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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 16.05.2000
Aktenzeichen: 9 AZR 241/99
Rechtsgebiete: GVBl. NW
Vorschriften:
Gesetz zur Freistellung von Arbeitnehmern zum Zwecke der beruflichen und politischen Weiterbildung - Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz (AWbG) - vom 6. November 1984 (GVBl. NW S 678) § 1 Abs. 2 | |
Gesetz zur Freistellung von Arbeitnehmern zum Zwecke der beruflichen und politischen Weiterbildung - Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz (AWbG) - vom 6. November 1984 (GVBl. NW S 678) § 9 Satz 1 | |
Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerweiterbildungsgesetzes vom 28. März 2000 (GVBl. NW S 361) § 1 Abs. 4 | |
Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerweiterbildungsgesetzes vom 28. März 2000 (GVBl. NW S 361) § 9 Abs. 3 |
Die Belastung der Arbeitgeber mit den Entgeltfortzahlungskosten für die politische Arbeitnehmerweiterbildung ist gerechtfertigt, soweit Bildungsveranstaltungen darauf abzielen, die in einem demokratischen Gemeinwesen anzustrebende Mitsprache und Mitveranwortung der Arbeitnehmer in Staat, Gesellschaft und Beruf zu fördern.
Ein im Ausland veranstaltetes Seminar über die Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik eines ausländischen Staates kann nur dann dieses Ziel erreichen, wenn ihm ein organisierter Lernprozeß zugrunde liegt, der einen hinreichenden Bezug zu den gesellschaftlichen, sozialen und politischen Verhältnissen der Bundesrepublik Deutschland hat.
Aktenzeichen: 9 AZR 241/99
Bundesarbeitsgericht 9. Senat Urteil vom 16. Mai 2000 - 9 AZR 241/99 -
I. Arbeitsgericht Münster Urteil vom 18. Juni 1998 - 2 (3) Ca 2443/97 -
II. Landesarbeitsgericht Hamm Urteil vom 4. Dezember 1998 - 15 Sa 1528/98 -
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL
Verkündet am 16. Mai 2000
Klapp, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
In Sachen
Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsklägerin,
pp.
Klägerin, Berufungsbeklagte und Revisionsbeklagte,
hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16. Mai 2000 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Leinemann, den Richter am Bundesarbeitsgericht Düwell und die Richterin am Bundesarbeitsgericht Reinecke sowie die ehrenamtlichen Richter Otto und Benrath für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 4. Dezember 1998 - 15 Sa 1528/98 - aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen !
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte für die Zeit einer Arbeitnehmerweiterbildung Entgeltfortzahlung zu leisten hat.
Die Klägerin wird seit mehreren Jahren in Nordrhein-Westfalen beschäftigt. Sie teilte der Beklagten am 23. Juni 1997 mit, sie wolle vom 31. August 1997 bis 5. September 1997 für das Seminar "Arbeitsmarkt und Beschäftigungspolitik am Beispiel Österreichs" nach dem nordrhein-westfälischen Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz (AWbG) Bildungsurlaub in Anspruch nehmen. In den von ihr überreichten Unterlagen war die Weiterbildung als gemeinsames Kooperationsseminar zwischen ARBEIT UND LEBEN DGB/VHS und der Gewerkschaft Holz und Kunststoff Meschede/Dortmund bezeichnet. Für die Durchführung dieses und weiterer Seminare hatten die Gewerkschaft und die Arbeitsgemeinschaft am 10. Januar 1996 eine Kooperations-Vereinbarung geschlossen, nach dem Inhalt dieser Vereinbarung ist die Arbeitsgemeinschaft ARBEIT UND LEBEN Bielefeld e.V. DGB/VHS pädagogisch und fachlich allein für die Durchführung verantwortlich. Die Kooperation bezieht sich ausschließlich auf die Teilnehmergewinnung