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Gericht: Bundesfinanzhof
Beschluss verkündet am 11.05.2009
Aktenzeichen: II S 4/09 (PKH)
Rechtsgebiete: GrEStG, ZPO, FGO


Vorschriften:

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 4
GrEStG § 16 Abs. 3
ZPO § 114
ZPO § 117
ZPO § 119 Abs. 1 S. 1
FGO § 56
FGO § 62 Abs. 2 S. 1
FGO § 62 Abs. 4
FGO § 116 Abs. 2 S. 1
FGO § 142 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Gründe:

I.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage, mit der der Antragsteller, ein Diplom-Betriebswirt, eine Herabsetzung der für die Abgabe des Meistgebots in einem Zwangsversteigerungsverfahren gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) bestandskräftig festgesetzten Grunderwerbsteuer begehrt hatte, mit der Begründung ab, die Voraussetzungen für eine Herabsetzung nach § 16 Abs. 3 GrEStG lägen nicht vor. Das mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung (§ 55 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) versehene Urteil wurde dem Antragsteller am 22. Dezember 2008 mit Postzustellungsurkunde zugestellt. Den vom Antragsteller unter Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gestellten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) hatte das FG bereits zuvor wegen fehlender Erfolgsaussichten abgelehnt.

Der Antragsteller legte mit dem von ihm persönlich unterzeichneten Schreiben vom 19. Januar 2009 Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision (Az. II B 13/09) ein und führte aus, er werde innerhalb der nächsten vier Wochen entscheiden, ob er die Beschwerde zurücknehme oder sie begründe. Aufgrund seiner bereits vorgetragenen mangelnden Liquidität könne er derzeit keine anwaltschaftliche Vertretung in Anspruch nehmen.

Nachdem die Senatsgeschäftsstelle den Antragsteller auf den beim Bundesfinanzhof (BFH) gemäß § 62 Abs. 4 FGO bestehenden Vertretungszwang hingewiesen hatte, beantragte dieser mit Schreiben vom 3. Februar 2009, ihm PKH zu gewähren. Später reichte er noch die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 117 Abs. 2 bis 4 der Zivilprozessordnung --ZPO--) nach.

II.

Der Antrag auf Gewährung von PKH hat keinen Erfolg.

1.

Es kann dahinstehen, ob für einen PKH-Antrag abweichend von der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Rechtslage (BFH-Beschlüsse vom 22. Februar 2005 III S 17/04 (PKH), BFH/NV 2005, 1124, und vom 9. Juni 2008 V S 41/07 (PKH), BFH/NV 2008, 1855) seit der Neugestaltung des Vertretungszwangs vor dem BFH durch das Gesetz zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I 2007, 2840) mit Wirkung ab 1. Juli 2008 Vertretungszwang besteht (offen BFH-Beschlüsse vom 25. September 2008 X S 39/08 (PKH), [...], und vom 28. Januar 2009 XI S 15/08 (PKH), [...]; vgl. dazu Spindler, Der Betrieb 2008, 1283, und in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 62 FGO Rz 101; Bergkemper in HHSp, § 129 FGO Rz 7; Loose, Der AO-Steuer-Berater 2008, 252). Der Antrag ist jedenfalls unbegründet und daher abzulehnen.

2.

Nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Die Rechtsverfolgung verspricht hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn für dessen Eintritt bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (BFH-Beschlüsse vom 2. September 2003 X S 2/03 (PKH), BFH/NV 2004, 342, und vom 17. März 2008 II S 24/07 (PKH), BFH/NV 2008, 1176). Dem beim Prozessgericht zu stellenden Antrag (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 117 Abs. 2 bis 4 ZPO; Prozesskostenhilfevordruckverordnung vom 17. Oktober 1994, BGBl. I 1994, 3001).

3.

