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Gericht: Bundesarbeitsgericht
Urteil verkündet am 24.10.2006
Aktenzeichen: 9 AZR 681/05
Rechtsgebiete: BGB, TVG, Altersteilzeit-TV


Vorschriften:

BGB § 247
TVG § 4 Abs. 3
Altersteilzeit-TV § 2
Altersteilzeit-TV § 7
Altersteilzeit-TV § 8
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Revisionen der Parteien gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 20. September 2005 - 13 Sa 227/05 - werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger zu 1/4 und die Beklagte zu 3/4.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über den Anspruch des Klägers auf Zahlung einer jährlichen tariflichen Leistungsprämie für 2003 während des zwischen ihnen bestehenden Altersteilzeitarbeitsverhältnisses.

Der 1946 geborene Kläger war seit Dezember 1969 bei der Beklagten als Förderaufseher beschäftigt.

Mit Wirkung vom 1. Oktober 2001 vereinbarten die Parteien die Fortführung ihres Arbeitsverhältnisses als Altersteilzeitarbeitsverhältnis beginnend mit dem 1. Oktober 2001 (Blockmodell). Die Arbeitsphase sollte vom 1. Oktober 2001 bis 31. Januar 2004 dauern, die sich anschließende Freistellungsphase bis zum 31. Mai 2006. In dem Altersteilzeitarbeitsvertrag heißt es ua.:

"Bezüge Für die Dauer der Altersteilzeit (Arbeits- und Freistellungsphase) erhalten Sie 50 % Ihres regelmäßig anfallenden Bruttovollzeitarbeitsentgeltes. Ihr monatliches Bruttoentgelt beträgt daher ab dem 01.10.2001: Entgelt nach Entgeltgruppe VIII, Schichtzulage, Erfahrungszulage II DM 2937,25 Zusätzlich erhalten Sie von uns eine steuer- und sozialversicherungsfreie monatliche Aufstockungszahlung gemäß § 8 des Tarifvertrages zur Förderung der Altersteilzeit. ... Nebenleistungen Die Altersteilzeitansprüche auf 50 % des tariflichen Urlaubsgeldes und 50 % der tariflichen Jahresprämie (13. Entgelt) werden jeweils auf 90 % aufgestockt. ... Schlußbestimmungen ... Im übrigen gelten die Bestimmungen des Manteltarifvertrages in der jeweiligen Fassung. Weiterhin gilt das Gesetz zur Förderung des gleitenden Übergangs in den Ruhestand vom 01.08.1996 in der jeweiligen Fassung sowie der Tarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit vom 12.03.1999/26.04.1999."

Im Tarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit vom 12. März 1999/26. April 1999 (künftig: TV Altersteilzeit) heißt es, soweit maßgeblich wie folgt:

"§ 7 Arbeitsentgelt Das Bruttoaltersteilzeitentgelt beträgt für die Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses die Hälfte des regelmäßig anfallenden Bruttovollzeitarbeitsentgeltes. Dieses umfaßt: - das monatliche vertragliche Arbeitsentgelt - Funktions-, Leistungs-, Erschwernis- und Ausgleichszulagen - freiwillig gewährte über- oder außertarifliche Zulagen - Besitzstandsentgelte - steuerpflichtige Schichtzuschläge sowie die nachfolgenden in § 9 geregelten Leistungen: - Jahresprämien - Urlaubsgeld - vermögenswirksame Leistungen Das Nettovollzeitarbeitsentgelt wird ohne persönliche Steuerfreibeträge ermittelt. Nicht in die Berechnung des Nettovollzeitarbeitsentgeltes einbezogen werden steuerfreie Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeitszuschläge (SFN-Zuschläge). Grundlage sind die Regelungen in den einzelnen Manteltarifverträgen. Tarifliche Entgelterhöhungen während der Laufzeit der Altersteilzeit werden für die Berechnung berücksichtigt. § 8 Aufstockungszahlung Der Arbeitgeber legt einen steuer- und sozialabgabenfreien Aufstockungsbetrag fest, um den er das ohne die steuerfreien SFN-Zuschläge errechnete Nettoaltersteilzeitentgelt in der Weise erhöht, daß der Tarif-Arbeitnehmer 90 % seines Nettovollzeitarbeitsentgeltes erhält. Die steuerfreien SFN-Zuschläge werden nach ihrem tatsächlich geleisteten Umfang berechnet und zusätzlich an den Arbeitnehmer gezahlt. ... § 9 Nebenleistungen Der Anspruch auf die Hälfte der tariflichen Jahresprämien- und Urlaubsbruttogeldleistung wird auf 90 % jeweils aufgestockt. Je nach Vertragsbeginn oder -ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses werden diese Leistungen anteilig gezahlt. Dienstjubiläums- oder Dienstalterszuwendungen, die in den Altersteilzeitvertragszeitraum fallen, werden ebenso wie die vermögenswirksamen Leistungen ungekürzt gewährt."

