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Gericht: Bundesfinanzhof
Urteil verkündet am 08.10.2003
Aktenzeichen: II R 44/99
Rechtsgebiete: BerlinFG, FGO, BewG


Vorschriften:

BerlinFG § 19
BerlinFG § 19 Abs. 4 Satz 2
BerlinFG § 19 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. a
BerlinFG § 19 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. b
FGO § 121
FGO § 68 Satz 1
BewG § 109 Abs. 1
BewG § 10
BewG § 98a Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I. Nach einer Außenprüfung bei der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, die sich mit der Entwicklung, der Herstellung und dem Vertrieb von ... Anlagen befasst, blieben Teilwertminderungen in Höhe von 26 992 DM streitig. Die Klägerin hatte Investitionszulagen nach § 19 des Berlinförderungsgesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 23. Februar 1982 (BGBl I, 225) --BerlinFG-- in Höhe von 25 v.H. bzw. 40 v.H. der Anschaffungskosten abnutzbarer beweglicher Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in Anspruch genommen und in dieser Höhe bei der Vermögensaufstellung auf den 1. Januar 1986 Teilwertabschläge vorgenommen. Der Prüfer hielt jedoch nur Abschläge in Höhe von 10 v.H. für zulässig.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) folgte dem Prüfer und ließ mit geändertem Bescheid über die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1986 vom 26. Januar 1989, mit dem er den Einheitswert auf ... DM feststellte, die über 10 v.H. hinausgehenden Abschläge im Gesamtbetrag von 26 992 DM nicht zum Abzug zu. Den dagegen eingelegten Einspruch wies er mit Entscheidung vom 31. März 1994 zurück. Auch die Klage blieb insoweit erfolglos. Das Finanzgericht (FG) war der Ansicht, die Kürzung der Teilwertabschläge sei zu Recht erfolgt, weil die Investitionszulagen gemäß § 19 Abs. 4 Satz 2 BerlinFG die Anschaffungskosten nicht minderten.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie macht geltend, ein gedachter Erwerber des Betriebes wäre ebenfalls in den Genuss der Investitionszulagen gekommen und hätte für die geförderten Wirtschaftsgüter nur soviel gezahlt, wie er selbst hätte aufwenden müssen.

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1. Januar 1986 um 26 992 DM zu mindern.

Das FA ist der Revision entgegengetreten. Es hat am 8. August 2003 nochmals einen geänderten Bescheid erlassen, mit dem es den Einheitswert des Betriebsvermögens der Klägerin auf den 1. Januar 1986 aus anderen Gründen auf ... DM feststellte.

II. Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat es --wie schon das FA-- zu Recht abgelehnt, bei der Bewertung der nach § 19 BerlinFG bezuschussten Wirtschaftsgüter die gewährten Investitionszulagen mit mehr als 10 v.H. der Anschaffungskosten abzuziehen. Daher ist auch der Änderungsbescheid vom 8. August 2003, der gemäß § 121 i.V.m. § 68 Satz 1 FGO zum Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden ist, nicht deshalb rechtswidrig, weil er es bei der Versagung der begehrten Teilwertminderungen belässt.

1. Nach § 109 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) in der im Streitfall geltenden Fassung sind die zu einem gewerblichen Betrieb gehörenden Wirtschaftsgüter --von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen-- mit dem Teilwert gemäß § 10 BewG anzusetzen. Teilwert ist nach dieser Vorschrift der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Unternehmens im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wobei von der Fortführung des Unternehmens auszugehen ist. Damit ist keine Gesamtbewertung vorgeschrieben; es bleibt vielmehr bei der Einzelbewertung nach § 98a Satz 1 BewG (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 8. Mai 1981 III R 26/79, BFHE 133, 567, BStBl II 1981, 702, 703). Jedoch sind die einzelnen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens unter Berücksichtigung der Tatsache zu bewerten, dass sie Teil einer wirtschaftlichen Einheit sind (vgl. BFH-Urteil vom 30. November 1988 II R 237/83, BFHE 155, 140, BStBl II 1989, 183, 185).

Im Interesse der Objektivierung und der erforderlichen Vereinfachung und Vereinheitlichung der Bewertung hat die Rechtsprechung Teilwertvermutungen entwickelt, für deren Entkräftung den Steuerpflichtigen die objektive Feststellungslast trifft. Für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wird vermutet, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Zeitpunkt der Anschaffung oder Fertigstellung dem Teilwert entsprechen und, dass der Teilwert zu einem späteren Zeitpunkt den Wiederbeschaffungskosten bzw. bei Wirtschaftsgütern ohne Marktpreis den um die Abschreibung für Abnutzung (AfA) verminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten entspricht (BFH-Urteile vom 8. Mai 1981 III R 109/76, BFHE 133, 572, BStBl II 1981, 700, sowie in BFHE 155, 140, BStBl II 1989, 183, 184). Soweit danach die Anschaffungs- oder Herstellungskosten heranzuziehen sind, werden diese grundsätzlich nicht dadurch gemindert, dass im Einzelfall Investitionszulagen nach § 19 BerlinFG gezahlt worden sind, wie sich bereits aus Abs. 4 Satz 2 der Vorschrift ergibt (vgl. BFH-Urteil vom 12. April 1989 II R 213/85, BFHE 156, 507, BStBl II 1989, 545).

