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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 19.10.2004
Aktenzeichen: 9 AZR 645/03
Rechtsgebiete: InsO, BGB
Vorschriften:
InsO § 55 Abs. 1 Nr. 2 | |
InsO § 108 | |
BGB § 613a |
BUNDESARBEITSGERICHT Im Namen des Volkes! URTEIL
Verkündet am 19. Oktober 2004
In Sachen
hat der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 19. Oktober 2004 durch den Vorsitzenden Richter am Bundesarbeitsgericht Düwell, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Reinecke, den Richter am Bundesarbeitsgericht Dr. Zwanziger sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Klosterkemper und Hintloglou für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 22. Oktober 2003 - 12 Sa 1202/03 - aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 23. Juli 2003 - 3 Ca 846/03 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand:
Die Beklagte hat in der Insolvenz einen Betriebsteil erworben. Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte als Betriebsteilerwerberin in die Rechte und Pflichten aus dem vor Insolvenzeröffnung begründeten Altersteilzeitarbeitsverhältnis in der Weise eingetreten ist, dass sie auch während der Freistellungsphase das Altersteilzeitentgelt, den vereinbarten Aufstockungsbetrag und zusätzliche Beiträge zur Unterstützungskasse zu zahlen hat.
Der Kläger war bei der späteren Insolvenzschuldnerin in der Betriebsstätte O tätig. Er schloss mit seiner damaligen Arbeitgeberin im Dezember 2000 einen "Altersteilzeitvertrag" für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis zum 31. August 2003 ab. Vereinbart war das Blockmodell: Die Arbeitsphase endete mit dem 30. April 2002 und die Freistellungsphase begann mit dem 1. Mai 2002.
Während der Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses wurde dem Kläger sein Arbeitsentgelt entsprechend der Verringerung der Arbeitszeit fortgezahlt. Außerdem erhielt er einen Aufstockungsbetrag, der so bemessen war, dass 82 % des monatlichen Nettoentgelts des um die gewöhnlich anfallenden gesetzlichen Abzüge verringerten monatlichen Bruttovollzeitentgelts erreicht wurden. Leistungen an die Pensionskasse der Arbeitgeberin hatte diese nach der Vereinbarung so zu erbringen, als wäre der Kläger während des gesamten Zeitraums vollbeschäftigt. Danach betrug der monatlich zu zahlende Bruttobetrag, einschließlich des Aufstockungsbetrages, 2.291,10 Euro und der Arbeitgeberbeitrag zur Unterstützungskasse, dessen Zahlung der Kläger zwischenzeitlich übernommen hat, 88,07 Euro.
Das Insolvenzverfahren wurde am 1. September 2002 eröffnet. Mit Wirkung zum 1. Oktober 2002 erwarb der Beklagte vom Insolvenzverwalter den Betriebsteil "Plattenwärmetauscher" mit den Betriebsstätten O und R. In diesem Zusammenhang teilten sowohl der Verwalter als auch die Beklagte dem Kläger mit, sein Arbeitsverhältnis sei auf die Beklagte übergegangen. In dem Schreiben der Beklagten heißt es ua.:
"Mit dem Betriebsübergang treten wir arbeitsvertraglich in vollem Umfang an die Stelle der B GmbH. Demgemäß übernehmen wir alle Rechte und Pflichten als Ihr neuer Arbeitgeber. Die Übernahme des Betriebsteils Plattenwärmetauscher durch unser Unternehmen führt insoweit zu keinen Änderungen.
...
Für Ansprüche, die innerhalb des letzten Jahres vor dem Betriebsübergang entstanden sind - auch wenn diese erst im Laufe eines Jahres nach dem Übergang fällig werden - haftet die B GmbH auch nach dem Betriebsübergang weiter. Bezüglich der erst nach dem Übergang fällig werdenden Ansprüche ist deren Haftung jedoch auf den anteiligen Betrag bis zum Betriebsübergang beschränkt.
..."
Die Beklagte wies den Kläger zudem auf die Möglichkeit eines Widerspruches gegen den Betriebsübergang hin. Davon machte der Kläger keinen Gebrauch.
