischen Werkes Thüringen vom 23. Februar 1998 kann die Arbeitgeberin dieser Pflicht "im Falle der Berufung leitender Mitarbeiter, die nicht der evangelischen Kirche oder einer der og. Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen angehören, ausnahmsweise auch dadurch genügen, daß sich die betroffenen leitenden Mitarbeiter ausdrücklich bereit erklären, ihre Leitungstätigkeit im Sinne kirchlicher Diakonie wahrzunehmen". Nach § 6 Abs. 2 d) der Satzung des Diakonischen Werkes Thüringen haben dessen Mitglieder bei Satzungsänderungen die Zustimmung des Diakonischen Werkes einzuholen. Nach dem Aufnahmeschreiben vom 23. Februar 1998 wird das Diakonische Werk Thüringen die Zustimmung erteilen, "sofern das kirchliche Proprium nicht tangiert wird".

Am 20. Oktober 1998 zogen die beiden Krankenhauseinrichtungen samt ihren Belegschaften in einen gemeinsamen Klinikumsneubau um. Seit 1. Juli 2000 ist die Arbeitgeberin Gastmitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband Thüringen. Nach dessen Satzung kann sie insbesondere die Beratungsleistungen des Verbands in Anspruch nehmen, ist aber nicht tarifgebunden.

Am 21. Februar 2000 führte die Gewerkschaft ÖTV im Klinikum der Arbeitgeberin eine Betriebsversammlung durch. In dieser wurde ein Wahlvorstand zur Durchführung einer Betriebsratswahl gewählt. Dieser Wahlvorstand, der Beteiligte zu 2, verlangte von der Arbeitgeberin Unterlagen zur Erstellung eines Wählerverzeichnisses.

In dem daraufhin am 9. März 2000 eingeleiteten arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren hat die Arbeitgeberin die Auffassung vertreten, auf Grund ihrer Mitgliedschaft im Diakonischen Werk Thüringen sei das von ihr betriebene Klinikum eine karitative Einrichtung einer Religionsgemeinschaft und daher vom Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes ausgenommen.

Sie hat zuletzt beantragt,

dem Antragsgegner zu untersagen, eine Betriebsratswahl durchzuführen.

Der Wahlvorstand hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, das für eine karitative Einrichtung erforderliche Mindestmaß an kirchlicher Einflußmöglichkeit sei nicht gegeben. Die Satzung der Arbeitgeberin regele ein paritätisches Verhältnis der beiden Gesellschafter. Durch die Mitgliedschaft der Arbeitgeberin im Diakonischen Werk Thüringen könne eine Einflußnahme der Kirche nicht verbindlich geregelt werden. Es sei unzulässig, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung an die Zustimmung des Diakonischen Werks zu binden. Die Anwendung des BAT-O zeige, daß die für einen staatlichen Arbeitgeber geltenden Regelungen zu beachten seien.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag der Arbeitgeberin stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Wahlvorstands zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde begehrt der Wahlvorstand weiterhin die Zurückweisung des Antrags der Arbeitgeberin. Die Arbeitgeberin beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben dem Unterlassungsantrag der Arbeitgeberin zu Recht entsprochen. In dem von der Arbeitgeberin betriebenen Krankenhaus ist kein Betriebsrat zu wählen. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, ist das Klinikum eine nach § 118 Abs. 2 BetrVG vom Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes ausgenommene karitative Einrichtung einer Religionsgemeinschaft. Die Arbeitgeberin kann deshalb von dem Wahlvorstand in entsprechender Anwendung des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB die Unterlassung der beabsichtigten Durchführung der Betriebsratswahl verlangen.