Im Tarifvertrag über Altersvorsorge vom 9. April 2002 (künftig: TV Altersvorsorge) heißt es unter § 2:

"Anspruch auf Entgeltumwandlung 1.

Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Auszubildende (im Folgenden: ,Berechtigte' genannt) können von dem Arbeitgeber verlangen, dass zukünftige tarifliche und übertarifliche Entgeltbestandteile im Wege der Entgeltumwandlung für Anwartschaften auf betriebliche Altersvorsorge verwendet werden. Nicht berechtigt sind befristet Beschäftigte, soweit sie nicht einen Altersteilzeitvertrag abgeschlossen haben. 2.

a)

... b)

Übertariflicher Bestandteil ist die Leistungsprämie."

Die Beklagte zahlt an ihre Arbeitnehmer jährlich eine Leistungsprämie. Sie teilt die Gewährung den Mitarbeitern jeweils durch Aushang am schwarzen Brett mit. Im Schreiben vom 23. März 2004 für die Leistungsprämie 2003 heißt es wie folgt:

"1. Grundsatz Die Leistungsprämie hat zum Ziel, über die vertraglichen Entgeltbestandteile hinaus die Mitarbeiter/innen am wirtschaftlichen Ergebnis des Jahres 2003 zu beteiligen. 2. Anspruch Anspruch auf Leistungsprämie haben alle Tarif-Mitarbeiter/innen sowie Auszubildende und Fortzubildende, die am 31.05.2004 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen. ... Tarif-Mitarbeiter/innen mit befristeten Arbeitsverträgen haben Anspruch auf eine Leistungsprämie, wenn sie am 31.05.2004 in einem Beschäftigungsverhältnis stehen und das Arbeitsverhältnis länger als 6 Monate besteht. ... Tarif-Mitarbeiter/innen mit denen eine Altersteilzeitvereinbarung getroffen worden ist und die sich im Jahr 2003 in der aktiven oder passiven Altersteilzeitphase befunden haben, erwerben für diesen Zeitraum - unabhängig von der Dauer der Arbeitsverpflichtung während der Aktivphase - keinen Anspruch. Sofern Tarif-Mitarbeiter/innen im Jahr 2003 unterjährig in die Aktivphase der Altersteilzeit eingetreten sind, besteht für den Zeitraum vor Beginn der Altersteilzeit ein anteiliger Anspruch. 3. Berechnungsgrundlagen Für den Tarifbereich (am 31.12.2003 tarifliche/r Mitarbeiter/in) wird die Leistungsprämie auf der Grundlage des Bruttomonatsentgeltes einschließlich außertariflicher Zulagen und Schichtzulagen für den Monat Dezember 2003 zuzüglich durchschnittlicher Schichtzuschläge (Durchschnitt 01.01. - 31.12.2003) auf Basis des zur Verfügung stehenden Budgets ermittelt. Das Budget für das Jahr 2003 ist auf der Grundlage der durchschnittlichen Gesamtkapitalrendite der Wintershall in den Jahren 2001 bis 2003 in Höhe von 23,0 % auf 100 % eines Bruttomonatsentgelts festgelegt worden. ... 4. Auszahlung Die Leistungsprämie wird zusammen mit den Bezügen für Mai 2004 überwiesen und unterliegt der Steuer- und Sozialversicherungspflicht. ... Die Leistungsprämie Wintershall Aktiengesellschaft ist eine freiwillige Sozialleistung des Unternehmens. Die Entscheidung, ob und in welcher Höhe und nach welchen Verfahrensweisen zukünftig eine Leistungsprämie gezahlt wird, liegt allein im Ermessen des Vorstandes der Gesellschaft. Auch aus einer mehrmaligen Zahlung kann kein Rechtsanspruch auf eine zukünftige Zahlung hergeleitet werden."