Allerdings ist höchstrichterlich anerkannt, dass es den Teilwert mindert, wenn der Staat durch Kapitalzuschüsse nachhaltig und über längere Zeit in etwa gleichbleibender Höhe in das Marktgeschehen eingreift. Zieht sich eine öffentliche Subventionierung über eine lange Zeit hin, ist ein gedachter Erwerber nicht bereit, für ein gebrauchtes Wirtschaftsgut möglicherweise mehr zu bezahlen, als für den Erwerb eines neuen, für das auch er einen Zuschuss erhielte (so BFH in BFHE 133, 572, BStBl II 1981, 700, 702). Dem ist mit Abschn. 49 Abs. 1 Satz 4 der Vermögensteuer-Richtlinien 1983 (VStR 1983) auch die Finanzverwaltung gefolgt. Kann der Steuerpflichtige auf solchermaßen ausgestaltete Subventionen hinweisen, ist der Teilwert um den Kapitalzuschuss zu mindern, wobei es keinen Unterschied macht, ob die Teilwertvermutung an die Wiederbeschaffungskosten oder an die (nur um die AfA verminderten) Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten anknüpft. Zu diesen Subventionen gehören die Investitionszulagen nach § 19 BerlinFG jedoch nur zum Teil.

2. Bei beweglichen abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, für die eine Investitionszulage nach § 19 BerlinFG gewährt worden ist, ist die Teilwertvermutung nur insoweit entkräftet, als es um die Zulage gemäß Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 der Vorschrift in Höhe von 10 v.H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten geht. In dieser Höhe hätte auch der gedachte Erwerber des ganzen Unternehmens bei anderweitigem Erwerb des betreffenden Wirtschaftsguts eine Investitionszulage nach § 19 BerlinFG erhalten, weil insoweit über das Erfordernis der Anschaffung bzw. Herstellung und der Belegenheit des Betriebes oder der Betriebsstätte in Berlin sowie der dreijährigen Verbleibensfrist im Betrieb nach Abs. 3 der Vorschrift hinaus keine weiteren Voraussetzungen zu erfüllen waren (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 156, 507, BStBl II 1989, 545, sowie Nr. 1 der Anlage zu den gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden der Länder vom 6. Februar 1984, BStBl I 1984, 139).

Für die über 10 v.H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten hinaus auf 25 bzw. 40 v.H. erhöhten Investitionszulagen nach § 19 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 Buchst. a und b BerlinFG sind dagegen weitere Voraussetzungen zu erfüllen. Im verarbeitenden Gewerbe müssen die angeschafften oder hergestellten abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens unmittelbar oder mittelbar der Fertigung oder unmittelbar der Datenverarbeitung dienen (Buchst. a aa), um eine auf 25 v.H. erhöhte Investitionszulage zu erhalten. Auf 40 v.H. der Anschaffungs- oder Herstellungskosten erhöht sich die Investitionszulage gemäß Buchst. b, wenn die Wirtschaftsgüter ausschließlich der Forschung oder Entwicklung in einem näher beschriebenen Sinne dienen, soweit die Anschaffungs- oder Herstellungskosten den Betrag von 500 000 DM im Kalenderjahr nicht überschreiten. Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, dass durch diese erhöhten Investitionszulagen allgemein in das Marktgeschehen eingegriffen und der Marktwert neuer Wirtschaftsgüter negativ beeinflusst worden sei. Dafür, dass diese erhöhten Investitionszulagen preisbeeinflussende Auswirkungen auf den Markt gehabt hätten, gibt es keine Anhaltspunkte (vgl. BFH-Urteil in BFHE 156, 507, BStBl II 1989, 545). Auch die Klägerin hat sich nur allgemein darauf berufen, dass die Teilwerte grundsätzlich durch die Zahlung von Investitionszulagen beeinflusst werden, darüber hinaus aber keine konkreten Tatsachen geltend gemacht, dass es sich im Streitfall um geförderte Wirtschaftsgüter handele, für die es einen Marktwert gegeben hätte, auf den durch die erhöhten Investitionszulagen nach dem BerlinFG preisdämpfend eingewirkt worden wäre. Damit ist im Streitfall eine weitere Teilwertminderung bezüglich der geförderten Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ausgeschlossen.



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