Die vom Antragsteller beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

a)

Der Antrag auf Gewährung von PKH bleibt schon deshalb erfolglos, weil die Nichtzulassungsbeschwerde nicht innerhalb der Monatsfrist des § 116 Abs. 2 Satz 1 FGO durch eine vor dem BFH vertretungsberechtigte Person oder Gesellschaft i.S. von § 62 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 FGO erhoben worden ist und der Antragsteller innerhalb dieser Frist nicht alle Voraussetzungen für die Bewilligung der PKH zur Einlegung der Beschwerde geschaffen hat. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdefrist nach § 56 FGO scheidet daher aus.

aa)

Einem Beteiligten, der wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage ist, ein Rechtsmittel, das dem Vertretungszwang unterliegt, innerhalb der Rechtsmittelfrist wirksam zu erheben, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO gewährt werden, wenn er innerhalb dieser Frist alle Voraussetzungen für die Bewilligung der PKH zur Einlegung des Rechtsmittels schafft (BFH-Beschluss vom 20. März 2006 X S 6/06 (PKH), BFH/NV 2006, 1141), also einen entsprechenden Antrag stellt und die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beim Rechtsmittelgericht einreicht (BFH-Beschlüsse vom 28. April 2004 VII S 9/04, BFH/NV 2004, 1288; vom 28. September 2005 X S 15/05 (PKH), BFH/NV 2005, 2249, und vom 12. August 2008 X S 29/08 (PKH), BFH/NV 2008, 1869). Der Antrag auf Gewährung von PKH muss ausdrücklich gestellt werden; ein stillschweigender Bewilligungsantrag ist unzulässig (BFH-Beschluss vom 11. Juli 1996 VII B 107/96, BFH/NV 1997, 59). Da PKH gemäß § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO für jeden Rechtszug besonders zu bewilligen ist, muss die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse grundsätzlich auch dann beim Rechtsmittelgericht eingereicht werden, wenn eine solche Erklärung bereits dem FG vorgelegt worden war (BFH-Beschluss vom 15. Januar 2002 VIII S 8/01, BFH/NV 2002, 668). Auf die erneute Vorlage der Erklärung kann nur verzichtet werden, wenn der Antragsteller auf die im Verfahren vor dem FG abgegebene Erklärung Bezug nimmt und versichert, dass die Verhältnisse sich nicht geändert haben (BFH-Beschlüsse vom 5. November 1986 IV S 7/86 u.a., BFHE 148, 13, BStBl II 1987, 62, und vom 17. August 2000 VI S 29/99, BFH/NV 2001, 193).

bb)

Diese Anforderungen hat der Antragsteller nicht erfüllt. Er hat erst nach Ablauf der Beschwerdefrist PKH beantragt und die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht. Mit der Beschwerdeschrift vom 19. Januar 2009 hat er weder ausdrücklich PKH für das Beschwerdeverfahren beantragt noch auf die gegenüber dem FG abgegebene Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse Bezug genommen.

Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsteller insoweit wegen fehlenden Verschuldens Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO zu gewähren sei, bestehen nicht. Dem Antragsteller als Diplom-Betriebswirt war es zumutbar, sich innerhalb der Beschwerdefrist beim FG oder beim BFH nach den Voraussetzungen für die Gewährung von PKH zu erkundigen. Ein Antragsteller muss sich über die Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH grundsätzlich selbst kundig machen; den Gerichten obliegen insoweit keine besonderen Hinweispflichten (BFH-Beschlüsse vom 8. April 1999 II B 82/98, BFH/NV 1999, 1470; vom 1. Juli 2002 VII B 98/02, BFH/NV 2002, 1337; in BFH/NV 2005, 2249, und in BFH/NV 2008, 1869).

b)

Darüber hinaus ergeben sich bei summarischer Prüfung weder aus der Beschwerdeschrift noch aus dem Urteil des FG oder dem sonstigen Akteninhalt Anhaltspunkte dafür, dass Gründe für die Zulassung der Revision vorliegen könnten. Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 FGO nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

4.

Der Beschluss ergeht gerichtsgebührenfrei.

Ende der Entscheidung

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