Der Kläger ist der Auffassung, die Beklagte schulde ihm die während der Freistellungsphase zu erbringenden Leistungen in vollem Umfange, weil das Arbeitsverhältnis nach § 613a BGB auf sie übergegangen sei. Er macht diese Beträge - rechnerisch unstreitig - unter Berücksichtigung des von ihm erhaltenen Arbeitslosengeldes für die Monate September 2002 bis August 2003 geltend.
Der Kläger hat zuletzt - soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse - beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn
1. 16.037,70 Euro brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengelds in Höhe von 10.857,51 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 8. April 2003 zu zahlen,
2. 4.582,20 Euro brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengelds in Höhe von 3.280,58 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 6. Juni 2003 zu zahlen,
3. 4.582,20 Euro brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengelds in Höhe von 3.280,58 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 1. August 2003 zu zahlen,
4. 968,77 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 1. August 2003 zu zahlen,
5. 2.291,10 Euro brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengelds in Höhe von 1.695,08 Euro zuzüglich Zinsen in Hö he von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 1. September 2003 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, als Betriebserwerberin in der Insolvenz hafte sie nicht für die von der Insolvenzschuldnerin begründeten Verbindlichkeiten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte weiterhin Klageabweisung.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, an den Kläger das geforderte Altersteilzeitentgelt, den Aufstockungsbetrag und zusätzliche Arbeitgeberbeiträge zur Unterstützungskasse zu erbringen. Eine Haftung scheitert jedenfalls an insolvenzrechtlichen Einschränkungen. Weitergehende Ansprüche kann der Kläger auch nicht aus dem Schreiben der Beklagten anlässlich des Betriebsübergangs herleiten.
I. Es kann dahingestellt bleiben, ob das Altersteilzeitarbeitsverhältnis des Klägers auf die Beklagte übergegangen ist, obwohl sich der Kläger zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs bereits in der Freistellungsphase befand (ablehnend: Hanau RdA 2003, 230, 231; bejahend: Kleinebrink/Commandeur ArbRB 2002, 366). Ebenso kann offen bleiben, ob sich im vorliegenden Fall eine positive Zuordnungsentscheidung zum übergegangenen Betriebsteil aus einem Einvernehmen zwischen dem Kläger, dem Insolvenzverwalter und der Beklagten ergibt (vgl. dazu BAG 18. März 1997 - 3 AZR 729/95 - BAGE 85, 291). Der Anspruch auf die in der Altersteilzeitvereinbarung geregelten Leistungen der Beklagten scheitert an den insolvenzrechtlichen Einschränkungen der Haftung des Übernehmers, der einen Betrieb oder Betriebsteil in der Insolvenz erwirbt.
1. Auch unter der Insolvenzordnung gilt - wie schon vorher unter der Konkursordnung - der Eintritt der Haftung des Betriebserwerbers für rückständige Forderungen (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB), nur eingeschränkt. Soweit die besonderen Verteilungsgrundsätze des Insolvenzrechts eingreifen, gehen diese als Spezialregelung vor. Damit wird sichergestellt, dass alle Gläubiger gleichmäßig befriedigt werden. Außerdem werden Betriebsübernahmen in der Insolvenz erleichtert (vgl. BAG 17. Januar 1980 - 3 AZR 160/79 - BAGE 32, 326). Besondere Verteilungsgrundsätze bestehen nur hinsichtlich der Forderungen, die ein Gläubiger als Insolvenzgläubiger geltend zu machen hat (§§ 38, 174 ff. InsO). Dagegen sind Forderungen, die sich als Masseverbindlichkeiten gegen die Insolvenzmasse richten, aus dieser ohne irgendwelche Beschränkungen vorweg zu berichtigen (§ 53 InsO). Die insolvenzrechtliche Beschränkung des Eintritts der Haftung nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB ergreift deshalb lediglich Insolvenz-, nicht jedoch Masseforderungen (dazu Senat 18. November 2003 - 9 AZR 95/03 - AP InsO § 113 Nr. 17 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 19, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen und 18. November 2003 - 9 AZR 347/03 - AP InsO § 113 Nr. 16 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 21, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
