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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 03.07.2003
Aktenzeichen: II B 90/02
Rechtsgebiete: AO 1977,


Vorschriften:

AO 1977 § 41 Abs. 1 Satz 1
BGB § 313
BGB § 311b Abs. 1
BGB § 1940
BGB § 2231
BGB § 2276
GG Art. 3 Abs. 1
GG Art. 14 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist zur Hälfte Miterbin ihrer im November 1994 verstorbenen Schwester. Diese hatte durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 20. Juni 1994 zum Kaufpreis von insgesamt ... DM drei Reihenhäuser in X erworben.

Mit letztmalig geändertem, im Klageverfahren ergangenem Bescheid vom 18. Dezember 2001 setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) gegen die Klägerin bei einem Reinwert des Nachlasses von ... DM eine Erbschaftsteuer von ... DM fest. Als Aktivvermögen waren Bankguthaben und Steuererstattungsansprüche von zusammen ... DM angesetzt.

Gegenstand der Klage war der seitens der Klägerin begehrte Abzug von Kaufpreisschulden in Höhe von ... DM als Nachlassverbindlichkeiten, die aus dem erst 1996 von der Klägerin getätigten Kauf dreier Eigentumswohnungen in Y herrühren sollten. Das FA hatte diesen Abzug abgelehnt. In der "Präambel" der Kaufverträge vom Oktober und Dezember 1996 heißt es, beim Erwerb der Reihenhäuser habe die Erblasserin den Wunsch geäußert, weiteres Wohnungseigentum --und zwar diesmal in einem bestimmten Baugebiet in Y-- zu erwerben, sobald weitere Sparbriefe fällig werden würden. Diesem Wunsch fühle sich die Klägerin verpflichtet und wolle ihm mit den vorliegenden Kaufverträgen entsprechen. Dazu hatte die Klägerin weiter vorgetragen, die Erblasserin habe sich noch zu Lebzeiten unter Vereinbarung einer Geschäftsbesorgungsgebühr bestimmte Eigentumswohnungen in jenem Baugebiet reservieren lassen. Diese Wohnungen seien jedoch wegen der zeitlichen Verzögerungen, die der Tod der Erblasserin und das anschließende Erbscheinsverfahren verursacht hätten, anderweitig verkauft worden, so dass sie, die Klägerin, vergleichbare Wohnungen in der Nähe erworben habe. Allerdings habe sie die Geschäftsbesorgungsgebühr von rd. ... DM zahlen müssen.

Die Klage hatte bis auf die nachträgliche Berücksichtigung dieser Gebühr als Nachlassverbindlichkeit keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, es könne auf sich beruhen, ob die Erblasserin lediglich den Wunsch oder einen als Verfügung von Todes wegen zu beurteilenden Willen geäußert habe, bestimmte Eigentumswohnungen zu erwerben; entscheidend sei, dass das Vermögen der Erblasserin in dem Zustand auf die Klägerin übergegangen sei, den es im Zeitpunkt des Erbfalls aufgewiesen habe. Die Grundsätze der mittelbaren Grundstücksschenkung seien auf den Erbfall nicht übertragbar. Im Übrigen könnten sich die geltend gemachten Kaufpreisschulden auch deshalb nicht steuermindernd auswirken, weil ihnen am maßgeblichen Stichtag ein gleich hoher Eigentumsverschaffungsanspruch gegenübergestanden hätte.

Mit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin geltend, der Sache komme grundsätzliche Bedeutung wegen der Frage zu, ob die Grundsätze der mittelbaren Grundstücksschenkung auf einen Erwerb von Todes wegen übertragbar seien. Eine revisionsgerichtliche Entscheidung dieser Frage sei zudem zur Fortbildung des Rechts erforderlich. Auch beim Erwerb von Todes wegen sei Gegenstand des Erwerbs nicht das beim Erblasser vorhandene Vermögen, sondern der Vermögenszuwachs beim Erben. Besteuert werden solle nämlich nicht der Nachlass, sondern der Erbanfall. Daher könne nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass der Erbe etwas anderes erwirbt, als der Erblasser hatte. Vielmehr sei im Streitfall entscheidend, ob der Wille der Erblasserin, Eigentumswohnungen in Y zu kaufen, für die Erbin eine bürgerlich-rechtliche Erwerbsverpflichtung dargestellt habe. Dass dieser Wille nicht in der für letztwillige Verfügungen geltenden Form erklärt worden ist, sei gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) unerheblich, da die Erben ihm gleichwohl entsprochen hätten. Dem Umstand, dass dabei die ursprünglich reservierten Wohnungen nicht mehr hätten erworben werden können, komme keine Bedeutung zu. Die tatsächlich erworbenen Wohnungen seien gleichwertige Surrogate. Eine Übertragung der Grundsätze der mittelbaren Grundstücksschenkung auf den Erwerb von Todes wegen führe im Streitfall dazu, dass die erworbenen Eigentumswohnungen und nicht die dafür eingesetzten Barmittel Erwerbsgegenstand seien. Die Übertragung sei gemäß Art. 3 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) geboten.