Die Beklagte zahlte dem Kläger die Leistungsprämie für das Jahr 2003 nicht. Mit der der Beklagten am 19. Mai 2004 zugestellten Klage macht der Kläger die Zahlung von 90 % der Bruttoleistungsprämie für das Jahr 2003 geltend.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.894,91 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit dem 1. Juni 2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, soweit sie verurteilt wurde, 50 % der Bruttoleistungsprämie zu zahlen und die Klage in Höhe von weiteren 40 % der Leistungsprämie abgewiesen. Beide Parteien verfolgen ihr Klageziel mit ihren vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revisionen weiter.

Entscheidungsgründe:

Beide Revisionen sind unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, an den Kläger 50 % der Leistungsprämie eines Vollzeitbeschäftigten zu zahlen und die Klage im Übrigen zu Recht abgewiesen.

A. Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

I. Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf 50 % der Leistungsprämie für das Jahr 2003. Diese ist Teil der Altersteilzeitvergütung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 TV Altersteilzeit in Verbindung mit der Gesamtzusage vom 23. März 2004. Das hat das Landesarbeitsgericht zu Recht erkannt.

1. Nach Nr. 2 des Aushangs der Beklagten vom 23. März 2004 haben alle Tarifmitarbeiter/innen sowie Auszubildende und Fortzubildende, die am 31. Mai 2004 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis gestanden haben, Anspruch auf die Leistungsprämie für das Jahr 2003.

a) Dieser Aushang der Beklagten enthält eine Gesamtzusage, die Rechtsansprüche der begünstigten Arbeitnehmer begründen soll.

aa) Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer in allgemeiner Form gerichtete Erklärung des Arbeitgebers, zusätzliche Leistungen zu erbringen (Senat 18. November 2003 - 9 AZR 659/02 -) . Sie schafft eine allgemeine Ordnung, die für alle von ihr erfassten Arbeitnehmer einheitlich zu beurteilen ist. Die Arbeitnehmer erwerben einen einzelvertraglichen Anspruch auf die versprochenen Leistungen, wenn sie die vom Arbeitgeber genannten Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Das in der Gesamtzusage liegende Angebot, dessen ausdrückliche Annahme gem. § 151 BGB entbehrlich ist, wird ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrages. Ob eine Gesamtzusage vorliegt und welchen Inhalt sie hat, richtet sich gem. §§ 133, 157 BGB nach den für Willenserklärungen geltenden Regeln (Senat 15. Februar 2005 - 9 AZR 116/04 - BAGE 113, 327 mwN) .

bb) Die Beklagte wollte sich in ihrem Aushang vom 23. März 2004 zur Zahlung einer Leistungsprämie für das Jahr 2003 verpflichten. So heißt es in Nr. 2 Abs. 1:

"Anspruch auf Leistungsprämie haben alle Tarif-Mitarbeiter/ innen ...".

