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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 21.07.1999
Aktenzeichen: I R 110/98
Rechtsgebiete: DBA-Schweiz


Vorschriften:

DBA-Schweiz Art. 7 Abs. 1
DBA-Schweiz Art. 7 Abs. 7
DBA-Schweiz Art. 7 Abs. 8
DBA-Schweiz Art. 10 Abs. 4
DBA-Schweiz Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a
BUNDESFINANZHOF

Ist eine in Deutschland ansässige Person atypisch still an dem Unternehmen einer Schweizer Kapitalgesellschaft beteiligt, so sind die auf diese Weise erzielten Gewinnanteile Unternehmensgewinne i.S. des Art. 7 DBA-Schweiz. Diese Gewinnanteile durften bis zum Veranlagungszeitraum 1993, soweit die Schweizer Gesellschaft aktiv tätig war und ihr Gewinn innerhalb von schweizerischen Betriebstätten erzielt wurde, nicht in die Bemessungsgrundlage der deutschen Einkommensteuer einbezogen werden.

DBA-Schweiz Art. 7 Abs. 1, 7 und 8, Art. 10 Abs. 4, Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a

Urteil vom 21. Juli 1999 - I R 110/98 -

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz (EFG 1999, 175)


Gründe

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob Gewinnanteile eines in Deutschland Ansässigen aus einer atypisch stillen Beteiligung an einer Schweizer AG in die Bemessungsgrundlage der deutschen Einkommensteuer einzubeziehen oder nur im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen sind.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) war im Streitjahr (1985) am Unternehmen der Schweizer A-AG still beteiligt. Dabei sollte er nicht nur am Gewinn und Verlust, sondern auch an den stillen Reserven und am Firmenwert der A-AG partizipieren.

Im Streitjahr erzielte der Kläger aus der genannten Beteiligung einen Anteil am laufenden Gewinn der A-AG in Höhe von ca. 1,3 Mio. DM. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) rechnete in einem (geänderten) Einkommensteuerbescheid diesen Gewinn den Einkünften des Klägers aus Gewerbebetrieb zu und bezog ihn in die Bemessungsgrundlage der Steuer ein. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg: Das Finanzgericht (FG) entschied, daß nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA-Schweiz) der Gewinnanteil nur im Rahmen des Progressionsvorbehalts der deutschen Einkommensteuer unterworfen werden dürfe, und setzte die Steuer entsprechend herab (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1999, 175). Dagegen wendet sich das FA mit seiner vom FG zugelassenen Revision.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.

II.

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht entschieden, daß der streitige Gewinnanteil des Klägers im Rahmen der deutschen Besteuerung nur bei der Bemessung des Steuersatzes (Progressionsvorbehalt) berücksichtigt werden darf:

1. Das FG ist erkennbar davon ausgegangen, daß der Kläger aus abkommensrechtlicher Sicht (Art. 4 DBA-Schweiz) im Streitjahr in Deutschland ansässig war. Es hat hierzu zwar keine tatsächlichen Feststellungen getroffen. Der Senat sieht jedoch keine Veranlassung, die Richtigkeit dieser --von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogenen-- Annahme in Frage zu stellen. Einer Zurückverweisung des Rechtsstreits wegen dieses Punktes bedarf es deshalb nicht.

2. Nach Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 DBA-Schweiz werden bestimmte aus der Schweiz stammende Einkünfte einer in Deutschland ansässigen Person, die nach Art. 6 bis 21 DBA-Schweiz von der Schweiz besteuert werden dürfen, von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer ausgenommen. Zu diesen Einkünften zählen u.a. Gewinne i.S. des Art. 7 DBA-Schweiz aus der Tätigkeit einer Betriebstätte, soweit diese durch --im Abkommen selbst näher beschriebene-- "aktive" Tätigkeiten erzielt worden sind (Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Schweiz). Um solche Gewinne handelt es sich bei den vom Kläger erzielten Erträgen aus der atypisch stillen Beteiligung am Unternehmen der A-AG:

a) Das FG hat festgestellt, daß der Kläger im Rahmen seiner stillen Beteiligung nicht nur am Gewinn und Verlust der A-AG, sondern auch an den stillen Reserven und am Geschäftswert des von dieser betriebenen Unternehmens teilhatte. Demgemäß handelte es sich um eine atypisch stille Beteiligung an einem gewerblichen Unternehmen, die aus der Sicht des deutschen Einkommensteuerrechts zu Einkünften des Klägers nicht aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes --EStG--), sondern aus Gewerbebetrieb führt (vgl. hierzu Schmidt, Einkommensteuergesetz, 18. Aufl., § 15 Rz. 340 f., m.w.N.). Hierüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit, weshalb der Senat auf weitere Ausführungen zu dieser Frage verzichtet.

b) Der Gewinnanteil des Klägers aus der atypisch stillen Beteiligung unterliegt aus abkommensrechtlicher Sicht der Regelung in Art. 7 DBA-Schweiz. Er ist einer Schweizer Betriebstätte des vom Kläger betriebenen Unternehmens zuzuordnen und darf deshalb gemäß Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz in der Schweiz besteuert werden:

aa) Der Begriff des "Unternehmensgewinns", auf den sich die Regelung in Art. 7 Abs. 1 DBA-Schweiz bezieht, ist im DBA selbst nicht definiert. Art. 7 Abs. 7 DBA-Schweiz bestimmt jedoch, daß Art. 7 auch für Einkünfte aus einer Personengesellschaft gilt. Zu den Personengesellschaften im abkommensrechtlichen Sinne zählt unter anderem die atypisch stille Gesellschaft (Senatsurteil vom 23. Oktober 1996 I R 10/96, BFHE 182, 51, BStBl II 1997, 313, 314). Demgemäß unterfallen Gewinnanteile aus einer atypisch stillen Beteiligung immer dann dem Anwendungsbereich des Art. 7 DBA-Schweiz, wenn sich die Beteiligung auf ein Unternehmen bezieht, das seinerseits Unternehmensgewinne i.S. des Art. 7 Abs. 1 DBA-Schweiz erzielt. Davon kann aufgrund der Feststellungen des FG bei der A-AG ausgegangen werden. Hieraus folgt, daß es sich bei den Beteiligungserträgen des Klägers --in der Terminologie des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA-Schweiz-- um Gewinne i.S. des Art. 7 handelt.

bb) Der Gewinnanteil des Klägers kann, wie Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA-Schweiz weiter verlangt, in der Schweiz besteuert werden. Das Besteuerungsrecht der Schweiz ergibt sich aus Art. 7 Abs. 7 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz, da die atypisch stille Beteiligung des Klägers an dem Unternehmen der A-AG eine Betriebstätte des Klägers in der Schweiz begründet und der Beteiligungsertrag dieser Betriebstätte zuzurechnen ist:

aaa) Der Begriff "Betriebstätte", an den Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz anschließt, wird durch Art. 5 DBA-Schweiz definiert. Hiernach ist Betriebstätte jede feste Geschäftseinrichtung, in der die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Dabei ist, wenn es um das Unternehmen einer Personengesellschaft geht, jede Betriebstätte der Gesellschaft als Betriebstätte des von dem einzelnen Gesellschafter betriebenen Unternehmens anzusehen (Senatsurteile vom 29. Januar 1964 I 153/61 S, BFHE 78, 428, BStBl III 1964, 165; vom 30. August 1995 I R 112/94, BFHE 179, 48, BStBl II 1996, 563, 564; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, MA Art. 5 Rz. 44; Schaumburg, Internationales Steuerrecht, 2. Aufl., Anm. 16.238, m.w.N.).

