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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 08.04.1999
Aktenzeichen: II B 82/98
Rechtsgebiete: FGO, ZPO, VwZG


Vorschriften:

FGO § 142
FGO § 115 Abs. 3 Satz 1
FGO § 56 Abs. 1
FGO § 56
ZPO § 114
ZPO § 117 Abs. 2
ZPO § 117 Abs. 4
ZPO § 182
VwZG § 3 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe

I. Der Beklagte, Beschwerdegegner und Antragsgegner (das Finanzamt --FA--) setzte mit Bescheid vom 30. Oktober 1996 gegen den Kläger, Beschwerdeführer und Antragsteller (Kläger) für die Streitjahre 1993 bis 1995 Zweitwohnungsteuer in Höhe von jährlich 240 DM fest. Einspruch und Klage des Klägers blieben ohne Erfolg.

Das klageabweisende Urteil des Finanzgerichts (FG) wurde dem Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde durch Niederlegung beim Postamt Hamburg (Filiale ...) am 18. Juni 1998 zugestellt. Nach dem Inhalt der PZU hat der Postbedienstete unter der Anschrift des Klägers in Hamburg die vorgeschriebene schriftliche Benachrichtigung über die vorzunehmende Niederlegung --wie bei gewöhnlichen Briefen üblich-- in den Hausbriefkasten eingelegt.

Mit Schriftsatz vom 13. August 1998 --beim FG eingegangen am 18. August 1998-- legte der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem finanzgerichtlichen Urteil Beschwerde ein mit dem Hinweis, daß das finanzgerichtliche Urteil ihm erst am 18. August 1998 zugestellt worden sei. Hilfsweise beantragte der Kläger die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Nach Hinweis der Geschäftsstelle des II. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) auf den Vertretungszwang nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) bat der Kläger um Angabe, welche Institution seine Vertretung kostenfrei übernehme, da er die nötigen finanziellen Mittel nicht aufbringen könne. Er halte im übrigen den BFH für befangen, weil er sich über ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) hinweggesetzt habe und sich deshalb nicht mehr auf dem Boden der Verfassung befinde.

Der Kläger beantragt, das Verfahren vor einem ordentlichen Gericht durchzuführen.

II. Weder der Prozeßkostenhilfeantrag noch die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers haben Erfolg.

1. Der Antrag des Klägers im Schriftsatz vom 30. August 1998 auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH) ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 142 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung --ZPO--).

Die Nichtzulassungbeschwerde kann schon aus verfahrensrechtlichen Gründen keinen Erfolg haben, weil sie nicht innerhalb der Beschwerdefrist von einem Monat nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO) wirksam und formgerecht erhoben wurde und Gründe, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 Abs. 1 FGO rechtfertigen könnten, nicht vorliegen.

Die vom Kläger selbst erhobene Beschwerde ist wegen Verstoß gegen den Vertretungszwang (bislang) unzulässig. Der Kläger hätte sich bei der Einlegung seiner Beschwerde entsprechend der Rechtsmittelbelehrung des FG durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen müssen (Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG). Eine Heilung dieses Mangels kommt nicht mehr in Betracht.

Verfügt ein Beteiligter nicht über ausreichende Mittel für die Beiziehung eines Bevollmächtigten bei oder vor der Einlegung eines Rechtsmittels in einem finanzgerichtlichen Verfahren, so besteht zwar, nachdem ihm PKH bewilligt und eine vertretungsberechtigte Person beigeordnet worden ist, die Möglichkeit zu einer wirksamen formgerechten Einlegung des Rechtsmittels auch noch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist. Voraussetzung dafür ist jedoch, daß dem Rechtsmittelführer wegen seiner Mittellosigkeit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden könnte (§ 56 FGO). Dies ist nur der Fall, wenn der Rechtsmittelführer beim Rechtsmittelgericht innerhalb der Rechtsmittelfrist den Antrag auf PKH gestellt und die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 2 ZPO auf dem vorgeschriebenen Vordruck (§ 117 Abs. 4 ZPO) vorgelegt hat. Ist dies nicht geschehen, kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich nicht gewährt werden, weil dann nicht mehr von einer unverschuldeten Fristversäumnis ausgegangen werden kann (vgl. BFH-Beschluß vom 25. März 1986 III R 134/80, BFH/NV 1986, 631, mit Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe, sowie BVerfG-Beschluß vom 14. Juni 1983 1 BvR 277/83, Steuerrechtsprechung in Karteiform --StRK--, Finanzgerichtsordnung, § 142, Rechtsspruch 33, sowie BFH-Beschluß vom 14. September 1995 VII S 11/95, BFH/NV 1996, 253).

Im Streitfall fehlt es bereits an einem --rechtzeitigen-- PKH-Antrag, denn dieser ist erst nach Ablauf der Beschwerdefrist gestellt worden. Das Urteil des FG ist dem Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde durch Niederlegung beim Postamt Hamburg, Filiale ..., am 18. Juni 1998 zugestellt worden (vgl. § 53 Abs. 2 FGO i.V.m. § 3 Abs. 3 des Verwaltungszustellungsgesetzes --VwZG--, § 182 ZPO). Gründe, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Antragsfrist rechtfertigen könnten, hat der Kläger nicht geltend gemacht (vgl. § 56 Abs. 1 FGO). Derartige Gründe sind auch nicht ersichtlich. Unabhängig davon ist auch die --formgebundene-- Bedürftigkeitserklärung nicht, wie erforderlich, innerhalb der Rechtsmittelfrist von einem Monat nach Zustellung des finanzgerichtlichen Urteils (§ 115 Abs. 3 Satz 1 FGO) vorgelegt worden, so daß selbst bei rechtzeitiger Antragstellung eine Bewilligung der PKH nicht erfolgen könnte. Über die Erfordernisse der Bewilligung muß ein PKH-Bewerber sich von sich aus kundig machen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 27. Juni 1995 XI S 16/95, BFH/NV 1996, 65, und vom 22. August 1995 XI S 19/95, BFH/NV 1996, 168, sowie vom 29. April 1997 VII S 6/97, BFH/NV 1997, 800).

Die Entscheidung über den PKH-Antrag ergeht gerichtskostenfrei.

2. Die Beschwerde wegen der Nichtzulassung der Revision in dem finanzgerichtlichen Urteil ist unzulässig, da sich vor dem BFH --wie auch aus der Rechtsmittelbelehrung des finanzgerichtlichen Urteils hervorgeht-- jeder Beteiligte, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder um eine Behörde handelt, durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen muß (Art. 1 Nr. 1 Satz 1 BFHEntlG). Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde (Art. 1 Nr. 1 Satz 2 BFHEntlG). Fehlt es, wie im Streitfall, an der ordnungsgemäßen Vertretung durch einen Angehörigen der in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG aufgeführten Berufsgruppen, so ist die betreffende Prozeßhandlung --im Streitfall die Einlegung der Beschwerde-- unwirksam.

3. Soweit der Kläger "den Bundesfinanzhof für befangen" hält und beantragt, das Verfahren vor einem ordentlichen Gericht durchzuführen, ist dieser Antrag unzulässig. Dem Kläger fehlt im Hinblick auf den Vertretungszwang nach Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG die Postulationsfähigkeit für diesen Antrag. Darüber hinaus ist die pauschale Ablehnung eines Gerichts in seiner Gesamtheit im allgemeinen unstatthaft (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 51 Anm. 19, 26, mit zahlreichen Nachweisen).

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