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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 28.01.2004
Aktenzeichen: I B 210/03
Rechtsgebiete: FGO, AO 1977


Vorschriften:

FGO § 76 Abs. 1 Satz 1
FGO § 76 Abs. 1 Satz 4
FGO § 96 Abs. 1 Satz 1
FGO § 116 Abs. 3
AO 1977 § 90 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist griechischer Staatsangehöriger. Er war Geschäftsführer der X-P.E., einer Kapitalgesellschaft griechischen Rechts, die einer deutschen GmbH ähnlich ist. Diese Gesellschaft ist seit dem 9. April 1997 aufgelöst. Gesellschaftszweck der X-P.E. war die Reparatur, die Instandhaltung und die Reinigung von Schiffen. Sie führte ihre gewerbliche Tätigkeit in Deutschland und in Griechenland aus und beschäftigte zu diesem Zweck griechische Arbeitnehmer.

Im Rahmen eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wurde festgestellt, dass die X-P.E. Arbeitnehmer für Sandstrahl- und Reinigungsarbeiten beschäftigte, ohne dafür eine Lohnversteuerung vorzunehmen. Die Arbeitslöhne wurden wöchentlich bar an die Arbeitnehmer ausgezahlt.

Da die X-P.E. keine Lohnsteueranmeldungen abgab, setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) dieser gegenüber am 12. Januar 1999 entsprechende Steuerabzugsbeträge fest. Zugleich nahm er den Kläger als Haftungsschuldner in Anspruch.

Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2003, 1626 abgedruckten Urteil vom 28. Mai 2003 11 K 335/99 als unbegründet ab.

Die Revision wurde nicht zugelassen, wogegen sich der Kläger mit seiner Beschwerde wendet. Das FG sei von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12. Oktober 1999 VII R 98/98 (BFHE 190, 25, BStBl II 2000, 486) abgewichen. Danach komme eine Haftung nur in Betracht, wenn der primäre Steueranspruch noch nicht verjährt sei. Das sei hier der Fall, weil die X-P.E. im Zeitpunkt des Ergehens des Haftungsbescheides nicht mehr bestanden habe. Damit sei der Steueranspruch erloschen. Das FG-Urteil setze sich darüber hinweg und stelle allein darauf ab, dass die Steuer gegen die X-P.E. noch habe festgesetzt werden können. Darüber hinaus habe das FG § 96 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verletzt. Infolge einer --vom FG auch festgestellten-- Kontenpfändung des FA hätten nämlich tatsächlich keine Lohnsteuerrückstände der X-P.E. mehr bestanden. Schließlich sei § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verletzt worden. Das FG hätte der Frage nachgehen müssen, ob die griechischen Arbeitnehmer in Deutschland überhaupt steuerpflichtig gewesen seien. Das sei nicht der Fall, weil sie jeweils an weniger als an 183 Tagen in Deutschland gearbeitet hätten. Die Lohnsteuern seien in Griechenland auch abgeführt worden. Die Arbeitnehmer hätten als Zeugen befragt werden müssen. Jedenfalls sei das FG gehalten gewesen, nach Maßgabe von Art. XIX Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie bei der Gewerbesteuer Auskünfte der zuständigen griechischen Behörden heranzuziehen.

Das FA ist dem entgegengetreten. Die primäre Entrichtungssteuerschuld sei mit Löschung der X-P.E. keineswegs erloschen. Das übrige Vorbringen des Klägers sei unsubstantiiert.

II. Die Beschwerde ist teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet.

1. Soweit der Kläger rügt, das FG sei in der angefochtenen Entscheidung von dem Urteil des BFH in BFHE 190, 25, BStBl II 2000, 486 abgewichen, ist die Beschwerde jedenfalls unbegründet. Nach diesem Urteil setzt die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners für fremde Schuld voraus, dass der Steueranspruch (Primäranspruch) bei Erlass des Haftungsbescheides materiell-rechtlich noch besteht; auf seine formale Festsetzung kommt es nicht an. Davon ist im Streitfall auch das FG ausgegangen. Es hat die fortbestehende Existenz der Lohnsteuerabzugsverpflichtungen der X-P.E. für den streitgegenständlichen Zeitraum allerdings bejaht. Abgesehen davon, dass das FG damit nicht von dem Urteil in BFHE 190, 25, BStBl II 2000, 486 abgewichen ist, ist diese Rechtsauffassung nicht zu beanstanden. Zwar war die X-P.E. nach dem nunmehrigen Vorbringen des Klägers bereits am 30. Mai 1997 in den amtlichen Registern gelöscht. Dies hatte --entgegen der Annahme des Klägers-- jedoch nicht ihre Beendigung mit steuerrechtlicher Wirkung zur Folge. Es entspricht der Rechtsprechung des BFH, dass eine GmbH trotz ihrer Löschung im Handelsregister steuerrechtlich fortbesteht, solange sie noch steuerrechtliche Pflichten zu erfüllen hat oder gegen sie ergangene Steuerbescheide angreift (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 6. Mai 1977 III R 19/75, BFHE 122, 389, BStBl II 1977, 783, m.w.N.). Es gibt keine Veranlassung, die Rechtslage für eine ausländische Kapitalgesellschaft unterschiedlich zu beurteilen.

2. Soweit der Kläger dem FG Verfahrensmängel vorhält, ist die Beschwerde unzulässig. Es fehlt an den gemäß § 116 Abs. 3 FGO erforderlichen Darlegungen des Klägers, insbesondere dazu, weshalb er in der mündlichen Verhandlung vor dem FG nicht auf die vom ihm eingeforderte und für notwendig gehaltene Zeugenvernehmung der griechischen Arbeitnehmer von sich aus hingewirkt hat. Gleiches gilt für das ebenfalls als notwendig angesehene Auskunftsersuchen an die griechischen Steuerbehörden. Das FG hat ihn insoweit auch zu Recht auf § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) hingewiesen. Der gerügte Verstoß gegen den klaren Akteninhalt hinsichtlich der Kontenpfändung bei der X-P.E. geht ins Leere, weil das FG sich dazu (auf Seite 12 des angefochtenen Urteils) in der Sache geäußert hat. Die Rüge zielt deshalb nicht auf einen Verfahrensmangel, sondern allenfalls auf eine unrichtige Rechtsanwendung.

3. Im Übrigen ergeht dieser Beschluss ohne weitere Begründung (§ 116 Abs. 5 FGO).

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