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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 27.06.2001
Aktenzeichen: 7 AZR 496/99
Rechtsgebiete: BPersVG


Vorschriften:

BPersVG § 8
BPersVG § 46 Abs. 3 letzter Satz
Der Anspruch eines freigestellten Personalratsmitglieds auf Höhergruppierung setzt eine fiktive Nachzeichnung des beruflichen Werdegangs voraus, den das Personalratsmitglied ohne die Personalratstätigkeit genommen hätte.
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL

7 AZR 496/99

Verkündet am 27. Juni 2001

In Sachen

hat der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2001 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Dörner, die Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Steckhan und Linsenmaier sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Koch und Hökenschnieder für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 1. März 1999 - 8 Sa 68/97 - aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 8. August 1996 - 27 Ca 1/96 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger als freigestelltes Personalratsmitglied wegen einer Benachteiligung im beruflichen Fortkommen Vergütung nach einer höheren Vergütungsgruppe verlangen kann.

Der im September 1937 geborene Kläger war bei der beklagten Körperschaft des öffentlichen Rechts von August 1956 bis April 1995 als Angestellter beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand der Ersatzkassentarifvertrag (EKT) nebst Anlagen Anwendung. Die Anlage 5 zum EKT enthält die Tätigkeitsmerkmale zur Eingruppierung. Sie sieht 16 Vergütungsgruppen vor.

Der Kläger war zunächst als Sachbearbeiter in einer Bezirksgeschäftsstelle tätig. 1962 wurde er Bezirksgeschäftsführer, 1971 Leiter einer Bezirksgeschäftsstelle. Im Dezember 1981 wurde er als Gruppenleiter der Arbeitsgruppe Ärztliche Behandlung in die Hauptgeschäftsstelle abgeordnet. Im Juli 1982 wurde ihm diese Tätigkeit auf Dauer übertragen. Die von ihm geleitete Gruppe hat die Aufgabe, mit Ärzten Regelungen über die von diesen erbrachten Leistungen zu vereinbaren. Im Dezember 1982 wurde der Kläger in die VG 12, im August 1984 in die VG 13 höhergruppiert. 1985 wurde er in den Personalrat gewählt, im Mai 1987 dessen freigestellter Vorsitzender. Im Juni 1987 erhielt der Kläger die letzte dienstliche Beurteilung. Nach dieser war er "über die Aufgabe eines Gruppenleiters der Hauptgeschäftsstelle hinaus beruflich entwicklungsfähig". Im Mai 1995 trat der Kläger in den Vorruhestand.

In der Hauptgeschäftsstelle der Beklagten sind 16 Abteilungsleiterstellen der VG 15/16 eingerichtet, denen 37 Gruppenleiterstellen der VG 12/13 gegenüberstehen. Für in die VG 15/16 eingruppierte Landesgeschäftsführer gibt es elf Stellen, für Bezirksgeschäftsführer, die in die VG 9 bis 13 eingruppiert sind, insgesamt 925 Stellen. Die Beklagte nimmt Eingruppierungen in die VG 15 und 16 grundsätzlich nur bei einer Beförderung auf eine entsprechende freie Stelle vor. Jedenfalls bis 1991 hat die Beklagte freigestellte Personalratsmitglieder allerdings auch ohne Rücksicht auf das Vorhandensein einer entsprechenden freien Stelle und die konkrete Eignung des Personalratsmitglieds befördert. So war der 1987 ausgeschiedene stellvertretende Hauptpersonalratsvorsitzende G. während seiner Freistellung zum Abteilungsleiter einer Landesgeschäftsstelle (VG 13) befördert worden, ohne daß eine konkret zu besetzende Stelle vorhanden war. Der ebenfalls 1987 ausgeschiedene Hauptpersonalratsvorsitzende B. wurde während seiner Freistellung bis zum Abteilungsleiter (VG 16) befördert, ohne daß bei den Beförderungen auf eine konkret zu besetzende Stelle Bezug genommen wurde. Das später zum Hauptpersonalratsvorsitzenden gewählte Hauptpersonalratsmitglied L. war bei seiner Freistellung im Mai 1979 in die VG 9 eingruppiert. Nach mehreren Höhergruppierungen in den Jahren 1980 bis 1987 wurde es ab Mai 1991 formal zum Landesgeschäftsführer Nordbayern berufen, im Oktober 1991 in die VG 15 sowie ab 1993 in die VG 16 eingruppiert. Die Stelle wurde außerdem zeitgleich mit dem weiteren Bewerber Le. besetzt.