Damit hat sie bereits nach dem Wortlaut für jeden erkennbar erklärt, sich zur Zahlung verpflichten zu wollen.

cc) Der Kläger erfüllte auch die Anspruchsvoraussetzungen der Gesamtzusage. Er war Tarif-Mitarbeiter der Beklagten und stand am 31. Mai 2004 zu ihr in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis. Das Altersteilzeitarbeitsverhältnis ist ein, wenn auch befristetes, Arbeitsverhältnis (Senat 27. April 2004 - 9 AZR 18/03 - BAGE 110, 208) . Der Kläger erfüllte auch die Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitnehmer mit befristeten Arbeitsverträgen. Nach Nr. 2 Abs. 3 der Gesamtzusage haben Arbeitnehmer mit befristeten Arbeitsverträgen dann Anspruch auf eine Leistungsprämie, wenn sie am 31. Mai 2004 in einem Beschäftigungsverhältnis standen und das Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestand. Das befristete Altersteilzeitarbeitsverhältnis zwischen den Parteien war am 31. Mai 2004 ungekündigt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien bestand seit Dezember 1969.

b) Der Ausschluss von Altersteilzeitarbeitnehmern in Nr. 2 Abs. 5 der Gesamtzusage ist wegen Verstoßes gegen den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung unwirksam. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

aa) Nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ist es dem Arbeitgeber verwehrt, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern von allgemein begünstigenden Regelungen auszunehmen oder sie schlechter zu stellen, ohne dass dies durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Diese Bindung an den Gleichbehandlungsgrundsatz wird auch durch den Freiwilligkeitsvorbehalt im letzten Absatz der Gesamtzusage nicht ausgeschlossen. Auch bei freiwilligen Leistungen muss der Arbeitgeber die Voraussetzungen so abgrenzen, dass nicht sachwidrig oder willkürlich ein Teil der Arbeitnehmer von den Vergünstigungen ausgeschlossen wird (Senat 21. Januar 2003 - 9 AZR 4/02 - BAGE 104, 272; BAG 12. Januar 2000 - 10 AZR 840/98 - AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 223 = EzA BGB § 611 Gratifikation, Prämie Nr. 158) . Eine Differenzierung ist sachfremd, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt. Dann kann der benachteiligte Arbeitnehmer verlangen, nach Maßgabe der allgemeinen Regelungen behandelt zu werden (Senat 21. Januar 2003 - 9 AZR 4/02 - aaO) .

bb) Die Beklagte hat allen Vollzeit- und Teilzeitarbeitnehmern die Leistungszulage 2003 gewährt, wenn sie die übrigen Anspruchsvoraussetzungen erfüllten. Lediglich Altersteilzeitarbeitnehmer wurden ausgeschlossen. Für diese Differenzierung gibt es keinen billigenswerten sachlichen Grund.

(1) Die Beklagte meint, die Besserstellung der Altersteilzeitarbeitnehmer beim 13. Monatsgehalt habe durch den Ausschluss der Leistungsprämie kompensiert werden sollen. Bei Berechnung des fiktiven Monatsbrutto eines Vollzeitbeschäftigten iHv. 4.000,00 Euro erhalte der Altersteilzeitarbeitnehmer auf Grund der Aufstockung auf 90 % vom Netto ein 13. Monatsgehalt iHv. 2.776,00 Euro netto. Demgegenüber habe ein vergleichbarer Arbeitnehmer lediglich ein 13. Monatsgehalt iHv. 2.140,00 Euro netto zu erwarten.

(2) Das ist bereits rechnerisch unzutreffend, worauf schon das Landesarbeitsgericht hingewiesen hat. Die Aufstockung für Altersteilzeitarbeitnehmer auf 90 % der entsprechenden Nettovergütung gem. § 8 Abs. 1 TV Altersteilzeit kann niemals mehr als 100 % der Nettovergütung eines vergleichbaren Arbeitnehmers, der sich nicht in Altersteilzeit befindet, betragen. Bei beiden ist für die Vergleichsberechnung zunächst der sich aus dem Bruttoentgelt ergebende Nettoentgeltbetrag zu errechnen. Bei Zugrundelegung derselben Abzüge errechnet sich ein gleicher Nettobetrag. Hiervon erhält der Altersteilzeitarbeitnehmer nur 90 %, aufgeschlüsselt in Altersteilzeitvergütung und Aufstockungsbetrag, der Vergleichsarbeitnehmer aber 100 %.