bbb) Ob diese Grundsätze auch im Zusammenhang mit atypisch stillen Beteiligungen gelten, ist allerdings in der Literatur streitig. Es wird nämlich die Ansicht vertreten, daß eine solche Beteiligung aus abkommensrechtlicher Sicht generell keine Betriebstätte des stillen Gesellschafters begründen könne, weil sie ihrer Art nach lediglich "Forderung" im Sinne des Zinsartikels sei (Wassermeyer, Internationales Steuerrecht --IStR-- 1995, 49, 51; a.A. Breuninger/Prinz, Deutsches Steuerrecht 1995, 927, 929; Schmidt, IStR 1996, 213, 217 ff.; Schnieder, IStR 1999, 392, 397; Vogel, DBA-Kommentar, 3. Aufl., Art. 7 Rz. 40, m.w.N.). Im vorliegenden Fall kann offenbleiben, ob der Senat dem allgemein oder zumindest in bezug auf einzelne Abkommen beipflichten könnte. Speziell im Hinblick auf das DBA-Schweiz scheidet eine solche Beurteilung schon deshalb aus, weil dieses DBA die atypisch stille Beteiligung gerade nicht (nur) als Forderung, sondern als Personengesellschaft begreift (oben aa). Damit korrespondiert zwangsläufig die Möglichkeit, im Rahmen dieser Beteiligung eine Betriebstätte zu begründen. Jede andere Handhabung wäre mit der vom Abkommen vorgegebenen systematischen Einordnung der atypisch stillen Gesellschaft nicht vereinbar.

In dieser Einschätzung sieht sich der Senat durch den Umstand bestätigt, daß die Qualifizierung der atypisch stillen Beteiligung als "Forderung" --mit der Folge der Anwendbarkeit des Art. 11 DBA-Schweiz-- im Ergebnis einen Wertungswiderspruch zu der in Art. 10 DBA-Schweiz getroffenen Regelung auslösen würde. Sie liefe nämlich darauf hinaus, daß bei atypisch stiller Beteiligung einer in Deutschland ansässigen Person an einem Schweizer Unternehmen die Bundesrepublik ein ausschließliches Besteuerungsrecht hätte (Art. 11 Abs. 1 DBA-Schweiz), während andererseits Art. 10 Abs. 2 DBA-Schweiz in bezug auf typisch stille Beteiligungen (vgl. Art. 10 Abs. 4 DBA-Schweiz) in dieser Konstellation die Schweiz zur Erhebung einer Quellensteuer berechtigt (Art. 10 Abs. 2 DBA-Schweiz). Die Folge wäre mithin, daß das von Art. 10 vorgegebene Quellenbesteuerungsrecht der Schweiz bei einer mitunternehmerisch ausgestalteten --und damit intensiveren-- Betätigung in der Schweiz würde weichen müssen. Eine solche Lösung würde nicht nur die bisherige langjährige Vertragspraxis einseitig zu Lasten der Schweiz verändern (vgl. FW, IStR 1999, 118, 119), sondern wäre auch von der Interessenlage her kaum sachgerecht. Dies spricht ebenfalls gegen die Annahme, daß die atypisch stille Beteiligung abkommensrechtlich lediglich Forderung sei und deshalb nicht zur Entstehung einer Betriebstätte führen könne.

Schließlich ist in diesem Zusammenhang Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 DBA-Schweiz zu beachten, der durch das Änderungsprotokoll vom 21. Dezember 1992 (BGBl II 1993, 1888) mit Wirkung zum Veranlagungszeitraum 1994 in das Abkommen aufgenommen worden ist. Die genannte Vorschrift betrifft die Vermeidung der Doppelbesteuerung und besagt, daß die Steuerfreistellung gemäß Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Schweiz nicht gilt, wenn es um Einkünfte aus einer stillen Beteiligung als Mitunternehmer an einem in der Schweiz ansässigen Unternehmen geht und diese Einkünfte in der Schweiz nicht nach Art. 7 besteuert werden. Sie baut ersichtlich auf dem Gedanken auf, daß es sich bei den dort genannten Einkünften um solche handelt, die ohne die getroffene Sonderregelung in den Anwendungsbereich des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Schweiz fallen würden. Jene Vorschrift aber knüpft wiederum an das Vorliegen von Unternehmensgewinnen i.S. des Art. 7 DBA-Schweiz an, woraus sich ohne weiteres ergibt, daß es sich nach dem Verständnis des Abkommens bei Erträgen aus einer mitunternehmerisch ausgestalteten stillen Beteiligung um solche Gewinne handelt. Auch dies steht der Annahme, daß eine solche Beteiligung lediglich "Forderung" und also nach Art. 11 DBA-Schweiz zu behandeln sei, entgegen.