Der Kläger bemühte sich seit April 1989 um eine Beförderung zum Abteilungsleiter und die entsprechende Höhergruppierung nach VG 15/16. Im April 1989 war die Stelle eines Abteilungsleiters Personal ausgeschrieben. Nach einem Gespräch mit dem damaligen Geschäftsführer P. und dem Hauptabteilungsleiter La. sah der Kläger von einer Bewerbung ab. Im Juli 1991 wurde im Rahmen einer Umstrukturierung das Grundsatzreferat der Geschäftsführung der seit Juli 1989 von Herrn Ba. besetzten Stelle eines Referenten der Geschäftsführung (VG 13) zugeordnet und die Stelle mit VG 16 bewertet. Anläßlich der dementsprechend vorgenommenen Höhergruppierung des Herrn Ba. beantragte der Vorsitzende der Geschäftsführung S., dem Kläger ab Juli 1991 den Status Abteilungsleiter der Hauptgeschäftsstelle zuzuerkennen und ihn in die VG 15 einzugruppieren. Der Vorstand der Beklagten lehnte dies ab. Im Juni 1993 bewarb sich der Kläger auf die ausgeschriebene Stelle des Abteilungsleiters der Abteilung Leistungen. Diese Abteilung entstand bei der Umstrukturierung der Hauptabteilung Leistungen und Mitgliedschaft. Die Beklagte wies die Stelle Herrn A. zu. Dieser war bereits seit 1979 in die VG 16 eingruppiert und Leiter der Abteilung, deren Aufgabengebiet zum größten Teil mit dem der neu geschaffenen Abteilung übereinstimmte. Im Februar 1994 bewarb sich der Kläger um die Stelle des Abteilungsleiters der Abteilung Personal- und Grundsatzfragen. Nach der Stellenausschreibung sollten Bewerber "idealerweise über ein abgeschlossenes Studium der Volks- oder Betriebswirtschaft verfügen". Diese Qualifikation konnte von den Bewerbern nur der externe Bewerber Ler. vorweisen, der zuvor eine Leitungsposition im Personalwesen eines Privatkonzerns innehatte. Die Beklagte übertrug ihm die Stelle. Ebenso wie der Kläger kamen die weiteren internen Bewerber, darunter auch der Volljurist K., nicht zum Zug.

Der Kläger hat mit seiner am 2. Januar 1996 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage geltend gemacht, er habe gemäß §§ 8, 46 BPersVG einen Anspruch auf Höhergruppierung, denn er sei während seiner Freistellung nur deshalb nicht befördert worden, weil er sich als Vorsitzender des Personalrats unbeliebt gemacht habe. Er sei für eine Beförderung auf die Stellen, auf die er sich beworben habe, durchaus geeignet gewesen. Außerdem stellten Beförderungen bei der Beklagten eine typische Gesetzmäßigkeit dar. Auch sei er gegenüber den während ihrer Freistellung beförderten Personalratskollegen in unzulässiger Weise ungleich behandelt worden.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab dem 1. Juli 1991 Vergütung nach der VG 15 und ab 1. Juli 1993 nach der VG 16 des Tarifvertrags über die Eingruppierung der Angestellten der Deutschen Angestellten Krankenkasse (Abschnitt C/Hauptgeschäftsstelle) zu zahlen;

2. hilfsweise, ihm ab dem 1. Januar 1993 Vergütung nach VG 16 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger sei bei den von ihm beanspruchten Beförderungen deshalb nicht berücksichtigt worden, weil er jeweils weniger geeignet gewesen sei als die ausgewählten Mitbewerber. Eine Beförderungsautomatik gebe es bei der Beklagten schon wegen der geringen Zahl von Beförderungsstellen nicht. Die Beklagte habe ihre frühere Praxis, freigestellte Personalratsmitglieder auch ohne Vorhandensein einer freien Stelle zu befördern, bereits 1991 eingestellt, da diese Handhabung zu einer unzulässigen Begünstigung von Personalratsmitgliedern geführt habe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr entsprochen. Mit der auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiterhin ihr Ziel der Klageabweisung. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Beklagten ist begründet. Sie führt zur Abweisung der Klage. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Vergütung nach VG 16 oder 15 der Anlage 5 zum EKT. Er hat nicht dargelegt, daß seine Freistellung zur Beeinträchtigung seines beruflichen Werdegangs geführt oder die Beklagte ihn wegen seiner Personalratstätigkeit benachteiligt hat.

A. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht die Feststellungsklage für zulässig erachtet. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche rechtliche Interesse des Klägers an der begehrten alsbaldigen Feststellung ist gegeben. Der Kläger war nicht gehalten, sämtliche ihm nach seiner Auffassung zustehenden Vergütungsdifferenzen im Wege der Leistungsklage geltend zu machen. Angesichts der Schwierigkeiten der Berechnung ist die Leistungsklage vorliegend gegenüber der Feststellungsklage nicht die einfachere, dem Kläger zumutbare und im Wege der Prozeßökonomie gebotene Rechtsschutzmöglichkeit. Vielmehr darf der Kläger berechtigterweise davon ausgehen, daß durch die Feststellungsklage die zwischen den Parteien streitige Frage entschieden und Rechtsfrieden hergestellt wird. Die begehrte Feststellung ist nicht lediglich für die Vergangenheit, sondern ebenso für Gegenwart und Zukunft, insbesondere auch für die Ruhegehaltsansprüche des Klägers von Bedeutung. Der Hilfsantrag, der nur für die Zeit vom 1. Januar 1993 bis zum 30. Juni 1993 einen anderen Gegenstand als der Hauptantrag hat, ist trotz seines Wortlauts als Feststellungsantrag zu verstehen. Als Leistungsantrag wäre er mangels hinreichender Bestimmtheit iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig.

B. Die Klage ist entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts mit ihrem Hauptantrag wie auch mit ihrem Hilfsantrag unbegründet.

I. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage für begründet erachtet, weil die Beklagte gegen die Benachteiligungsverbote der §§ 8, 46 Abs. 3 letzter Satz BPersVG verstoßen habe. Um eine Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs eines freigestellten Personalratsmitglieds festzustellen, bedürfe es zwar grundsätzlich einer fiktiven Laufbahnnachzeichnung, wobei von der beruflichen Entwicklung vergleichbarer Kollegen auszugehen sei. Auf eine solche vom Kläger nicht vorgenommene fiktive Nachzeichnung komme es aber im vorliegenden Fall wegen seiner Besonderheiten nicht an, denn die Kammer sei auf Grund der letzten dienstlichen Beurteilung vom Juni 1987 und des bis dahin erfolgten Berufsaufstiegs davon überzeugt, daß der Kläger noch zum Abteilungsleiter befördert worden wäre. An dessen genereller Eignung hierfür bestehe kein Zweifel. Im übrigen hätte die Beklagte in besonderem Maße auf die berufliche Förderung des Klägers Bedacht nehmen müssen, da sie dessen Vertrauen in Anspruch genommen habe, indem sie ihn in der Vergangenheit davon abgehalten habe, sich zu bewerben.

II. Diese Begründung ist nicht frei von Rechtsfehlern. Sie trägt weder einen unmittelbaren Anspruch des Klägers nach § 46 Abs. 3 letzter Satz BPersVG noch einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Benachteiligungsverbot des § 8 BPersVG.

