Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 16.10.2009
Aktenzeichen: II B 37/09
Rechtsgebiete: GrEStG


Vorschriften:

GrEStG § 16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine politische Gemeinde, hatte durch notariell beurkundeten Vertrag vom 8. September 1999 ein Baugrundstück an die Eheleute B verkauft. Die Grundstücksvergabe erfolgte nach den gemeindlichen Einheimischenrichtlinien zur Schaffung eines selbst genutzten Familienwohnhauses. Der Klägerin war ein Rückkaufsrecht für den Fall eingeräumt worden, dass die Eheleute B das Grundstück nicht nach den Einheimischenrichtlinien bebauen oder nutzen sollten. Nachdem die Eheleute B ihr Bauvorhaben nicht realisieren konnten, verzichtete die Klägerin auf ihr Rückkaufsrecht, sofern die Eheleute B das Grundstück an Bauwillige im Sinne der Einheimischenrichtlinien veräußerten. Die Eheleute B veräußerten das Grundstück unter Mitwirkung der Klägerin durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 24. April 2002 an die Eheleute R (JR und KR), wobei der Klägerin wiederum ein Ankaufsrecht für den Fall eingeräumt war, dass JR und KR das Grundstück nicht nach den Einheimischenrichtlinien bebauen und nutzen sollten.

JR verstarb am 20. März 2003 und wurde von KR allein beerbt. Da die Einhaltung der Einheimischenrichtlinien nicht mehr gewährleistet war und die Klägerin daraufhin ihr Ankaufsrecht ausübte, übertrug KR durch notariell beurkundeten Vertrag vom 6. August 2003 das Grundstück auf die Klägerin.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte gegen die Klägerin für den Erwerb von KR durch Bescheid vom 13. Oktober 2003 Grunderwerbsteuer in Höhe von 3.807 EUR fest. Dem bereits im Grundstückskaufvertrag vom 6. August 2003 gestellten Antrag der Klägerin auf Nichtfestsetzung der Grunderwerbsteuer gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) entsprach das FA nicht.

Einspruch und Klage, mit denen die Klägerin die Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids vom 13. Oktober 2003 begehrte, hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung aus, die bei einem Kettengeschäft --wie hier-- zur Anwendung des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG führenden Voraussetzungen seien mangels umfassender rechtlicher und tatsächlicher Rückabwicklung der Erwerbsvorgänge vom 8. September 1999 und 24. April 2002 nicht erfüllt. Für die Klägerin hätte gegenüber den Eheleuten B ein zumindest schuldrechtlicher Anspruch auf Übereignung des Grundstücks begründet werden müssen, der von KR gegenüber der Klägerin unmittelbar durch die Übereignung des Grundstücks direkt an die Klägerin zu erfüllen gewesen wäre.

Mit ihrer Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) sowie die Notwendigkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) geltend.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe liegen nicht vor.

1.

Eine Zulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wegen Divergenz setzt voraus, dass das FG in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts, das über dieselbe Rechtsfrage entschieden hat, abgewichen ist, die abweichend beantwortete Rechtsfrage für beide Entscheidungen rechtserheblich war, die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, die vom FG abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und die Entscheidung des BFH zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 48; BFH-Beschlüsse vom 23. Januar 2007 VI B 17/06, BFH/NV 2007, 950; vom 19. Oktober 2007 IV B 163/06, BFH/NV 2008, 212, m.w.N.).

a)

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, soweit die Klägerin eine Abweichung der Vorentscheidung von den BFH-Urteilen vom 20. Oktober 1982 II R 6/81 (BFHE 137, 92, BStBl II 1983, 140) und vom 14. Juli 1999 II R 1/97 (BFHE 189, 188, BStBl II 1999, 737) geltend macht. Der BFH hat in diesen Entscheidungen ausgeführt, dass bei einer Aufeinanderfolge mehrerer Erwerbsvorgänge das Vorliegen der Voraussetzungen des § 16 GrEStG für jeden Vorgang getrennt, d.h. auf jeder Vertragsstufe selbständig zu untersuchen ist. Kommt es zu einer direkten Rückübertragung eines Grundstücks von einem Dritterwerber auf den Erstveräußerer, steht dies einer Rückgängigmachung auch des Weiterveräußerungsvorgangs nur dann nicht entgegen, wenn und soweit die Rückübertragung auch den Zwischenerwerbern zugerechnet werden kann. Insoweit liegt lediglich ein abgekürzter Leistungsweg vor. Dies lässt jedoch den Grundsatz unangetastet, dass notwendige Voraussetzung für die Anwendung des § 16 GrEStG die Aufhebung der zivilrechtlichen Wirksamkeit des jeweils in Frage stehenden Erwerbsvorgangs bleibt.

b)

Von diesen Grundsätzen ist das FG im Streitfall nicht abgewichen, soweit es die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 Nr. 3 GrEStG mangels umfassender Rückgängigmachung des zwischen den Eheleuten B und R geschlossenen Weiterveräußerungsgeschäfts verneint hat. Das FG hat zutreffend angenommen, dass der Rückerwerb des Grundstücks durch die Klägerin von KR nicht den Eheleuten B zugerechnet werden könne. Nach den vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen hat die Klägerin auf ihr Rückkaufsrecht gegenüber den Eheleuten B im Zusammenhang mit deren Weiterveräußerung des Grundstücks an die Eheleute R verzichtet. Der Klägerin stand daher im Zeitpunkt der Ausübung ihres Rückkaufsrechts gegenüber KR kein Ankaufsrecht mehr gegenüber den Eheleuten B zu. Im Übrigen blieb jedoch der zwischen der Klägerin und den Eheleuten B verwirklichte Erwerbsvorgang voll wirksam, so dass die Voraussetzungen des § 16 GrEStG insoweit nicht erfüllt sind.

Schon aufgrund des Verzichts der Klägerin auf ihr Ankaufsrecht gegenüber den Eheleuten B konnte das FG --entgegen dem Beschwerdevorbringen-- nicht berücksichtigen, dass das Ankaufsrecht der Klägerin "über die Auflassungsvormerkung auch auf den zweiten Erwerbsvorgang einwirkt und somit beide Erwerbsvorgänge rückgängig gemacht worden wären". Im Übrigen reicht für das Bestehen eines Anspruchs aus § 16 GrEStG allein die bloße Möglichkeit der Rückgängigmachung eines Zwischenerwerbs nicht aus.

2.

Eine Entscheidung des BFH ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) erforderlich. Durch die BFH-Urteile in BFHE 137, 92, BStBl II 1983, 140 und in BFHE 189, 188, BStBl II 1999, 737 sind die Voraussetzungen geklärt, unter denen bei einer Aufeinanderfolge mehrerer Erwerbsvorgänge die Voraussetzungen des § 16 GrEStG erfüllt sind.

3.

Die Rechtssache hat schließlich auch im Hinblick auf die den fraglichen Erwerben zugrunde liegenden Einheimischenrichtlinien keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). Soweit deren Einhaltung in einem Grundstückskaufvertrag mit einer Gemeinde zum Inhalt eines der Gemeinde zustehenden Wiederkaufsrechts gemacht wird, ergeben sich daraus im Hinblick auf die Anforderungen des § 16 GrEStG keine Besonderheiten. Insbesondere bleibt bei einer Aufeinanderfolge mehrerer Erwerbsvorgänge im Zusammenhang mit der Nichteinhaltung der Einheimischenrichtlinie der Grundsatz unberührt, dass die Voraussetzungen des § 16 GrEStG auf jeder Vertragsstufe selbständig zu untersuchen sind.

Ende der Entscheidung

Zurück