2. Nach § 108 Abs. 1 InsO bleibt das Arbeitsverhältnis auch nach der Insolvenzeröffnung mit Wirkung für die Masse bestehen. Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis werden nach § 108 Abs. 2 InsO Insolvenzforderungen, wenn es sich um solche "für" die Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens handelt (dazu Senat 18. November 2003 - 9 AZR 95/03 - AP InsO § 113 Nr. 17 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 19, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen und 18. November 2003 - 9 AZR 347/03 - AP InsO § 113 Nr. 16 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 21, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Andernfalls sind Forderungen aus dem laufenden Arbeitsverhältnis Masseforderungen nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Nach dieser Bestimmung sind Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen "soweit deren Erfüllung ... für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss" Masseforderungen. Damit ist (entgegen Oberhofer ZInsO 2003, 591, 593; ebenso Bichlmeier AiB 2003, 236, 241) die Erfüllung durch den Gläubiger, nicht durch den Insolvenzschuldner gemeint:
Das Gesetz stellt in dieser Vorschrift solche Forderungen mit Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen gleich, "deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird". Es geht demnach um Fallgestaltungen, in denen entweder der Insolvenzverwalter - was er allgemein darf (§ 103 Abs. 1 InsO) - den Vertrag für die Masse "aktiviert" indem er Erfüllung wählt oder aber nach den insolvenzrechtlichen Regelungen der Vertrag auch mit Erfüllungsverpflichtung zugunsten der Masse ohnehin erhalten bleibt. In beiden Fällen ist dann auch die der Leistungspflicht des Gläubigers entsprechende Gegenleistung aus der Masse zu erbringen. § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist insoweit also lediglich eine Korrespondenzvorschrift zu § 108 Abs. 2 InsO.
3. Die Abgrenzung der Forderungen erfolgt danach, wann die Arbeitsleistung, die den Ansprüchen zugrunde liegt, erbracht wurde (vgl. für Wertguthaben BAG 24. September 2003 - 10 AZR 640/02 - AP InsO § 47 Nr. 1 = EzA InsO § 47 Nr. 1, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Der Zeitpunkt der Arbeitsleistung bestimmt nämlich, inwieweit die Leistungen der Masse zugute kommen (vgl. Senat 8. Dezember 1998 - 9 AZR 632/97 - KTS 1999, 394; BAG 21. Mai 1980 - 5 AZR 337/78 - BAGE 33, 113 noch für zeitliche Zuordnung nach der KO; teilweise abweichend Vogel/Neufeld ZIP 2004, 1938, 1944). Dagegen kommt es nicht darauf an, wann der Arbeitnehmer die Zahlungen verlangen kann. Für das Blockmodell der Altersteilzeit bedeutet das:
a) Im Blockmodell der Altersteilzeit tritt der Arbeitnehmer während der Arbeitsphase mit seinen vollen Arbeitsleistungen im Hinblick auf die anschließende Freistellungsphase in Vorleistung. Er hat hierdurch Entgelte erarbeitet, die nicht im Monat der Arbeitsphase ausgezahlt, sondern für die spätere Freistellungsphase angespart werden. Der Arbeitnehmer erarbeitet sich damit im Umfange seiner Vorleistungen zum einen Ansprüche auf die spätere Zahlung der Bezüge und zum anderen einen entsprechenden Anspruch auf Freistellung von der Arbeitsleistungspflicht (Senat 24. Juni 2003 - 9 AZR 353/02 - AP ATG § 4 Nr. 1 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 6, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 14. Oktober 2003 - 9 AZR 146/03 - AP ATG § 3 Nr. 9 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 11, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; 16. März 2004 - 9 AZR 267/03 - AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 8). Das während der Freistellungsphase ausgezahlte Entgelt ist daher Gegenleistung für die bereits während der Arbeitsphase geleistete, über die verringerte Arbeitszeit hinausgehende Arbeit. Der Anspruch darauf ist damit im insolvenzrechtlichen Sinne "für" diese Zeit geschuldet.