1. Nach § 8 BPersVG dürfen Personalratsmitglieder wegen ihrer Tätigkeit in ihrer beruflichen Entwicklung weder benachteiligt noch begünstigt werden. Ferner darf nach § 46 Abs. 3 letzter Satz BPersVG auch die Freistellung nicht zur Beeinträchtigung des beruflichen Werdegangs führen. Diese Bestimmungen enthalten nach der Senatsrechtsprechung über das darin geregelte Benachteiligungsverbot hinaus zugleich ein an den Arbeitgeber gerichtetes Gebot, dem Personalratsmitglied eine berufliche Entwicklung zukommen zu lassen, wie sie ohne Freistellung verlaufen wäre. Hierauf hat das Personalratsmitglied einen unmittelbaren gesetzlichen Anspruch. Deshalb kann ein Personalratsmitglied den Arbeitgeber, ohne daß es auf dessen Verschulden ankäme, unmittelbar auf die Zahlung der Vergütung aus einer höheren Vergütungsgruppe in Anspruch nehmen, wenn er ohne seine Freistellung mit Aufgaben betraut worden wäre, welche die Eingruppierung in die höhere Vergütungsgruppe rechtfertigen (BAG 26. September 1990 - 7 AZR 208/89 - BAGE 66, 85 = AP BPersVG § 8 Nr. 4, zu II 3 der Gründe; 29. Oktober 1998 - 7 AZR 676/96 - BAGE 90, 106 = AP BPersVG § 46 Nr. 22, zu I der Gründe; 29. Oktober 1998 - 7 AZR 202/97 - ZTR 1999, 235, zu I der Gründe).

a) Wird der Anspruch auf höhere Vergütung darauf gestützt, daß das Personalratsmitglied ohne seine Freistellung eine Tätigkeit ausüben würde, welche die Merkmale der angestrebten Vergütungsgruppe erfüllt, so ist der berufliche Werdegang des Personalratsmitglieds fiktiv nachzuzeichnen. Das Personalratsmitglied ist so zu behandeln wie ein vergleichbarer Kollege ohne Personalratsamt. Dabei ist auch darauf zu achten, daß das freigestellte Personalratsmitglied im Verhältnis zu den übrigen Beschäftigten nicht bevorzugt wird. Denn zur Wahrung der inneren Unabhängigkeit der Personalratsmitglieder verbietet § 8 BPersVG gleichermaßen eine Begünstigung wie eine Benachteiligung des freigestellten Personalratsmitglieds (BAG 29. Oktober 1998 - 7 AZR 202/97 - ZTR 1999, 235, zu I 2 der Gründe).

b) Ist streitig, ob das Personalratsmitglied ohne die Freistellung befördert worden wäre, hat dieses mehrere Möglichkeiten, die fiktive Beförderung darzulegen.

aa) Es kann zum einen dartun, daß seine Bewerbung auf eine bestimmte Stelle gerade wegen seiner Freistellung und/oder seiner Personalratstätigkeit erfolglos geblieben ist. Bewirbt sich ein Arbeitnehmer um eine Beförderungsstelle im öffentlichen Dienst oder wird er in das Stellenbesetzungsverfahren von Amts wegen einbezogen, hat der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten. Er muß Beförderungen nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Bewerber vornehmen. Hierbei hat der Arbeitgeber einen Beurteilungsspielraum. Bestehen zwischen mehreren Bewerbern keine Qualifikationsunterschiede, verbleibt dem öffentlichen Arbeitgeber ein Auswahlermessen (BAG 29. Oktober 1998 - 7 AZR 676/96 - BAGE 90, 106 = AP BPersVG § 46 Nr. 22, zu II 1 der Gründe). Die gerichtliche Überprüfung einer Befähigungsbeurteilung des öffentlichen Arbeitgebers ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eingeschränkt, weil sie eine vorausschauende Bewertung der Persönlichkeit des Bewerbers verlangt, die auf einer Vielzahl von Elementen und deren Gewichtung beruht und auch vom persönlichen Eindruck abhängt. Daher ist die Befähigungsbeurteilung des öffentlichen Arbeitgebers von den Gerichten nur daraufhin zu kontrollieren, ob bei der Entscheidung alle wesentlichen Umstände berücksichtigt, allgemeine Beurteilungsmaßstäbe beachtet und ein fehlerfreies Verfahren eingehalten worden ist (BAG 29. Oktober 1998 - 7 AZR 676/96 - aaO, zu II 2 der Gründe). Diese Grundsätze gelten auch, wenn sich ein freigestelltes Personalratsmitglied um einen freien, höherdotierten Arbeitsplatz bewirbt. Allerdings muß den besonderen Umständen im Arbeitsverhältnis eines von der Arbeitsleistung freigestellten Mitarbeiters bei der Entscheidung über die Besetzung einer freien Stelle nach den Merkmalen des Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung getragen werden (BAG 29. Oktober 1998 - 7 AZR 676/96 - BAGE 90, 106 = AP BPersVG § 46 Nr. 22, zu II 3 der Gründe). Scheitert eine Bewerbung des freigestellten Personalratsmitglieds an fehlenden aktuellen Fachkenntnissen oder daran, daß der Arbeitgeber sich zur Beurteilung der fachlichen und beruflichen Qualifikation infolge der Freistellung außerstande gesehen hat, so ist zwar die Entscheidung des Arbeitgebers für den als qualifizierter erachteten Bewerber nach Art. 33 Abs. 2 GG nicht zu beanstanden. Gleichwohl kann in einem solchen Fall eine Zahlungspflicht nach §§ 8, 46 BPersVG entstehen, wenn das Fehlen von feststellbarem, aktuellem Fachwissen gerade auf Grund der Freistellung eingetreten ist (BAG 29. Oktober 1998 - 7 AZR 676/96 - aaO, zu II 4 d der Gründe).