I. Das von der Arbeitgeberin betriebene Klinikum ist eine karitative Einrichtung.

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dient ein Unternehmen karitativen Bestimmungen, wenn es sich den sozialen Dienst an körperlich oder seelisch leidenden Menschen zum Ziel gesetzt hat, sofern diese Betätigung ohne die Absicht der Gewinnerzielung erfolgt und das Unternehmen selbst nicht von Gesetzes wegen unmittelbar zu derartiger Hilfeleistung verpflichtet ist. Dagegen ist unerheblich, wer rechtlich oder wirtschaftlich an dem privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen beteiligt ist oder darauf einen beherrschenden Einfluß ausübt (24. Mai 1995 - 7 ABR 48/94 - AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 57 = EzA BetrVG 1972 § 118 Nr. 63, zu B I der Gründe; 22. November 1995 - 7 ABR 12/95 - BAGE 81, 311 ff. = AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 58, zu B II 1 der Gründe). Dementsprechend ist es für die karitative Bestimmung eines Unternehmens unschädlich, wenn an ihm ein Unternehmensträger beteiligt ist, der selbst auf Grund gesetzlicher Normen verpflichtet ist, derartige Hilfeleistungen zu erbringen oder zumindest die Kosten für solche Hilfeleistungen zu tragen. Maßgeblich für die karitative Bestimmung sind vielmehr die Statuten des Unternehmens selbst (BAG 24. Mai 1994 - 7 ABR 48/94 - AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 57 = EzA BetrVG 1972 § 118 Nr. 63, zu B I 1 der Gründe).

2. Hiernach ist das Klinikum eine karitative Einrichtung. Es dient dem sozialen Dienst an körperlich oder seelisch leidenden Menschen und wird, wie sich aus § 3 der Satzung der Arbeitgeberin ergibt, ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben. Die Arbeitgeberin ist zu dieser Hilfeleistung nicht von Gesetzes wegen unmittelbar verpflichtet, sondern hat sich diese Aufgabe in ihrer Satzung freiwillig gesetzt. Dem steht nicht entgegen, daß die Gewährleistung der bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung eine gesetzliche Aufgabe der S. und damit der Alleingesellschafterin eines der beiden Unternehmensträger, der H. GmbH, ist. Entscheidend ist, daß sich die karitative Bestimmung aus den Statuten der Arbeitgeberin ergibt.

II. Bei dem von der Arbeitgeberin betriebenen Krankenhaus handelt es sich um die Einrichtung einer Religionsgemeinschaft iSv. § 118 Abs. 2 BetrVG.

1. Die in § 118 Abs. 2 BetrVG normierte Herausnahme der Kirchen und ihrer karitativen und erzieherischen Einrichtungen aus dem Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes beruht auf dem den Religionsgemeinschaften durch Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 WRV gewährleisteten Recht, ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze zu ordnen und zu verwalten (BVerfG 11. Oktober 1977 - 2 BvR 209/76 - BVerfGE 46, 73 ff. = AP GG Art. 140 Nr. 1, zu B II 4 der Gründe; BAG 24. Juli 1991 - 7 ABR 34/90 - BAGE 68, 170 ff. = AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 48, zu B II 2 der Gründe; 30. April 1997 - 7 ABR 60/95 - AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 60 = EzA BetrVG 1972 § 118 Nr. 66, zu B 1 der Gründe).