c) Das Landesarbeitsgericht ist im Ergebnis auch zutreffend davon ausgegangen, dass der TV Altersteilzeit diesen Anspruch auf Leistungsprämie für Altersteilzeitarbeitnehmer nicht ausschließt, obwohl die außertarifliche Leistungsprämie in § 7 Abs. 1 Satz 2 TV Altersteilzeit nicht ausdrücklich genannt ist.

aa) Ein solcher tariflicher Ausschluss würde bereits dem Günstigkeitsprinzip nach § 4 Abs. 3 TVG widersprechen. Danach haben für den Arbeitnehmer günstigere Abmachungen den Vorrang vor dem Tarifvertrag. Tarifverträge, die günstigere Arbeitsbedingungen verdrängen oder verhindern wollen, sind unwirksam (BAG 26. Februar 1986 - 4 AZR 535/84 - BAGE 51, 178) .

bb) Der TV Altersteilzeit listet im Übrigen entgegen der Auffassung der Beklagten die während des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses zu zahlenden Entgeltbestandteile nicht abschließend unter Ausschluss weiterer im Tarifvertrag nicht ausdrücklich genannter Leistungen auf. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt.

(1) Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 TV Altersteilzeit beträgt das Arbeitsentgelt in der Altersteilzeit die Hälfte des regelmäßig anfallenden Bruttovollzeitarbeitsentgelts. Die beispielhafte Auflistung der Entgelte im TV Altersteilzeit hat lediglich erläuternde Bedeutung. Das folgt schon daraus, dass sonstige freiwillig gewährte über- oder außertarifliche Zulagen nur pauschal aufgeführt werden, ohne sie konkret zu benennen. Damit wird deutlich, dass die Tarifvertragsparteien auf einen abschließenden Katalog verzichtet haben. Das dem Arbeitnehmer tariflich oder arbeitsvertraglich zustehende Arbeitsentgelt sollte lediglich während der Altersteilzeit zur Hälfte weitergezahlt werden. Einen anderen Regelungssinn hat § 7 TV Altersteilzeit nicht. Im Übrigen wird in § 7 TV Altersteilzeit das 13. Monatsgehalt, welches die Beklagte in ihrer Vergleichsberechnung angeführt hat, ebenfalls nicht genannt.

(2) Diese Auslegung wird durch die Regelung zur Entgeltumwandlung im TV Altersvorsorge bestätigt. Denn dort haben die Tarifvertragsparteien den Anspruch der Altersteilzeitarbeitnehmer auf die Leistungsprämie vorausgesetzt.

Gem. § 2 Nr. 1 Abs. 1 TV Altersvorsorge können die Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen, dass zukünftige tarifliche und übertarifliche Entgeltbestandteile im Wege der Entgeltumwandlung für Anwartschaften auf betriebliche Altersvorsorge verwendet werden. Nach § 2 Nr. 1 Abs. 2 TV Altersvorsorge gilt dies auch für Altersteilzeitarbeitnehmer. Zu den umwandlungsfähigen übertariflichen Entgeltbestandteilen gehört nach § 2 Nr. 2 Buchst. b TV Altersvorsorge auch die (nicht tarifliche) Leistungsprämie. Nach § 1a BetrAVG kann ein Arbeitnehmer vom Arbeitgeber in den dort näher genannten Voraussetzungen verlangen, dass von seinen künftigen Entgeltansprüchen Teile durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet werden. Umgewandelt werden kann grundsätzlich das Arbeitsentgelt, auf das der Arbeitnehmer Anspruch hat. Dabei kann es sich um laufende oder einmalige Bezüge handeln (Blomeyer/Rolfs/Otto BetrAVG 4. Aufl. § 1a Rn. 19) . Hätten die Tarifvertragsparteien in § 7 TV Altersteilzeit arbeitsvertragliche Ansprüche auf Bezahlung einer Leistungsprämie ausschließen wollen, wäre die Entgeltumwandlungsregelung für die Leistungsprämie in § 2 Nr. 1 iVm. § 2 Nr. 2 Buchst. b TV Altersvorsorge sinnlos.