bb) Ein Anspruch auf Höhergruppierung nach §§ 8, 46 Abs. 3 letzter Satz BPersVG setzt nicht notwendig voraus, daß sich das freigestellte Personalratsmitglied tatsächlich erfolglos um die Beförderungsstelle beworben hat. Vielmehr kann ein Anspruch auch dann bestehen, wenn das Personalratsmitglied eine Bewerbung von vorneherein gerade wegen seiner Freistellung unterlassen hat und eine ohne die Freistellung erfolgte Bewerbung erfolgreich gewesen wäre oder nach Art. 33 Abs. 2 GG erfolgreich hätte sein müssen.

cc) Ein Anspruch eines freigestellten Personalratsmitglieds auf Höhergruppierung kann sich ohne Bewerbung auf eine freie Stelle ferner daraus ergeben, daß der öffentliche Arbeitgeber Angestellte mit bestimmten Laufbahnvoraussetzungen nach feststehenden Maßstäben und/oder Zeitabläufen auf freiwerdende oder neu geschaffene Stellen einer höheren Vergütungsgruppe befördert und Personalratsmitglieder wegen ihrer Freistellung hiervon ausnimmt (BAG 29. Oktober 1998 - 7 AZR 676/96 - aaO, zu III der Gründe; BAG 29. Oktober 1998 - 7 AZR 202/97 - ZTR 1999, 235, zu I 3 der Gründe). Dabei ist wie bei § 37 Abs. 4 BetrVG auf die betriebsübliche berufliche Entwicklung nicht freigestellter Kollegen abzustellen. Nicht ausreichend für die Betriebsüblichkeit ist, daß einige andere Arbeitnehmer einen entsprechenden beruflichen Aufstieg genommen haben. Der Geschehensablauf muß vielmehr so typisch sein, daß auf Grund der betrieblichen Gegebenheiten und Gesetzmäßigkeiten grundsätzlich, dh. wenigstens in der überwiegenden Mehrheit der vergleichbaren Fälle damit gerechnet werden kann (vgl. BAG 15. Januar 1992 - 7 AZR 194/91 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 84 = EzA BetrVG 1972 § 37 Nr. 110, zu II 1 b bb der Gründe).

2. Hiernach rechtfertigt das tatsächliche Vorbringen des Klägers entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts den Höhergruppierungsanspruch nicht.

a) Der Kläger hat nicht darzulegen vermocht, daß eine Bewerbung auf eine bestimmte Stelle der VG 15 oder 16 wegen seiner Freistellung oder seiner Personalrats-tätigkeit erfolglos geblieben ist.

aa) Er hat selbst nicht behauptet, die Beklagte habe bei der Besetzung von Beförderungsstellen zum Nachteil des Klägers die Grundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG nicht beachtet. Er ist auch dem Vorbringen der Beklagten, bei den zu besetzenden Beförderungsstellen seien jeweils die zum Zuge gekommenen Bewerber noch besser geeignet gewesen als er, nicht konkret entgegengetreten. Vielmehr hat er lediglich geltend gemacht, für die Stellen, auf die er sich beworben habe, geeignet gewesen zu sein. Dies allein genügt aber nicht, um die Annahme zu rechtfertigen, der Kläger sei wegen seiner Personalratstätigkeit oder seiner Freistellung benachteiligt worden. Im übrigen hat die Beklagte auch durchaus nachvollziehber dargelegt, daß für die Stellen, auf die sich der Kläger beworben hat, jeweils ein anderer Bewerber noch geeigneter war.

