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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 27.04.2000
Aktenzeichen: I R 12/98
Rechtsgebiete: KStG


Vorschriften:

KStG § 4 Abs. 3
KStG § 4 Abs. 1
KStG § 8 Abs. 1
EStG § 5 Abs. 1
KStG § 4 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betrieb u.a. in den Jahren 1985 bis 1987 (Streitjahre) in der Form eines kommunalen Eigenbetriebs ein Wasserwerk. Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 4 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist die Klägerin in den Streitjahren hinsichtlich dieses Betriebs gewerblicher Art unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Den durch das Wasserwerk erzielten Gewinn ermittelte die Klägerin durch Vermögensvergleich.

1983 bewilligte das Land Nordrhein-Westfalen (NW) der Klägerin zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen als Landeszuweisung einen Zuschuss zu den Erschließungskosten eines Gewerbegebiets. Den Zuschuss durfte die Klägerin nach dem Zuwendungsbescheid vom 22. Juni 1983 nur zur Erfüllung des Zuwendungszwecks verwenden. Von dem Zuschuss entfielen 27 780 DM auf die Investitionen zur Wasserversorgung des Erschließungsgebiets. Die Klägerin führte diesen Teil des Zuschusses 1985 erfolgsneutral der Kapitalrücklage ihres Wasserwerks zu. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) vertrat dagegen die Ansicht, die aktivierten Herstellungskosten des Wasserleitungsnetzes des Eigenbetriebs seien um diesen als öffentlichen Investitionszuschuss zu beurteilenden Betrag zu kürzen und dies führe zur Minderung der Absetzungen für Abnutzungen (AfA) um 1 041 DM (1985), 2 005 DM (1986) und 1 854 DM (1987). Er erließ für die Streitjahre einen Körperschaftsteuersammelbescheid, dem diese Rechtsauffassung zugrunde liegt. Einspruch und Klage waren erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1998, 591 veröffentlicht.

Mit der Revision macht die Klägerin geltend, das FG-Urteil verletze § 4 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG.

Sie beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und den Körperschaftsteuerbescheid dahingehend abzuändern, dass die Steuer für 1985 um 521 DM, für 1986 um 1 003 DM und für 1987 um 927 DM herabgesetzt wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Summe von 27 780 DM, die die Klägerin 1985 wegen der Investitionen ihres Wasserwerks zur Erschließung des Gewerbegebiets erhielt, mindert die Herstellungskosten des Leitungsnetzes des Wasserwerks. Das FA hat daher die AfA zu Recht um die streitigen Beträge gekürzt.

1. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats erhöhen Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln für betriebliche Investitionen in Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (sog. Investitionszuschüsse) bei bilanzierenden Steuerpflichtigen grundsätzlich gemäß § 4 Abs. 1 bzw. § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) --ggf. i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG-- im Jahr ihrer Gewährung als Betriebseinnahmen das Betriebsvermögen des Zuschussempfängers und den Gewinn des betreffenden Jahres (s. Senatsentscheidungen vom 19. Juli 1995 I R 56/94, BFHE 179, 19, BStBl II 1996, 28, mit Hinweisen auf abweichende Rechtsauffassungen in Literatur und Rechtsprechung; vom 6. Dezember 1996 I B 40/96, BFH/NV 1997, 474; ebenso Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. Januar 1992 X R 23/89, BFHE 167, 69, BStBl II 1992, 488; s.a. BFH-Urteile vom 26. November 1996 VIII R 58/93, BFHE 182, 85, BStBl II 1997, 390; vom 23. März 1995 IV R 58/94, BFHE 177, 385, BStBl II 1995, 702; vom 26. März 1991 IX R 104/86, BFHE 164, 263, BStBl II 1992, 999). Den Steuerpflichtigen steht jedoch ein Wahlrecht zu, die Sofortversteuerung des Zuschusses dadurch zu vermeiden, dass sie die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der bezuschussten Wirtschaftsgüter um den Zuschuss mindern (s. Abschn. 34 Abs. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien --EStR-- 1984; jetzt R 34 Abs. 2 EStR; zur Rechtsgrundlage des Wahlrechts s. Urteile in BFHE 167, 69, BStBl II 1992, 488; in BFHE 179, 19, BStBl II 1996, 28).

2. Der Zuschuss, den das Land NW der Klägerin zu den ihr entstandenen Erschließungskosten des Gewerbegebiets gewährte, war nach den tatsächlichen Feststellungen des FG --die für den erkennenden Senat bindend sind (§ 118 Abs. 2 FGO)-- in Höhe eines Teilbetrags von 27 780 DM ein öffentlicher Investitionszuschuss im Sinne der Senatsrechtsprechung. Das Land gewährte der Klägerin den Zuschuss hinsichtlich dieses Teilbetrages, damit und weil die Klägerin die zur Erschließung des Gewerbegebiets erforderlichen Investitionen ihres Wasserwerks vornahm.