(3) Die Beklagte beruft sich für ihre Auslegung ohne Erfolg darauf, sie habe sich nur deshalb zu einer hohen Aufstockungsleistung auf 90 % des Nettovollzeitarbeitsentgelts im Zuge der Verhandlungen des TV Altersteilzeit bereit erklärt, weil sich das Arbeitsentgelt abschließend nach § 7 des TV Altersteilzeit unter Ausschluss der zu diesem Zeitpunkt bereits seit Jahren gewährten außertariflichen Leistungsprämie definiere. Zudem hätten die Tarifvertragsparteien den Altersteilzeitarbeitnehmern das Risiko schwankender Altersteilzeiteinkünfte nehmen wollen, da die Zahlung der Leistungsprämie vom jeweiligen Unternehmenserfolg abhänge.

Selbst wenn die Tarifvertragsparteien diesen Willen gehabt hätten, so haben sie ihn nicht umgesetzt.

Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regelungen. Dabei ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in der tariflichen Norm seinen Niederschlag gefunden hat (Senat 21. Juni 2005 - 9 AZR 353/04 - EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 16; BAG 29. August 2001 - 4 AZR 337/00 - BAGE 99, 24) . Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich in den §§ 7 bis 9 TV Altersteilzeit keine Anhaltspunkte dafür finden, die Tarifvertragsparteien hätten etwa als Kompensation für eine hohe Aufstockungsleistung Ansprüche auf Leistungsprämien ausschließen wollen. Die Entgeltumwandlung der Leistungsprämie des Teilzeitarbeitnehmers im TV Altersvorsorge zeigt gerade das Gegenteil.

2. Der Anspruch beträgt der Höhe nach 50 % des maßgeblichen Bruttoentgelts gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 TV Altersteilzeit. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts sind das im Ergebnis 2.874,74 Euro. Das wurde von den Parteien nicht gerügt.

B. Die Revision des Klägers ist ebenfalls unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht die Aufstockung der Leistungsprämie um weitere 40 % abgelehnt. Die Klage ist deshalb in Höhe der geltend gemachten weiteren 1.020,17 Euro unbegründet.

I. Der Anspruch folgt nicht aus der Gesamtzusage vom 23. März 2004. Nach Nr. 3 der Gesamtzusage beträgt die Leistungsprämie für das Jahr 2003 zwar 100 % eines Bruttomonatsentgelts. Nach dem Altersteilzeitarbeitsvertrag der Parteien sowie nach § 7 des TV Altersteilzeit beträgt die Altersteilzeitvergütung lediglich 50 % der Bezüge. Das gilt auch für die Berechnung der Leistungsprämie.

II. Eine Aufstockung nach § 8 TV Altersteilzeit kommt nicht in Betracht, da diese Tarifvorschrift nur eine Nettoaufstockung vorsieht. Eine solche hat der Kläger nicht geltend gemacht.

III. Der Anspruch folgt auch nicht aus § 9 Abs. 1 TV Altersteilzeit. Danach sind die dort genannten Leistungen zwar auf 90 % ihres Bruttoanspruchs aufzustocken. Das betrifft aber schon nach dem Tarifwortlaut nur die "tariflichen" Jahresprämien und Urlaubsgeldleistungen. Die Parteien streiten aber über die Aufstockung einer außertariflichen Jahresprämie. Soweit der Kläger sich darauf beruft, es gebe nur eine tarifliche Jahresprämie, in § 7 Abs. 1 Satz 2 TV Altersteilzeit sei aber von (mehreren) "Jahresprämien" die Rede, deshalb müsse hierzu auch die außertarifliche jährliche Leistungsprämie gehören, überzeugt das nicht. Im maßgeblichen § 9 Abs. 1 TV Altersteilzeit heißt es nur noch "Jahresprämiengeldleistung" und nicht "Jahresprämiengeldleistungen".

C. Der geltend gemachte Zinsanspruch rechtfertigt sich aus § 288 Abs. 1 Satz 2, § 291 BGB.

D. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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