Die Regelung in Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 DBA-Schweiz ist zwar erst nach dem Streitjahr in Kraft getreten. Sie kann jedoch, da für eine grundlegende systematische Umorientierung keine Anhaltspunkte bestehen, auch für die Beurteilung der in der Vergangenheit --und insbesondere im Streitjahr-- bestehenden Rechtslage herangezogen werden. Der Ansicht, daß die abkommensrechtliche Neuregelung in bezug auf das vorher geltende Recht ohne Aussagekraft sei (FG Hamburg, Urteil vom 14. November 1995 VII 46/93, EFG 1996, 240), vermag der Senat sich nicht anzuschließen. Dasselbe gilt erst recht für die Annahme des FA, daß die abkommensrechtliche Neuregelung lediglich klarstellenden Charakter habe.

ccc) Im Streitfall sind hiernach diejenigen Betriebstätten der A-AG, die im Rahmen der stillen Gesellschaft mit dem Kläger genutzt worden sind, zugleich als Betriebstätten des Klägers anzusehen. Das gilt ungeachtet dessen, daß eine Einrichtung nur demjenigen als Betriebstätte zugerechnet werden kann, der über sie eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht hat (Senatsurteile vom 11. Oktober 1989 I R 77/88, BFHE 158, 499, BStBl II 1990, 166; vom 16. Mai 1990 I R 113/87, BFHE 161, 358, BStBl II 1990, 983, 984; Schaumburg, IStR, m.w.N.). Zwar hat bei der atypisch stillen Gesellschaft der still Beteiligte --zumindest nach deutschem Recht-- zivilrechtlich keinen unmittelbaren Anteil an dem Vermögen des Beteiligungsunternehmens (vgl. § 230 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs). Doch besagt das Erfordernis der Verfügungsmacht im Zusammenhang mit Personengesellschaften lediglich, daß die betreffende Einrichtung für die mitunternehmerische Betätigung zur Verfügung stehen muß; ist dies der Fall, so wird sie --bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der Betriebstätteneigenschaft-- abkommensrechtlich jedem Gesellschafter als Betriebstätte "seines" Unternehmens zugerechnet (Senatsurteil vom 26. Februar 1992 I R 85/91, BFHE 168, 52, BStBl II 1992, 937, 938). Das gilt auch dann, wenn die Einrichtung tatsächlich nur von einem der anderen Mitunternehmer für die gemeinsamen Zwecke genutzt wird (vgl. Senatsurteil vom 2. Dezember 1992 I R 165/90, BFHE 170, 224, BStBl II 1993, 577; Wassermeyer in Debatin/Wassermeyer, a.a.O., Art. 5 Rz. 44). Diese Regel muß für die atypisch stille Gesellschaft, die sowohl nach innerstaatlichem deutschem Recht als auch abkommensrechtlich den Personengesellschaften zuzurechnen ist, entsprechend gelten (ebenso Buciek in Flick/Wassermeyer/Wingert/ Kempermann, DBA Deutschland-Schweiz, Art. 7 Anm. 185; ähnlich Müller, IStR 1996, 266, 270 ff., und Schnieder, IStR 1999, 392, 394). Sie bewirkt in dieser Konstellation, daß alle Betriebstätten des Beteiligungsunternehmens zugleich Betriebstätten des atypisch still Beteiligten sind; das Fehlen einer unmittelbaren Vermögensbeteiligung des stillen Gesellschafters wird gleichsam durch dessen Mitwirkungsrechte und seine Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens überspielt (vgl. hierzu auch Urteil des Bundesfinanzhofs vom 2. Oktober 1997 IV R 75/96, BFHE 184, 418, BStBl II 1998, 137). Demgemäß kann das Erfordernis der Verfügungsmacht nichts daran ändern, daß dem atypisch still Beteiligten die Betriebstätten des Beteiligungsunternehmens zuzurechnen sind.