Das FA hält die Beschwerde für unbegründet.

II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die aufgeworfene Rechtsfrage ist bereits höchstrichterlich geklärt. Ihr kommt daher keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu. Auch bedarf es keiner erneuten revisionsgerichtlichen Entscheidung zur Fortbildung des Rechts. Abgesehen davon wäre die aufgeworfene Rechtsfrage im Streitfall auch nicht klärungsfähig.

1. Mit den Entscheidungen vom 23. Januar 1991 II B 46/90 (BFHE 163, 233, BStBl II 1991, 310) sowie vom 10. Juli 1996 II R 32/94 (BFH/NV 1997, 28) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass das Rechtsinstitut der mittelbaren Grundstücksschenkung beim Erwerb von Todes wegen durch Erbfall keine Entsprechung hat. Der Erwerb von Todes wegen schließt es --abgesehen vom Verschaffungsvermächtnis-- auch bei einer Erbschaftsteuer auf den Erbanfall aus, dass der Erwerber etwas anderes erwirbt, als der Erblasser hatte. Dies gilt auch, wenn sich Erblasser und Erbe einig gewesen waren, dass der Erbe nach Eintritt des Erbfalls ein bestimmtes Grundstück erwerben solle (so BFHE 163, 233, BStBl II 1991, 310) oder wenn der nach dem Tod des Erblassers erfolgte Kauf eines bestimmten Grundstücks einem gemeinsamen Plan von Erblasser und Erben entsprach (so BFH/NV 1997, 28). Es gilt erst recht, wenn der Erblasser gewillt war, ein bestimmtes Grundstück zu erwerben, daran aber durch Krankheit und Tod gehindert worden ist, und dann der Erbe die Absicht des Erblassers verwirklicht.

Die Klägerin hat keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die eine erneute Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage ergeben. Das Vorbringen der Klägerin zu einer angeblichen Verpflichtung, die Eigentumswohnungen zu erwerben, ist nicht geeignet, eine erneute Klärungsbedürftigkeit darzutun.

2. Dieses Vorbringen macht im Gegenteil deutlich, dass im Streitfall --abgesehen von der fehlenden Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage-- noch nicht einmal deren Klärungsfähigkeit gegeben wäre.

a) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des FG bestand eine Verpflichtung weder der Erblasserin noch der Klägerin, irgendwelche Eigentumswohnungen zu erwerben. Eine solche Verpflichtung der Erblasserin hätte im Übrigen gemäß § 313 des Bürgerlichen Gesetzbuchs --BGB-- (nunmehr § 311b Abs. 1 BGB) der notariellen Beurkundung bedurft. Die Erblasserin hatte sich lediglich bestimmte Wohnungen reservieren lassen und sich dabei zur Zahlung eines Reservierungsentgelts verpflichtet. Diese Verpflichtung ging auf die Erben über. Irgendwelche Verfügungen von Todes wegen, die die Klägerin --abgesehen von der Frage der für solche Verfügungen geltenden Form (§§ 2231, 2276 BGB)-- aus rechtlichen Gründen (Auflage nach § 1940 BGB) zur Anschaffung der Eigentumswohnungen verpflichtet hätten, lassen sich aus diesem Reservierungsvorgang nicht ableiten. Damit ist eine der mittelbaren Grundstücksschenkung auch nur entfernt vergleichbare Ausgangslage nicht vorhanden.

b) Das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG kann im Streitfall bereits deshalb nicht verletzt sein, weil es --wie ausgeführt-- an einer der mittelbaren Grundstücksschenkung vergleichbaren Ausgangslage fehlt. Auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 22. Juni 1995 2 BvR 552/91 (BStBl II 1995, 671) kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg berufen, weil die darin entwickelten Grundsätze erst auf solche Erbfälle anzuwenden sind, die nach dem 31. Dezember 1995 eingetreten sind. Im Übrigen dürfte nach diesen Grundsätzen bei der Beurteilung, ob im Streitfall gemäß Art. 14 Abs. 1 GG bestehende Belastungsgrenzen überschritten sind, das übrige Aktivvermögen nicht außer Acht gelassen werden.

Ende der Entscheidung

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