und Finanzierung. Auf Antrag der Arbeitsgemeinschaft ARBEIT UND LEBEN Bielefeld e.V. DGB/VHS hat das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen mit Bescheid vom 4. März 1997 Aktenzeichen III A 2 - 30 Nr. 185/97 die Veranstaltung als anerkannte Bildungsveranstaltung gem. § 9 Satz 1 Buchstabe d AWbG genehmigt. Die Kooperationspartner haben für den Besuch dieses Seminars in der Broschüre "Bildungsurlaub in Nordrhein-Westfalen September 1997 bis Februar 1998" geworben. Der veröffentlichte Themenplan des Seminars enthielt ua. folgende Angaben:
Arbeitsmarkt und Beschäftigungspolitik am Beispiel Österreichs
Sonntag abends
Einführung in das Seminar, Vorstellungsrunde und Darstellung der Arbeitsweisen im Seminar
Montag vormittags
Die aktuelle wirtschaftliche und politische Situation Österreichs und Perspektiven nach dem Beitritt zur EU - Vortrag und Diskussionž-ž
nachmittags Rolle und Funktion der Arbeiterkammer und ihre Aufgaben im Arbeits-, Sozial- und Wirtschaftsrecht - Vortrag und Diskussionž-ž Ref.: Vertreter der Arbeitskammer
Dienstag vormittags
Beschäftigungspolitische Initiativen zur Behebung der Arbeitslosigkeit Ref.: Vertreter aus beschäftigungspol. Initiativen Vorstellung anhand exemplarischer Beispiele
nachmittags Staatliche Betriebe und ihre Rolle in der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik Ref.: Gewerkschaftsvertreter oder Vertreter aus staatl. Betrieben - Vortrag und Diskussion -
Mittwoch ganztägig
Aufgaben, Ziele und Schwerpunkte gewerkschaftlicher Politik auf betrieblicher und staatlicher Ebene u.a. - Arbeitsmarktpolitische Vorstellungen der Ge- werkschaften - Gesellschaftliche Perspektiven - Veränderung der Arbeit durch Eurobetriebsräte Ref.: Vertreter der Gewerkschaften
Referat, Beispiele und Diskussion
Donnerstag ganztägig
Betriebsexkursion zur Firma Atomik unter dem Schwerpunkt - Rechtliche Grundlagen für die Arbeit der Interes- senvertretung - Arbeitsbedingungen, Entlohnung, neue Techno- logie, Umweltschutz
Betriebsbegehung und Gespräche mit Vertretern der betrieblichen Interessenvertretung
Freitag ganztägig
Städtebau und Stadtsanierung am Beispiel Salzburg - Die Wohn- und Lebenssituation insbesondere in Arbeitsvierteln - Exkursion und Aussprache unter fachkundiger Führung
Die Beklagte verweigerte zunächst die Freistellung. Im einstweiligen Verfügungsverfahren schlossen die Parteien einen Vergleich. Danach verpflichtete sich die Beklagte, die Klägerin für den Besuch des Seminars mit der Maßgabe von der Arbeit freizustellen, daß über die Entgeltfortzahlung in einem Hauptsacheverfahren entschieden werden solle. Nach der Teilnahme an der Bildungsveranstaltung zahlte die Beklagte kein Entgelt.
Nach vergeblicher schriftlicher Mahnung hat die Klägerin mit der am 29. Oktober 1997 erhobenen Klage beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 916,65 DM brutto nebst 11,75 % Zinsen seit dem 01.10.1997 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgebracht, die Arbeitsgemeinschaft ARBEIT UND LEBEN Bielefeld e.V. DGB/VHS, habe keinen bestimmenden Einfluß auf die Durchführung des Seminars gehabt. Das Seminar sei auch nicht allgemein, sondern nur für Gewerkschaftsmitglieder zugänglich gewesen.
Das Arbeitsgericht hat nach Vernehmung der Zeugen G. und B. der Klage mit der Maßgabe stattgegeben, daß Zinsen nur in Höhe von 7,75 % zu zahlen seien. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte weiterhin das Ziel der vollständigen Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision der Beklagten ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Berufung der Beklagten nicht zurückgewiesen werden.