So ist es einleuchtend, daß die Beklagte bei der Zuordnung des Grundsatzreferats der Geschäftsführung zur Stelle des Referenten der Geschäftsführung im Jahr 1991 nicht den Kläger beförderte, sondern die Stelle Herrn Ba. zuwies, der auf der Stelle eines Referenten der Geschäftsführung bereits seit Juli 1989 tätig war. Dem steht nicht entgegen, daß der ehemalige Vorsitzende der Geschäftsführung S. damals dem Vorstand vorschlug, dem Kläger ebenfalls den Status eines Abteilungsleiters der Hauptgeschäftsstelle zuzuerkennen und ihn in die VG 15 einzugruppieren. Denn hieraus folgt lediglich, daß Herr S. den Kläger für eine derartige Stelle für geeignet hielt. Dagegen ergibt sich hieraus nicht die Fehlerhaftigkeit der vom Vorstand der Beklagten getroffenen Entscheidung.

Ebensowenig ist nach dem Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG zu beanstanden, daß sich die Beklagte im Juni 1993 bei der Besetzung der durch Umstrukturierung geschaffenen Stelle des Abteilungsleiters der Abteilung Leistungen nicht für den Kläger, sondern für Herrn A. entschied, der bereits seit 1979 die Abteilung geleitet hatte, deren Aufgabengebiet zum größten Teil mit dem Aufgabengebiet der neu geschaffenen Stelle übereinstimmte.

Gleiches gilt schließlich auch für die Neubesetzung der Stelle des Abteilungsleiters der Abteilung Personal- und Grundsatzfragen im Februar 1994. Nachdem die Beklagte bereits in der Stellenausschreibung ein abgeschlossenes Studium der Volks- oder Betriebswirtschaft als ihre Idealvorstellung für diese Stelle beschrieben hatte, ist es ohne weiteres einleuchtend, daß sie sich bei der Auswahl nicht für den Kläger und auch nicht für den Volljuristen K., sondern für den Bewerber Ler. entschied, der als einziger über die gewünschte Qualifikation verfügte.

bb) Der Kläger hat selbst nicht behauptet, daß seine Bewerbungen in den Jahren 1991, 1993 und 1994 nur daran gescheitert seien, daß ihm auf Grund seiner Freistellung ein bestimmtes aktuelles Fachwissen gefehlt habe oder nicht feststellbar gewesen sei. Daher läßt sich ein Höhergruppierungsanspruch des Klägers auch nicht mit der Erwägung rechtfertigen, die Beklagte habe versäumt, ihm eine berufliche Entwicklung angedeihen zu lassen, die ihn in die Lage versetzt hätte, den infolge seiner Freistellung eingetretenen Verlust an feststellbarem, aktuellem Fachwissen auszugleichen.

b) Das Landesarbeitsgericht hat auch keine Feststellungen getroffen, welche die Beurteilung rechtfertigen würden, der Kläger habe eine bestimmte Bewerbung gerade wegen seiner Freistellung unterlassen und eine ohne die Freistellung erfolgte Bewerbung wäre erfolgreich gewesen oder hätte dies nach Art. 33 Abs. 2 GG sein müssen. Denn zwar hat der Kläger im April 1989 nach Gesprächen mit dem Geschäftsführer P. und dem Hauptabteilungsleiter La. von einer Bewerbung auf die Stelle eines Abteilungsleiters Personal Abstand genommen. Er behauptet aber selbst nicht, daß er diese Stelle im Falle einer Bewerbung bekommen hätte oder nach den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG hätte bekommen müssen. Dementsprechend macht er seine Höhergruppierung auch nicht bereits zum April 1989, sondern erst zum Juli 1991 geltend.

