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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 10.07.2003
Aktenzeichen: I B 150/02
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO


Vorschriften:

AO 1977 § 174 Abs. 4
AO 1977 § 174 Abs. 4 Satz 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 116 Abs. 5 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH. Anteilseigner ist zu 100 v.H. X, der seit dem 1. August 1995 auch als Geschäftsführer bestellt ist. Dem Anstellungsvertrag gemäß sollte sein monatliches Geschäftsführergehalt 8 000 DM betragen. Dieses wurde allerdings mit Wirkung ab dem 1. März 1998 auf monatlich 4 500 DM angepasst.

Im Rahmen einer Betriebsprüfung für die Jahre 1996 bis 1998 stellte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) fest, dass die Auszahlung des Geschäftsführergehaltes häufig mit mehrmonatiger Verspätung erfolgt war, während die Gehalts- und Lohnzahlungen an die übrigen Arbeitnehmer der Klägerin pünktlich veranlasst worden waren. Das FA behandelte die verspätet gezahlten Bruttogehälter unter Minderung des Arbeitslohnes des Geschäftsführers als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA), weil die vorgenannte Auszahlungspraxis nicht den vertraglichen Vereinbarungen entsprochen habe. Es setzte in geänderten Körperschaftsteuerbescheiden vGA in Höhe von 96 624 DM für 1996, 40 260 DM für 1997 und 26 028 DM für 1998 an und stellte darauf jeweils die Ausschüttungsbelastung her.

Die Klägerin legte gegen die Bescheide für 1996 und 1997 Einspruch ein. Nachdem das Finanzgericht (FG) den Körperschaftsteuerbescheid 1996 deswegen von der Vollziehung ausgesetzt hatte, weil die für 1996 angesetzte Körperschaftsteuererhöhung in Höhe von 24 156 DM wegen Abflusses der angenommenen anderen Ausschüttung am 17. Januar 1997 erst für 1997 vorzunehmen gewesen sei, folgte das FA dem auch im Einspruchsverfahren. Die Klägerin nahm daraufhin ihren Einspruch gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1997 zurück. Das FA wiederum erließ einen auf § 174 Abs. 4 der Abgabenordnung 1977 (AO 1977) gestützten Änderungsbescheid für 1997, in welchem es die Ausschüttungsbelastung um 24 156 DM erhöhte.

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren legte die Klägerin gegen den Körperschaftsteuerbescheid 1997 Klage vor dem FG ein, welche dieses als unbegründet abwies. Die Revision gegen sein Urteil ließ das FG nicht zu. Dagegen wehrt sich die Klägerin mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, mit der sie die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache beantragt.

Dem ist das FA entgegengetreten.

II. Die Beschwerde ist unbegründet und war daher zurückzuweisen. Die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen haben --soweit die entsprechenden Rügen überhaupt in zulässiger Weise erhoben worden sind-- keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

1. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob eine Änderung nach § 174 Abs. 4 AO 1977 in Betracht kommt, wenn das FA zuvor bereits im Rahmen eines Einspruchsverfahrens die Möglichkeit einer entsprechenden Änderung hatte, ist nicht klärungsbedürftig. Ihre Beantwortung ergibt sich ohne weiteres aus dem Wortlaut und Sinngehalt des § 174 Abs. 4 AO 1977. § 174 Abs. 4 Satz 1 AO 1977 erlaubt es dem FA für den Fall, dass auf Grund irriger Beurteilung eines Sachverhaltes ein Steuerbescheid ergangen ist, der unter anderem auf Grund eines Rechtsbehelfs des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten geändert wird, nachträglich durch den Erlass oder die Änderung eines (anderen) Steuerbescheides die richtigen steuerlichen Folgerungen zu ziehen. Der Wortlaut enthält keine Einschränkung dahin gehend, dass eine solche Änderung nur zulässig sein soll, wenn keine andere Änderungsmöglichkeit im Zeitpunkt der zu Gunsten des Steuerpflichtigen wirkenden Bescheidänderung gegeben ist. Gegen eine solche Auslegung spricht vor allem der Sinn des § 174 Abs. 4 AO 1977: Die Vorschrift bietet den Finanzbehörden im Falle der Aufhebung oder Änderung einer unrichtigen Steuerfestsetzung auf Betreiben des Steuerpflichtigen eine Ermächtigungsgrundlage dahin gehend, den nunmehr unberücksichtigten Sachverhalt in dem richtigen Bescheid zu erfassen (vgl. Kruse/Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 174 AO Tz. 39). Der Steuerpflichtige soll folglich im Falle seines Obsiegens mit einem gewissen Rechtsstandpunkt an seiner Auffassung festgehalten werden, soweit derselbe Sachverhalt zu beurteilen ist (Rüsken in Klein, Abgabenordnung, 6. Aufl., § 174 AO Anm. 8). Es ist offensichtlich, dass es vor dem Hintergrund dieses Regelungszwecks nicht richtig sein kann, die Zulässigkeit der Änderung nach § 174 Abs. 4 AO 1977 davon abhängig zu machen, ob der Steuerpflichtige einen Rechtsbehelf gegen den danach zu ändernden Bescheid zurücknimmt oder nicht. Andernfalls hätte es der Steuerpflichtige in der Hand, über die Zulässigkeit der Änderung nach § 174 Abs. 4 AO 1977 durch schnellstmögliche Rücknahme eines Rechtsbehelfes zu entscheiden. Ob die Anwendung des § 174 Abs. 4 AO 1977 ggf. in extrem gelagerten Ausnahmefällen ausgeschlossen sein kann, wenn etwa die Möglichkeit besteht, dass die Finanzbehörde ihr Änderungsrecht auf Grund eines entsprechenden vertrauensbegründenden Vorverhaltens verwirkt hat, kann hier offen bleiben. Für ein solches Verhalten des FA bestehen im Streitfall keine Anhaltspunkte.

2. Der Frage, ob das FA im Streitfall zu Recht vom Vorliegen einer vGA ausgegangen ist, obwohl die Stundung des Geschäftsführergehalts im Falle einer Liquiditätskrise der Körperschaft zulässig sei, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Klägerin führt selbst aus, der Senat habe bereits wiederholt entschieden, dass Verzögerungen bei der Auszahlung von Geschäftsführergehältern auf Grund von Liquiditätsschwierigkeiten der Körperschaft nicht zu einer Veranlassung der damit einhergehenden Stundung durch das Gesellschaftsverhältnis führten (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs vom 13. November 1996 I R 53/95, BFH/NV 1997, 622; vom 28. November 2001 I R 44/00, BFH/NV 2002, 543). Abgesehen davon, dass die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage damit hinreichend beantwortet ist, ist das FG im Streitfall gerade nicht vom Vorliegen einer Liquiditätskrise ausgegangen.

3. Im Übrigen ergeht der Beschluss gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne Begründung.

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