1. Das Landesarbeitsgericht ist davon ausgegangen, der geltend gemachte Anspruch könne nicht auf § 7 AWbG gestützt werden, weil es an einer entsprechenden Freistellungserklärung des Arbeitgebers fehle. Der Anspruch der Klägerin könne sich jedoch aus der im einstweiligen Verfügungsverfahren getroffenen Sondervereinbarung ergeben. Das entspricht der Rechtsprechung des Senats, nach der eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entgeltfortzahlung unter der Bedingung begründet werden kann, daß die in § 9 Satz 1 AWbG aufgestellten gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind (vgl. BAG 9. Februar 1993 - 9 AZR 648/90 - BAGE 72, 200; 21. Oktober 1997 - 9 AZR 510/96 - AP BildungsurlaubsG NRW § 1 Nr. 23 = EzA AWbG NW § 7 Nr. 26).
2. Das Landesarbeitsgericht ist weiter zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, die von der Klägerin besuchte Bildungsveranstaltung sei von einer Weiterbildungseinrichtung auf Antrag und nach Genehmigung durch den zuständigen Minister durchgeführt worden.
Das Landesarbeitsgericht hat dazu festgestellt, das Ministerium für Schule und Weiterbildung habe nach § 9 Satz 1 d AWbG auf Antrag der Arbeitsgemeinschaft ARBEIT UND LEBEN Bielefeld e.V. DGB/VHS die Bildungsveranstaltung genehmigt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Landesarbeitsgericht davon überzeugt, daß der Antragsteller auch in pädagogischer und fachlicher Verantwortung das Seminar tatsächlich durchgeführt hat. Das Landesarbeitsgericht ist dabei von dem Rechtsbegriff Durchführung ausgegangen, wie er sich aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ergibt (vgl. BAG 23. Februar 1989 - 8 AZR 185/86 - und - 8 AZR 133/87 - AP BildungsurlaubsG NRW § 9 Nr. 1 = EzA AWbG NW § 9 Nr. 1 und AP BildungsurlaubsG NRW § 9 Nr. 2).
3. Die Revision rügt mit Erfolg die fehlerhafte Anwendung des § 9 Satz 1 AWbG. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann nicht gerechtfertigt werden, daß die besuchte Veranstaltung als anerkannt im Sinne von § 9 Satz 1 AWbG zu gelten hat.
a) Bildungsveranstaltungen gelten nur dann als anerkannt, wenn sie § 1 Abs. 2 AWbG entsprechen. Das Landesarbeitsgericht hat zur Beurteilung der Rechtsfrage, ob eine Veranstaltung der politischen Arbeitnehmer zur Weiterbildung dient, die Senatsrechtsprechung herangezogen. Danach enthält das AWbG, anders als andere Bildungsurlaubsgesetze, keine abschließende Liste von Sachthemen, die Inhalt einer politischen Weiterbildung sein können. Zu Abgrenzungszwecken hat der Senat deshalb auf das vom Bundesverfassungsgericht im Interesse des Gemeinwohls liegende Ziel abgestellt, "das Verständnis der Arbeitnehmer für gesellschaftliche, soziale und politische Zusammenhänge zu verbessern, um damit die in einem demokratischen Gemeinwesen anzustrebende Mitsprache und Mitverantwortung in Staat, Gesellschaft und Beruf zu fördern" (BVerfG 15. Dezember 1987 - 1 BvR 563/85 - AP GG zu Art. 12 Nr. 62 Entscheidungsgründe C II 2 a). Nach der Rechtsprechung des Senats dient eine Bildungsveranstaltung der politischen Arbeitnehmerweiterbildung, wenn nach dem didaktischen Konzept sowie der zeitlichen und sachlichen Ausrichtung der einzelnen Lerneinheiten das Erreichen dieses Ziels in einem pädagogisch organisierten Lernprozeß ermöglicht werden soll (BAG 15. Juni 1993 - 9 AZR 411/89 - AP BildungsurlaubsG NRW § 1 Nr. 5 = EzA AWbG NW § 7 Nr. 12; 24. August 1993 - 9 AZR 473/90 - NZA 1994, 451; 9. Mai 1995 - 9 AZR 185/94 - AP BildungsurlaubsG NRW § 1 Nr. 14 = EzA AWbG § 7 Nr. 21; 5. Dezember 1995 - 9 AZR 666/94 - BAGE 81, 328; 17. November 1998 - 9 AZR 503/97 - AP BildungsurlaubsG NRW § 1 Nr. 26 = EzA AWbG § 7 Nr. 29; 16. März 1999 - 9 AZR 166/98 - AP BildungsurlaubsG NRW § 1 Nr. 27 = EzA AWbG NW § 7 Nr. 30).