c) Der Kläger hat schließlich auch nicht darzulegen vermocht, daß die Beklagte Angestellte mit bestimmten Laufbahnvoraussetzungen nach feststehenden Maßstäben und/oder Zeitabläufen auf Stellen der VG 15 oder 16 befördere und den Kläger hiervon wegen seiner Freistellung ausgenommen habe. Der Umstand, daß einige vom Kläger benannte Kollegen zu Abteilungsleitern befördert wurden, rechtfertigt nicht den Schluß, daß Beförderungen nach VG 15 oder 16 bei der Beklagten eine typische Gesetzmäßigkeit darstellen und wenigstens in der überwiegenden Mehrheit der vergleichbaren Fälle erfolgen. Vielmehr ist gerade bei derart herausgehobenen Stellen wie der eines Abteilungsleiters der Hauptgeschäftsstelle eine Beförderung keine regelmäßige Selbstverständlichkeit. Gegen eine typische Beförderungsautomatik sprechen nämlich bereits die Zahlenverhältnisse. So stehen den 37 Gruppenleitern der VG 12/13 lediglich 16 Abteilungsleiter der VG 15/16 gegenüber. Daß die Beförderung auf eine Stelle der VG 15 oder 16 nicht die Regel sein kann, sondern vielmehr die Ausnahme ist, wird noch deutlicher, wenn in die Betrachtung die Gruppe der ebenfalls in die VG 15/16 eingruppierten Landesgeschäftsführer einbezogen wird. Denn dort kommen auf 926 Bezirksgeschäftsführer der VG 9 bis 13 lediglich 11 Landesgeschäftsführer.

d) Ohne Erfolg beruft sich der Kläger darauf, daß die Beklagte bis 1991 freigestellte Personalratsmitglieder regelmäßig ohne Rücksicht auf das Vorhandensein einer zu besetzenden Stelle und die konkrete Eignung des Personalratsmitglieds befördert hat. Die Beklagte hat, indem sie beim Kläger die bisherige Praxis nicht fortführte, den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt. Dieser gebietet nämlich nicht, eine als rechtswidrig erkannte Handhabung beizubehalten (vgl. BAG 26. November 1998 - 6 AZR 335/97 - BAGE 90, 219 = AP BAT-O § 1 Nr. 11, zu B II 2 c der Gründe). Vorliegend verstieß die frühere Handhabung der Beklagten gegen das in § 8 BPersVG normierte Begünstigungsverbot. Durch sie wurden nämlich freigestellte Personalratsmitglieder besser behandelt als nicht freigestellte Arbeitnehmer, bei denen ohne freie Stelle und entsprechende Eignung eine Beförderung nicht erfolgt. Die Beklagte war daher zur Aufgabe dieser Handhabung nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet.

e) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Revision der Beklagten auch nicht etwa deshalb unbegründet, weil der Senat nach § 561 Abs. 2 ZPO an die vom Landesarbeitsgericht gewonnene "Überzeugung" gebunden wäre, daß der Kläger noch zum Abteilungsleiter befördert worden wäre. Denn bei dieser Würdigung des Landesarbeitsgerichts handelt es sich nicht um die Feststellung der Wahrheit oder Unwahrheit einer tatsächlichen Behauptung iSv. § 561 Abs. 2 ZPO. Das Landesarbeitsgericht hat nämlich keinerlei konkrete Feststellungen darüber getroffen, daß der Kläger ohne die Freistellung zu einem bestimmten Zeitpunkt auf eine bestimmte Stelle befördert worden wäre. Es hat vielmehr unzutreffend angenommen, unter Verzicht auf eine fiktive Laufbahnnachzeichnung insoweit von einer konkreten tatsächlichen Feststellung absehen zu können.

f) Der Kläger hat schließlich auch keinen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB iVm. § 8 BPersVG. Denn es ist nicht festzustellen, daß er wegen seiner Tätigkeit als Personalratsmitglied von der Beklagten benachteiligt worden wäre. Eine Benachteiligung läge nur vor, wenn er wegen seiner Personalratstätigkeit bei einer Beförderung nicht berücksichtigt, von einer andernfalls erfolgreichen Beförderung abgehalten oder bei beruflichen Förderungsmaßnahmen übergangen worden wäre. Dies war jedoch, wie ausgeführt, nicht der Fall.

C. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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