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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 27.12.2006
Aktenzeichen: II B 27/06
Rechtsgebiete: AO 1977, FGO


Vorschriften:

AO 1977 § 122
AO 1977 § 122 Abs. 2
AO 1977 § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
AO 1977 § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
AO 1977 § 366
FGO § 115 Abs. 2
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1
FGO § 116
FGO § 116 Abs. 3 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Mutter des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger), eines Rechtsanwalts, übertrug diesem durch notariell beurkundete Vereinbarung vom 11. Juni 2001 ihren hälftigen Miteigentumsanteil an einem Mietwohngrundstück. Nach Feststellung des Grundstückswerts setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) mit Bescheid vom 19. Februar 2003 Schenkungsteuer von 7 986,33 € gegen den Kläger fest. Der Bescheid erging unter Hinweis auf das beim Bundesverfassungsgericht anhängige Normenkontrollverfahren zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) nach § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) vorläufig. Der Einspruch gegen diesen Bescheid blieb erfolglos. Nach dem Absendevermerk auf der Aktenausfertigung der Einspruchsentscheidung wurde diese am 4. September 2003 mit einfacher Post an den Kläger unter der Adresse seiner Kanzlei abgesandt. Die am 17. Oktober 2003 eingegangene Klage wies das Finanzgericht (FG) in zwei Rechtszügen wegen Fristversäumnis als unzulässig ab.

Während des ersten Rechtszugs war am 28. April 2004 ein nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 1977 geänderter Schenkungsteuerbescheid ergangen, durch den das FA die Steuer --wiederum vorläufig-- auf 2 183,22 € herabgesetzt hatte. Der Grundstückswert für den Miteigentumsanteil des Klägers war mittlerweile auf 461 000 DM herabgesetzt worden. Laut einem der Beschwerdebegründung beigefügten Privatgutachten hat das ganze Grundstück einen Wert von 923 151 DM.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht der Kläger sinngemäß geltend, der Rechtssache komme grundsätzliche Bedeutung wegen der Frage zu, zu wessen Lasten es gehe, wenn bei einer mit einfacher Post übersandten Einspruchsentscheidung weder das Datum der Absendung noch das des Zugangs zu ermitteln sei. Insoweit sei auch eine Revisionsentscheidung zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Der Kläger ist der Ansicht, wegen der Bedeutung für den Anlauf der Klagefrist müssten Einspruchsentscheidungen förmlich zugestellt werden. Im Übrigen äußert er Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des geltenden Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts.

II. Die Beschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht dem § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Voraussetzungen einer Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Alternative 1 FGO sind nicht ausreichend dargelegt.

Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO müssen in der Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden. Dies erfordert im Fall des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Alternative 1 FGO eine schlüssige Darlegung, dass der Rechtsstreit eine im Interesse der Allgemeinheit klärungsbedürftige Rechtsfrage aufwirft. Dazu ist es u.a. erforderlich, in Auseinandersetzung mit der vorhandenen Rechtsprechung und Literatur darzulegen, dass die betreffende Rechtsfrage bisher nicht geklärt ist. Dies ist vorliegend nicht geschehen.

Nach § 366 AO 1977 ist die Einspruchsentscheidung den Beteiligten bekannt zu geben; dabei gilt § 122 AO 1977 entsprechend. Weder § 366 AO 1977 noch § 122 AO 1977 schreiben für die Bekanntgabe die förmliche Zustellung vor. Daraus hat die Rechtsprechung gefolgert, dass es im Ermessen der zuständigen Finanzbehörde liegt, in welcher Form sie einen Steuerbescheid oder eine Einspruchsentscheidung übermittelt (so Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 15. Januar 2001 IX B 99/00, BFH/NV 2001, 887). Für den Fall, dass die Behörde eine Übermittlung durch einfachen Brief wählt und es im weiteren Verlauf zu einem Rechtsstreit darüber kommt, wann der Bescheid oder die Einspruchsentscheidung in einen Postkasten eingeworfen oder bei der Post abgeliefert worden ist, gibt es eine umfangreiche Rechtsprechung, unter welchen Voraussetzungen die Zugangsvermutung des § 122 Abs. 2 AO 1977 ausgelöst wird und welche Bedeutung dem Absendevermerk in den Steuerakten zukommt (vgl. Klein/ Brockmeyer, AO, § 122 Rz. 50, m.w.N.). Wenn der Kläger gleichwohl noch Klärungsbedarf sieht, hätte er sich mit dieser Rechtsprechung auseinandersetzen müssen.

Angesichts der Tatsache, dass das FG die Klage als unzulässig abgewiesen hat und insoweit kein Zulassungsgrund schlüssig dargelegt worden ist, kommt den Ausführungen des Klägers zur Verfassungsmäßigkeit des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nach § 116 FGO keine Bedeutung zu.

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