b) Das Landesarbeitsgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, das von der Klägerin besuchte Seminar habe der politischen Arbeitnehmerweiterbildung gedient. Die behandelten Themen über die aktuelle wirtschaftliche und politische Situation Österreichs nach dessen Beitritt zur Europäischen Union seien geeignet, die Förderung des Verständnisses der Arbeitnehmer für die gesellschaftlichen, sozialen und politischen Zusammenhänge zu verbessern. Unerheblich sei, daß Fragen der Arbeitsmarkt-, Wirtschafts- und Sozialpolitik am Beispiel Österreichs behandelt worden seien. In den Bestimmungen des AWbG finde sich kein Anhaltspunkt dafür, daß Arbeitnehmerweiterbildung thematisch auf die Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland beschränkt bleiben müssen. Angesichts der Vernetztheit der politischen Verhältnisse müsse jede Grenzziehung zwischen Themen, die einen Bezug zum Gemeinwesen Bundesrepublik Deutschland aufweisen, und anderen politischen Themen mit Bezug auf einen ausländischen Staat, willkürlich erscheinen. Die Beschäftigung mit den politischen Verhältnissen anderer Länder könne nämlich die Urteilsfähigkeit schärfen und damit eine Bewertung des eigenen politischen Systems mit seinem positiven und damit zu bewahrenden aber auch seine möglicherweise negativen und ggf. zu ändernden Merkmalen ermöglichen.
c) Damit weicht das Landesarbeitsgericht von der Auffassung des Senats ab (vgl. das nach Verkündung des Berufungsurteils ergangene Senatsurteil 16. März 1999 - 9 AZR 166/98 - AP BildungsurlaubsG NRW § 1 Nr. 27 = EzA AWbG NW § 7 Nr. 30). Dort hat der Senat ausgeführt, die politische Arbeitnehmerweiterbildung im Sinne von § 1 Abs. 2 AWbG setze einen hinreichenden Bezug zu den gesellschaftlichen, sozialen und politischen Verhältnissen der Bundesrepublik Deutschland oder der Europäischen Union voraus. Daher dienten nur regelmäßig Bildungsveranstaltungen, die sich mit den politischen und sozialen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union befassen, der politischen Weiterbildung. Die Behandlung der politischen und sozialen Situation im Ausland werde dadurch nicht ausgeschlossen. Denn auch durch den Vergleich unterschiedlicher Verhältnisse könnten nützliche Kenntnisse und Erfahrungen gewonnen werden. Es müsse aber gewährleistet sein, daß der Arbeitnehmer durch die vergleichende Betrachtung Kenntnisse und Erfahrungen für eine bessere Mitsprache und mehr Mitverantwortung in dem eigenen Gemeinwesen gewinnen könne.