a) Wie in § 118 Abs. 2 BetrVG ausdrücklich bestimmt, ist die Unanwendbarkeit des Betriebsverfassungsgesetzes nicht abhängig von der Rechtsform der Einrichtung. Dies entspricht verfassungsrechtlichen Vorgaben (BVerfG 11. Oktober 1977 - 2 BvR 209/76 - BVerfGE 46, 73 ff. = AP GG Art. 140 Nr. 1, zu B II 4 der Gründe). Denn nach Art. 137 Abs. 3 WRV sind nicht nur die organisierte Kirche und die rechtlich selbständigen Teile dieser Organisation, sondern alle der Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform Objekte, bei deren Ordnung und Verwaltung die Kirche grundsätzlich frei ist, wenn sie nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, ein Stück Auftrag der Kirche in dieser Welt wahrzunehmen und zu erfüllen (BVerfG 11. Oktober 1977 - 2 BvR 209/76 - aaO, zu B II 2 a der Gründe mit zahlreichen Nachweisen; 25. März 1980 - 2 BvR 208/76 - BVerfGE 53, 366 ff. = AP GG Art. 140 Nr. 6, zu C I 2 a der Gründe). Daher steht das verfassungsrechtlich garantierte Selbstbestimmungsrecht den Kirchen nicht nur hinsichtlich ihrer körperschaftlichen Organisation und Ämter zu, sondern auch hinsichtlich ihrer Vereinigungen, die sich nicht die allseitige, sondern nur die partielle Pflege des religiösen oder weltanschaulichen Lebens ihrer Mitglieder zum Ziel gesetzt haben (BVerfG 11. Oktober 1977 - 2 BvR 209/76 - BVerfGE 46, 73 ff. = AP GG Art. 140 Nr. 1, zu B II 4 der Gründe; 25. März 1980 - 2 BvR 208/76 - BVerfGE 53, 366 ff. = AP GG Art. 140 Nr. 6, zu C I 2 a der Gründe; BAG 30. April 1997 - 7 ABR 60/95 - AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 60 = EzA BetrVG 1972 § 118 Nr. 66, zu B 1 der Gründe). Maßgebendes Kriterium für die Zuordnung einer Einrichtung zur Kirche ist danach nicht etwa die Zugehörigkeit zur Kirchenverwaltung; es genügt vielmehr, daß die Einrichtung der Kirche so nahe steht, daß sie Teil hat an der Verwirklichung eines Stücks Auftrag der Kirche im Geist christlicher Religiosität, im Einklang mit dem Bekenntnis der christlichen Kirche und in Verbindung mit den Amtsträgern der Kirche (BVerfG 25. März 1980 - 2 BvR 208/76 - aaO, zu C I 2 a der Gründe). Die Mitwirkung von Laien bei der Verwaltung solcher Einrichtungen steht der Zuordnung zur Kirche nicht entgegen (BVerfG 25. März 1980 - 2 BvR 208/76 - aaO, zu C I 2 a der Gründe).

b) Für die Zuordnung einer rechtlich selbständigen Einrichtung zur Kirche ist allerdings nicht ausreichend, daß die Einrichtung ihrem Zweck nach auf die Verwirklichung eines kirchlichen Auftrags gerichtet ist. Hinzukommen muß ein Mindestmaß an Einflußmöglichkeiten der Kirche, um auf Dauer eine Übereinstimmung der religiösen Betätigung der Einrichtung mit kirchlichen Vorstellungen gewährleisten zu können. Der ordnende Einfluß der Kirche bedarf keiner satzungsmäßigen Absicherung. Die Kirche muß jedoch in der Lage sein, einen etwaigen Dissens in religiösen Angelegenheiten zwischen ihr und der Einrichtung unterbinden zu können (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, zuletzt 30. April 1997 - 7 ABR 60/95 - AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 60 = EzA BetrVG 1972 § 118 Nr. 66, zu B 2 der Gründe mwN).

2. Das Landesarbeitsgericht ist von diesen Grundsätzen ausgegangen und ist in deren Anwendung rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, daß es sich bei dem von der Arbeitgeberin betriebenen Krankenhaus um eine Einrichtung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Thüringen handelt.