ddd) Bei der A-AG, an deren Unternehmen die Beteiligung des Klägers bestand, handelte es sich um eine in der Schweiz ansässige Gesellschaft. Anhaltspunkte dafür, daß die Beteiligungserträge --vollständig oder teilweise-- außerhalb von schweizerischen Betriebstätten erwirtschaftet worden sind, ergeben sich aus den Feststellungen des FG nicht und sind auch vom FA nicht geltend gemacht worden. Deshalb ist davon auszugehen, daß die genannten Erträge ausnahmslos auf in der Schweiz belegene Betriebstätten entfallen, die dem Kläger kraft seiner Mitunternehmerstellung zuzurechnen sind. Das führt zur Anwendung des Art. 7 Abs. 7 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz, der der Schweiz eine Besteuerung der Erträge gestattet.

c) Eine abweichende Beurteilung der abkommensrechtlichen Lage ergibt sich nicht aus Art. 7 Abs. 8 DBA-Schweiz. Nach dieser Vorschrift ist zwar auf Einkünfte, die in anderen Artikeln des Abkommens behandelt werden, vorrangig der jeweils einschlägige andere Artikel anzuwenden. Doch könnte sie im Streitfall nur insoweit einschlägig sein, als der Gewinnanteil des Klägers als Dividende der Regelung in Art. 10 DBA-Schweiz unterfallen könnte. Selbst wenn dies der Fall wäre, würde aber jedenfalls die in Art. 10 Abs. 5 DBA-Schweiz enthaltene Rückverweisung wiederum zur Anwendung des Art. 7 DBA-Schweiz führen:

Art. 10 Abs. 4 DBA-Schweiz unterwirft die Einnahmen eines stillen Gesellschafters --zumindest unter bestimmten Voraussetzungen-- dem abkommensrechtlichen Dividendenbegriff. Ob die dort getroffene Regelung auch den Fall der atypisch stillen Beteiligung erfaßt (in diesem Sinne wohl Zwosta in Debatin/ Wassermeyer, a.a.O., Schweiz, Art. 10 Rz. 83) oder ob sich ihr Anwendungsbereich auf den Fall der typisch stillen Beteiligung beschränkt (so z.B. Wingert/Strohner in Flick/Wassermeyer/ Wingert/Kempermann, a.a.O., Art. 10 Anm. 122), wird im Schrifttum unterschiedlich beurteilt. Der Senat muß dieser Frage im vorliegenden Verfahren nicht im einzelnen nachgehen. Denn selbst wenn sie im erstgenannten Sinne zu beantworten wäre, griffe hier jedenfalls Art. 10 Abs. 5 DBA-Schweiz ein, der wegen der abkommensrechtlichen Behandlung von Betriebstättenerträgen auf Art. 7 DBA-Schweiz zurückverweist.

Nach der genannten Vorschrift sind auf Einkünfte, die dem Grunde nach den Dividenden im abkommensrechtlichen Sinne zugehören, in bestimmten Fällen statt der für Dividenden geltenden Abkommensregelungen (Art. 10 Abs. 1 bis 3 DBA-Schweiz) diejenigen in Art. 7 des Abkommens anzuwenden. Voraussetzung hierfür ist, daß der Dividendenempfänger in dem einen und die zahlende Gesellschaft in dem anderen Vertragsstaat ansässig ist und daß die die Dividende auslösende Beteiligung tatsächlich zu einer Betriebstätte gehört, die der Dividendenempfänger im Ansässigkeitsstaat der Gesellschaft hat. Diese Situation liegt im Streitfall vor. Das gilt insbesondere insoweit, als der Gewinnanteil des Klägers aus seiner atypisch stillen Beteiligung "tatsächlich" zu seiner in der Schweiz befindlichen Betriebstätte gehört:

Der Begriff der "tatsächlichen Zugehörigkeit" von Wirtschaftsgütern und insbesondere von Beteiligungen zu einer Betriebstätte wird zwar im DBA-Schweiz nicht definiert. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats gehört jedoch ein Wirtschaftsgut jedenfalls dann "tatsächlich" zu einer Betriebstätte, wenn es erstens aus der Sicht der Betriebstätte einen Aktivposten bildet (vgl. hierzu Senatsurteile vom 27. Februar 1991 I R 15/89, BFHE 164, 38, BStBl II 1991, 444; vom 31. Mai 1995 I R 74/93, BFHE 178, 74, BStBl II 1995, 683, 685; vom 27. Februar 1992 I R 96/89, BFH/NV 1992, 385, 387) und zweitens in einem funktionalen Zusammenhang mit der Betriebstättentätigkeit steht (hierzu im einzelnen Senatsurteile in BFHE 179, 48, BStBl II 1996, 563, 565, und vom 23. Oktober 1996 I R 10/96, BFHE 182, 51, BStBl II 1997, 313, 314). Beide Voraussetzungen hat der Senat als vorliegend angenommen, als es darum ging, bei einer GmbH & Co. KG den Anteil des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH der durch die KG gebildeten Betriebstätte des Kommanditisten zuzuordnen (Urteil in BFHE 168, 52, BStBl II 1992, 937, 939). Dann kann aber für die vorliegend zu beurteilende Konstellation nichts anderes gelten: Wenn bei einer Mitunternehmerschaft sogar die Beteiligung an einer der Mitunternehmerschaft dienenden anderen Gesellschaft "tatsächlich" zu der Betriebstätte des Mitunternehmers gehört, muß erst recht die Beteiligung an der Mitunternehmerschaft selbst als dieser Betriebstätte zugehörig angesehen werden. Gerade darum aber geht es im Streitfall, in dem deshalb die atypisch stille Beteiligung "tatsächlich" zu der Schweizer Betriebstätte des Klägers gehört. Das wiederum führt wegen Art. 10 Abs. 5 DBA-Schweiz dazu, daß das Besteuerungsrecht für die Beteiligungserträge sich selbst dann nach Art. 7 DBA-Schweiz richtet, wenn diese Erträge als Dividenden i.S. des Art. 10 DBA-Schweiz zu qualifizieren sein sollten.

d) Im Ergebnis ist hiernach der Gewinn des Klägers aus der atypisch stillen Beteiligung einerseits Unternehmensgewinn i.S. des Art. 7 DBA-Schweiz und andererseits wegen Art. 7 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz dem Besteuerungsrecht der Schweiz unterworfen. Hieraus ergibt sich für die deutsche Besteuerung die Rechtsfolge des Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a DBA-Schweiz. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn und soweit der Gewinn nicht aus einer der in der Vorschrift genannten ("aktiven") Tätigkeiten resultieren sollte; derartiges ist aber weder vom FG festgestellt noch vom FA geltend gemacht worden. Demgemäß ist --in Übereinstimmung mit dem FG-- davon auszugehen, daß die im Streitjahr erzielten Beteiligungseinkünfte des Klägers unter Progressionsvorbehalt von der deutschen Einkommensteuer freizustellen sind.

3. Dieser Beurteilung steht die Entscheidung des Senats in BFHE 182, 51, BStBl II 1997, 313 nicht entgegen. Dort hat der Senat zwar die Gewinnanteile eines in Deutschland Ansässigen, der an einem Seeschiffahrt betreibenden schweizerischen Unternehmen atypisch still beteiligt war, als nicht von der deutschen Einkommensteuer befreit angesehen. Diese Handhabung beruhte jedoch allein darauf, daß jene Beteiligung nicht Art. 7, sondern Art. 8 DBA-Schweiz unterfiel und daß die nach Art. 8 zu beurteilenden Einkünfte von Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 DBA-Schweiz nicht erfaßt werden. In diesem Punkt unterscheidet sich der seinerzeit entschiedene Fall von dem vorliegenden, in dem die Einkünfte des Klägers aus abkommensrechtlicher Sicht Art. 7 DBA-Schweiz unterliegen. Deshalb treffen die damals entscheidungstragenden Erwägungen die hier vorliegende Gestaltung nicht.

Ende der Entscheidung

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