3. Der erkennende Senat teilt nicht die Auffassung der Klägerin, die Erschließung des Gewerbegebiets sei insgesamt eine auch steuerrechtlich als hoheitliche Tätigkeit zu beurteilende Maßnahme gewesen und daher sei auch die Gewährung des die Wasserversorgung betreffenden Teil des Zuschusses nicht durch den Betrieb des kommunalen Wasserwerks veranlasst.

a) Die Wasserversorgung durch juristische Personen des öffentlichen Rechts ist ein Betrieb gewerblicher Art (§ 4 Abs. 3 KStG; Senatsurteil vom 30. November 1989 I R 79-80/86, BFHE 159, 331, BStBl II 1990, 452). Dies schließt es aus, die mit der kommunalen Wasserversorgung zusammenhängenden Erschließungstätigkeiten von Gemeinden steuerrechtlich dem Hoheitsbereich (s. § 4 Abs. 5 KStG) und nicht dem Bereich der Betriebe gewerblicher Art zuzuordnen, mit deren Einkommen die Gemeinden der Besteuerung unterliegen. Folglich sind auch Zuschüsse, die eine Gemeinde für Investitionen im Bereich der gemeindlichen Wasserversorgung erhält, durch den Betrieb gewerblicher Art Wasserversorgung veranlasst und erhöhen grundsätzlich den durch diesen Betrieb erzielten Gewinn (s. Senatsbeschluss in BFH/NV 1997, 474). Ob der durch die Investitionen des Betriebs veranlasste Zuschuss von der Gemeinde --wie im Streitfall-- zunächst im allgemeinen Haushalt vereinnahmt und erst aufgrund einer internen Umbuchung dem Betrieb zugeordnet wird, ist steuerrechtlich unerheblich. Aufgrund des von Anfang an bestehenden Anlasses der Zuschussgewährung durch den Betrieb bewirkt die Umbuchung keine Einlage der Gemeinde aus ihrem nicht der Besteuerung unterliegenden Bereich in ihren Betrieb gewerblicher Art.

b) Dass die den Zuschuss bewilligende Landesbehörde 1992 die erfolgsneutrale Zuführung des die Wasserversorgung betreffenden Zuschussbetrags zum Eigenkapital des Wasserwerks "in Anlehnung an § 22 Abs. 3 Satz 5 der Eigenbetriebsverordnung" für das Land NW (s. Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen --GVBl NW-- 1988, 641) billigte, ist allenfalls gebührenrechtlich von Bedeutung. Steuerrechtlich gehen die Vorschriften des EStG und des KStG denen der Eigenbetriebsverordnung vor. Zudem galt im Streitjahr 1985 noch die Eigenbetriebsverordnung vom 22. Dezember 1953 (GVBl NW 1953, 435) i.d.F. der Verordnung zur Änderung der Eigenbetriebsverordnung vom 3. September 1984 (GVBl NW 1984, 568). Diese sah noch keine Zuführung von Kapitalzuschüssen der öffentlichen Hand, die die Gemeinden für Eigenbetriebe erhalten, zum Eigenkapital des Eigenbetriebs vor (s. § 20 Abs. 6 der Eigenbetriebsverordnung vom 22. Dezember 1953). Erst durch die Verordnung zur Änderung der Eigenbetriebsverordnung vom 17. Juli 1987 (GVBl NW 1987, 290) wurde als § 20 Abs. 3 Satz 5 in die Eigenbetriebsverordnung eine Regelung eingefügt, nach der solche Zuschüsse dem Eigenkapital des Eigenbetriebs zuzuführen sind, soweit die den Zuschuss bewilligende Stelle nichts Gegenteiliges bestimmt (so auch § 22 Abs. 3 Satz 5 der Eigenbetriebsverordnung i.d.F. der Bekanntmachung vom 1. Juni 1988, GVBl NW 1988, 324).

4. Der die Wasserversorgung betreffende Zuschussbetrag von 27 780 DM minderte die Herstellungskosten des Leitungsnetzes des Wasserwerks. Nach den Feststellungen des FG ist davon auszugehen, dass die Klägerin ihr Wahlrecht, die Sofortversteuerung des die Wasserversorgung betreffenden Zuschusses im Jahr 1985 durch eine Minderung der Anschaffungs- und Herstellungskosten der bezuschussten Wirtschaftsgüter zu vermeiden, ausgeübt hat.

Die Klägerin wollte erkennbar eine Versteuerung des betreffenden Zuschusses vermeiden. Falls der Zuschuss nicht als Einlage behandelt wird, konnte sie zwar nicht die Versteuerung, aber zumindest die Sofortversteuerung dadurch vermeiden, dass sie ihr genanntes Wahlrecht ausübte. Darauf hat das FG die Klägerin hingewiesen. Die Klägerin hat dem nicht widersprochen. Aus diesem Verhalten hat das FG den möglichen und für den erkennenden Senat bindenden Schluss gezogen, die Klägerin habe für den Fall, dass der Zuschuss nicht als Einlage zu behandeln sei, das Wahlrecht ausgeübt.

Ende der Entscheidung

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