b) Die im Schrifttum vorgebrachten Argumente für die Ansicht, die nach der Insolvenzeröffnung zu erbringenden Leistungen seien auch während der Freistellungsphase stets Masseforderung, überzeugen nicht.
aa) Der Hinweis, das Arbeitsverhältnis bestehe auch in der Insolvenz weiter, steht diesem Ergebnis nicht entgegen (aA Nimscholz ZIP 2002, 1936, 1937). Das Bestehen des Arbeitsverhältnisses ist Voraussetzung der Anwendung des § 108 Abs. 2 InsO.
bb) Ebenso wenig überzeugt der Hinweis (Hanau ZIP 2002, 2028, 2031) auf die unterschiedlichen Ergebnisse für Altersteilzeitarbeit im Blockmodell und im kontinuierlichen Modell. Beim kontinuierlichen Modell ist die Arbeitsleistung während des Laufes des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses stets vor und nach der Insolvenzeröffnung zu erbringen. Die Arbeitsleistung kommt deshalb der Masse zugute und der dafür entstehende Entgeltanspruch ist Masseforderung. Der Unterschied zur Rechtslage im Blockmodell erklärt sich aus der unterschiedlichen Zeit der zu erbringenden Arbeitsleistung und hat daher einen sachlichen Grund.
Ferner ist die Situation (entgegen Leisbrock Altersteilzeitarbeit 2001 S. 356 f.) cc) auch nicht den sonstigen Fällen der Nichtleistung, nämlich bei Annahmeverzug, Krankheit oder Urlaub gleichzusetzen. Diese Fälle setzen ein im Grundsatz "normal" abgewickeltes Arbeitsverhältnis voraus, in dem während bestimmter Zeiten - und damit "für" diese Zeiten - auf Grund gesonderter gesetzlicher Regelungen ein Entgeltfortzahlungsanspruch entsteht, obwohl keine Arbeitsleistung zu erbringen ist. Während der Freistellungsphase ist die Arbeitsleistung jedoch von vornherein nicht zu erbringen.
dd) Auch sozialrechtliche Regelungen stehen diesem Ergebnis nicht entgegen.
(1) Das gilt zunächst für die Bestimmungen über das Insolvenzgeld.
Etwas anderes folgt entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts auch nicht aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 25. Juni 2002 (- B 11 AL 90/01 R - BSGE 89, 289). Das Bundessozialgericht hat es für möglich gehalten, bei der Anwendung der Regeln über das Konkursausfallgeld eine zeitliche Zuordnung von Entgeltansprüchen auf Zeiträume vorzunehmen, für die das Arbeitsentgelt vereinbarungsgemäß den Lebensunterhalt sichern sollte. Dabei hat es maßgeblich auf die Regelung des § 183 Abs. 1 Satz 4 SGB III iVm. § 7 Abs. 1a SGB IV abgestellt. Danach ist geschütztes Arbeitsentgelt iSd. Insolvenzgeldregelungen der für die Bestreitung des Lebensunterhalts im jeweiligen Zeitraum bestimmte Betrag, wenn eine Zahlung im Hinblick auf früher erarbeitete oder später zu erarbeitende Wertguthaben im sozialrechtlichen Sinne geleistet werden muss.
Damit stellt die für das Insolvenzgeld gefundene Regelung, die das Bundessozialgericht auch bereits zur Auslegung der Bestimmungen über das Konkursausfallgeld herangezogen hat, auf den sozialen Schutzzweck dieser Bestimmungen ab. Sie soll den Arbeitnehmer schützen, wenn sein regelmäßiges Arbeitsentgelt während des Insolvenzgeldzeitraums ausfällt. Dieser Gesichtspunkt kann auf die insolvenzrechtliche Zuordnung von Entgeltforderungen nicht übertragen werden. Die Bestimmungen der InsO über die insolvenzrechtliche Einordnung von Arbeitnehmerforderungen beruhen nicht auf sozialen Schutzgesichtspunkten. Die insoweit früher bestehenden Sonderregelungen der KO, nach denen Arbeitnehmerforderungen auch für Zeiträume vor Konkurseröffnung Masseforderung (§ 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a) KO) oder bevorrechtigte Konkursforderungen (§ 61 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a) KO) sein konnten, hat der Gesetzgeber der InsO nicht übernommen (vgl. BAG 22. Oktober 1998 - 8 AZR 73/98 -).
