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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 20.10.2004
Aktenzeichen: I R 7/04
Rechtsgebiete: KStG, FGO


Vorschriften:

KStG § 8 Abs. 3 Satz 2
KStG § 27 Abs. 3 Satz 2
KStG § 47
FGO § 107
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Gegenstand des Unternehmens der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, ist die thermische Sanierung von kontaminiertem Erdaushub und Bauschutt; sie betrieb seit November 1994 eine Rauchgasreinigungsanlage. Ihre alleinige Gesellschafterin war die in den Niederlanden ansässige B-BV. Zwischen beiden Gesellschaften bestanden Lizenzverträge, die der Klägerin die Nutzung bestimmter Techniken gestatteten. Die Klägerin schloss mit der B-BV, deren niederländischer Alleingesellschafterin und anderen konzernverbundenen Unternehmen in den Streitjahren 1995 und 1996 diverse Darlehensverträge über insgesamt rd. 35 Mio. DM, mittels derer der B-BV der Betrieb einer Rückstandsverbrennungsanlage ermöglicht werden sollte.

Zum 31. Dezember 1995 wies die Klägerin einen Jahresüberschuss von 234 418 DM aus. In ihrem Umlaufvermögen waren Darlehensforderungen gegen verbundene Unternehmen in Höhe von 4 428 681 DM enthalten. Zum 31. Dezember 1996 belief sich das Jahresergebnis auf null. Die Forderungen aus den Darlehen wurden mit 30 800 583,60 DM ausgewiesen.

Nachdem der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) zunächst erklärungsgemäß veranlagt hatte, erkannte er die Darlehensausleihungen in der Folgezeit wegen fehlender Besicherungen und daraus abzuleitender gesellschaftlicher Veranlassung der getroffenen Vereinbarungen steuerlich nicht an. Im Hinblick auf die in den Streitjahren abgeflossenen Darlehensbeträge sei deshalb die Ausschüttungsbelastung herzustellen.

Die Klage gegen die hiernach geänderten Steuerbescheide blieb erfolglos. Das Sächsische Finanzgericht (FG) wies sie mit Urteil vom 8. Dezember 2003 3 K 1318/99 wegen Gewerbesteuermessbetrags 1996 mangels Beschwer als unzulässig und im Übrigen als unbegründet ab. Das FG ging --ebenso wie zwischenzeitlich auch das FA-- davon aus, dass in den Streitjahren keine verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA) gegeben seien. Zwar sei anzunehmen, dass die Ausleihungen gesellschaftlich veranlasst gewesen seien. Es fehle durchweg an den erforderlichen Besicherungen. Es fehle aber an den für die Annahme von vGA erforderlichen Vermögensminderungen. Die Klägerin habe für die Ausleihungen entsprechende werthaltige Gegenforderungen erlangt und aktiviert. Für die Annahme einer anderen Ausschüttung i.S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1996) sei das Vorliegen einer solchen Vermögensminderung jedoch unbeachtlich. Ausschlaggebend sei hier allein der tatsächliche Mittelabfluss. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 1084 veröffentlicht.

Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die angefochtenen Steuerbescheide aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

II. Die Revision ist wegen Gewerbesteuermessbetrages 1996 unbegründet. Im Übrigen ist sie begründet. Sie führt insoweit zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klagestattgabe.

1. Das Rubrum des angefochtenen Urteils wird gemäß § 107 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dahin berichtigt, dass die Angabe des Streitgegenstandes um Körperschaftsteuer 1995, Feststellung gemäß § 47 KStG 1996 zum 31. Dezember 1995 sowie Zinsen zur Körperschaftsteuer 1995 ergänzt wird.

2. Im Hinblick auf den Gewerbesteuermessbetrag 1996 ist die Klage vom FG zu Recht als unzulässig angesehen worden. Da der Messbetrag auf null lautete, wird die Klägerin hierdurch nicht beschwert.

3. Das FG hat bei der Festsetzung der Körperschaftsteuer für die Streitjahre aber zu Unrecht eine andere Ausschüttung i.S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG 1996 angenommen und hiernach die Ausschüttungsbelastung hergestellt.

Wie der Senat durch sein Urteil vom 14. Juli 2004 I R 16/03 (BStBl I 2004, 1010) für einen mit dem Streitfall im Ausgangspunkt vergleichbaren Sachverhalt entschieden hat, erfordert eine andere Ausschüttung im Sinne der vorgenannten Vorschrift eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung), die sich zusätzlich durch einen tatsächlichen Mittelabfluss realisiert hat. Das gilt auch im Falle "verdeckter Gewinnausschüttungen" gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG. Das FG hat demgegenüber angenommen, der Mittelabfluss als solcher genüge, um die Herstellung der Ausschüttungsbelastung zu rechtfertigen. Auf eine gleichzeitige bilanzielle Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) komme es nicht an. Dem ist aus den Gründen des zitierten Urteils, auf das zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, nicht zu folgen (im Ergebnis ebenso Wienands/ Teufel, GmbH-Rundschau 2004, 1301, 1304 f.).

Aus jenen Gründen ist der Frage, ob die Hingabe der Darlehensmittel infolge fehlender oder nicht ausreichender Besicherungen gesellschaftlich veranlasst war, im Streitfall nicht weiter nachzugehen. Auch wenn sie zu bejahen wäre, würde es infolge der vom FG festgestellten entsprechenden werthaltigen und zu aktivierenden Forderungen auf Rückzahlung der ausgeliehenen Darlehensmittel gegenüber den darlehensnehmenden verbundenen Gesellschaften an Vermögensminderungen oder verhinderten Vermögensmehrungen auf Seiten der Klägerin im Streitjahr fehlen (z.B. Senatsurteil vom 18. Februar 1999 I R 62/98, BFH/NV 1999, 1515). An diese Feststellungen des FG, denen das FA bereits im Klageverfahren beigepflichtet hat und die keine Verstöße gegen die Denkgesetze und Erfahrungssätze oder gegen verfahrensrechtliche Vorschriften erkennen lassen, ist der Senat gebunden (vgl. § 118 Abs. 2 FGO). Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine Wertlosigkeit jener Forderungen anhand der Gesamtumstände, insbesondere der Bonität der Schuldner und der ernstlichen Rückzahlungsbereitschaft, nicht allein aus einer ggf. unzulänglichen Besicherung abgeleitet werden kann. Folglich lagen im Streitjahr ungeachtet der Mittelabflüsse in Gestalt der Darlehensbegebungen weder vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG noch andere Ausschüttungen i.S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 KStG 1996 vor. Deshalb war auch keine Ausschüttungsbelastung herzustellen.

4. Da das FG eine abweichende Rechtsauffassung vertreten hat, war die Vorentscheidung und waren die angefochtenen Steuerbescheide --abgesehen von dem Gewerbesteuermessbescheid 1996-- antragsgemäß aufzuheben.

Ende der Entscheidung

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