a) Das Krankenhaus ist seinem Zweck nach auf die Verwirklichung eines christlichen Auftrags ausgerichtet. Nach dem Selbstverständnis der evangelischen und katholischen Kirche beschränkt sich die Religionsausübung nicht auf den Bereich des Glaubens und des Gottesdienstes, sondern umfaßt insbesondere auch das karitative Wirken. Zu diesem gehört die kirchlich getragene Krankenpflege (BVerfG 25. März 1980 - 2 BvR 208/76 - BVerfGE 53, 366 ff. = AP GG Art. 140 Nr. 6, zu C I 2 b der Gründe). Diesem Auftrag entspricht das in § 4 der Satzung der Arbeitgeberin statuierte kirchliche Proprium. Nach § 4 Abs. 1 der Satzung weiß sich der Gesellschafter Stiftung S. dem Auftrag verpflichtet, das Evangelium von Jesus Christus in Wort und Tat zu bezeugen, und betreibt die Krankenpflege in Wahrnehmung des kirchlich-diakonischen Auftrags. Nach § 4 Abs. 2 Satz 1 der Satzung trägt der Gesellschafter H. GmbH dieses kirchliche Proprium bei der Betreibung des Krankenhauses mit. Damit ist der Betrieb des Krankenhauses statutarisch auf die Verwirklichung eines christlichen Auftrags festgelegt. Die Bindung der Arbeitgeberin an den kirchlich-diakonischen Auftrag ergibt sich außerdem aus ihrer Mitgliedschaft im Diakonischen Werk Thüringen. Denn nach § 6 Abs. 2 a) der Satzung des Diakonischen Werks Thüringen ist die Arbeitgeberin verpflichtet, dessen Zwecke, Aufgaben und Ziele zu fördern. Diese sind auf die Verwirklichung des karitativen Auftrags gerichtet. Denn wie sich bereits aus der Präambel zur Satzung des Diakonischen Werks Thüringen ergibt, versteht diese Diakonie als Lebens- und Wesensäußerung der christlichen Kirche. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann entgegen der Auffassung des Rechtsbeschwerdeführers aus § 3 der Satzung der Arbeitgeberin nicht auf deren weltanschaulich-religiöse Neutralität geschlossen werden. Der Umstand, daß dort neben dem kirchlichen auch gemeinnützige und mildtätige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung genannt sind, hat ersichtlich lediglich steuerliche Bedeutung. Entgegen der Auffassung des Rechtsbeschwerdeführers steht der christlichen Ausrichtung der Arbeitgeberin vorliegend auch nicht der Umstand entgegen, daß die Alleingesellschafterin eines der beiden Gesellschafter, die S., zur weltanschaulich-religiösen Neutralität verpflichtet ist. Im Rahmen des § 118 Abs. 2 BetrVG ist die Ausrichtung der Arbeitgeberin entscheidend. Die Ausrichtung eines Anteilseigners kann allenfalls ein bei dieser Beurteilung zu berücksichtigender Umstand sein. Ist aber, wie vorliegend, der Arbeitgeber nach seinen Statuten zweifelsfrei der Verwirklichung des christlichen Auftrags verpflichtet, so ist es unerheblich, wenn dies bei einem oder mehreren seiner Anteilseigner bzw. Gesellschafter nicht der Fall ist.

b) Wie das Landesarbeitsgericht gleichfalls zutreffend erkannt hat, ist das erforderliche Mindestmaß an Einflußmöglichkeiten der Amtskirche auf die von der Arbeitgeberin betriebene Einrichtung gewährleistet. Dieses folgt bereits aus der Mitgliedschaft der Arbeitgeberin im Diakonischen Werk Thüringen. Daher kommt es vorliegend nicht darauf an, ob der maßgebliche Einfluß der Amtskirche auch dadurch ausreichend gewährleistet ist, daß die zum Diakonischen Werk Thüringen gehörende Gesellschafterin Stiftung S. gemäß § 4 Abs. 2 der Satzung von der anderen Gesellschafterin, der H. GmbH, die Beachtung des kirchlichen Propriums verlangen und dieser gegenüber erforderlichenfalls auch durchsetzen kann.

aa) Die Satzung des Diakonischen Werks Thüringen sichert der Amtskirche ein ausreichendes Maß an inhaltlicher und personeller Einflußnahme auf das Diakonische Werk. Denn nach dieser Satzung ist das Diakonische Werk an die Grundentscheidungen der Kirche gebunden. Die Wahl des Vorsitzenden der Diakonischen Konferenz und des Vorsitzenden des Vorstands, die Aufnahme und der Ausschluß von Mitgliedern sowie Satzungsänderungen bedürfen der Zustimmung des Landeskirchenrats. Der Leiter des Diakonischen Werks, der ein ordinierter Pfarrer sein soll, wird durch die Synode gewählt. Auch die Zusammensetzung der Diakonischen Konferenz gewährleistet einen bestimmenden Einfluß der Amtskirche.