d) Bei der Prüfung, ob eine Veranstaltung der politischen Arbeitnehmerweiterbildung dient, handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs. Insoweit besteht nur ein eingeschränkter revisionsrechtlicher Überprüfungsmaßstab (vgl. ständige Rechtsprechung des BAG 29. Oktober 1997 - 5 AZR 624/96 - BAGE 87, 41; 17. November 1998 - 9 AZR 503/97 - AP BildungsurlaubsG NRW § 1 Nr. 26 = EzA AWbG § 7 Nr. 29). Das angefochtene Berufungsurteil hält diesem revisionsrechtlichen Prüfungsmaßstab nicht stand, weil es von einem zu weitem Begriff der Arbeitnehmerweiterbildung ausgegangen ist.
e) Das Landesarbeitsgericht hat jede Befassung mit politischen und wirtschaftlichen Zuständen im Ausland als geeignet angesehen. Das ist zu weitgehend. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts obliegt den Fachgerichten "bei thematisch umstrittenen Bildungsveranstaltungen zu erkennen, ob diese inhaltlich den gesetzlichen Zielvorgaben entsprechen" (BVerfG 15. Dezember 1987 - 1 BvR 563/85 - aaO Entscheidungsgründe C II 2 b am Ende). Eine fachgerichtliche Überprüfung setzt mehr als die pauschale Feststellung des Landesarbeitsgerichts voraus, "angesichts der Vernetztheit der politischen Verhältnisse" und "angesichts der Globalisierung von Politik und Wirtschaft" sei eine Grenzziehung zwischen Bezug zum Gemeinwesen Bundesrepublik Deutschland und ausländischen Staaten unzulässig. Das Landesarbeitsgericht muß anhand des didaktischen Konzepts des Veranstalters und des durchgeführten Programms prüfen, ob in einem organisierten Lernprozeß die Teilnehmer zu mehr Mitsprache und Mitverantwortung im eigenen Gemeinwesen angeleitet werden. Nur dann besteht eine hinreichende Verantwortungsbeziehung der Arbeitgeber zu einer politischen Weiterbildung, die eine Belastung mit den Entgeltfortzahlungspflichten rechtfertigt. Das hat der Landesgesetzgeber inzwischen auch durch das Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerweiterbildungsgesetzes vom 28. März 2000 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 2000, 361) in § 1 Abs. 4 und § 9 Abs. 3 AWbG nF klargestellt.
4. Die übrigen in § 9 Satz 1 AWbG aufgestellten Voraussetzungen sind erfüllt. Die von der Klägerin besuchte Bildungsveranstaltung ist entsprechend den Bestimmungen des Weiterbildungsgesetzes durchgeführt worden. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß in einer mit 40.000 Exemplaren verbreiteten Broschüre die Veranstaltung bekannt gemacht worden ist. Danach kann davon ausgegangen werden, daß die nach § 2 Abs. 4 des Ersten Gesetzes zur Ordnung und Förderung der Weiterbildung im Lande Nordrhein-Westfalen (Weiterbildungsgesetz WbG) geforderte freie Zugänglichkeit vorhanden war.
II. Das Landesarbeitsgericht wird in der anderweiten Verhandlung (§ 565 Abs. 1 ZPO) zu prüfen haben, ob die von der Klägerin besuchte Veranstaltung von einem didaktischen Konzept getragen ist, das die Mitsprache und Mitverantwortung von Arbeitnehmern in der Bundesrepublik Deutschland oder in der Europäischen Union fördert. Dabei wird auch zu berücksichtigen sein, daß entgegen der Darstellung der Revision die Einrichtung von Arbeitnehmerkammern in Österreich keine Besonderheit ist. Nach dem Gesetz über die Arbeitnehmerkammern im Lande Bremen vom 3. Juli 1956, zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Dezember 1998 (GBl 1999, S 1), und dem Gesetz Nr. 1290 über die Arbeiterkammer des Saarlandes vom 8. April 1992, zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Februar 1997 (ABl S 258), bestehen auch in der Bundesrepublik Deutschland vergleichbare Einrichtungen der körperschaftlichen Organisation der Arbeitnehmerschaft.
Ende der Entscheidung
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