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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 16.02.2005
Aktenzeichen: I B 156/03
Rechtsgebiete: BGBEG, FGO, VwVfG, BGB


Vorschriften:

BGBEG § 2 Abs. 3
BGBEG § 2 Abs. 3 Satz 3
BGBEG § 2 Abs. 3 Satz 4
FGO § 58 Abs. 2 Satz 1
VwVfG § 16 Abs. 4
BGB § 1915 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Das Finanzgericht (FG) hat die von Rechtsanwalt A im Namen der Baugenossenschaft X e.G.mbH (Klägerin und Beschwerdeführerin --Klägerin--) erhobene Klage mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, die Klägerin sei spätestens mit dem Tod ihres letzten Mitglieds im Jahr 1996 erloschen und A, der im Jahr 2001 die Klage als gesetzlicher Vertreter der Klägerin erhoben habe, sei nicht zur Vertretung der Klägerin berechtigt. Die Revision hat das FG nicht zugelassen.

Dem Rechtsstreit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin wurde vor dem zweiten Weltkrieg in Sachsen gegründet. Sie errichtete auf mehreren ihr gehörenden Grundstücken Wohnhäuser. 1981 hatte die Klägerin nur noch zwei Mitglieder, die sich bereits im Rentenalter befanden. Da keine neuen Mitglieder gewonnen werden konnten und eine Liquidation der Klägerin nach den damaligen Umständen als nicht möglich erschien, übernahm im Juli 1981 der VEB Gebäudewirtschaft in X die Treuhandverwaltung des Vermögens der Klägerin. 1995 wurde das Vermögen der Klägerin an Herrn O in seiner Eigenschaft als erster Vorsitzender der Klägerin übergeben. O war das letzte zu diesem Zeitpunkt noch lebende Mitglied der Klägerin.

Im Frühjahr 1996 starb O, der auch im Zeitpunkt seines Todes noch das einzige Mitglied der Klägerin war. Mit Bescheid vom 1. Dezember 1997 bestellte die Stadt X auf Antrag des A diesen gemäß Art. 233 § 2 Abs. 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (BGBEG) vom 21. September 1994 zum gesetzlichen Vertreter des Eigentümers der Grundstücke, als deren Eigentümerin die Klägerin noch im Grundbuch von B eingetragen war.

1999 gab A für die Klägerin beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuererklärungen für die Jahre 1994 bis 1998 (Streitjahre) ab. Nach den Erklärungen erzielte die Klägerin im Jahr 1996 einen Gewinn und in den übrigen Streitjahren Verluste, die insgesamt den Gewinn des Jahres 1996 erheblich überstiegen. Das FA lehnte für alle Streitjahre den Erlass von Steuerbescheiden gegenüber der Klägerin ab. Es vertrat die Auffassung, die Klägerin sei kein steuerpflichtiges Rechtssubjekt mehr.

Mit der Beschwerde beantragt A sinngemäß, die Revision gegen das FG-Urteil zuzulassen.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

II. Die Beschwerde war als unzulässig zu verwerfen, da die Klägerin prozessunfähig ist und A entgegen seiner Behauptung nicht als gesetzlicher Vertreter für sie handeln darf.

1. Gemäß § 58 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) handeln für juristische Personen, die als solche der Besteuerung unterliegen, die nach dem bürgerlichen Recht dazu befugten Personen. Prozessunfähige wie eine juristische Person in der Rechtsform der Genossenschaft können daher nur durch ihre gesetzlichen Vertreter wirksam Prozesshandlungen vornehmen lassen. Gesetzlicher Vertreter einer Genossenschaft ist ihr Vorstand (§ 24 Abs. 1 des Genossenschaftsgesetzes).

2. Dazu hat das FG in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, dass nach dem Tod des einzigen noch verbliebenen Vorstandsmitglieds O im Jahr 1996 kein gewähltes und zur Vertretung der Klägerin befugtes Organ der Klägerin mehr vorhanden war.

A wurde durch seine Bestellung gemäß Art. 233 § 2 Abs. 3 BGBEG weder Vorstand noch Abwickler der Klägerin. Seine Vertretungsmacht beruht nicht auf einer genossenschaftsrechtlichen Grundlage. Sie wird allein von Art. 233 § 2 Abs. 3 Sätze 3 und 4 BGBEG, § 16 Abs. 4 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und den nach § 1915 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzuwendenden Vorschriften des Vormundschaftsrechts bestimmt. Zweck des Art. 233 § 2 Abs. 3 BGBEG ist es, die Handlungsfähigkeit in Bezug auf ein bestimmtes Grundstück herzustellen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 25. Oktober 2002 V ZR 243/01, Monatsschrift für Deutsches Recht 2003, 324), nicht einen gesetzlichen Vertreter einer Körperschaft zu bestellen.

3. Dass A bei Einlegung der Beschwerde erstmals angegeben hat, er vertrete die Klägerin als gesetzlicher Vertreter der Eigentümer bestimmter im Grundbuch von B eingetragener Grundstücke, ändert nichts daran, dass die Beschwerde im Namen der Klägerin von einer zu deren Vertretung nicht befugten Person eingelegt worden ist. In Anbetracht der Tatsache, dass A die Klage ausdrücklich als gesetzlicher Vertreter der Klägerin erhoben hat und er auch in der Beschwerdebegründung weiterhin die Auffassung vertreten hat, er sei zum gesetzlichen Vertreter der Klägerin bestellt worden, lässt sich die Beschwerde nicht dahin gehend auslegen, sie sei für die Grundstückseigentümer und beschränkt auf deren Eigentümerstellung erhoben worden. Zudem wäre ein solcher Beteiligtenwechsel im Beschwerdeverfahren unzulässig.

Ende der Entscheidung

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