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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 07.08.2002
Aktenzeichen: I R 2/02
Rechtsgebiete: KStG


Vorschriften:

KStG § 8 Abs. 3 Satz 2
1. Eine vGA setzt voraus, dass die Unterschiedsbetragsminderung bei der Körperschaft die Eignung hat, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen.

2. Beiträge, die eine GmbH für eine Lebensversicherung entrichtet, die sie zur Rückdeckung einer ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer zugesagten Pension abgeschlossen hat, stellen auch dann keine vGA dar, wenn die Pensionszusage durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist.


Gründe:

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH mit abweichendem Wirtschaftsjahr zum 30. Juni, stellte ihren beiden damaligen, je hälftig beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführern in den Anstellungsverträgen vom 1. September 1991 jeweils eine Altersversorgung in Aussicht, die mit Abschluss entsprechender Rückdeckungsversicherungen wirksam werden sollte. Sie bildete hiernach in den Streitjahren 1993 und 1994 eine Pensionsrückstellung. Die zunächst auch im Streitjahr 1995 gebildete Rückstellung wurde noch innerhalb dieses Jahres aufgelöst, weil die Gesellschafter-Geschäftsführer auf die ihnen erteilten Zusagen wegen der verschlechterten Ertragslage der Klägerin verzichtet hatten. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) sah die Zuführungen zu der Rückstellung ebenso wie die Beitragszahlungen für die Versicherungen als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) an; es fehle am Abwarten angemessener Probezeiten vor Erteilung der Pensionszusagen. Er erließ entsprechende Steuerbescheide.

Die dagegen gerichtete Klage, mit der die Klägerin sich gegen die körperschaftsteuerliche Behandlung der Versicherungsbeiträge wandte, blieb erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 712 abgedruckt.

Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragt sinngemäß, das FG-Urteil aufzuheben und die angefochtenen Bescheide dahin zu ändern, dass die Hinzurechnung der Versicherungsbeiträge als vGA rückgängig gemacht wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur anderweitigen Steuerfestsetzung und Steuerfeststellung. Das FG hat in den Beiträgen, die von der Klägerin für die von ihr abgeschlossenen Rückdeckungsversicherungen gezahlt wurden, zu Unrecht vGA gesehen.

Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Urteil vom 16. März 1967 I 261/63, BFHE 89, 208, BStBl III 1967, 626). Deshalb ist jedoch nicht jede durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Unterschiedsbetragsminderung eine vGA. Die Annahme einer vGA setzt zusätzlich voraus, dass die Unterschiedsbetragsminderung bei der Körperschaft die Eignung hat, beim Gesellschafter einen sonstigen Bezug i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen.

Die im Streitfall in Rede stehenden Beiträge für die Lebensversicherungen stellen hiernach keine vGA dar.

Diese Versicherungen wurden abgeschlossen, um das finanzielle Risiko der den beiden Gesellschafter-Geschäftsführern der Klägerin gegebenen Versprechen auf Gewährung einer Altersversorgung abzusichern. Versicherungsnehmerin und Bezugsberechtigte der Versicherungen ist die Klägerin, es sind dies nicht die Begünstigten der Pensionszusagen. Die Ansprüche aus den Versicherungen sind deshalb in der Bilanz der Klägerin entsprechend zu aktivieren (vgl. Bundesfinanzhof --BFH--, Urteil vom 28. Juni 2001 IV R 41/00, BFHE 196, 94, BFH/NV 2001, 1649, m.w.N.; R 41 Abs. 24 der Einkommensteuer-Richtlinien); sie sind nicht mit den Pensionsverbindlichkeiten zu saldieren (Grundsatz der Einzelbewertung, vgl. § 252 Abs. 1 Nr. 3; Verrechnungsverbot, § 246 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs --HGB--; BFH, ebenda; Reuter, GmbH-Rundschau --GmbHR-- 1997, 1125). Zugleich stellen die Versicherungsbeiträge Betriebsausgaben dar. Dies gilt auch dann, wenn die Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen körperschaftsteuerrechtlich ganz oder teilweise als vGA zu qualifizieren sind.

Vielmehr bleibt es unbeschadet dessen dabei, dass durch die Beiträge Versicherungsansprüche finanziert werden, die ausschließlich der Klägerin selbst, nicht aber den Pensionsberechtigten zustehen. Die Versicherungen dienen unabhängig davon, aus welchem Grunde sie abgeschlossen wurden, als Finanzierungsmaßnahme (vgl. auch Oberfinanzdirektion --OFD-- Kiel, Verfügung vom 25. September 2000, GmbHR 2000, 1171 zur Finanzierung einer vGA mittels Fremdkapital und zu der entsprechenden steuerlichen Behandlung der Zinsen), ggf. (auch) als Quelle zur Erzielung eigener Einkünfte der Kapitalgesellschaft (vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG; vgl. auch BFH-Urteil vom 25. Mai 1999 VIII R 59/97, BFHE 188, 569, BStBl II 2001, 226 zu Schuldzinsen). Ihnen fehlt jedenfalls dann, wenn sie nicht aus Gründen der Insolvenzsicherung an den begünstigten Gesellschafter-Geschäftsführer verpfändet oder abgetreten werden (vgl. dazu Höfer, Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung --BetrAVG--, Bd. I: Arbeitsrecht, Rz. 2985 ff.), die für die Annahme einer vGA erforderliche Eignung, sich für den Gesellschafter als Zuwendung eines korrespondierenden vermögensmäßigen Vorteils darzustellen. Der Abschluss einer Rückdeckungsversicherung liegt insoweit im betrieblichen Interesse (im Ergebnis ebenso OFD Chemnitz, Verfügung vom 9. August 1999, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1999, 1696; FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. April 2000 6 K 1198/98, nicht veröffentlicht; FG Köln, Urteil vom 26. November 1998 13 K 147/96, EFG 1999, 349; s. auch Senatsurteile vom 5. Juni 1962 I 221/60 U, BFHE 75, 407, BStBl III 1962, 416; vom 4. April 1963 I 24/61, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1963, 298; Reuter, GmbHR 1997, 1125, 1127; Götz, DStR 1998, 1946; Gosch, DStR 2001, 882, 888, und Steuerliche Betriebsprüfung 2002, 281, 283; vgl. demgegenüber abgrenzend zur Rechtslage bei Personengesellschaften BFH-Urteil in BFHE 196, 94, BFH/NV 2001, 1649; Paus, Finanz-Rundschau 2002, 75).

Da die Vorinstanz eine andere Auffassung als der erkennende Senat vertreten hat, war ihr Urteil aufzuheben. Die angefochtenen Steuerbescheide sind antragsgemäß zu ändern. Die Ermittlung und Berechnung der festzusetzenden und festzustellenden Beträge wird dem FA nach Maßgabe der Gründe dieser Entscheidung überlassen (§ 100 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Ende der Entscheidung

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