bb) Wie das Landesarbeitsgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, besteht die maßgebliche inhaltliche und personelle Einflußmöglichkeit der Evangelisch-Lutherischen Kirche Thüringen auch gegenüber der Arbeitgeberin. Als Mitglied des Diakonischen Werks Thüringen ist diese nach § 6 Abs. 2 a) der Satzung des Diakonischen Werks verpflichtet, dessen satzungsmäßigen Zwecke, Aufgaben und Ziele zu fördern, und damit an die Grundentscheidungen der Kirche gebunden. Nach § 6 Abs. 2 b) der Satzung des Diakonischen Werks Thüringen ist die Arbeitgeberin grundsätzlich verpflichtet, in ihre leitenden Organe nur solche Personen zu berufen, die einer christlichen Kirche angehören. Zwar kann die Arbeitgeberin nach dem Aufnahmeschreiben des Diakonischen Werks vom 23. Februar 1998 von dieser Verpflichtung ausnahmsweise abweichen. Der leitende Mitarbeiter muß sich dann aber ausdrücklich bereit erklären, die Leitungstätigkeit im Sinne kirchlicher Diakonie wahrzunehmen. Der über die Mitgliedschaft der Arbeitgeberin im Diakonischen Werk Thüringen gewährleistete maßgebliche Einfluß der Amtskirche zeigt sich ferner darin, daß nach § 6 Abs. 2 d) der Satzung des Diakonischen Werks die Arbeitgeberin bei einer Änderung ihrer Satzung verpflichtet ist, die Zustimmung des Diakonischen Werks einzuholen und die Erteilung der Zustimmung davon abhängig ist, daß durch die Satzungsänderung das kirchliche Prorpium nicht tangiert wird. Entgegen der Auffassung des Rechtsbeschwerdeführers liegt darin keine unzulässige Abspaltung von Stimmrechten. Die Wirksamkeit einer durch die Gesellschafterversammlung der Arbeitgeberin beschlossenen Satzungsänderung hängt nicht von der Zustimmung des Diakonischen Werks Thüringen ab. Eine das kirchliche Proprium berührende Satzungsänderung könnte allerdings vereinsrechtliche Folgen bis hin zum Ausschluß aus dem Diakonischen Werk Thüringen haben und möglicherweise dann auch zur Unanwendbarkeit des § 118 Abs. 2 BetrVG führen. Solange aber die Arbeitgeberin das kirchliche Proprium in ihrer Satzung statuiert und die sich aus der Mitgliedschaft im Diakonischen Werk Thüringen ergebenden Pflichten beachtet, ist der Einfluß der Amtskirche gewährleistet, der den Ausschluß des staatlichen Mitbestimmungsrechts im Betrieb der Arbeitgeberin rechtfertigt.

cc) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht auch erkannt, daß der Anwendung des § 118 Abs. 2 BetrVG weder die - mit dem Diakonischen Werk Thüringen abgestimmte - Anwendung des BAT-O auf die Arbeitsverhältnisse entgegensteht noch der Umstand, daß nach § 4 Abs. 2 Satz 2 der Satzung der Arbeitgeberin den von der H. GmbH übernommenen Beschäftigten kein Nachteil - aus dem kirchlichen Proprium - entstehen darf. § 118 Abs. 2 BetrVG schützt seinem Zweck nach nicht das Bestehen einer christlich motivierten Lebensgemeinschaft. Vielmehr steht es der Kirche auf Grund ihres verfassungsrechtlich garantierten Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrechts frei, in eigener Verantwortung zu entscheiden, inwiefern sie von den Beschäftigten die Einhaltung der kirchlichen Lebensordnung verlangt (BAG 30. April 1997 - 7 ABR 60/95 - AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 60 = EzA BetrVG 1972 § 118 Nr. 66, zu B 3 c cc der Gründe). Ebenfalls zutreffend hat das Landesarbeitsgericht schließlich auch erkannt, daß durch die Gastmitgliedschaft der Arbeitgeberin im Kommunalen Arbeitgeberverband weder die kirchliche Ausrichtung des Krankenhauses noch die Einflußmöglichkeiten der Amtskirche beseitigt oder eingeschränkt werden.

Ende der Entscheidung

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