(2) Auch aus § 23b Abs. 2 Nr. 2 SGB IV kann nichts hergeleitet werden.
Diese Bestimmung betrifft die beitragsrechtliche Behandlung von Zahlungen im Altersteilzeitarbeitsverhältnis, falls das Altersteilzeitarbeitsverhältnis nicht zu Ende durchgeführt und im Blockmodell deshalb die bereits geleistete Arbeit zu vergüten ist. Diese beitragsrechtliche Vorschrift ist für die arbeitsrechtliche Einordnung von Forderungen im Altersteilzeitarbeitsverhältnis nicht aussagekräftig (vgl. Vogel/Neufeld ZIP 2004, 1938, 1943 mwN).
4. Die so vorzunehmende Aufteilung nach der Erbringung der Arbeitsleistung vor oder nach der Insolvenzeröffnung betrifft sowohl das entsprechend der Verringerung der Gesamtarbeitsleistung während der Altersteilzeit halbierte Arbeitsentgelt, als auch die Aufstockungsbeträge (aA möglicherweise Hanau ZIP 2002, 2028, 2031). Auch diese sind Entgelt iSd. §§ 611 und 612 BGB. Der Aufstockungsbetrag orientiert sich allerdings der Höhe nach rechnerisch nicht allein an der Arbeitsleistung, sondern darüber hinaus auch an dem Ziel, den Lebensstandard des Arbeitnehmers zu sichern. Insofern handelt es sich nicht um Gegenleistungen für die vom Arbeitnehmer geschuldete Arbeitsleistung. Das ist von Bedeutung für die konkrete Bemessung der Höhe des Entgelts, ändert jedoch nichts an dessen Rechtscharakter als Arbeitsentgelt (vgl. Senat 14. Oktober 2003 - 9 AZR 146/03 - AP ATG § 3 Nr. 9 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 11; 16. März 2004 - 9 AZR 267/03 - AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 8). Entsprechendes gilt für die zwischen dem Kläger und der Insolvenzschuldnerin in § 5 Abs. 6 des "Altersteilzeitvertrages" vereinbarten Zahlungen der Arbeitgeberin an die Unterstützungskasse. Auch wenn diese sich an einer nicht mehr geleisteten Vollzeitarbeit orientieren, stellen sie ein - aus sozialen Gründen - erhöhtes Entgelt für die während der Arbeitsphase zu erbringenden Leistungen des Klägers dar.
5. Der Kläger hat seine gesamte für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses geschuldete Arbeitsleistung vor der Insolvenzeröffnung erbracht. Seine während der Freistellungsphase fällig gewordenen Forderungen sind deshalb lediglich Insolvenzforderungen, für die die Beklagte nicht einzustehen hat.
II. Ansprüche kann der Kläger auch nicht aus dem Schreiben der Beklagten anlässlich des Betriebsteilübergangs herleiten. Dieses Schreiben, das an alle für den Betriebsübergang in Betracht kommenden Arbeitnehmer gerichtet war, stellt eine typische Erklärung dar, die der Senat selber auslegen kann (Senat 29. Juli 2003 - 9 AZR 450/02 - AP ATG § 3 Nr. 8 = EzA ATG § 3 Nr. 3, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Aus dem Wortlaut des Schreibens ergibt sich, dass die Beklagte lediglich über die gesetzlichen Rechtsfolgen des Betriebsübergangs aufklären und damit ihrer gesetzlichen Pflicht (§ 613a Abs. 5 BGB) nachkommen wollte. Ein Rechtsbindungswille dafür, dass sie über gesetzliche Verpflichtungen hinaus Leistungen an Arbeitnehmer erbringen wollte, die sich in der Freistellungsphase befanden, kann dem Schreiben nicht entnommen werden.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
Ende der Entscheidung
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